Flotte Tänze und viele Bierchen - im Rathaus der Stadt J. Thesing | 8.4.2011
Früher im Rathaus - mehr als heute gearbeitet - 48 Stunden lang Wochenschicht im Jahr
1960
Sendenhorst - Dass im
Rathaus gearbeitet wird und wurde, steht außer Zweifel. Früher allerdings - zeitlich gesehen - mehr als heute. 48 Stunden lang war die Wochenschicht im Jahr 1960, etwas später dann 46 Stunden.
Mittwochs konnten die Mitarbeiter etwas früher gehen. Dafür mussten sie auch Samstags ran, was heute nur selten vorkommt. Sendenhorst - Bild: Pläne an der Wand - die Mannschaft am Boden: Im Rathaus
wird 1971 Karneval gefeiert. Fotos: (Rudolf Bartmann)
Bild:
Pläne an der Wand - die Mannschaft am Boden: Im Rathaus wird 1971 Karneval gefeiert. Wer feste arbeitet, soll auch f(F)este feiern, lautete viele Jahre lang die Devise. Ob Betriebsausflug mit Frauen
oder Freundinnen oder die fast legendären Karnevalsfeiern: Die Mitarbeiter der Amtsvertretung ließen es zuweilen kräftig krachen.
Manche Polonäse endete dann auch schon Mal im Wohnzimmer von Stadtdirektor Esser, der im ersten Stock wohnte, denn die Wohnung war zeitweise ebenso Teil des Verwaltungsgebäudes wie ein Teil der
Sparkasse. Und so gingen dann auch die Mitarbeiter des Geldinstitutes mit auf Tour, wenn ein netter Ausflug anstand.
Der führte ins Sauerland, nach Bad Salzuflen oder in die Borkenberge. Und alles auf Staatskosten, da ließen sich die Stadtoberen nicht lumpen. Und so waren stets alle mit im Boot. Heute ist das ein
bisschen anders: Die Mitarbeiter müssen ihren Beitrag leisten, wenn Vergnügen ansteht. „Der gemeinsame Betriebsausflug war so wichtig wie das Frühstück“, erinnert sich Rudolf Bartmann, der viele der
unterhaltsamen Ausflüge und Feste im Bild festgehalten hat. Rund 44 Jahre war er in Diensten der Stadt. Und weil zum Beispiel Stadtdirektor Heinrich Esser (1947 - 1975) gerne kegelte, war auch das
gemeinsame Schieben der Kugel eine gerne gesehene Ausflugsaktivität. Preiskegeln inklusive.
Dass eine Verwaltung eine eigene Tanzgarde für den Karneval unterhielt - wenn auch mit „fremder“ Unterstützung, dürfte wohl auch eine Sendenhorster Besonderheit sein. Die Mädels ließen flink die
Beine fliegen, und das nicht nur auf dem Flur von den Amtszimmern. Etwa finanzielle Probleme hatte allerdings die Beschaffung der Kostüme bereitet. Und so waren bei Festen und Ausflügen die
Aschenbecher voll und die Bierflaschen bald leer. Auch im ehrwürdigen Gemäuer am Rathausplatz, das in den vergangenen 100 Jahren so manches Tänzchen und Küsschen gesehen hat, über die es natürlich
den Mantel des Schweigens breitet.
Zum 700-jährigen Stadtjubiläum waren die Bürger aufgefordert, ihre Sendenhorster
Geschichte(n) zum Besten zu geben.
Mit freundlicher Genehmigung der Autoren
Geschichte ist nicht nur Vergangenheit - Ignatz Bubis zu Besuch in Sendenhorst
Wolfram Opperbeck
n Sendenhorst fühlen sich nicht nur diejenigen wohl, die hier ihre Heimat haben. Auch Gäste, vor allem
nicht alltägliche, sind herzlich willkommen und zeigen sich nicht selten von der Stadt und ihren Bewohnerinnen und Bewohnern durchaus angetan.
So jedenfalls äußerte sich der Vorsitzende des Zentralrates der ]Oden in Deutschland, Ignatz Buhis, der im September 1994 auf Einladung
von mir zum 37Sendenhorster Forum" gekommen war und Stel- lung zum Themenbereich 1)Gefahr von rechts) Ein Mann mischt sich ein" nahm. Das Sendenhorster Forum wurde damals von V/erner Bisplinghoff und
von mir gegründet, als ich seinerzeit noch Mitglied der FDP und auch 2. stellv. Bürgermeister war, um vor allem auch Persönlichkeiten des Zeitgeschehens in unsere Stadt zu holen und mit ihnen, aber
vor allem auch mit interessierten Sendenhorsterinnen und Sendenhorstern auf verschiedenen, insbeson- dere aktuellen Sachgebieten zu diskutieren und Fragen loszuwerden. So war ich dann besonders froh
und stolz, dass es gelungen war, Ignaz Bubis für einen Besuch zu gewinnen. Und diese Veranstaltung bekam auch eine große Resonanz in unserer Stadt. Rund 200 Besucher waren in den Pavillon des
Autohauses Lackmann gekommen, wo beim
Däm- μı.. lgnotz Ein Mon WEVETFF ¬ Øøauın Die Libe im Autohaus Lac/emarm wurde der Vorsitzende des Zen iralrates der _luden [grat BuOis (rt) von W)/fiam Opperbec/e zum ›JSenden/oorster Forum a
begrüßt. In diesem Gremium sollten Senden/1ors~ terimzen und Serzolen/oorsier mit Persänlic/1lzeiten des O' _fi%niiic/ven Lebens diskutieren.
merschoppen die Veranstaltung stattfand. Ignaz Bubis trug sich zuvor nicht nur in das goldene Buch der Stadt ein, wobei ihm der damalige Stadtdirektor Heinrich Wiegard die Sendenhorster Stadtchronik
überreichte, er besuchte auch die Gedenkstele im Schlabberpohl, wo er sich mit Bernhard Kleinhans angeregt unterhielt, der die Stele zur Erinnerung an die Synagoge geschaffen
hatte. nGeschichte ist nicht nur Vergangenheit. Man muss sie kennen, um die Zukunft zu gestalten"
und 77die Gräuel der Jahre 1933 bis 1945 dürfen nicht vergessen werden", betonte Ignatz Bubis ZU Beginn seines Besuches und im Gespräch mit anwesenden Bürgerinnen und Bürgern der Stadt. Denn es sei
in Deutschland immer noch Fremdenfeindlichkeit zu verzeichnen. ››Da ge-
nügt es manchmal schon, wenn einem jemand fremd vorkommt", bedauerte der Zentralrats-vorsitzende der Juden. Er betonte aber auch, dass es nicht richtig sei, vor allem der Jugend die
Schuld dafür zu geben, dass es wieder Parolen der Rechten gebe. Bubis ging auch auf die über 1600-jährige Geschichte des deutschen Judentums ein. Fremden« feindlichkeit sei aber kein deutsches,
sondern ein europäisches Problem, betonte Bubis. In Sendenhorst fanden nicht nur die Worte des Zentral ratsvorsitzenden der ] d e n große Aufmerksamkeit. Für viele Bewohnerinnen und Bewohner der
Stadt waren auch die äußeren Begleitumstände nicht alltäglich. Denn der Gast fuhr in einer gepard zelten Limousine vor und stand unter Polizeischutz mit außerordentlich verschärften
Sicherheitsmaßnahmen. Dabei wur
den auch die Räumlichkeiten des Autohauses Lackmann gründlich auf Sprengkörper unter«sucht. 1:Die Polizei hat mehr Angst um mich als ich selber", kommentierte Bubis aber locker diese Aktionen.
Nach seinem Besuch in der Stadt waren sich viele Anwesende einig: Diese Begegnung wird so schnell nicht vergessen werden. Denn es war deutlich zu spüren: der Zentralratsvorsitzende war ein Mann, der
sich einmischt und zu den Großen der Zeit zählte, ausgestattet mit Tugenden, die nicht selbstverständlich sind in einem Zeitalter, in dem besonders Prominente viel Wert auf ihre Imagepflege legen.
Oft kantig, nicht selten unbequem, aufrichtig geradeaus, mutig, umtriebig und meinungsfest, eben einer, der sich einmischt. So lernte man Ignatz Bubis kennen. Und ich dankte ihm deshalb ganz
besonders für seinen Besuch in Sendenhorst.
Alexander Klaws - Wer sonst
Wolfram Opperbeck
Wer es aus Sendenhorst in die große weite Welt der Unterhaltung schafft, der lässt seine Heimat nicht
zurück. Und das gilt wohl besonders Für Superstar Alexander Klaws, der nach seiner Geburt 1983 in Ahlen in Sendenhorst wohnte und im Laufe der folgenden Jahre sich gern zu dieser Stadt als seine
Heimat bekannte, wo seine Eltern heute noch wohnen.
Wer es aus Sendenhorst in die große weite Welt der Unterhaltung schafft, der lässt seine Heimat nicht zurück. Und das gilt wohl besonders
Für Superstar Alexander Klaws, der nach seiner Geburt 1983 in Ahlen in Sendenhorst wohnte und im Laufe der folgenden Jahre sich gern zu dieser Stadt als seine Heimat bekannte, wo seine Eltern heute
noch wohnen.
Und so ist auch der erste und inzwischen allseits bekannte Sieger der Casting- Show :vaDeutschland sucht den Superstar" im Jahr 2003 und heute überall beliebte Song- und Musicalstar Alexander Klaws
immer wieder gerne in Sendenhorst. Eine Stadt, die stolz darauf sein kann, eine solche Persönlichkeit vorzeigen zu können. So freute sich natür« ich schon im Jahr 2006 Thomas Bart- mann vom Landho»
tel Bartmann, den Sendenhorster Star mit dessen Freund Thomas Zirk auf dem Swift-Golf-Platz begrüßen zu kön- nen. Aber nicht nur hier gab es viel Spaß beim Anblick des sympathischen Superstars.
Schon 2004 sah man in viele strahlende Gesichter, als Alexander Klaws bei einer Veranstaltung der Stadt auf Ob für Groß oder Klein: Autogramme missen sein - in Sendenhorst na- dem Platz vor dem
tziirlíc/9 besonders vom Superstar Alexander Klaws, dem alle begeistert auf Rathaus zu sehen dem Platz vor dem Rathaus zujulßelten. war. Dass es der jetzt 31-jährige Superstar Alexander Klaws
allerdings bei seinen unzähligen Auftritten auf Bühnen und im Fernsehen auch künftig noch öfter mal ins altvertraute Sendenhorst schafft, dürfte immer schwieriger werden. Denn sein Terminkalender ist
mehr als voll und seine Auftritte sind meistens ganz schnell ausverkauft.
Sein Fernsehdebüt gab Alexander Klaws schon als Zehnjähriger. Einige Jahre später absolvierte er eine Musicalausbildung. Und nicht selten schaffte und schafft es der Sendenhorster auf die vorderen
Plätze und sogar an die Spitze vieler Musik~Events, so z.B. auf Platz l der deutschen Charts. Neuerdings gehören auch alle Tanzbegeisterten zu Alexander Klaws Fans.
Denn im Mai 2014 siegte er bei der RTL-Sendung ››Let°s dane". Eine Autobiographie hat er ebenfalls schon
verfasst: nIch bins - Alexander Klaws". Viel Lob erntete er bei den Auftritten in diversen Musicals wie zum Beispiel aaTanz der Vampire" in Berlin. Eine Zeitlang schrieb Dieter Bohlen seine Texte,
aber später trennte sich Alexander Klaws von diesem und gab vieles in eigener Regie zum Besten. Von August 2008 bis Mai 2010 glänzte er auch als Fernsehstar Lars Hauschke in der Sat l-Telenovela
a›Anna und die Liebe". Aber noch bekannter wurde er 2010 bis 2013 durch
seine Rolle als D5Tarzan" in Hamburg.
Gleich de/atš las: Thomas Bartmann,
Alexander Klazus und Thomas Zírk, Freunde des Supersmııf (zu L) føereíteten sich løeím Swin- Golfauf so/øwungvolle Bewegung vor:
n I Golf ıstiıfland Nicht nur hier war er voll überzeugend. Auch sonst war und ist der Sendenhorster viel und erfolg« reich unterwegs und nicht selten mit anderen bekannten Prominenten. Sehr bekannt
wurde er auch durch seine Hauptrollen in diversen Musicals wie vDer Schuh des Man nitu" in Tecklenburg, wo
er als ››Joseph" in Andrew Lloyd-Webbers Musical ,Joseph and the Amazing Technicolor Dreamcoat" zu sehen war. Und seit Oktober 2014 spielt er die Hauptrolle in Lloyd« Webbers Musical ,Jesus Christ
Superstar", wo alle 17 Vorstellungen schon innerhalb von drei Tagen ausverkauft waren, wie sein Fanclub begeistert mitteilt. Aber wenn er auch nicht mehr viel Zeit Für seine Heimat hat, die Zahl
seiner Fans steigt auch hier trotzdem. Das war besonders nach seiner Eintragung ins goldene Buch der Stadt zu hören, als die Fans vor dem Rathaus jubelten und der Superstar sich mit einem seiner
Songs für den heißen Empfang bedankte. Ja, auch so kommt der Name Sendenhorst weit um im Lande, denn nicht selten wird ja dabei darauf hingewiesen, wo der beliebte Star herkommt.
Ob durch Musik, Tanz oder Schauspiel oder einfach 11nur" durch seine Persönlichkeit, Alexander Klaws vermag eben nicht nur in seiner Heimatstadt Sendenhorst bei Groß und Klein zu begeistern. Und an
solche Persönlichkeiten erinnert man sich doch gern beim Jubiläum dieser Stadt, oder?
Heiße Diskussionen über Liebe und Sexualität
Wolfram Opperbeck
Hallo Ü- Wagen" - die im Jahr 1992 noch allseits bekannte Rundfunk-Sendung vor Ort mit der
WDR-Moderatorin Carmen Thomas durfte natürlich auch in Sendenhorst nicht fehlen. Oswald Kolle zu Besuch in Sendenhorster Liebesgasse
Zumal hier ein Ort einlud, der einem dazu passenden Gast nur recht sein konnte: Wer anders als der
seinerzeit allseits bekannte Aufklärer in den wichtigen Bereichen Liebe und Sexualität, der „Aufklärungspapst" der 60er ]ahre und Sexualwissenschaftler Oswald Kolle, konnte dazu Rede und
Antwort in einem dafür wie geschaffenen Ort geben, nämlich der „Liebesgasse". Eine Gasse, die ihren Namen allerdings in ihrer Vergangenheit nicht immer so einfach tragen durfte, wissen einige
Sendenhorster zu erzählen. Vielleicht ging es ja auch deshalb an der
„Liebesgasse", wo der Wagen des WDR am
Donnerstag, 23. Januar 1992, mit einigen Fachleuten zum Thema stand, auch stellenweise zunächst recht zurückhaltend und auch kritisch zu mit Fragen rund um Sexualität und partnerschaftliche
Beziehungen. Aber im Laufe der Live- Sendung verfolgten dann doch immer mehr Sendenhorsterinnen und Sendenhorster die Gesprächsbeiträge, wobei sich nicht wenige im Laufe der Sendung auch selber zu
Erfahrungen mit dem Thema äußerten. Das freute mich dann natürlich besonders, denn es gab zuvor auch nicht wenige, die mich davor warnten, ein ››solch heißes Thema in die konservative Stadt
Sendenhorst" zu holen.
Doch dieses Vorurteil widerlegte dann schließlich doch die immer lebhafter werdende Diskussion zum Thema und zu dem Zusammenhang zwischen Liebe und Sexualität und deren Stellenwert für Frauen wie
Männer nicht nur für sich selber, sondern auch in der sich nicht zuletzt unter dem Einfluss der Kirchen zu diesem Thema befindlichen Gesellschaft. Ja, das war alles recht aufschlussreich und so gar
nicht uninteressant. Und als Dank Für diesen Besuch in Sendenhorst und die dadurch sich ständig steigernde Teilnahme des zahlreichen Publikums überreichte ich dann unter dem Beifall der Anwesenden an
die vielseitige Rundfunkmoderatorin Carmen Thomas ein Bild der Liebesgasse, gestaltet von Heinz Bäcker.
Maltas Botschafter in Sendenhorst
Wolfram Opperbeck
Es ist schön in Sendenhorst. Denn da gibt es nicht nur schöne Ecken und Parks. In unserer Stadt sind auch
viele Vereine, vor allem auch solche, die nicht nur für sich, sondern vor allem auch für andere da sind, wie zum Beispiel der Malteser-Hilfsdienst.
Und da ich hier auch lange Mitglied war, fand ich es durchaus angebracht, einmal den Botschafter von Malta
nach Sendenhorst einzuladen. Das war nicht einfach, aber mit Hilfe des damaligen Bundesministers für Bildung und Wissenschaft, Jürgen Möllemann, klappte es dann im Jahr 1989 doch. Und das war dann
für alle ein nicht alltägliches Ereignis.
Sehr gefreut über den Besuch hat sich
natürlich auch die damalige Vorsitzende der Sendenhorster Malteser, Christine Molitor. Und da man Sendenhorst ja schließlich auch wegen eines dort nicht unbedeutenden Wirtschaftszweiges, die
Schnapsbrennereien, kannte, freute sich der Botschafter besonders, nach anderen Besuchen und Gesprächen in der Stadt, die Räume und die Arbeit der Brennerei Werring kennenzulernen.
Seine Lobeshymnen über die tollen Getränke und ihre Herstellung fanden dann auch kaum Grenzen, was der Familie Werring natürlich auch recht gut gefiel. Und die Frau des Botschafters meinte dann im
Laufe der Besichtigung sogar, einschreiten zu müssen, weil ihrem Gatten der Sendenhorster „Sprit" immer besser zu gefallen schien.
In einem Schreiben nach dem Besuch bedankte sich der Botschafter dann aber nicht nur für die Verkostung in Sendenhorst, sondern besonders „for the cordial Welcome" – „für das herzliche „Willkommen" -
bei den Sendenhorster Maltesern und das für das Kennenlernen von vielen netten Sendenhorsterinnen und Sendenhorstern".
Besonders hob er dabei hervor, viel Gastfreundschaft und Freundlichkeit in Sendenhorst erfahren zu haben. Das galt vor allem für die Kontakte mit den Sendenhorster Mitgliedern des Malteser
Hilfsdienstes.
Herzlich willkommen geheíßen wurde 1989 der Botschafter von Malta mit seiner Ehefrau (2. u. 3. vl) in der Brennerei von Karl Werríng (3. vr) Gemeinsam wurde mit Vertretern der Malteser sowie mit
Maríanne und Karl Werring jun. Auf das freundliche Treffen in Sendenhorst angestoßen.
Wer heute von der Sendenhorster Ostheide hört, der denkt bestimmt an das 2013 neu
erschlossene Gewerbegebiet am östlichen Ortsrand von Sendenhorst. Die Ostheide erstreckte sich früher jedoch über ein wesentlich größeres Gebiet als der heutige Straßenname vermuten lässt. Auch
geschichtlich Interessantes lässt sich zur Ostheide im Stadtarchiv entdecken:
Bild:
Ostheide im Winter...
28.12.2007 by Dirk Puziak
Die Ostheide erstreckte sich vom ehemaligen Osttor, also heute Voges, beidseitig der Straße, bis zur Waldmutter. Die Ostheide gehörte zur Stadt Sendenhorst. Das übrige Umland von Sendenhorst bildete
das sogenannte Kirchspiel. Das Kirchspiel war eine eigene Gemeinde. Beide Gemeinden waren voneinander getrennt, so gehörte das Kirchspiel Sendenhorst lange Zeit zu Enniger und Vorhelm, die Stadt
Sendenhorst und somit auch die Ostheide jedoch nicht.
Die Bebauung jenseits des Walles, also der heutigen Promenade begann erst 1840! Die Ostheide war bis dahin eine Gemeinschaftshude, auf der jeder Stadt-Bürger aus Sendenhorst unter strengen Regeln
sein Vieh weiden lassen durfte.
Aus dem Sendenhorster Stadtarchiv ist folgendes über die Ostheide zu erfahren:
„…Im Gegensatz zum Ackerland, das schon früh geteilt wurde, blieben die Weiden noch lange im Gemeinbesitz. Das gemeinsame Besitztum lag längs der Straße nach Beckum und hieß Ostheide. Wahrscheinlich
war die Flur ursprünglich mit Heidekraut und Gestrüpp durchsetzt.
...
Als in den Jahren 1830 bis 1840 die Ostheide aufgeteilt wurde, erhielt jeder Hausbesitzer einen Anteil von ein bis zwei Morgen Weide (1 westf. Morgen = 2.500 qm), die heute Ackerland sind. Weil aber
die hiesigen Juden nicht als Sendenhorster Bürger angesehen wurden, schloss man sie von der Verteilung aus, trotzdem sie Hausbesitzer waren.
Teich am Ostendamm:
In dem Pachtverzeichnisse vom 21. Oktober 1780 wird als Lage des Teiches die Stelle angegeben, "alwoh vormahlen ein Galgen gestanden hat". Der Teich ist nicht mehr vorhanden. Es kommt eine
Örtlichkeit in der Mitte zur Ostheide an der Chaussee nach Vorhelm in Frage.
...
Galgen: In dortiger Gegend befindet sich auch eine Flur mit dem Namen Galgenkamp. Ein Teil dieses Galgenkamp ist heute im Besitz der Stadt. Nach der Überlieferung soll dort 1338 zum
letzten Male einer gehenkt worden sein. In der 2000ern siedelten sich hier einige "Kleingärtner" an, da die Grundstücke ja 160 Jahre vorher an alle Sendenhorster verteilt worden waren. U.a. war hier
auch ein Hundeclub kurzzeitig ansässig. Teiche wurden angelegt, Wälle und Hecken entstanden. Ein Fischreiherpärchen zog regelmäßig seine Runden über die weiten Flächen und “plünderte“ die
Goldfischteiche.
Bild: In einem der Kleingärten: Der blaue Bauwagen - ein Paradies! Good bye!
Die Umgehungsstraße kommt weiter rechts, die Straße runter. So geht das Alte, das Neue kommt. Leider wurden die "Kleingärten", sehr zum Leidwesen der Gärtner, die sich hier in 10 Jahren kleine
Paradiese geschaffen hatten, von der Stadt aufgekauft und 2013 eingeebnet zu Gunsten des neuen Gewerbegebietes.
Bis 2014 hat sich bereits ein Betrieb hier neu angesiedelt. Das Regenrückhaltebecken und die 8 Meter breite Straße mit Wendehammer und Beleuchtung sind ebenfalls fertig. Die Umgehungsstraße, so denn
sie kommt, beginnt von dem oben gezeigten Bild aus weiter rechts Richtung Osten, mit einer Kreuzung nach Norden und führt über die Ostheide, Richtung Veka.
2023 ist die Gewerbefläche tatsächlich voll, wer hätte das damals für möglich gehalten?! So geht denn das das Alte, das Neue kommt!
Der fast vergessene Dachboden 5.4.2011 | J. Thesing
Sendenhorst Rathaus - Die Blümchentapete ist ziemlich alt. Wohl keine
100 Jahre, wie das Gebäude insgesamt. Aber alt genug, um fast Kult zu sein. Warum sie an den Wänden klebt, ist schwer zu sagen. „Hier hat meines Wissens niemand gewohnt“, sagt Hermann Specht... Tag
des offenen Denkmals 11.09.2011 - 100 Jahre Rathaus Sendenhorst
Bild: Hermann Specht Foto: (Josef Thesing)
„Hier hat meines Wissens niemand gewohnt“, sagt Hermann Specht... Hermann Specht, in der Stadtverwaltung unter anderem für Denkmalaufgaben zuständig, zeigt zwischen den Akten auf dem „Balken“ den
Grundriss des Dachgeschosses.Fotos: (Josef Thesing) , der neben seinen vielfachen Aufgaben im Bauamt der Stadt auch für die Denkmalangelegenheiten zuständig ist. Zwar gab es im zweiten Stock des
Rathauses eine Wohnung für städtische Bedienstete. Aber das Zimmer mit der Blümchentapete habe nicht dazu gehört. Vielleicht wollten es die Mieter seinerzeit einfach nur nett herrichten, auch wenn
sie es nur als Abstellkammer genutzt haben, vermutet Specht. Hier oben unter dem Rathausdach, auf dem „Balken“, wie Specht den Aktenraum nennt, und im ungenutzten Bereich unter den Ziegeln ist nur
weniges neuen Datums. Der Brandmelder zum Beispiel. „Hier ist eine der wenigen Stellen, die noch in ihrer Ursprünglichkeit erhalten sind“, sagt Specht. Auf dem Bauplan zeigt er, wo sich der Besucher
in diesem recht verwinkelten Teil des Gebäudes gerade befindet .
In einem zwischen der zwei Meter hohen Decke und den Holzdielen auf dem Boden gebauten Regal stapeln sich Akten. Diese hat viele Jahre garantiert niemand mehr in die Hand genommen. Werden sie
überhaupt noch gebraucht? Specht zuckt mit den Schultern. Krimskrams überall. Auf einem Pappkarton steht ein Modell, dahinter sind gerollte Pläne aufgereiht. Auch die hat selbstverständlich seit
langem niemand mehr benutzt. Hinter dem „Balken“ kommt das Nichts. Der Dachboden. Die Neonlampe funktioniert nicht.
Neu ist nur der Brandmelder unter der Firstfette. Hier oben muss garantiert niemand mehr hin. Der Teil einer Antennenanlage und anderes Gerümpel liegt auf einem Glastisch, in den ein altes Modell der
Stadt Sendenhorst eingebaut ist. Wofür das mal benötigt worden ist, ist nicht bekannt. Jetzt ist es einfach nur vergessen, wie vieles hier oben. Ordnung herrscht irgendwie trotzdem, wie es sich für
eine ordentliche Stadtverwaltung gehört. Das Hängeregister im Durchgang zum „Balken“ ist mit farblich einheitlichen Akten vollgehängt und selbstverständlich nach Vorgängen sortiert.
Raufbolde kamen in den Kellerknast 15.4.2011 | J. Thesing
Sendenhorst - Im Rathaus herrschte lange Zeit eine ungewöhnliche
Gemengelage, was die Nutzung betraf. Und das nicht nur wegen der drei Arrestzellen im Keller, in denen vor allem betrunkene Raufbolde aufbewahrt oder andere vor dem Transport in ein richtiges
Gefängnis „zwischengelagert“ wurden. Später standen auch Druckmaschinen im Keller, Vorläufer der heutigen PCs. Den meisten Raum im Erdgeschoss nahmen nicht die Amtszimmer ein, sondern die Büros der
Sparkassenmitarbeiter inklusive des Tresorraums, dessen Tür heute noch im Bürgerservice zu bewundern ist, allerdings ohne jeglichen funktionalen Nutzen. Hier unten also wurden sie eingebuchtet. Zu
sehen ist davon heute im Keller des Rathauses nichts mehr. Ob die Türen zu den schmalen Räume, die heute unter anderem als EDV-Lager genutzt werden, mal die Zellentüren waren, weiß heute niemand
mehr.
Bild: Hermann Specht und Karin Schwarz vom Bauamt der Stadt zeigen im Keller des
Rathauses die Originalpläne aus dem Jahr 1911. Das kleine Türmchen auf dem Dach wurde gestrichen. Fotos: (Josef Thesing)
Damals sah das Gebäude definitiv anders aus als heute. Vom jetzt zugebauten Innenhof führte eine große, ausladende Freitreppe ins Gebäude. Und es gab eine breite Holztreppe, die im Gebäude
serpentinenartig nach oben führte. Heute fährt dort der Aufzug. Die meisten Räume hatten eine Holzvertäfelung, wie sie heute noch im Trauzimmer, zugleich kleiner Sitzungssaal, zu finden ist. Ein Raum
hatte sogar einen Balkon, der heute zugebaut ist und als Büro genutzt wird. „Die größten Umbauten wurden in den 1980-er Jahren durchgeführt“, erklärt Specht. Da arbeitete er bereits im Rathaus.
Denkmalschutz wurde damals nicht so eng ausgelegt wie heute, zumal das Denkmalschutzgesetz noch nicht allzu lange in Kraft war. Und so ist im Rathaus vieles verschwunden, was heute nicht mehr
verschwinden würde, erzählt Hermann Specht.
Die Stadt „bewohnte“ lange Zeit nur zwei Räume. 1959 zog die Sparkasse schließlich aus. Im ersten Stock wurde nur der bis heute in großen Teilen erhaltene Sitzungssaal dienstlich genutzt. Der Rest
der Etage war die Privatwohnung des Stadtdirektors.propos Sitzungssaal: Der wurde zwischenzeitlich mal dadurch vergrößert, dass eine Wand teilweise herausgenommen und Nebenräume für die Sitzungen der
Stadtvertretung mitgenutzt wurden. Später wurde der Raum wieder in seiner Ursprünglichkeit hergestellt. Die Lampen stammen wohl aus den 60-er oder 70-er Jahren. „Raumschiff Orion“ beschreibt Karin
Schwarz vom Bauamt den Stil der Leuchten. Ganz oben im Gebäude gab es Wohnungen, in denen städtische Bedienstete lebten. Der „kleine Dienstweg“ zum Chef war tatsächlich kurz: Eine Treppe führte von
oben in die Wohnung des Verwaltungschefs.
Im Ersten und Zweiten Weltkrieg blieb Sendenhorst ein Bombenhagel erspart. Nach dem letzten großen Stadtbrand von 1806 bis in die 1970-er Jahre hinein blieb die Innenstadt inklusive des Rathauses
erhalten. Das markante Gebäude wie auch das ebenfalls markante Alte Pastorat blieben neben der Kirche und einigen anderen alten Gebäuden stehen. Den Rest fegte in großen Teilen die Stadtsanierung
hinweg. Aus den Originalplänen vom März 1911 wird übrigens deutlich, dass das Rathausdach ursprünglich mit einem Türmchen versehen werden sollte. „Das ist wahrscheinlich aus Kostengründen gestrichen
worden“, vermutet Hermann Sprecht. Auf dem Plan wird das an roten Strichen mitten durch das Kleinod deutlich. Dabei hätte das Türmchen sicher gut ausgesehen.
Ärmelschoner und Stempel im Rathaus 15.4.2011 | J. Thesing
Sendenhorst - Ärmelschoner, spitze Bleistifte und jede Menge Stempel.
Dicke Akten statt Computerfestplatten. Und wer nach einem ausgiebigen Gelage zu sehr über die Stränge schlug, landete in der Arrestzelle. So, oder so ähnlich muss es wohl ausgesehen haben...
Sendenhorst - Ärmelschoner, spitze Bleistifte und natürlich jede Menge Stempel. Dicke Akten statt Computerfestplatten. Und wer nach einem ausgiebigen Gelage zu sehr über die Stränge schlug, landete
in der Arrestzelle. So, oder so ähnlich muss es wohl ausgesehen haben im Sendenhorster Rathaus vor 100 Jahren. Soeben neu erbaut, war das Gebäude der ganze Stolz des seinerzeit politisch nicht
unumstrittenen Bürgermeisters Wilhelm Hetkamp.
Es war zu Beginn
des 20. Jahrhunderts die Zeit, in der die Stadt mit seinerzeit moderner Infrastruktur ausgestattet wurde. Bis zum Ersten Weltkrieg - dann war erstmal Schluss. - Doch da war das neue Rathaus längst
fertig. Den 100. Geburtstag des Gebäudes will die Stadt in diesem Jahr am „Tag des offenen Denkmals“, der am 11. September begangen wird, mit Ausstellungen und einigem Programm feiern, an dem derzeit
noch gefeilt wird. Gezeigt werden soll exemplarisch, wie in den vergangenen 100 Jahren im Sendenhorster Rathaus gearbeitet wurde, und wie sich das Gebäude verändert hat. Es war kein einfaches
Unterfangen, bis der Bürgermeister endlich einziehen konnte.
Das Vorgängergebäude, ebenfalls 100 Jahre alt, wurde an das Westtor umgesetzt und beherbergte von 1920 bis 1940 die ehemalige Rektoratsschule. Die ersten Pläne für den Neubau legte Hetkamp im Juni
1910 vor. Doch weil die geschätzten 55 000 Mark Baukosten für die damalige Stadtkasse eine fast horrende Summe war, dauerte es insgesamt 39 Sitzungen der Stadtverordneten, bis der Architekt Georg
Diening aus Münster den Bauauftrag erhielt. Vom Frühjahr bis zum Herbst 1911 wurde gebaut.
Dann zog Hetkamp ohne eine offizielle Einweihungsfeier, auf die aus Sparsamkeitsgründen verzichtet wurde, ein. Und das im wahrsten Sinne des Wortes, denn der Bürgermeister wohnte, was damals durchaus
üblich war, im Obergeschoss des Verwaltungsgebäudes. Seitdem hat das Gebäude, das unter Denkmal steht, sein Gesicht vor allem im Inneren immer wieder verändert, besonders in den 50-er, 70-er und
80-er Jahren des vergangenen Jahrhunderts.
Der Lehrer, der nicht turnen konnte - Gymnastische Übungen fanden nicht statt 29.12.2014 | J. Thesing
Sendenhorst - Natürlich weiß heute niemand, ob die Schüler in den Jahren
ab 1860 Spaß am Turnen gehabt hätten.
Bild: Sport in der Mühlenkuhle
Sendenhorst - nachdem der preußische Unterrichtsminister im Jahr 1860 verfügt hatte, dass an den Schulen "gynastische Übungen " durchzuführen sind, mussten sich die Städte und Dörfer auf die Suche
nach geeigneten Pädagogen machen, die neben Mathe und Deutsch auch ein wenig Erfahrung mit Rumpfbeugen hatten. Lehrer Drees, der Schulpädagoge, hatte sie nach Einschätzung der Stadtvertretung
nicht.
Bürgermeister Kreuzhage antwortet 1861 auf die netsprechende Anfrage der Regierung, dass "Turnübungen bei der hiesigen Elementarschule" noch nicht eingeführt werden konnten, weil "der Lehrer Drees
durchaus nicht geeignet ist und auch andere turnfähige Personen nicht vorhanden sind.!
Doch das war nur nur eines der beiden größten Probleme mit denen den schulischen Leibesübungen. Denn bis 1872 gab es offenbar in Sendenhorst auch keinen geeigneten Platz für selbige. 1870 erklärte
der Bürgermeister, dass kein geeigneter Turnplatz zu beschaffen sei - ob zur Freude der Schüler, ist nicht überliefert.
Wie dem auch sei: Zwei JAhre später durten oder mussten dei Jungen und Mädchen dann doch ran. "Ein Turnplatz ist vorhanden", meldete der in diesem Jahr zuständige Bürgermeister Meyer. Und zwar unfern
von dem hiesigen Westtore und ungefähr fünf Minuten von der Schule entfernt."
Vielleicht hat es sich dabei bereits um die legendäre "Mühlenkuhle" gehandelt, aber das ist nicht überlieert. Geturnt wurde nachmittags, und zwar an Barren und Reck. Und das zunächst ausschließlich
unter freiem Himmel.
Von Wohlstand weit entfernt - Sendenhorst im Jahre 1830 24.12.2014 | J. Thesing
Sendenhorst - Eine wohlhabende Stadt war Sendenhorst nie. Doch es gab in
den vergangenen Jahrhunderten Zeiten, da ging es vielen Menschen im kleinen Sendenhorst richtig schlecht. Zum Beispiel in den Jahren 1829 bis 1832.
Und wer heute darüber nachdenkt, was
an den kommenden Weihnachtstagen auf den Tisch kommt, der mag an das „staatliche Geschenk" erinnert sein, das rechtzeitig zum Weihnachtsfest in 65 notleidenden Haushalten in Sendenhorst ankam: drei
Pfund Salz. Die Regierung spendierte der Stadt 200 Pfund Salz aus den Werler Salzwerken, schreibt Heinrich Petzmeyer in seiner Stadtgeschichte.
Die Verhältnisse müssen für viele Haushalte seit 1829 katastrophal gewesen sein. Der Winter kam früh und war streng. Im Amtsblatt des Jahres stand, dass viele „Arbeiter außer Tätigkeit und Brot"
gesetzt waren. Auch an Brennmaterial war wohl schwer zu kommen, weshalb die Obrigkeit befürchtete, dass die Unterschicht große Not leiden werde- und es deshalb auch in Sendenhorst vermehrt zu
Diebstählen und anderen Verbrechen kommen könnte. Die Regierung forderte deshalb, Suppenküchen einzurichten und empfahl die sogenannte „Rumpfordsuppe" - eine „Brühe aus Wurzelwerk, Graupen, Knochen
und Blut: nahrhaft und billig". Sendenhorst musste diesbezüglich passen: Knochen gab's nicht.
Das Spenden-Aufkommen war miserabel, Bargeld für die Armen war so gut wie nicht aufzutreiben, auch wenn es bei weitem nicht allen in der Stadt schlecht ging. Münster drohte mit der Einführung der
Armensteuer, weil die Stadt die Verpflichtung habe, ihre Bürger mit dem Nötigsten zu versorgen. Der „Hülfsverein" setzte sich im Frühjahr 1832 dafür ein, dass die arme Sendenhorster Bevölkerung die
kritischen Monate bis zur nächsten Ernte überstand. Aus gespendetem Getreide wurden 3200 Fünf-Pfund-Brote gebacken. Der Verein beschaffte auch andere Lebensmittel wie 500 Liter Sauerkraut. Im
Armenhaus wurden zehn Menschen versorgt.
In den offiziellen Protokollen der Stadt aus dieser Zeit wurde übrigens nicht besonders zwischen ,.Armen" und „Arbeitsscheuen" differenziert - und die Tugenden Ordnung, Fleiß und Sparsamkeit seien
bei den meisten Sendenhorstern zu dieser Zeit „noch schwach entwickelt" gewesen. Der „Hülfsverein" musste auch in den Folgejahren immer wieder aktiv werden. Zum Beispiel 1846, nachdem ein Unwetter
mit Hagelkörnern in der Größe von Taubeneiern zwei Drittel der gesamten Ernte im Stadtgebiet vernichtet hatte.
Wer kennt Seodenhurst? 1.9.2014 | CH
Sendenhorst - Das Stadtjubiläum in 2015 naht mit
großen Schritten. Doch was feiern wir eigentlich genau? Als Stadtgeburtstag wird die erste Erwähnung Sendenhorsts in einer Urkunde gefeiert. In dieser Urkunde geht es um die Verpachtung eines
Grundstücks innerhalb der Stadt Sendenhorst durch das Kloster Überwasser in Münster. Der eigentli- che Geburtstag dürfte somit in die Zeit um 1310 fallen, dies ist jedoch leider nicht mehr belegbar,
da dazu keine schriftlichen Aufzeich- nungen mehr existieren. Wahrscheinlich wurden diese bei einem der zahllosen Brände in Sendenhorst vernichtet.
Der Stadtgründer (Bild) ist der münsterische
Fürstbischof Ludwig II. von Hessen. Die Erhebung Sendenhorsts vom Kirchdorf zur Stadt dürfte für Bischof Ludwig in erster Linie militärische Gründe, aber auch wirtschaftliche Gründen gehabt haben.
Die Bischöfe von Münster versuchten, im 12. Jhdt., ihren Herrschaftsbereich auszuweiten. Unter anderem führten sie Krieg mit den Grafen von der Mark (Hamm), und somit rückte auch das Kirchdorf
Sendenhorst zwischen Hamm und Münster in den Fokus des Bischofs. Die Verleihung städtischer Rechte an schon bestehende Kirchorte verschaffte dem Landesherrn einen zuverlässigen Stützpunkt, dessen
Bürger bereit waren, ihr Eigentum und gleichzeitig die Interessen des Bischofs mit Waffen zu verteidigen. Da der Bischof oft in seine Heimatstadt Marburg in Hessen reiste, dürfte er auf seinen Reisen
auch auf dieser Fernstraße gereist sein. Im Zuge der Fehde mit dem Grafen von der Mark, bei der der müns terische Bischof Ludwig sogar gefangen genommen wurde, wurde das gerade neu begründete
Städtchen Sendenhorst mit in die kriegeri schen Auseinandersetzung gerissen.
Bild: Erster urkundlicher Beleg Sendenhorst
als Stadt ("infra oppidum")
1323 wurde Sendenhorst durch den Grafen von der Mark zum ersten mal geplündert und niedergebrannt. Die Stadt erholte sich jedoch recht schnell von diesem Unglück und wurde schnell wieder aufgebaut.
Erst mit der Pestpandemie ab 1349 / 1350 erhielt die Stadt einen schweren Rückschlag. Von der mittelalterlichen Stadt des 14. Jahrhunderts hat sich kein einziges Gebäude, weder Stadttor, Rathaus,
noch Wohnhaus, erhalten. Aber unverändert seit beinahe 700 Jahren sind der Stadtgrundriss, die Hauptstraßenführung und die Lage der Pfarrkirche. Die Nordstraße und Südstraße sind planmäßig versetzt.
Die hochmittelalterliche Pfarrkirche war im romanischen Stil erbaut. Seit jeher hatte der Pfarrer westlich der Kirche seinen Pfarrhof zwischen Schulstraße und Weststraße. Das Kirchdorf Sendenhorst
wird 1175 erstmals urkundlich erwähnt. Die heutige Kirche steht noch am selben Standort wie die erste Kirche, auf dem Münsterländer Kiessandrücken, und alle Straßen steigen in Richtung Kirche leicht
an.
Zwischen Südstraße und Weststraße lag das Haus Sendenhorst, der Amtssitz des bischöflichen Gografen, von der übrigen Stadt durch Graben und Zugbrücke getrennt. U. a. wurden hier 1975 beim Bau des
Bürgerhauses Mauerfundamente entdeckt, die auf eine Burg, oder zumindest burgähnliche Anlage in dieser Zeit hindeuten. Sendenhorst hatte als Umwallung einen einfachen Graben mit innenliegendem Wall.
Die Stadttore waren aus Bruchsteinen gemauert.
Schema nach H. Petzmeyer 1978
| 2023 - Update benötigt!
Zur 700Jahr Feier werden diese übrigens wieder aufgebaut. Die Stadt lag anfänglich jedoch weiter östlich. Der westliche Bereich (siehe Karte) mit den Höfen Schöckinghoff und Schulze Tergeist wurde
erst später in die Stadt integriert. Im Osten lag die »Alte Stadt«. Der Bereich wurde jedoch später aufgegeben.
Die Hofesgruppe Sendenhorst, ist jedoch mindestens noch einmal 500 Jahre älter! Sie lag 400 Meter westlich der heutigen Kirche, Richtung Sportplatz und Friedhof, so H. Petzmeyer in seiner
Stadtgeschichte. Die damalige Bauerschaft Sendenhorst wird erstmals 900 n. Chr. im Abgabenverzeichnis des Klosters Werden / Ruhr erwähnt. Zu dieser Zeit war Sendenhorst nur eine von mehreren
Bauerschaften, die es sogar teilweise auch noch heute gibt, z. B. Bracht, Rinköven. Andere Bauerschaftsnamen sind nicht erhalten geblieben, z. B. Schorlemer.
Da Seondonhurst, so die ursprüngliche Schreibweise, nahe des Schnittpunktes zu den anderen Bauerschaften lag, wurde die Siedlung zum Namensgeber. Nach Schätzungen dürfte die Bauerschaft Sendenhorst
wohl um 800 nach Chr. entstanden sein, als Bischof Liudger der erste Bischof von Münster wurde und begann, das Münsterland zu christianisieren.
Hexen, Raubzüge, Folter, Pest und Plünderung 31.10.2014 | CH
Sendenhorst - Unruhige Zeiten im alten Sendenhorst und Albersloh. - In
der mehr als 700-jährigen Geschichte der Stadt Sendenhorst wurde die Stadt mehrfach völlig verwüstet und ausgeplündert. Zu einem durch Kriege und Durchzüge feindlicher Mächte, aber auch zahlreiche
Brände führten fast zur Zerstörung der Stadt.
Bild:
Herzog Christian von Braunschweig, der im 30-jährigen Krieg Sendenhorst belagerte, einnahm, bestezte und dann plünderte.
Unter den Kriegen hatte das Kirchspiel (die Bauerschaften rund um Sendenhorst) besonders zu leiden, da die Höfe nicht wie die Stadt mit einem Wall geschützt waren. In diesem Bericht wird die Zeit bis
1650 betrachtet. In Petzmeyer‘ s Stadtgeschichte ist zu lesen:
Im Jahre 1323 wurde das gerade zur Stadt erhobene Sendenhorst durch die Truppen des Grafen von der Mark (Hamm), der in Fehde mit dem Bischof von Münster lag, geplündert und niedergebrannt. Die Stadt
erholte sich aber schnell von diesem Unglück. Der Aufschwung der jungen Stadt dauerte bis zur großen europäischen Pestpandemie 1350/51, die alleine in Münster 11.000 Tote forderte. Aus Sendenhorst
sind keine Zahlen bekannt, aber auch hier hat der »schwarze Tod« gewütet.
Im Jahre 1450-56 kam es zur münsterschen Stiftsfehde. 2 Parteien, nämlich Hoya und Moers kämpften um die Neubesetzung des münsterschen Bischofstuhls. Die Fehde dauerte 6 Jahre, in denen im gesamten
Bistum Münster hart gekämpft wurde. Sendenhorst wurde von der Fehde betroffen. Die Hoya-Partei unterhielt vermutlich in dem festen Haus Sendenhorst, dem späteren Drostenhof im Südwesten, eine
Besatzung. Während der Fehde kam es zu Plünderungen und Verwüstungen im Sendenhorster Kirchspiel, u. a. die Bauerschaft Hardt, dazu Höfe in Jonsthövel. Im fraglichen Zeitraum ruhten alle
Rechtsgeschäfte in und um Sendenhorst, was darauf hindeutet, wie schlimm die Fehde Sendenhorst traf.
Am 23. Oktober 1529, mitten in einer friedlichen Zeit, brannte der gesamte Ort nieder, bis auf einige Häuser im Süden und Westen. Auch der Kirchturm mit seinen 5 Glocken wurde ein Raub des
Feuer.
Zeit der Wiedertäufer Die Wiedertäufer waren eine radikale, religiöse Abspaltung der protestantischen Bewegung, die sich über ganz das ganze Heilige Römische Reich deutscher Nation (Das damalige
deutsche Kaiserreich) ausbreitete. Als die Wiedertäufer Münster besetzten und dort das neue Jerusalem ausriefen, wurde Münster von kaiserlichen Soldaten belagert und am 25. Juni 1535 von 3.000
Landsknechten erobert, geplündert und gebrandschatzt. In den umliegenden Orten, so z. B. Warendorf, gab es ebenfalls Täuferbewegungen. Während der Belagerung Münsters, desertierten kaiserliche
Truppenteile. Eine Abteilung kam dabei auch in den Raum Sendenhorst und brandschatzte die Tockenburg (Heute »Westhoffrunde «). Anschließend verschanzten sie sich auf dem, mit einer Grabenanlage
umfassten Hof Jungmann. Als die Kaiserlichen den Hof stürmen wollten, kam es zu einem Feuergefecht, bei dem Anführer der Kaiserlichen, Oberst von Recke, erschossen wurde. Unter Androhung von
Beschießung durch Kanonen ergaben sich die Aufrührer. Die Aufrührer wurden nach Wolbeck in den Amtsturm gebracht und zum Tode verurteilt. Allerdings wurde nur ein Todesurteil vollstreckt.
1553: Raubzug des Herzogs Philipp Magnus von Braunschweig Auf seinem Feldzug gegen den münsterschen Bischof Franz von Waldeck zogen Teile des Heeres in das Kirchspiel Sendenhorst ein und raubten Geld
und Sachwerte. 16 Bauern meldeten anschließend Verluste. Betroffen waren Höfe auf der Hardt, Rinkhöven und Elmenhorst.
Unabhängigkeitskrieg der Niederlande gegen Spanien seit 1580 Von 1580 an kam es in den damals spanischen Niederlanden zu einer Unabhängigkeitsbewegung von den katholischen Spaniern, die damals unser
Nachbarland beherrschten. Dieser Krieg griff mehrfach auf das benachbarte Münsterland und auch Albersloh und Sendenhorst über. So wurden Münster, Albersloh und auch Sendenhorst mehrfach von den
Spaniern geplündert und ausgepresst, aber auch die Holländer zogen marodierend durch das Land. Dieser Krieg »vermischte« sich mit dem 30-jährigen Krieg, der ebenfalls eine Reihe von mehreren Kriegen
darstellt.
Bild: Jacques Callot, Die Schrecken des Krieges – Der Galgen, 1632
Während des 30-jährigen Krieges, der
von 1618 – 1648 in Deutschland wütete, kam Sendenhorst bei der Belagerung und Besetzung durch Christian von Braunschweig zwar um eine Zerstörung herum. Christian war ein protestantischer Heerführer,
der gegen das Fürstbistum Münster in den Krieg zog. Auf seinem Feldzug zog er von Lippstadt aus 1622 plündernd und mordend durch das Münsterland. Als er Sendenhorst belagerte, drohte er, die Stadt in
Schutt und Asche zu legen, worauf ihm die Sendenhorster Einlass gewährten und somit die Zerstörung der Stadt abwenden konnten. Nach einer kurzen Besatzung verließ er Sendenhorst wieder mit seinen
Truppen, nicht ohne vorher gründlich die Stadt ausgeplündert zu haben. Auf seinem Weg in die protestantischen Niederlande, wurden seine Truppen von kaiserlichen Truppen aufgerieben. Er selbst konnte
fliehen, starb jedoch wenig später. 1633 kehrte der Krieg ins Münsterland zurück, kaiserliche Truppen und protestantische Truppen aus Hessen / Lüneburg ziehen plündernd durch das Münsterland. Unter
anderen wurde Sendenhorst und vor allem wieder das Kirchspiel mehrfach geplündert. Auch wütete die Pest in dieser Zeit mehrfach im Münsterland und in Sendenhorst.
Im Winter 1639 kam es wieder zu einem Großbrand: 1/3 der Wohnbebauung ging in Flammen auf, schätzungsweise 80 Häuser, hauptsächlich zwischen Nord- und Ostpforte.
Während dieser Zeit kam es in ganz Deutschland auch zu einem Anstieg der Hexenprozesse. In Sendenhorst und Albersloh sind z. B. zwei Fälle bekannt. Im 1. Fall ging es gegen einen bereits verstorbenen
Sendenhorster, den anscheinend die heilige Erde nicht annehmen wollte. Der betroffene J. Loißinck war zeit seines Lebens ein Tunichtgut und Krimineller. Er wurde verurteilt und des Landes verwiesen.
Es gelang ihm jedoch, nach Sendenhorst zurück zu kehren. Nachdem er gestorben war und begraben werden sollte, brach ein heftiges Unwetter los, das erst wieder nachließ,
nachdem man den L. wieder aus seinem Grab genommen hatte. Die Behörden lehnten jedoch eine nachträgliche Verbrennung auf dem Scheiterhaufen ab.
Bild:
Amtsturm zu Wolbeck (aus Petzmeyer)
1631 kam es in Albersloh zu folgendem Fall: Fenna Droste denunzierte ihre eigene Tochter Ennecke bei den Behörden wegen Zauberei. Das 13-jährige Mädchen berichtete beim Verhör, dass die Ostkampsche
ihr das Angebot gemacht habe, die Zauberei zu lehren. Einen Hexensabbat habe sie erlebt, auf Lammerdings Kammer. Mit dabei waren eine Reihe anderer Bürger aus Albersloh - alle seien sie zum Tanz
gekommen. Auch einen Geliebten habe sie gehabt. Der hieß Duvel Hans, der sie zum Tanz führte und mit dem sie sie zur Hölle und wieder zurück geflogen sei. Die Behörden übergaben das Mädchen dem
Albersloher Pfarrer. Trine Ostkamp wurde verhört und gefoltert. Am Ende stand Selbstmord oder Mord durch den Henker: Sie wurde erhängt im Wolbecker Amtsturm aufgefunden.
Auch in der nachfolgenden Zeit kam die Stadt nicht zur Ruhe. So brannten 1650 in Sendenhorst wieder 50 Häuser ab. Die Einwohnerzahl erreicht einen Tiefpunkt. Davon soll aber an anderer Stelle
berichtet werden
Auf der Querstange in die Stadt 1.10.2014 | J. Thesing
Sendenhorst - Wohlhabende Bauern fuhren mit Kutsche zum Gottesdienst -
und nahmen manchmal jemanden mit.
Einer der Ausspannhöfe - Gaststätte
Peiler
Wer heute den Straßenverkehr in der Stadt vor allem zu Stoßzeiten beobachtet und erleidet. der denkt vor allem daran, dass es bereits seit Jahrzehnten eine Umgehungsstraße geben müsste, unter
anderem, damit wieder etwas mehr Gelassenheit auf den engen Straßen und Wegen einkehrt. Kaum auszudenken, dass Bauern oder Menschen, die etwas außerhalb wohnen, an Sonntagmorgen im Jahr 2014 ihre
Kutschen anspannen, um zum Hochamt "in die Stadt" zu fahren.
Doch früher war das so, und manch einer mag sich heute mit nostalgischer Sehnsucht daran erinnern. Die Glocken läuteten vor der Messe zwei Mal - eine halbe Stunde vorher, und dann noch mal 15 Minuten
vor Beginn. "Beim ersten Läuten setzte ich mich als Zehnjähriger kirchfertig auf die Straße an meinem Elternhaus", erinnet sich Bernd Höne an die Zeit um 1950. Das Haus stand am Ostrand der Stadt in
Richtung "Waldmutter". Der junge Bernd wartete auf die Kutschen, die in Richtung Stadt fuhren . "Das war für mich sehr interessant, lebte ich doch in einer Familie, die man zu den ,kleinen Leuten'
zählte", erzählt der Sendenhorster. "An Kutschfahrten war also nicht zu denken." Bei Hönes gab es nur zwei Fahrräder: das Herrenrad für den Vater und das Melkrad für die Arbeit der Mutter. Der junge
Bernd ging zu Fuß.
Und so rollten an den Sonntagen die Kutschen der Bauern in langer Reihe an dem Jungen vorbei. Vorne fuhren die Einachser, offen und einfach gebaut . "Gigs" wurden diese genannt. Es gab zudem die
Jagdwagen mit Klappdach für bis zu sechs Personen von den größeren Höfen. Und schließlich die Coupes sowie, selten, die Landauer. Von Letzteren habe es in Sendenhorst nur drei gegeben. "Sie waren
sehr repräsentativ", erinnert sich Höne. Die Landauer wurden zum Beispiel auch zum Abholen des Bischofs eingesetzt.
Die Kutschen vor der Tür boten dem jungen Sendenhorster aber auch eine gute Gelegenheit, den Fußweg zu sparen. "Ich schlich mich von hinten an, versuchte, mich auf die Querstangen zwischen den
Federpaaren hinzusetten, und klemmte mich am Wagen fest." Der Rest hing vom Kutscher ab. Schlug er mit der Peitsche nach mir, um mich zu treffen, war meine Fahrt beendet. Ließ er mich aber gewähren,
fuhr ich bis in die Innenstadt mit."
Der jeweilige Wohlstand der Bauern drückte sich auch beim Ansteuern der Gasthöfe aus, erzählt Höne. Dort wurden die Kutschen geparkt - und nach dem Gottesdienst kehrten die Bauern in den Gasthöfen
ein. Zum Beispiel bei "Peiler". Dort sind heute noch die Anbinderinge für die Pferde zu sehen," erzählhlt Bernd Höne.
100 Jahre Kolpingfamilie Sendenhorst - Stolze Gesellen-Tradition 1.3.2014 | A. Metz
Sendenhorst - „Gott segne das ehrbare Handwerk“ lautet der traditionelle
Gruß und Segen der Kolpingfamilien, die sich einst als katholische Gesellenvereine gründeten. In Sendenhorst ist die Gründung eines solchen Gesellenvereins in der kommenden Woche auf den Tag 100
Jahre her. Am 8. März 1914 fand im Hotel Klümper die Gründungsversammlung statt.
Bild:
100-Jahre Kolpingfamilie Sendenhorst - Stolze Gesellen-Tradition - Die ersten Mitglieder der Kolpingfamilie: (obere Reihe v.l.): A. Greiwe, A. Holthaus, J. Greiwe, W. Frochte, H. Schmeing, J. Pälmke,
H. Decker; (mittlere Reihe v.l.):
„Gott segne das ehrbare Handwerk“ lautet der traditionelle Gruß und Segen der Kolpingfamilien, die sich einst als katholische Gesellenvereine gründeten. In Sendenhorst ist die Gründung eines solchen
Gesellenvereins in der kommenden Woche auf den Tag 100 Jahre her. Am 8. März 1914 fand im Hotel Klümper, später Kaupmann und heute als Bürgerhaus bekannt, die Gründungsversammlung statt, an deren
Ende erstmals die heute traditionsreichen Worte gesprochen wurden. Die Gründungsurkunde, die das vergangene Jahrhundert wohlbehütet und unbeschadet überstanden hat, zeugt noch heute davon.
Seit Beginn des Jahres 1914 hatten drei Gesellen in Sendenhorst Unterschriften von Meistern, Gesellen und weiteren Bürgern gesammelt, die Willens waren, einem katholischen Gesellenverein beizutreten.
Mit Hilfe der Ortsgeistlichen wurde in der Folge Verbindung mit der bischöflichen Behörde aufgenommen, und bereits Ende Februar kam aus Münster die Genehmigung zur Gründung.
Das Jahr 2014 möchte die Kolpingfamilie, wie der Gesellenverein heute nach seinem Gründer heißt – zumal sie schon lange nicht ausschließlich Handwerksangehörigen sondern allen Interessierten offen
steht –, zu einem Kolpingjahr in Sendenhorst machen. Zum Auftakt wird es am 8. März eine Geburtstagsfeier im Haus Siekmann geben. Die Feier beginnt mit einer Heiligen Messe um 17 Uhr in der
Pfarrkirche, die der Kolpingchor mitgestaltet. Anschließend findet ein gemeinsames Essen im Haus Siekmann statt. Geboten werden außerdem Filme und Bilder aus „alten Zeiten“. Wer daran teilnehmen
möchte, sollte sich am besten noch heute bei Hubert Descher, ✆ 25 33, Alfons Fredeweß, ✆ 18 52, oder Josef Schmedding, ✆ 16 09, anmelden.
Im Haus Siekmann wird dann auch eine Ausstellung über die Kolping-Geschichte „Kolping international – aktuell und mit lokalen Bezügen“ zu sehen sein, die in der Folge ab dem 10. März in der Sparkasse
aufgebaut wird. Wer zudem mehr über die 100-jährige Geschichte der Sendenhorster Kolpingfamilie erfahren möchte, darf sich auf die Festschrift freuen, die pünktlich zum 8. März druckfrisch vorliegen
soll.
Am 14. Mai folgt eine Fahrt nach Köln zum Grab von Adolph Kolping in der Menoriten-Kirche. Dort feiern die Sendenhorster eine Messe mit dem Bundespräses, Pfarrer Josef Holtkotte. Danach geht es
weiter nach Kerpen, dem Geburtsort Kolpings, wo das Geburtshaus-Museum besichtigt werden soll.
Im September folgt der eigentliche Festakt. Am 27. September sind alle Vereine und Verbände aus Sendenhorst sowie alle Kolpingfamilien aus dem Kreis eingeladen, mitzufeiern. Nach einer Messe ziehen
die Bannerabordnungen zum Empfang in der Realschule. Die Festrede wird Karl Schiewerling (MdB), selbst bekennender Kolpingbruder, halten.
Heute gehören Schützenfeste und Karnevalsfeiern der Kolpingfamilie der Vergangenheit an. Das letzte Kolping-Schützenfest wurde im Jahr 2000 gefeiert. Und nachdem ehemalige Kolpingprinzen die hiesige
KG „Schön wär‘s“ gegründet hatten, verlagerten sich auch diese Feiern. Heute konzentriert sich die Sendenhorster Kolpingfamilie auf Freizeitangebote, berichten Alfons Fredeweß, Josef Schmedding und
Josef Bülte bei der Vorstellung des Programms. Dazu gehören Kreuzweggänge, Radtouren oder Themenfrühstücke. Damit liegen sie derzeit richtig. Denn obwohl ihnen (noch) der Zugang zu den jungen Leuten
fehle, wachse die Kolpingfamilie, weil die Gruppe der Senioren, die mitmachten, immer größer werde. Aber auch der Nachwuchs soll nicht aus den Augen verloren werden. „Nach dem Fest wollen wir Wege
suchen, auch für jüngere Leute Angebote zu entwickeln“, erklärt Alfons Fredeweß.
Kirche St. Martin Sendenhorst – 8 Kirchenfenster von Anton Nachtigäller (1895 – 1984) 02.02.2014K. Inka Meyer + Frau Nachtigäller
Sendenhorst - Viele Menschen in Sendenhorst wissen es nicht: Der
talentierte Kunstmaler Anton Nachtigäller, gebürtiger Sendenhorster, entwarf zu seinen Lebzeiten 10 Kirchenfenster der Sendenhorster St. Martin-Pfarrkirche, von denen heute noch 8 erhalten
sind.
Das St. - Elisabeth-Fenster zeigt im oberen Teil Elisabeth als edle Fürstin und Helferin der Armen.
Mit figürlichen Darstellungen sind dies: Das Martin- und Elisabeth, das Josef- und Marienfenster, sowie das über dem Südportal befindliche Buntfenster mit den Symbolen der Evangelisten. Zwei
Ornamentfenster befinden sich rechts und links neben den Chorfenstern und ein drittes über dem Hauptportal der Kirche.
Schon früh orientierte sich der Sendenhorster in Richtung Kunst und begann mit 16 Jahren, nach seiner Lehre als Emaillemaler bei den Sendenhorster Stanz- und Emaillierwerken, eine weiter Ausbildung
bei dem Kirchenmaler Gerhard Lamers in Münster und besuchte zeitgleich den Unterricht des Kunstmalers Bröker in Münster. Von Grund auf wurde er in der Technik des Malens unterrichtet und konnte bald
Kirchenmalerarbeiten übernehmen. So fertigte er nach eigenen Entwürfen Altarbilder, Fresken, Mosaiken und Kirchenfenster.
1922 zog es ihn nach Holland. Zunächst nach Arnheim, dann nach Amsterdam, wo er u.a. gotische Wandmalereien in der „Walburgis-Kerk“ anfertigte. Immer wieder suchte er zu ausführlichen Studien das
Reichs-Museum in Amsterdam auf, um so auch von den „holländischen Meistern“ zu lernen.
Im späteren Studium an der Technischen Hochschule in Aachen wurde er Assistent von Prof. Wendling, beschäftigte sich mit Kunstgeschichte und arbeitete nebenher als Kirchenmaler. Zu dieser Zeit
entstand auch das sechs Meter hohe Fresko für die Kirche in Paffrath bei Köln.
Mit 35 Jahren kam er zu seinen Wurzeln zurück und machte sich in seinem Elternhaus selbständig. Hier fertigte er in den 30er Jahren mit seinem Bruder Heinrich Nachtigäller, einem gelernten Glas- und
Kirchenmaler, 10 Fenster für die Pfarrkirche in Sendenhorst. Dabei stellte Anton Nachtigäller als Künstler die Entwürfe her und die handwerkliche Ausführung erfolgte zusammen mit seinem Bruder
Heinrich.
Das dargestellte St. - Elisabeth-Fenster zeigt im oberen Teil Elisabeth als edle Fürstin und Helferin der Armen. Sie erscheint durch ihre Positionierung oberhalb der Bettelnden, als wäre sie nicht
von dieser Welt. Im Akt des Gebens zeigt sie sich ganz nüchtern ohne Theatralik. Die Armen und Kranken hingegen lassen ihre Seele ausdrucksvoll durch leidende Mimik und Gestik sprechen. Im unteren
Teil des Fensters zeigt sich Elisabeth als Leidende und Vertriebene, sie scheint um viele Jahre gealtert. Die Fürstinnenkrone, Symbol für den irdischen Glanz, hat sie aus Verachtung zu ihren Füßen
niedergelegt. Das jüngste Kind hält sie schützend an sich, ihren Blick richtet sie nach unten, als ob sie keinen Ausweg wüsste. Die zwei Mägde stehen ihr als treue Begleiterinnen zur Seite und machen
sich Sorgen um die Kinder, die Ihre Mutter um Liebe bitten.
Über die Stiftung Forschungsstelle Glasmalerei des 20. Jh. e.V., die bundesweit über Künstler dieser Richtung recherchiert, gibt es einen Link im Internet, wo man sich die Fenster anschauen kann.
Glocken des Josef-Stifts - Harmonie zwischen den Türmen 26.02.2013 | WN
Sendenhorst - Im Turm der Kapelle des St.-Josef-Stifts gab es
früher drei Glocken. Das heutige Geläut, das 1989 eingebaut wurde, besteht aus vier Glocken und ist auf die Glocken der Pfarrkirche St. Martin abgestimmt, so dass ein harmonisches Klangbild entsteht,
wenn die Glocken beider Gotteshäuser gleichzeitig erklingen. -
Wenn heutzutage die Glocken läuten, dann rufen sie zum Gottesdienst. Oder sie sagen die Zeit an. Bevor die Uhren in das Leben Einzug hielten, hatte die Glocken – die nicht nur in Kirchtürmen hingen –
unterschiedliche Funktionen. Das Läuten morgens, mittags und abends zeigte zum Beispiel Handwerkern den Beginn und das Ende der Arbeitszeit an und rief zum Mittagspause – Tischgebet inklusive.
Eine weitere wichtige weltliche Funktion hatte auch das Sturmgeläut, etwa bei einem Brand. Aus diesem Grund gab es in vielen Städten einen Türmer, der vom Turm der Markt- oder Stadtkirche während der
Nacht Ausschau zu halten hatte und gegebenenfalls die Brandglocke läutete.
In Sendenhorst gibt es gleich zwei große Kirchen mit einem Geläut: St. Martin und den Turm des St.-Josef-Stifts. Pfarrer Fritz Hesselmann hat ein wenig in der Geschichte der Glocken der
Krankenhauskapelle geforscht.
Im Turm der Kapelle gab es von Anfang an drei Glocken, gegossen bei der Gießerei „Petit & Gebrüder Edelbrock“ in Gescher, die Traditionsgießerei im Münsterland. Die Glocken waren gestimmt in „h“,
„d“ und „e“. „Es ist nicht bekannt, ob sie im Ersten Weltkrieg konfisziert und danach durch drei andere ersetzt worden waren. Sicher ist, dass das im Jahr 1942 mit den damals vorhandenen Glocken
geschah“, schreibt Hesselmann. Doch bereits im Jahr 1949 wurden drei neue Glocken bei „Petit & Gebrüder Edelbrock“ in Auftrag gegeben. Allerdings musste Altmaterial verwendet werden, was die
Klangreinheit angeblich etwas beeinträchtigt habe.
Die drei Glocken trugen Aufschriften. Bei der kleinsten lautete sie: „St. Elisabeth, lehr die Kranken, auch im Leiden Gott zu danken. Lehr die an ihren Betten stehn, in jedem Kranken Christus sehn.“
Die mittlere Glocke war dem Heiligen Josef, unter anderem Patron der Sterbenden, geweiht: „Sünt Josep de leste Wäg is swoar un wiet. Sünt Josep bliev an use Siet wann wi goht ut de Tied.“ Die größte
Glocke hatte den Titel „Ave Maria“. Diese Glocken erklangen in den Tönen B’, Des’’ und Es’’ und waren abgestimmt auf das Geläut der Pfarrkirche St. Martin, das damals drei Glocken aufwies mit der
Tonfolge Es’, F’ und G’ .
Zum 100-jährigen Bestehen im Jahre 1970 wollte Dr. Friedrich Lohmann, der damalige Direktor des Krankenhauses, neue Glocken anschaffen. „Das scheiterte aber am Einspruch des Kuratoriums“, so
Hesselmann. Lohmann habe aber von seinem Wunsch wohl nie abgelassen. Und so habe er zum 100-jährigen Bestehen des St.-Josef-Stiftes den größten Teil des heutigen Geläutes gestiftet. Dieses besteht
aus vier Glocken und ist mit der Tonfolge F’, As’, B’ und Des’’ wiederum auf das Geläute der Pfarrkirche St. Martin abgestimmt, so dass ein harmonisches Klangbild entstehe, wenn die Glocken beider
Gotteshäuser gleichzeitig erklingen würden.
Das Gewicht der Glocken beträgt 1050, 600, 400 und 250 Kilogramm. Sie wurden am 11. August 1989 angeliefert. Ihre Weihe nahm Weihbischof Friedrich Ostermann am 15. August 1989 vor. Einige Tage danach
begann die Montage im Turm, und am 3. September 1989, dem Tag der offiziellen Feier des 100-Jährigen, erklangen die Glocken zum ersten Mal.
100 Jahre wie der Blitz - Taubenzuchtverein „02226“ wurde 1913 gegründet 24.01.2013 Franz Börste
Sendenhorst - Vor 100 Jahren gründeten Sendenhorster
Taubenzüchter den Verein „Blitz“, als der Brieftaubensport auch im Münsterland mehr und mehr Anhänger fand. Die ältesten Zeugnisse aus dem Vereinsleben zeigen, dass „Blitz“ vor etwa 75 Jahren 15
Mitglieder hatte. Heute sind es noch fünf, und der Nachwuchs fehlt. Von Franz Börste
Taubenzuchtvereine haben stets neben dem Namen eine Nummer, die sich Laien nicht erschließt. Für den Sendenhorster Verein „Blitz“, der in diesen Tagen 100 Jahre alt wird, ist es die „02226“. Bei der
Deutschen Brieftaubenausstellung in Dortmund hatte der derzeitige Vorsitzende, Reinhold Gajewski, den Goldpokal des Verbandes deutscher Brieftaubenzüchter für diesen runden Geburtstag in Empfang
genommen.
Ein Jahr vor dem Ersten Weltkrieg, als der Brieftaubensport auch im Münsterland mehr und mehr Anhänger gefunden hatte, ließen sich vom Taubensport begeisterte Sendenhorster Züchter als 2226. Verein
in Deutschland beim Verband Deutscher Brieftaubenzüchter registrieren. Und so erklärt sich die Nummer als Namenszusatz. Seit der Gründung tragen alle Tauben, die in Sendenhorst geboren werden und
später an Wettflügen teilnehmen, die Vereinsnummer „02226“. In Ahlen gab es zu der Zeit bereits fünf Vereine, aus der 1920 die „Reisevereinigung Ahlen und Umgegend“ mit inzwischen 23 Vereinen
hervorgegangen war.
Aus der Gründerzeit des Vereins „Blitz“ liegen keine Überlieferungen mehr vor. Eine Ehrenurkunde, die die RV Ahlen dem Verein zu seinem 25-jährigen Bestehen im Jahr 1938 überreicht hatte, und ein
Gruppenfoto, das aus gleichem Anlass gemacht worden war, sind die ältesten Zeugnisse. Zu jener Zeit zählte der Verein 15 Mitglieder. Ein Ausweis des Verbandes aus dem Jahr 1963 weist Heinrich
Schlüter, Großvater der jetzigen Mitglieder Karl August Wichert und Manfred Wichert, als Mitbegründer des Brieftaubenvereins „Blitz Sendenhorst“ aus.
Am Anfang wurden die Tauben per Bahn zu den Auflassorten transportiert. Heute befördern speziell angefertigte „Kabinenexpresse“ die Tauben über Nacht zu den Startorten im Südosten Deutschlands und
Österreichs. In der Regel gibt es im Jahr 13 Wettflüge für Alttauben und sechs Flüge für Jungtauben. Alttauben fliegen in dieser Zeit zwischen 4000 und 5000 Kilometer.
Gab es anfangs nur eine Kontrolluhr in einem Verein, zu der alle Züchter den Kontrollringe bringen mussten, wird die heimkehrende Taube, die einen Chipring trägt, heute von einer Antenne im Eingang
des Schlages elektronisch erfasst. Früher dauerte die Auswertung eines Fluges mehrere Tage. Heute können schon wenige Stunden nach Ende eines Fluges die Ergebnisse eines Preisfluges im Internet
abgefragt werden.
Je nach den Wind- und Wetterverhältnissen erreichen die Tiere Geschwindigkeiten zwischen 70 und 100 Stundenkilometer, bei Rückenwind noch weit mehr.
Die meiste Zeit seines Bestehens gehörte der Verein „Blitz“ der RV Ahlen und Umgegend an. Für einige Jahre war „Blitz“ Mitglied der RV Drensteinfurt, die sich vor wenigen Jahren aufgelöst hatte. Nach
deren Ende schlossen sich auch die Vereine „Wersebote“ Drensteinfurt und „Unser Stolz“ Walstedde der RV Ahlen an, nachdem die Sendenhorster Züchter die Rückkehr schon einige Jahre vorher vollzogen
hatten.
Die Sendenhorster Züchter bewiesen bei Preisflügen und Ausstellungen stets, dass ihre Tiere die Konkurrenz nicht scheuen müssen. 1951 wurde Hermann Bücker Meister der RV Ahlen. Aktuell ist es Günter
Palmowski, der seit Jahren hervorragende Platzierungen mit seinen Tauben erringt.
Einen Aufschwung erlebte der Verein Ende der 1970-er Jahre, als viele Spätaussiedler aus Oberschlesien, der Hochburg des polnischen Taubensports, nach Sendenhorst übergesiedelt waren und in der
Garrat-Siedlung eine neue Heimat gefunden hatten.
Heute leidet der Verein „Blitz“ wie viele andere Züchtervereinigungen daran, dass der Nachwuchs fehlt, weil die Jugendlichen anderen Freizeitbeschäftigungen nachgehen. Brieftauben bedürfen der
täglichen Pflege und binden ans Haus. Etliche ehemalige Brieftaubenzüchter haben jedoch mit Erreichen des Rentenalters zum Brieftaubenhobby zurückgefunden.
Der 2. Gründer - Dr. Eduard Goosens steuerte das St. Josef-Stift durch schwere Krisenzeiten 6.1.2013 WN
Sendenhorst - Das Joseph Spithöver der Stifter des Sendenhorster
St.-Josef-Stiftes ist, das haben Generationen von Sendenhorster Kindern schon sehr früh zumeist in ihrer Grundschulzeit gelernt. Doch immer wieder gab es auch in der Nachfolge Spithövers Männer,
denen es zu verdanken ist, daß das Stift schwierige wirtschaftliche Zeiten und Phasen der Neuorientierung gut und erfolgreich überstanden haben.
Einer dieser Männer ist der Seelsorger, Rektor und eben auch Krisenmanager Dr. Eduard Goossens, der es schaffte, das St.-Josef-Stift trotz großer wirtschaftlicher Probleme in den 1920-er Jahren neu
als Heilstätte für Knochen-, Gelenk- und Drüsentuberkulose zu etablieren und wieder auf eine solide Basis zu stellen.
Obwohl Goossens als zweiter Gründer des Stiftes gilt, finden sich im Archiv der Einrichtung nur sehr wenige Zeugnisse über das Wirken des Mannes, der im Jahr 1929 unerwartet im Alter von nur 42
Jahren verstarb. Die hohe Wertschätzung, die Goossens erfuhr dokumentiert sich aber beispielsweise in einem Sitzungsprotokoll vom 15. Oktober 1929, kurz nach Goossens Tod. Dort wurde beschlossen,
„die gesamten Beerdigungskosten des hochw. Herrn Rektors Goossens“ zu übernehmen. „Ebenso wird die Errichtung eines würdigen Grabdenkmals für den Verstorbenen im Prinzip beschlossen. Der Mutter des
Verstorbenen soll ein alljährlicher freier Aufenthalt von drei Wochen gewährt werden.“ Im Protokoll vom 28. Juli 1930 heißt es dann: „Das vom Herrn Bildhauer Seelige fertiggestellte Denkmal für den
verstorbenen Rektor Goossens wurde besichtigt und für gut befunden. Die Kosten für Lieferung und Aufstellung betragen RM 472“.
Das war allerdings lange Zeit schon alles, was in den Archiven zu finden war. Letztlich waren dann aber in einer Veröffentlichung in der örtlichen Presse anläßlich des Todes und der Beerdigung von
Dr. Eduard Goossens weitere Informationen über die stadtbekannte Persönlichkeit zu finden. Dort hieß es: „Das ist ein schwerer Schlag, der besonders das hiesige Krankenhaus trifft, der aber seine
Wellen schlägt über die ganze christliche Caritas unserer Diözese und weit darüber hinaus. Der Verstorbene wurde am 16. April 1887 in Straelen, Kreis Geldern, geboren, studierte in Münster Theologie
und Philosophie und wurde am 1. Juni 1912 zum Priester geweiht. Am 1. Oktober 1913 kam der recht schwache und kränkliche Neupriester als Rektor an das hiesige St.-Josef-Stift, das damals gerade auf
ein 25-jähriges Bestehen zurückblicken konnte.“ Goossens wuchs die Spithöversche Stiftung bald so ans Herz, daß er sich ganz darauf konzentrierte, die Zukunft des Hauses sicherzustellen und das Werk
des Stifters weiter auszubauen. „So wurde er der zweite Gründer dieser Anstalt. Während Spithöver sein reiches Vermögen für das Krankenhaus hergab, opferte ihm Dr. Goossens seine reichen
Geistesgaben, seine ganze Kraft und Gesundheit“, hieß es damals in dem Artikel.
Als nach dem Krieg das Stiftungsvermögen immer kleiner wurde, gelang es ihm Wege zu finden, „eine Heilanstalt zu schaffen, die Ihresgleichen auf dem Lande wohl nicht hat“, hieß es in seinem Nachruf.
Darüber hinaus sicherte er durch den Erwerb angrenzender Ländereien, des 108 Morgen großen Röperschen Gutes, durch die Errichtung einer eigenen großen und mustergültigen Gärtnerei die Verpflegung
größtenteils durch eigene Produktion, um das Stift so auch finanziell wieder auf die Beine zu bringen.
Doch nicht nur dem Stift galt seine Aufmerksamkeit. Fest war er auch in der Pfarrgemeinde in Sendenhorst verwurzelt. Noch wenige Tage vor seinem Tod hatte er mit Kindern und Eltern die erste Heilige
Kommunion gefeiert. Und wenn sein Rat über die Stadtgrenzen hinaus gefragt war, war er zur Stelle. Er richtete in Beckum ein Wöchnerinnenheim ein und übernahm den Vorsitz des Vereins für Kinderhilfe
der Häuser in Waldliesborn, auf Norderney und in Schleswig-Holstein unterhielt. Und so trauerten wohl viele in und über Sendenhorst hinaus, als sein Sarg in einer großen Kutsche durch den Ort
gefahren wurde.
Das stand nicht im Polizeibericht - Einbrecher im Wasserturm! 3.11.2012 CH
Sendenhorst - Wir schreiben das Jahr 1999. Der Sendenhorster
Wasserturm, einer der vier Türme Sendenhorsts und Wahrzeichen der Stadt, erbaut 1950, soll am morgigen Tag sukkzessive abgetragen werden. Wie uns erst jetzt aus gut unterrichteten Kreisen bekannt
wurde, beschlossen 4 Männer im Alter von damals 28 – 31 im Anschluss an eine Gartenparty in einer bierseeligen Stimmung, den Wasserturm ein letztes mal zu besteigen, nur weil es ja das letzte mal
möglich war.
Bild:
Karl-Wagenfeld-Str. - 2011 mit dem Zusatz der Verbindung Karl Wagenfelds zum Nationalsozialismus versehen.
Gesagt getan: Ein Brecheisen war schnell zur Hand und so ging es quer durch die schlafende Stadt, es war so um vier Uhr morgens und die Dämmerung setzte gerade ein.
Am Wasserturm angelangt, stieß man auf die verschlossene Tür. Dummerweise lag diese genau in Richtung Karl-Wagenfeld-Straße (damals noch unstrittiger und unkommentierter Straßenname), aber mit roher
Gewalt ließ sie sich leicht öffnen. Der entstandene Lärm war bestimmt in der gesamten Nachbarschaft zu hören. Nun bestieg die Gruppe den Turm, bis hinauf zum zylindrischen, natürlich leeren Tank.
Ganz oben an der Treppe angelangt, waren Vorhänge an den Fenstern angebracht, vermutlich um Algenbildung im damals noch gefüllten Tank zu verhindern. Nun hier oben angelangt, wurde die Bausubstanz
von unseren „fachlich versierten“ Turmbesteigern als sicher eingestuft (Alle waren Kaufmänner und IT Spezialisten) .
Somit konnten die 4 beruhigt auf den Balkon treten und den Blick über das mittlerweile früh-morgendliche Sendenhorst riskieren. Nach Aussage der Turmbesteiger konnte man sogar die Silos der VEKA AG
von hier oben aus sehen. Leider verfügten die vier nicht über Kameras (Anm.: Deppen!) oder Smartphones, die gab es noch gar nicht, so dass es leider keine Beweise für die Turmbesteigung gibt.
Zum Glück für die vier gab es auch keine Zeugen, die die Polizei informiert hatten oder sich später gemeldet hätten und auch die Polizei nahm unsere vier nach deren Abstieg nicht in Empfang. Zum
Glück für unsere vier… Die vier, alle Mitglieder angesehener Pohlbürger-Familien aus Sendenhorst, mussten sich somit nicht für ihre Missetaten rechtfertigen…. Schwein gehabt… Die Polizei sieht von
weiteren Ermittlungen wohl ab... es brauchen sich keine Augen- und vor allem Ohrenzeugen melden. Die Redaktion von Sendenhorster-geschichten.de freut sich jedoch...
Wie ist die Missetat rechtlich zu beurteilen?
Rechtslage
Ein reiner Tatbestand „Einbruch“ kommt im deutschen Rechtsraum nicht vor. Einbruch ist immer an weitere Motive oder Tatbestände gekoppelt, wie Diebstahl, Hausfriedensbruch oder die Sachbeschädigung
an Hindernissen bzw. der Versuch derselben. So zählt beispielsweise Überklettern eines abgrenzenden Hindernisses im Sinne einer Mutprobe, Freude am Klettern oder um dahinter befindliche Gegenstände
zurück zu holen, die sich im Eigentum der kletternden Person befinden, im deutschen Recht nicht zum Einbruch, sofern keine strafbaren Motive vorliegen und das Hindernis nicht beschädigt wird. An
Hausfriedensbruch kann gedacht werden, wenn der „Einbrecher“ ohne Bereicherungsabsicht handelt, aber wissentlich oder erklärtermaßen unwillkommen ist.
Strafmaß, Verjährung
Für Hausfriedensbruch im Sinne von § 123 StGB beträgt die Höchststrafe ein Jahr Freiheitsstrafe, woraus sich nach § 78 StGB eine dreijährige Verjährungsfrist ergibt.
Da hier jedoch die Tür aufgebrochen wurde, ist jedoch auch eine Sachbeschädigung gegeben.
§ 78 StGB Verjährungsfrist
.. (3) Soweit die Verfolgung verjährt, beträgt die Verjährung ..5. drei Jahre bei den übrigen Taten.
Zivilrechtliche Folgen:
(Entstandener Schaden?: ca. 1.000 DM (1997!) Die zivilrechtlichen Verjährungsfristen sind in §§ 194 ff. BGB geregelt.
Verjährung:
nach 10 Jahren (§ 199 III Nr. 1 BGB). Die Frist beginnt (kurzum; es gibt noch andere Voraussetzungen) am Tage der Entstehung des Schadenersatzanspruchs.
SPD-Ortsverein feiert seinen 90. Geburtstag 9.8.2012 J. Thesing
Sendenhorst - Der SPD-Ortsverein feiert seinen 90. Geburtstag. In
den neun Jahrzehnten durchlebten die Sendenhorster Sozialdemokraten eine wechselvolle Geschichte mit einigen Höhe- und Tiefpunkten. Ein 90. Geburtstag ist sicher immer etwas Besonderes. Da gibt es
aus dem Leben viel zu erzählen, sollte man meinen. Und wenn der Ortsverein einer traditionellen Partei wie der SPD seinen 90. feiert, sollte es bestimmt viel aus den Anfängen zu berichten geben. Doch
in diesem Fall ist das anders: Die Quellen sind spärlich, über die Anfänge ist wenig bekannt.
„Die Geschichte der SPD in Sendenhorst ist zum
Teil auch eine vergessene Geschichte“, sagt Bernhard Daldrup, der 1975 in die Partei eingetreten war, Unterbezirksvorsitzender ist und dem Landesvorstand angehört. Die Geburtsstunde der SPD in
Sendenhorst sei eher zufällig bei den Recherchen zu einer wissenschaftlichen Arbeit ans Tageslicht gekommen. Gleichwohl: Einen leichten Stand hatten sie sicher in Sendenhorst nicht: Die ersten
,,Roten“ in der Stadt wurden seinerzeit noch argwöhnisch betrachtet, bestimmten doch die „Schwarzen”‘ des Zentrums das, was politisch in der Stadt geschah. Die Zugehörigkeit zur Kirche bestimmte die
Gesinnung und auch die Nähe zu einer politischen Partei. Und der weit überwiegende Teil der Menschen in der Stadt gehörte nun mal zur katholischen Kirchengemeinde, als der SPD-Ortsverein vor 90
Jahren gegründet wurde.
Viel öffentliches – also geschriebenes – Aufsehen wurde deshalb in der Stadt nicht über die Gründung des SPD-Ortsvereins gemacht. Doch im „Volkswillen”, seinerzeit die sozialdemokratische Postille
für das Münsterland, befand sich ein Artikel über das, was sich am 1. März 1922 in Sendenhorst tat: „Eine stattliche Zahl von Mitgliedern“ sei bereits der Sendenhorster SPD beigetreten. Wenige Tage
später berichtete die Parteizeitung erneut über Sendenhorst. Bei einer Volksversammlung im Hotel Klümper sprach ein „Genosse Redakteur Pohlmeier“ über „Deutschlands innere und äußere Lage”, ein
Referat, bei dem sich der Widerspruch der Anwesenden, besonders der des Zentrums, in Zwischenrufen Luft machte. „In der Aussprache meldete sich jedoch niemand zu Wort, so dass der Genosse Bußmann am
Schluss feststellte, inzwischen seien wohl auch die Andersdenkenden eines Besseren belehrt worden”, berichtet der „Volkswille”. Anschließend beschäftigte sich die Parteiversammlung „mit den
unerhörten Pachtsteigerungen seitens des Pastorats und anderer Verpächter.” Soviel zur ersten Versammlung. Wo früher das Hotel Klümper stand, steht heute das Bürgerhaus.
Natürlich spielte die SPD in den Anfangsjahren keine sonderlich wichtige politische Rolle in der Stadt. Doch immerhin wurden 1924 der Maurer Hermann Bücker und vermutlich sein Berufskollege Franz
Menke in die Stadtverordnetenversammlung gewählt. Allerdings kandidierten damals keine Parteien, sondern berufsständische Listen. Aber die beiden Maurer gehörten der SPD an, so die dürftigen
Archivunterlagen.
Den politischen Stellenwert der SPD zu der Zeit mag man am Ergebnis der Reichstagswahlen von 1929 festmachen: Die SPD erhielt 55 Stimmen (4,9 Prozent), das Zentrum 790 (69,9 Prozent), die NSDAP 128
(11,3 Prozent) und die KPD 99 (5,6 Prozent). Bei den letzten freien Wahlen im Jahr 1933 stieg die NSDAP auf 25,6 Prozent. Der Anteil der SPD fiel auf 3,5 Prozent ab.
Doch zurück zu den Anfängen in Sendenhorst und dem politischen Denken: „1927 war die Republik schon einige Jahre alt, die Mehrheit der Bevölkerung hatte sich mit der neuen Staatsform abgefunden,
schreibt Heinrich Petzmeier, langjähriger SPD-Ortsvereinsvorsitzender, in seiner „Geschichte einer Kleinstadt”. Und: Obwohl die schwarz-rot-goldene Flagge seit 1923 vor dem Rathaus wehte, hätten
Bürgermeister und Rat noch so lange unter dem Bild des letzten Kaisers getagt, bis der Regierungspräsident eingeschritten sei. Dann kam die Naziherrschaft. Der Aufforderung aus dem Jahr 1939, alle
„Sozis” zu benennen und, besser noch, in Schutzhaft zu nehmen, kamen die Sendenhorster allerdings nicht nach. Nach dem Krieg war die SPD sofort wieder da: Her-mann Bücker wurde 1946 bei den ersten
Kommunalwahlen mit 260 Stimmen direkt in den Rat gewählt. Er war von dem noch kleinen SPD-Ortsverein aufgestellt worden. Seit Jahren auf den etwas härteren Oppositionsbänken gab es für die SPD auch
bessre Jahre. Im Herbst 1989 wurde Franz-Josef Reuscher zum Bürgermeister gewählt, und nach der Änderung der Kommunalordnung machte ihn der Rat im Jahr 1996 zum ersten hauptamtlichen Bürgermeister
der Stadt.
Mit ihren „Visionen“ ist die SPD in Sendenhorst nicht immer erfolgreich gewesen, blickt Bernhard Daldrup zurückt. Zum Beispiel, als die SPD vor der Einrichtung des Baugebiets „Westglindkamp“ dafür
plädiert habe, alle Häuser über ein Blockheizkraftwerk mit Energie zu versorgen. „Wir sind damals für verrückt erklärt worden. Heute ist so etwas selbstverständlich.“
Großen Besuch gab es zum 75. Geburtstag im März 1997. Wolfgang Clement war zu Gast, der seinerzeit am Beginn seiner politischen Karriere stand, später Ministerpräsident des Landes war , bevor er ins
politische Abseits geri
Kirchenbau vor 146 Jahren: Pfarrer war auch Bauleiter 2.12.2011 J. Thesing
Sendenhorst - Die Stadt hatte 275 Häuser, und die Zahl der Einwohner näherte sich stetig der 2000-Marke. Allerdings hielt sich der Wohlstand in Grenzen, als Ende der 1820-er Jahre in der Kirchengemeinde und in der Stadt erstmals der Gedanke aufkam, eine neue Pfarrkirche zu bauen. Die alte war ein bisschen baufällig, vor allem aber viel zu klein geworden. Denn damals war es für viele Sendenhorster selbstverständlich, zum Gottesdienst zu gehen. Es dauerte aber noch lange, bis das neue Gotteshaus endlich eingeweiht werden konnte. Bei schönstem Herbstwetter geschah das am 14. November 1865 - also am Dienstag vor 146 Jahren.
Die Geschichte der Planung und des Baus der neuen Pfarrkirche ist mit vielen Irrungen und Wirrungen
behaftet. Und sie hängt auch ein wenig mit dem Tod des Pfarrers Franz Wilhelm Darup zusammen, der sich einer solch gewaltigen Aufgabe im hohen Alter nicht mehr stellen wollte, schreibt Heinrich
Petzmeyer in seiner Stadtgeschichte. Deshalb kam das Vorhaben erst nach seinem Tod so richtig in Fahrt.
Bild:
Kirche & Marktplatz um die Wende 19./20. Jahrhundert
Nach der Einrichtung eines ersten Baufonds gingen die Beteiligten mit viel Elan ans Werk. Doch es dauerte schließlich noch 30 Jahre, bis der Grundstein gelegt wurde, und weitere zehn, bis Bischof Dr.
Johann Georg Müller das Gotteshaus dem heiligen Martinus weihen konnte. Das hatte einerseits mit nicht ausreichend vorhandenem Geld zu tun. Andererseits mit einigen behördlichen Irrungen und
Wirrungen. Und schließlich auch damit, dass sich die Verantwortlichen bei der Planung der Kirche immer mal wieder ein bisschen im Kreis drehten.
Gleichwohl ließen sich die Sendenhorster nicht beirren und unternahmen auch schon mal etwas, was noch gar nicht genehmigt war. So ließ Pfarrer Bernhard Lorenbeck zum Beispiel ohne förmlichen
Baubeschluss die Errichtung einer Notkirche beginnen, die in der Zeit des Abrisses der alten und des Neubaus der neuen für Gottesdienste genutzt werden sollte.
Für den Neubau ließ der Geistliche, der den Bau der neuen Kirche maßgeblich vorantrieb und als Quasi-Architekt begleitete, unter anderem gewaltige Steinquader von der seinerzeit am Max-Clemens-Kanal
bei Greven geschlossenen und abgebrochenen Schleuse auf schlechten Wegen nach Sendenhorst karren. „Oft brachten vier Pferde nur einen einzigen Block über die acht Stunden lange Wegstrecke“, schreibt
Petzmeyer. 1850 Taler hatte die Gemeinde für das Baumaterial zu zahlen. Und bevor die neue Kirche überhaupt finanziell abgesichert war, ließ Lorenbeck im Sommer 1844 200 000 Ziegelsteine brennen, um
quasi Fakten zu schaffen.
Die Pläne für die Sendenhorster Kirche kamen von einer fachlich anerkannten Stelle: dem Kölner Dombau-Werkmeister Vinzenz Statz. Den Baufortschritt begleitete dieser aber nicht. Dafür war ein wenig
der Diözesanbaumeister Hilger Hertel zuständig, vor allem aber Pfarrer Lorenbeck, der sich selbst als Baufachmann einschätzte und auch Korrekturen an den Plänen vornahm, um Kosten zu sparen. Und das
durchaus mit Folgen: Das von Statz vorgesehene Schieferdach ersetzte der Pfarrer durch ein Tonziegeldach. Mit der Folge, dass weite Teile bei Stürmen immer mal wieder zu Boden rauschten. Und weil
Lorenbeck auch bei der Höhe des Mauerwerks Kreativität walten ließ, kam es zu Rissen. Und die vielen, zusätzlichen und in den Ursprungsplänen nicht vorgesehenen äußeren Verzierungen aus Lehm an den
Strebepfeilern fielen bereits bald ab. Die zahlreichen Ziertürmchen aus Ibbenbürener Sandstein mussten bereits rund 20 Jahre später vollständig erneuert werden, schreibt Petzmeyer.
Für Pfarrer Lorenbeck war der Bau der Kirche fast eine Lebensaufgabe. Die Einweihung des Gotteshauses erlebte er hingegen nicht mehr. Er starb ein paar Monate vorher am 6. Juli 1865.
Bürgermeister schwärzt Arzt an 11.11.2011 | Andreas Große Hüttmann
Sendenhorst - Dass die Schwester Oberin des
St.-Josef-Stifts fast mal ins Gefängnis gekommen wäre und ein Arzt wegen eines starrköpfigen Bürgermeisters eine staatsanwaltliche Untersuchung über sich ergehen lassen musste, klingt unglaublich.
Ist es aber nicht, wie den Schätzen aus dem Archiv des Krankenhauses zu entnehmen ist.
Die Geschichte beginnt bedauerlicherweise nicht am 1.
April, sondern erst am 11. des vierten Monats im Jahre 1900. Dem Sendenhorster Bürgermeister Wilhelm Hetkamp kommt zu Ohren, dass im St- Josef-Stift ein Kind tot geboren und auf dem hiesigen Friedhof
beerdigt worden ist. Die vermeintlich pflichtgemäße Meldung beim Standesamt sei aber unterblieben. Hetkamp nimmt sich sogleich mit dem ihm eigenen großen Eifer der Sache an und lädt zunächst den
behandelnden Arzt, Dr. Geiping, vor. Doch dieser verweigert mit dem Hinweis auf seine Schweigepflicht die Aussage.
Hetkamp wendet sich an den Regierungspräsidenten in Münster mit der Bitte um Aufklärung. Dieser antwortet, dass es ausschließlich Pflicht der Vorsteherin des Krankenhauses - Oberin war damals die
Mauritzer Franziskanerin Schwester Edeltrudis -, eine solche Geburt zu melden. Tue sie das nicht, drohe eine Strafe. Die Sache sei daher unverzüglich bei der Staatsanwaltschaft zur Anzeige zu
bringen. In dem Strafverfahren werde sich dann auch Gelegenheit finden, Dr. Geiping zur Aussage zu zwingen.
Geiping sagt aus, nachdem ihm die Staatsanwaltschaft eine Strafe angedroht hatte. Er erklärt auch, dass er der Oberin ausdrücklich gesagt habe, dass eine Anzeigepflicht im vorliegenden Fall nicht
bestehe, weil das Kind sehr früh geboren sei. Dass der Bürgermeister ihn so bedränge, habe damit zu tun, dass Hetkamp seit Jahren mit ihm verfeindet sei.
Eigentlich hätte der Fall schon damit zu den Akten gelegt werden können. Doch wenn die Mühlen der Staatsanwaltschaft schon mal mahlen, sind sie kaum noch zu stoppen, auch wenn das gegen juristische
Gepflogenheiten verstößt. Sie gibt dem Amtsanwalt in Ahlen umgehend den Auftrag, Anklage gegen die Oberin zu erheben.
Der Prozess gegen die Oberin vor dem Schöffengericht in Ahlen wird daraufhin für den 5. Juli 1900 angesetzt. Der Eifer der Beamten ist aber damit nicht zu bremsen. Denn auch der Regierungspräsident
in Münster stellt Strafantrag, diesmal gegen Dr. Geiping wegen „Beleidigung des Sendenhorster Bürgermeisters in Beziehung auf seinen Beruf“. Dieser Strafantrag wird bei der Staatsanwaltschaft in
Münster eingereicht. Grund für die Anklage ist die Aussage des Arztes, er habe die Vorladung des Bürgermeisters für reine Schikane angesehen.
Doch zunächst wird gegen die Oberin verhandelt. Der Amtsrichter in Ahlen kennt nun zwar die Rechtslage auch nicht, doch das gesteht er sich wenigstens ein. Er bittet daher den Amtsarzt Dr. Heynes in
Beckum um Auskunft. Dessen sehr ausführliche Rückmeldung ergibt: Die fragliche Totgeburt musste dem Standesamt nicht gemeldet werden, weil sie in ihrer Entwicklung nicht weit genug fortgeschritten
war und auch tatsächlich tot geboren wurde.
Ein preußischer Beamter galt in der Praxis damals als unfehlbar. Doch in dieser Geschichte zeigen sich bis zu diesem Zeitpunkt nur Ärzte über das einschlägige Recht genau informiert. Der Amtsrichter
in Ahlen stellte daraufhin das Verfahren ein.
Die Anklage gegen Dr. Geiping lag beim ersten Staatsanwalt in Münster, der die Angelegenheit sorgfältig prüfte. Sein Ergebnis: nur heiße Luft. Das kann er natürlich nicht sagen, schon gar nicht
seinem Chef. Daher sendet er mit dem „ergebensten Bemerken“ die Anklage an den Regierungspräsidenten zurück, da er zu seinem „Bedauern nicht in der Lage sei, dem Strafantrag zu entsprechen“.
Er stellt fest, dass Dr. Geiping die fragliche Äußerung als Zeuge zur Begründung seiner früheren Aussageverweigerung und zudem in sachlicher Form gemacht habe. Die Absicht, den Bürgermeister zu
beleidigen, sei daher nicht zu erkennen. Somit sei die Anklageerhebung nicht möglich, weil eine Verurteilung von vornherein ausgeschlossen erscheine.
Luftbäder und Landwirtschaft am früheren St.-Josef-Stift 19.8.2011 | J. Thesing
Sendenhorst - Vermutlich von einem Zeppelin aus wurde zwischen 1930 und
1934 dieses Luftbild vom St.- Josef-Stift gemacht. Die Aufnahme, die Gerburgis Kleikamp dem Stift schenkte, gibt einen sehr genauen Überblick über den damaligen Gebäudebestand und die umfangreichen
Gartenflächen.
Sendenhorst - In den vergangenen Jahren wurde am St.-Josef-Stift immer wieder gebaut. Und mit der Fertigstellung der neuen Reha-Klinik wird das Gebäude-Ensemble sein Erscheinungsbild noch einmal
gewaltig verändern. Wie sehr das in den vergangenen Jahren geschehen ist, das wird an einem kleinen „Schatz“ deutlich, den Gerburgis Kleikamp, Stationssekretärin in der Station B 2, dem
Krankenhaus-Archiv geschenkt hat: eine Luftaufnahme, die etwa in den Jahren 1930 bis 1934 entstanden ist.
Und das vermutlich von einem Zeppelin aus, seinerzeit gängiges Luftfahrzeug für solche Aufnahmen. Das Bild, so viel ist sicher, ist im Auftrag des Kunstverlages Platow in Düsseldorf zwischen 1930 und
1934 entstanden. Für diese Datierung gibt es sehr gute Hinweise. Damals spielte der Zeppelin in der Luftfahrt noch eine wichtige Rolle. Er eignete sich für Luftaufnahmen besonders gut, weil er bei
gutem Wetter ruhig in der Luft stehen konnte.
Im Flur im Krankenhaus in der Nähe der Küche gibt es eine ähnliche Aufnahme. Sie zeigt allerdings einen wesentlich kleineren Ausschnitt als das Foto, das Gerburgis Kleikamp „ausgegraben“ hat.
Stadtgeschichtlich ist das Bild auch deshalb interessant, weil es die damalige Bebauung nördlich des St.- Josef-Stiftes gut dokumentiert.
Und natürlich den seinerzeitigen Gebäudebestand des Krankenhauses. „Das St.- Josef-Stift ist im Vergleich zu heute zwar erst wenig über seine ursprüngliche Dimension hinausgewachsen, dennoch ist der
hinzugekommene Gebäudebestand beachtlich, erklärt Pastor Fritz Hesselmann, der das Archiv des St.-Josef-Stifts betreut.
Unkonventioneller Bauherr über Pfarrer Darup Anfang des 19. Jahrhunderts 11.8.2011 | A. Metz
Sendenhorst - In diesem Jahr sind es genau 200 Jahre her, dass der
Sendenhorster Pfarrer Franz Darup das damals neue Pastorat an der Kirchstraße bezog. Nach dem großen Stadtbrand 1806 war ein Neubau notwendig geworden. Es war nicht das erste Mal, dass das Pfarrhaus
abbrannte, berichtet Heinrich Petzmeyer in seiner Chronik. Das Pfarrhaus lag in der Mitte der Stadt und war so durch den Funkenflug stets besonders gefährdet. Nach jedem Brand hatten die Pfarrer der
Gemeinde ihr Haus jeweils wieder so hergerichtet, wie es vorher gewesen war. in Fachwerkbauweise und mit reichlich Raum für Vieh und Ernte. Doch Pfarrer Franz Darup entschied sich, es dieses Mal
anders zu machen. -
Er ließ ein vornehm-schlichtes, klassizistisches Wohngebäude errichten, das für die Stadt Sendenhorst ohne Beispiel war. Noch 1806 wurde mit dem Neubau begonnen. Doch die Finanzierung, die der
Pfarrer auf die Beine stellen musste, gestaltete sich schwierig. Mehrmals musste er Darlehen beantragen und auch aus seiner eigenen Tasche einen ansehnlichen Anteil dazulegen.
Seine Vorgehensweise wird als unkonventionell beschrieben und entsprang wohl mehr seiner Ausrichtung als Gelehrter, denn als praktischer Seelsorger oder als praktischer Bauherr. So wusste er als
Bauherr wohl bis zum Ende nicht, was ihn der Neubau kosten würde. Es wurde unregelmäßig gearbeitet, ganz so wie es die Materiallage und die finanziellen Möglichkeiten des Pfarrers ermöglichten. Es
gab laut Petzmeyer keine Bauleitung, keinen Bauunternehmer, keinen Zeitplan.
Beinahe 20 Jahre lang sei Darups Wirken in Sendenhorst unauffällig gewesen, ist der Stadtgeschichte zu entnehmen. Doch nach dem Brand von 1806 erfuhren die Sendenhorster, dass sie sich auf ihren
Pfarrer verlassen konnten. Denn gemeinsam mit Bürgermeister Langen stellte der schreibgewandte Darup Anträge, entwarf Gutachten oder Bittgesuche. Er gehörte auch der „Sendenhorster Retablissements
Kommission“ an, die den Wiederaufbau der Stadt organisierte, istz Wilhelm Ribhegges SChrift über den Geistlichen zu entnehmen.
Und was das damals neue, heute Alte Pastorat an der Kirchstraße anging, in das er 1810 dann endlich einziehen konnte, war er sich sicher, dass seine Nachfolger angesichts des massiv gebauten Hauses
mit „gewölbtem Keller, Fenstergewändern von gehauenem Stein, Fensterscheiben von neuestem Glase“ doch „gerne die Zinsen von den aufgenommenen und noch aufzunehmenden Kapitalien zahlen werden.“
Barbarische Taufen in eisiger Kirche? 16.6.2011 | J. Thesing
Sendenhorst - Dass der Klerus und die Wissenschaft nicht immer gut
miteinander konnten, ist für viele Teile der Geschichte dokumentiert.
In Sendenhorst war das nicht viel anders, auch wenn vielleicht auf einer etwas kleineren Flamme gekocht. Der erste Arzt in Sendenhorst, der wissenschaftlich vorgebildet war, hieß Brüning. Der
Berufsanfänger kam im Jahr 1810 in die Stadt. Und er brachte jede Menge idealistischen Schwung mit, schreibt Heinrich Petzmeyer in seiner Stadtgeschichte. Was dazu führte, dass er sich alsbald mit
dem gutmütigen und der Aufklärung verpflichtetem Pfarrer Franz Darup anlegte. Der Grund: Arzt Brüning sah die Gesundheit der Sendenhorster dadurch gefährdet, dass sie bis dato in der Kirche mit zu
kaltem Wasser getauft wurden.
Der Doktor war beseelt davon, in der „ungebildeten Landbevölkerung“, wie er fand, mit Aberglauben und von der Religion geförderten, gesundheitsgefährdenden „Unsitten“ aufzuräumen. Dazu gehörte nach
seiner Meinung die Säuglingstaufe.
Doch statt zunächst mit dem Sendenhorster Geistlichen zu sprechen, wandte er sich gleich an die Obrigkeit in Person des zuständigen Präfekten in Hamm. Die wehrlosen Köpfe der Kinder würden, schildert
der Arzt, in der Kirche drei Mal mit zu kaltem Wasser übergossen, und das bei jedem Wetter. Und im Winter komme dazu, dass die Kinder bis zu einer Stunde lang durch Wind und Kälte zur Kirche getragen
würden. „Die Schädlichkeit dieses (ich will nicht sagen barbarischen), aber leichtsinnigen Verfahrens wird wohl von keinem etwas nachdenkenden bezweifelt“, schreibt der Arzt. Das Wasser müsse deshalb
erwärmt werden, auch wenn das Kosten verursache. Weitere Wege sollten mit Säuglingen zudem nur in wärmeren Jahreszeiten zurückgelegt werden.
Präfekt Wiethaus schaltete den Sendenhorster Bürgermeister Langen ein, um „etwaigen Missbräuchen“ in Sendenhorst abzuhelfen. Und so wird Pfarrer Darup zur schriftlichen Stellungnahme gebeten, die
sich über viele Seiten eines langen Briefes erstreckt. „Beim Ausdruck ,barbarisches Verfahren´ scheint ein hämischer Seitenblick auf die Geistlichkeit hervorzublicken“, schreibt der rede- und
schreibgewandte Pfarrer dem Bürgermeister. Etwa wenn der Arzt empfehle, bei unwirtlichen Wetterbedingungen vom Kirchgang abzusehen.
Und: Selbstverständlich werde bei Kälte mit warmen Wasser getauft. Und das nicht einmal in der Kirche am kalten Taufstein, sondern in der warmen Sakristei. Dem Arzt solle deshalb der „Befehl“ erteilt
werden, sich künftig ehrenrühriger Begriffe zu enthalten. Ob das geschehen ist, ist nicht überliefert. Wohl aber, dass das Ansehen von Pfarrer Franz Darup im Bistum in den Folgejahren geradezu
karrierenhaft anstieg.
Randale und ein aufsässiges Volk 19.5.2011 | J. Thesing
Sendenhorst - Der Bürgermeister wurde nicht gewählt, sondern von der
Regierung eingesetzt. Und so hielt sich das Vertrauen zwischen dem Sendenhorster Volk und der Obrigkeit in Grenzen in den Jahren von 1820 bis zum Beginn der Revolution anno 1848.
Es war die Zeit, in der die Beamtenhierarchie moderner Prägung ihren Anfang nahm. „Biedermeierzeit“ oder „Vormärz“ nennen diese Epoche heute die Geschichtsschreiber. „Das Verwaltungshandeln der Stadt
lief nach strikten Anweisungen über Berlin, Münster oder Beckum“, schreibt Heinrich Petzmeyer in seiner Sendenhorster Stadtgeschichte.
Doch das Sendenhorster „Volk“ wollte nicht so einfach kuschen, wie auch in früheren Jahren nicht. Ein bisschen renitent waren viele Bürger der Stadt immer, zumindest die, die in dem seinerzeit
kleinen Zentrum wohnten. Das musste auch Johann Heinrich Brüning ab dem Jahr 1832 erfahren. Der Inhaber des Schulzenhofes Brüning in der Bauerschaft Sommersell war von der Regierung mit der
Verwaltung der Bürgermeisterei betraut worden. Vorher hatte er die gleiche Funktion im Bezirk Vorhelm inne. Für Brüning - und auch für die übergeordneten Dienststellen - waren die Sendenhorster „ein
unruhiges, aufsässiges Volk, unberechenbar und mit einem Hang zu Anarchie und Aufruhr“, schreibt Petzmeyer.
Ähnlich sah das auch Landrat von Merveldt. der sich ausgiebig über die „unbotmäßigen Sendenhorster“ beklagte - unterstützt eben von deren Bürgermeister. Der erklärte „seine“ Stadt zu einem „Ort, wo
bekanntlich viele zügellose Burschen sich umhertreiben“. Wobei auch klar war, dass der Bürgermeister nicht alle meinte, denn die Handwerker und Ackerbürger, seinerzeit etwa ein Drittel der
Bevölkerung, ließen es in bescheidenen aber gesicherten Verhältnissen ruhig angehen. Das galt auch für die Brenner, die bereits damals eine wichtige Rolle in der Stadt spielten.
Doch mehr als die Hälfte der Stadtbewohner lebte in ärmlichen bis erbärmlichen Verhältnissen, ein guter Nährboden für Revoluzzer. Sie hatten nicht viel zu verlieren, was dazu führte, dass sie bei
Protestaktionen, bei Radau und bei Handgreiflichkeiten stets zur Stelle waren. Sie weigerten sich, die seinerzeit obligatorischen „freiwillige“ Mitarbeit beim Wegebau zu leisten und erklärten die
Wahlen im ersten Revolutionsjahr 1849 zum „Tag der Anarchie“. Vom Bürgermeister und auch vom Pfarrer - seinerzeit als „Amtsperson“ wohl wichtiger als der Bürgermeister - ließen sie sich nichts
vorschreiben.
Vor allem wohl auch, weil es in der Stadt wirtschaftlich mehr und mehr bergab ging. Die beherrschende Leinenweberei durchlebte eine tiefe Krise. Wohnungs- und Arbeitsplatzprobleme trieben zahlreiche
Familien in die nackte Not. Neue Fernstraßen wurden abseits von Sendenhorst gebaut. Und die Stadt hatte immer noch unter den Folgen des großen Stadtbrandes von 1806 zu leiden. „Sendenhorst hatte im
Kreis Beckum einen miserablen Ruf“, schreibt Petzmeyer.
Aber der Kreis stand dem wenig nach: Im Regierungsbezirk stand er in der politischen und moralischen Bewertung an letzter Stelle. Trunksucht, Lust an weltlichen Vergnügungen - bei gleichzeitiger
„Vernachlässigung der sonntäglichen kirchlichen Pflichten“: So wurden die Stadt und das Umland in den 1830-er Jahren tituliert.
Plünderungen und hohe Abgaben 29.4.2011 | J. Thesing
Sendenhorst - Eine Zäsur stellte der Dreißigjährige Krieg auch in der
Sendenhorster Stadtgeschichte dar. Vor allem die Bauern hatten unter Plünderungen zu leiden, und nicht wenige Landwirte verließen ihre Höfe. -
Den Bürgern in der Stadt erging es nicht viel besser, zeichnet Heinrich Petzmeyer in seiner Stadtgeschichte auf. Zwar blieben sie hinter den damals noch ausgeprägte Wällen im Wesentlichen von
Plünderungen kleinerer, marodierender Banden verschont, wie sie damals an der Tagesordnung waren. Aber sie wurden bis zur völligen Zahlungsunfähigkeit zu finanziellen Zwangsabgaben gezwungen.
„Kontribution“ nannte man diese Art der „Steuern“.
Zu Beginn des Krieges, der bis 1648 dauerte, hatte die Stadt alten Unterlagen zur Folge etwa 500 Einwohner. Die Häuser standen überwiegend an den vier nach den Himmelsrichtungen benannten
Durchgangsstraßen. Nebenstraßen wie Placken, Schleiten und Kühl waren im Gegensatz zu heute noch unbebaut. Die Gärten erstreckten sich innerhalb der Stadtbefestigung bis an die Gräben. Viele Häuser
waren damals klein, 180, so die Schätzung hatten eine Größe von nur 30 bis 40 Quadratmetern. Sie wurden von Tagelöhnern bewohnt, die vielfach Miete zu zahlen hatten. Und das an „auswärtige
Kapitalanleger“, die es auch damals schon gab.
Rund ein Zehntel der Bürger galt als wohlhabend. Diese Menschen wohnten in so genannten Ackerbürgerhäusern, die vielfach mit Backhaus, Speicher, Hof und Garten ausgestattet waren. Die Bewohner der
Häuser, die überwiegend im Westen der Stadt angesiedelt waren, waren Handwerker, Bäcker, Brauer oder Wirte.
Für die Kriegsparteien war die Stadt Sendenhorst aufgrund der verbreiteten Armut vergleichsweise wenig interessant. Und dennoch plünderten die Hessen im Oktober 1637 die Stadt. Sie nahmen vor allem
Gerätschaften aus der Pfarrkirche mit, die später in Münster landeten - und für immer verschwunden waren.
Dorthin, aber auch nach Warendorf und Lippstadt. gingen die Zwangsabgaben. Wenn diese nicht gezahlt wurden, drohte die Zwangseintreibung, was stets mit nicht unerheblicher Gewalt verbunden war. 771
Taler waren es im Jahr 1634 nur in der Stadt, ohne Kirchspiel - eine für damalige Verhältnisse kaum vorstellbar hohe Summe. „Wie die Sendenhorster das Geld aufbringen konnten, bleibt rätselhaft“,
schreibt Heinrich Petzmeyer.
Für das Einsammeln der Zwangsabgaben war in diesen Jahren Pfarrer Johannes Engelberting zuständig. Er hatte die unangenehme Aufgabe, sonntags von der Kanzel zu verkünden, wie viel Geld an die
Kriegsparteien zu zahlen war. „Richter, Rat und Bürgermeister waren diesen Aufgaben nicht gewachsen“, hat Petzmeyer recherchiert.
Unruhen am Karfreitag 22.4.2011 | J. Thesing
Sendenhorst - Der heutige Karfreitag wird aller Wahrscheinlichkeit nach
ein ruhiger Tag für die meisten Menschen in der Stadt. Dass er unter dem Titel „Karfreitagsunruhen in Sendenhorst“ in überregionalen Zeitungen Einzug halten wird, ist kaum zu erwarten.
Das war im Jahr 1839 anders. Denn genau mit
dieser Überschrift titelte die „Augsburger Allgemeine Zeitung“ das Geschehen im beschaulichen „Sendenhorst in Westfalen“. Und das zog einige behördliche Untersuchungen nach sich, weil der
Oberpräsident von Westfalen eben jenes über einen Ort in seinem Verwaltungsbezirk lesen musste und Handlungsbedarf ausmachte.
Was war geschehen? Eigentlich nicht viel. Seit ewigen Zeiten pflegten die Sendenhorster Christen Karfreitagsbräuche, die vom gutmütigen Pfarrer Franz-Wilhelm Darup geduldet wurden, der fast 50 Jahre
lang vieles durchgehen ließ und sich lieber zum Schreiben zahlreicher Bücher in sein Arbeitszimmer verzog, als die Gemeinde mit strenger Hand zu leiten, schreibt Heinrich Petzmeyer in seiner
Stadtgeschichte.
Sein Nachfolger Bernhard Lorenbeck sah das anders. Er wurde 1837 ins Amt eingeführt und wollte vieles ändern oder abschaffen. Wegen des von ihm betrieben Neubaus der Kirche stand er sowieso im
Konflikt mit einer ganzen Reihe von Gemeindemitgliedern, die das Vorhaben für zu teuer hielten. Und dann kamen die religiösen Karfreitagsbräuche hinzu, die ihm ein Dorn im Auge waren, die der neue
Pfarrer für „unziemlich“ hielt. Weshalb, so Petzmeyer, der Geistliche nahezu die ganzen Stadt gegen sich aufbrachte.
Vermutlich gab es tatsächlich einige Auswüchse bei der Karfreitagsprozession, die 1721 zum ersten Mal in dieser Form durchgeführt worden war - gegen den Widerstand des damaligen Pfarrers. Als
„erbaulich-anschaulich“ aber auch „derb-drastisch“ bot die Darstellung der Passionsgeschichte wohl immer auch wieder Gelegenheit zu Übertreibungen und Entgleisungen, ist im Stadtarchiv überliefert.
So sorgte ein maskierter Kreuzträger bei der Prozession für Aufsehen. Selbst fliegende Händler aus Münster waren zur Stelle, weil sie beim „Sendenhorster Passionsspiel“, wie es volksmündig genannt
wurde, ein Geschäft witterten.
Auch im Jahr 1839 trafen sich nach der Prozession über die Wälle und den abendlichen Betstunden junge Leute „aus der untersten Volksklasse“, so Bürgermeister Brüning, zu schrillem Geschrei beim
Absingen von Fastenliedern. Pfarrer Lorenbeck verwies sie der Kirche. Zudem sei er beim Verlassen der Kirche wohl auch beleidigt worden, beklagte der Geistliche. Das wäre wohl alles gewesen, wenn
nicht ein Zeitungsreporter aus Münster anwesend gewesen wäre. Und dieser titelte sicherlich übertrieben „Unruhen in Sendenhorst“, was dann andere Zeitungen übernahmen. Und der Oberpräsident forderte
Aufklärung. Der Bürgermeister spielte die Geschichte in einem Brief an den Landrat herunter und schilderte sachlich das Geschehen an diesem speziellen Karfreitag. Pfarrer Lorenbeck hingegen machte
seinem Ärger in einem Schreiben an den Bürgermeister Luft. Er könne es nicht dulden, dass sich „schlecht erzogene Leute mit dem Absingen von Liedern befassen“. Die Bräuche haben allerdings bis heute
überlebt.
Brot, Bier, Schnapps und Prügel 19.3.2011 | J. Thesing
Sendenhorst - Morgens gab es frisches Brot, abends kühles Bier und
Prügel. Die Geschäfte der Sendenhorster Bäcker muteten im 17. Jahrhundert für heutige Verhältnisse recht eigentümlich an. Und sie wurden, was vor allem für das abendliche Bier galt, nicht in
Ladenlokalen abgewickelt, sondern in den Wohnungen. Und, wen wunderte es bei dem zuweilen übermäßigen Alkohol, es kam häufig zu Prügeleien unter den Gästen, hat Heinrich Petzmeyer beim Blick in alte
Aufzeichnungen festgestellt und in seiner Stadtgeschichte notiert.
Besonders häufig fanden derartige handfeste
Auseinandersetzungen wohl in den Behausungen Modersohn, Zurgeist und Hölscher statt - allesamt Bäcker und zugleich Brauer. Illegal war der Ausschank gleichwohl nicht, denn die geschäftstüchtigen
Handwerker zahlten Abgaben. Und sie lebten recht gut vom Brot- und Bierverkauf. Der Berufsstand zählte zu dieser Zeit mit einem krisenfesten Einkommen zu den Wohlhabenden in der Stadt, was in den
damaligen Steuerlisten deutlich wird. Und das nicht erst in den Jahren nach dem 30-jährigen Krieg.
Ausgeschenkt wurde ein obergäriges Bier, dass schnell verdarb, aber in großen Mengen getrunken seine Wirkung nicht verfehlte. Der „Koit“ war ein beliebtes Importbier aus Münster und Hamm. Dazu wurde
Schnaps getrunken, der zu der Zeit aber noch nicht in Sendenhorst gebrannt wurde. Die Blütezeit der Brenner folgte später. Und selbst bei Gottesdiensten, beklagte sich der Pfarrer im Jahr 1613, soll
Branntwein ausgeschenkt worden sein. Die Sendenhorster waren also ein trinkfreudiges Völkchen.
Und ein rauflustiges, was besonders für die „Bäcker-Kneipen“ galt, die zum Ende des 16. Jahrhunderts ihre Blütezeit hatten und die an den Stadttoren, vor allem am Westtor ihren Sitz hatten. So
gerieten zum Beispiel die Brüder Hermann und Bernd Wessel bei einem ordentlichen Saufgelage in der Spelunke Schwicker mit Johann Münstermann aneinander. Von ihm verlangten die Brüder, dass er ihren
konsumierten Branntwein bezahlen solle. Münstermann weigerte sich, und später verließen die drei die Schenke. Mit schlimmen Folgen: Münstermann wurde von den Raufbolden erst verprügelt und dann
erstochen. Bernd Wessel wurde sofort verhaftet, sein Bruder Hermann setzte sich erfolgreich als Söldner in den Kriegsdienst ab.
Häuser baufällig und fast unbewohnbar 15.2.2011 | J. Thesing
Sendenhorst - Die Stadt beabsichtigt in diesem Jahr, die Grundsteuer B
und die Gewerbesteuer anzuheben. Sie orientiert sich dabei an den fiktiven Hebesätzen im Entwurf des Gemeindefinanzierungsgesetzes 2011. Natürlich ärgert das Hau- und Grundbesitzer sowie
Gewerbetreibende. Aber womöglich kann manch einer die Steuerlast ein bisschen drücken, wie es auch in der Geschichte der Stadt mach einer versucht hat. Allerdings ist es wenig wahrscheinlich, dass
das auf diesem Weg gelingen heute dürfte.
Die Preußen hatten im
Jahr 1832 das neue Steuersystem eingeführt. Grund-und Gewerbesteuer wurden wichtige Einnahmequellen des Staates. Zwar Jahre zuvor waren die Arbeiten am Urkataster abgeschlossen worden, womit die
Größe der einzelnen Fluren und Parzellen festgelegt waren. Dann ging es an die Häuser, deren Wert - heute „Einheitswert“ genannt - richtig taxiert werden sollte. Die Steuerkommission orientierte sich
dabei an so genannten Musterhäusern. Natürlich ging die Steuereinschätzung auch in Sendenhorst nicht geräuschlos über die Bühne. „Sie wurde von zahlreichen Protesten begleitet“, schreibt Heinrich
Petzmeyer in seiner Sendenhorster Stadtgeschichte.
Mal laut, mal eher leise versuchten die Bürger, die Bewertung ihrer Domizile zu beeinflussen. „Das Haus ist ganz baufällig und enthält außer einigen dürftigen Notstuben nur so viel Raum, um Ackerbau
zu treiben“, schrieben die Bewohner eines Gebäudes an der Weststraße an die Obrigkeit. „Nur kleine Stube und Schlafkammer“, erklärten sich die Bewohner eines Hauses an der Neustraße. Dem wollte eine
Familie an der Nordstraße nicht nachstehen. „Wenn auch das Mauerwerk noch etwas scheinbar sein mag, so ist es inwendig fast unbewohnbar. Das Holzwerk ist fast völlig zerstört.“
Zum Teil stimmte das sogar, hat Petzmeyer in alten Dokumenten recherchiert. Denn nach dem letzten großen Stadtbrand waren viele Häuser notdürftig wieder errichtet worden, und das mit sehr
übersichtlichen finanziellen Mitteln. Und so habe es viele Gebäudeschäden gegeben, die erst viel später - nach 1850 - durch Neubauten beseitigt worden seien. Ganz anders die Steuerargumentation der
etwas Wohlhabenderen, die Häuser vermieteten. Sendenhorst sei auf die Stufe eines Dorfes zurückgefallen, was zur Folge habe, dass der Reinertrag durch die Miete bei der Steuerschätzung viel zu hoch
angesetzt sei. So erklärte ein Gastwirt: „Es gibt weder eine öffentliche Landstraße noch ein Gericht oder eine andere Behörde.“ „Mit dem Bau der Chaussee von Münster nach Drensteinfurt“ sei
Sendenhorst vom Verkehr abgeschnitten.
Vergleichbar wäre, wenn sich ein heutiger Sendenhorster Unternehmer bei der Steuerbehörde über das Fehlen der Umgehungsstraße beschweren würde. Ein seinerzeit angesehener Kaufmann an der Kirchstraße
bemängelte ebenfalls, dass er keinen Vorteil aus der möglichen Vermietung des Hauses ziehen könne. „Durch die Verlegung der neuen Chaussee kommen hier wenige Passagiere, durch deren Beherbergung man
Nutzen ziehen könnte.“ Da es kein Gericht und keine Behörde mehr gebe, gebe es auch keine potenziellen Mieter mehr.
Ob die eine oder andere Beschwerde geholfen hat, ist nicht überliefert. Aber die Stadt war 1832 steuermäßig erfasst. Festgelegt wurde, dass es 272 bewohnte und besteuerte Häuser gab. Neben sechs
Ackerwirten und 19 Amtsträgern wie Schule, Kirche und Verwaltung wurden 26 Kaufleute, Wirte und Fuhrleute besteuert. Hinzu kamen 153 Handwerker. Diese waren als Pumpenmacher, Weißgerber, Hutmacher
und Drechsler tätig, was seinerzeit in der Stadt als Spezialistentum galt. Denn die meisten Selbstständigen übten ein traditionelles Gewerbe aus, das sich in Sendenhorst großer Konkurrenz erfreute,
weshalb es kaum etwas zu verdienen gab. In der Steuerstatistik von 1832 sind 63 hauptberufliche Weber aufgeführt.
Bürgermeister landet vor Gericht 10.2.2011 | J. Thesing
Sendenhorst - Die Damen hören es nicht gerne, aber manchmal sind es eben
doch die Frauen, die Männern Probleme bereiten (können). Diese Erfahrung musste auch Bürgermeister Wilhelm Hetkamp zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts machen. Vor Gericht stellte sich heraus, dass
der Bürgermeister zwei Lebensbäume, die eigentlich für den Friedhof bestimmt waren, in seinen Dienstgarten hinter dem Rathaus hatte pflanzen lassen. Und das auf Wunsch seiner Frau.
Doch das war nur die Spitze des Eisbergs in
einer intensiven und zuweilen emotional geführten Auseinandersetzung zwischen Hetkamp und der oppositionellen Gruppe in der Stadtverordnetenversammlung, wie aus den Aufzeichnungen von Heinrich
Petzmeyer in seiner Sendenhorster Stadtgeschichte zu entnehmen ist.
Hetkamp, in Ahaus geboren, galt als fleißiger Mann, der zwar Fehler machte, aber daraus lernte. Er entwickelte viele Ideen, was folglich viele Sitzungen nach sich zog - und was so manchen
Stadtverordneten wohl überforderte. 1904 legte er der Stadtvertretung einen umfangreichen Bebauungsplan vor - seinerzeit im Gegensatz zu heute keine Selbstverständlichkeit. Es folgten Pläne zur
Entwässerung der Gräfte und zur Pflasterung der innerstädtischen Straßen. Auch die Kanalisation stand auf der Agenda.
Das wurde dem einen oder anderen Stadtrat zu viel. Selbstherrlich und habsüchtig sei der Bürgermeister, befand die Opposition. Und so wurde ein Disziplinarverfahren angestrengt, was Hetkamp mit einer
Verleumdungsklage konterte, die besagte Gerichtsverhandlung nach sich zog. Unregelmäßigkeiten bei Reisekostenabrechnungen warf die Opposition ihm ebenfalls vor - und „große Eigenmächtigkeiten“. Das
Disziplinarverfahren verlief gleichwohl im Sande. Aber auch die Presse hatte der Bürgermeister gegen sich, die sich mit spitzer Feder an ihm rieb. Der Bürgermeister klagte - erfolglos - wegen
Beleidigung.
So langsam wurde die „Sendenhorster Verhältnisse“ auch dem Regierungspräsidenten zu viel - und dieser empfahl dem Sendenhorster Bürgermeister den freiwilligen Rücktritt. Hetkamp bliebt standhaft, und
irgendwie kamen der Bürgermeister und die Stadtverordneten bei der einmütigen Ablehnung der geplanten Rückkehr zur Landgemeindeordnung wieder zusammen.
Und das nicht nur für den Augenblick. Im Oktober 1906 wurde Wilhelm Hetkamp einstimmig für weitere zwölf Jahre zum Bürgermeister gewählt - inklusive Gehaltserhöhung und Einstellung eines
Verwaltungsgehilfen. Überliefert ist aber auch, dass Hetkamp zuvor habe Besserung geloben müssen. Und er soll auch ein Gelöbnis unterschrieben haben: „Ich erkenne meine Fehler an und verspreche,
dieselben in Zukunft zu vermeiden. Insbesondere verspreche ich, die Beschlüsse des Stadtverordnetenkollegiums nach Inhalt und Wortlaut stets gewissenhaft auszuführen.“
Kein Platz für Hund und Katz 29.1.2011 | J. Thesing
Sendenhorst - Im Schulausschuss wurde gestern Abend eine vermutlich
intensive Diskussion über die Zukunft der Sendenhorster Schullandschaft auf den Weg gebracht. Seit Jahrzehnten gibt es in Sendenhorst das Miteinander von Grund-, Haupt- und Realschule. Paradiesische
Verhältnisse, wenn man ins 18. Jahrhundert zurückblickt. Im Jahr 1785 unterrichtete der Schulmeister Jodokus Henricus Arninck auf einer Grundfläche von rund 36
Quadratmetern in der Knabenschule neben dem Rathaus bis zu 120 Schüler. Nur 24 von ihnen konnten sich an den viel zu schmalen Tischen drängen. Die übrigen mussten warten, bis ein Platz frei wurde,
beschwerte sich der Schulmeister bei der Obrigkeit in Wolbeck, schreibt Heinrich Petzmeyer in seiner Sendenhorster Stadtgeschichte.
Die Schule spielte in dieser Zeit und davor in der Stadt eine weit weniger wichtige Rolle als heute. Überliefert ist, dass es aber bereits seit 1571 eine solche Einrichtung gegeben haben muss.
Richtig ernst wurde es für die Jungen in der Stadt aber erst ab 1693, nachdem Fürstbischof Friedrich Christian eine Art Schulordnung auf den Weg gebracht hatte. Die Bürger bauten besagtes Schulhaus
auf städtischem Grund in der Nähe des damaligen Rathauses, in dem der Notar und Schulmeister Johann Bernard Cattiou die Kinder unterrichtete.
Und das unter heute kaum vorstellbaren Bedingungen. Der Schulraum befand sich im ersten Stock des Gebäudes und war nur über eine schmale Treppe zu erreichen. Unten wohnte die Lehrerfamilie.
Allerdings auch nicht sonderlich komfortabel. „Die Wohnung des Schulmeisters ist so klein, dass man nicht Hund noch Katz darin halten kann. Die Kinder müssen zur Schule hohe Treppen steigen und
fallen oft herunter“, schilderte der Schulmeister.
Für die Mädchen gab es übrigens seit 1724 eine eigene Schule, allerdings mehr auf privater als auf öffentlicher Basis. Alleinstehende Frauen unterrichteten unter anderem in dem im Jahr 1806
abgebrannten Nebengebäude des Schornsteinfegers Quante die Mädchen unter ebenfalls sehr beengten Bedingungen, hat Petzmeyer recherchiert. Und das, obwohl seinerzeit bereits rund 2000 Menschen in
Stadt und Kirchspiel lebten.
Und obwohl die Obrigkeit der Stadt die Anweisung gab, ausreichend Raum für die Knabenschule zur Verfügung zu stellen, änderte sich bis 1805 daran nichts.
Schulschwänzer kamen in den Knast 3.1.2011 | J. Thesing
Sendenhorst - Heute gibt es einen Eintrag ins Klassenbuch, wenn ein
Schüler unentschuldigt fehlt. Davon dürften jene Schüler, die nach 1903 die Sendenhorster Berufsschule besuchten, wohl nur geträumt haben - wenn sie es gewusst hätten. Und auch die Lehrherren.
Letztere hatten ein Bußgeld zu bezahlen, wenn ihre Lehrlinge dem Deutsch- oder Rechenunterricht unentschuldigt fernblieben. Und die fehlenden Schüler wanderten für ein Wochenende in den „Karzer“, wie
das Polizeigefängnis seinerzeit genannte wurde, schreibt Heinrich Petzmeyer in seiner Sendenhorster Stadtgeschichte.
Dabei war das
Schülerleben seinerzeit wohl mindestens genauso anstrengend wie das heutige. Ein Zehn-Stunden-Arbeitstag war für die Lehrlinge und Gesellen die Regel. Und mancher Schüler der damaligen „gewerblichen
Fortbildungsschule“ hatte aus den Bauerschaften einen langen Weg zu Fuß in die Stadt zurückzulegen. Und zum Zeichenunterricht, der um 1920 im Spielsaal des Krankenhauses erteilt wurde, mussten die
Schüler sonntags um 7.30 Uhr antreten - die Sendenhorster Geistlichkeit duldete „keine Veranstaltung während der Zeit des Hauptgottesdienstes“.
Dass in Sendenhorst überhaupt eine Berufsschule gegründet worden war, war im Wesentlichen wohl den örtlichen Handwerkern zu verdanken. Zwar hatte es bereits im Jahr 1891 eine städtische Initiative
gegeben, eine solche Einrichtung aufzubauen. Aber auch schon damals war die Stadt ziemlich „blank“, und so verschwand das Projekt bis 1902 im Schreibtisch von Bürgermeister Hetkamp. Doch dann gelang
es ihm, Interesse für die Schule zu wecken. Die Handwerkerschaft sah ein, dass „tüchtige Meister“ über ein gehöriges Maß an theoretischem Wissen verfügen sollten. Handwerksmeister fanden sich bereit,
im Schulkuratorium mitzuwirken. Und es gab Lehrer, die bereit waren, nebenberuflich zu unterrichten.
Und so fasste die gut besuchte Gründungsversammlung des Kuratoriums den Beschluss, den Küfermeister (Fassbauer) Bücker, Schreinermeister Mössing und Zimmermeister Kötter mit den weiteren Arbeiten bis
zum Schulbeginn zu beauftragen. Wöchentlich wurden am Abend zwei Stunden Deutsch und zwei Stunden Rechnen unterrichtet. Hinzu kam das Zeichnen am Wochenende. Um den Besuch der Schule für die jungen
Handwerker nach harten Arbeitstagen attraktiv zu machen, wurden für die Prüfungen zum Ende des Wintersemesters Prämien ausgelobt. 1909 waren das Sparkassenbücher mit Einlagen von drei bis sechs
Mark.
Schwierig war der Schulbetrieb im Ersten Weltkrieg, weil die jungen Handwerker häufig Überstunden machen mussten. Zum Beispiel im Sendenhorster Stanz- und Emaillierwerk. Und bei der Firma Ramesohl,
die Granaten für die Wehrmacht produzierte, berichtet Petzmeyer. Die Lehrer der Berufsschule hatten keine spezielle Ausbildung. Aber sie bildeten sich nach 1922 in einer AG fort. Im Jahr 1926 wurde
ein dritte Zeichenklasse eingerichtet, die Schreinermeister Kruse unterrichtete. Ein Jahr später übernahm Anstreichermeister Nachtigäller die beiden anderen Klassen. Jedes Jahr zu Ostern stellten
Schüler ihre Arbeiten in der Gastwirtschaft Seelige aus.
Sendenhorst war mit dieser Berufsschule ein Vorbild in der Region. Denn im Jahr 1926 - fast 25 Jahre nach der Gründung der „gewerblichen Fortbildungsschule - beschloss der Kreisberufsschulausschuss
Beckum die allgemeine Berufsschulpflicht für alle schulentlassenden berufstätigen Jugendlichen des Kreises.