Joseph Spithöver - Bilder aus seinem Leben Nr. 96 |1929 | Von Wilhelm Kleinhans
Aus Anlaß der Einweihung seiner Stiftung zu Sendenhorst vor 40 Jahren, am 16. September 1889
Sendenhorst | Rom
Papst Pius IX. hatte am 8. Dezember 1869 das allgemeine Konzil eröffnet. Von den 1044 Oberhirten der Kirche waren über 700 erschienen. Unter den deutschen Bischöfen wurde vornehmlich die horchragende
Gestalt des Bischofs Emmanuel von Ketteler von Mainz angestellt. Bei dem längeren Aufenthalt besuchten die Bischöfe auch wohl ihre Landsleute in der Stadt. Wiederholt war Bischof Ketteler bei der
deutschen Kolonie zu Gast.
Eines Tages folge er nun einer Einladung seines Landsmannes Joseph Spithöver, den er lange vorher
kennen und schätzen gelernt hatte. In seiner Villa traf er einen Großindustriellen aus Frankreich an, den berühmten Herrn Name aus Tours, dem Sterbeorte des hl. Martinus. Dieser Mann beschäftigte an
die 3000 Arbeiter in seinen großen Papierfabriken und Buchdruck- und Buchbindereien. Das Zusammentreffen und die Unterredung dieser drei Männer dienten einer Beratung, um Mittel und Wege zur
Verbesserung der wirtschaftlichen Lage der arbeitenden Volksmasse zu finden. Bischof Ketteler trug sich mit dem Gedanken, gesunde Arbeiterwohnungen in der Industriestadt Offenbach errichten zu
lassen. In Spithöver fand Ketteler nun einen Arbeitgeber, der seine große Arbeiterfamilie ganz im Geiste eines christlichen Familienvaters behandelte, der den Arbeitern Wohnungen bauen ließ und in
jeder Weise für das Wohl seiner Leute sorgte. "Hätte ich doch", so schrieb Ketteler an dem Domkapitular und seinen späteren Nachfolger auf dem Mainzer Bischofsstuhle Dr. Affner, "einen solchen Mann
in Offenbach! Ich überzeuge mich immer mehr davon, daß dies eine der großen Aufgaben der Zukunft wird, so wenig es bisher verstanden wird." Wie lauschte Spithöver den Worten seines Kollegen und
Freundes, wie den Worten des Bischofs über die Pläne zur Lösung des sozialen Problems. Nach dieser Zusammenkunft reifte bei Spithöver der Plan, sein großes Vermögen zum Wohle seiner Mitmenschen zu
verwenden.
Die Vaterstadt hatte damals Spithöver fast vergessen. Nur wenige der Altersgenossen erinnerten sich noch seiner. Nahe Verwandte lebten nicht, und sein Elternhaus an der Weststraße war verkauft und
abgebrochen.
Es war eine traurige Zeit, als hier Joseph Spithöver am 11. Oktober 1813 geborgen wurde. Der Vater Theodor Hermann war Zimmermann und hatte einen kleinen Holzhandel. Die Mutter, eine geborene
Katharina Hagedorn, hatte ihm vorher 5 Kinder geschenkt. Joseph, das jüngste Kind, war kaum vier Monate alt, als der Vater am 13. Februar 1814 an der Schwindsucht starb. Sendenhorst war damals fast
ganz verarmt. Am 29. April 1806 war die Stadt zu zwei Drittel abgebrannt. Infolge der Kriege kamen noch große Lasten hinzu. Der Mutter wurde es nach dem Tod des Ernährers recht schwer, die Kinder
groß zu ziehen. Der damalige Bürgermeister und Gerichtsaktuar Langen, ein rechtschaffener und sozial denkender Mensch, dem Sendenhorst seinen Wiederaufbau und sonst noch viel zu verdanken hat, nahm
sich auch der Familie Spithöver an. Den jüngsten Sohn Joseph nahm er bei sich in Pflege und wollte aus ihm einen tüchtigen Menschen machen. Bürgermeister Langen wohnte in dem jetzigen Borgmannschen
Hause, worin sich die Post befindet. Der Junge, sehr geweckt, artig und fleissig, ging seinem Pflegevater sehr zur Hand und verrichtete alle vorkommenden Hausarbeiten. Bei späteren Besuchen in der
Heimat suchte er gern die Stätte der Jugend wieder auf und zeigte auf die Stelle unter der Treppe hin, wo er jeden Morgen gesessen und des Bürgermeisters Schuhe mit den silbernen Spangen geputzt
habe. Schon in der Schule konnte ihn der Bürgermeister zu Schreibarbeiten heranziehen. Als Langen nach Ahlen versetzt wurde, blieb Spithöver hier und wurde auf dem Bürgermeisteramte beschäftigt. Doch
mochte ihm dieser Beruf wohl nicht zusagen, da er bald das Buchbinderhandwerk erlernte. Als Geselle zog er auf die Walz und arbeitete längere Zeit in Süddeutschland. Die Sehnsucht nach dem Süden,
nach dem ewigen Rom, hatte auch ihn ergriffen, und so kam er mit 28 Jahren, im Jahre 1841, von München dort an. Einen Frank hatte er in der Tasche. Aber das Herz war voll Mut und Gottvertrauen. In
seinem Fache gut ausgebildet, fand er bald Beschäftigung und Verdienst. Die deutschen Landsleute nahmen den jungen Westfalen gern in ihren Kreis auf und verschafften ihm Arbeit und Verdienst. Vor
allem setzte Pater Augustin Theiner auf ihn grosse Hoffnungen und förderte sein Unternehmen.
Aus der ersten Zeit des Aufenthaltes in Rom wird über eine edle Liebestat Spithövers berichtet. Um dieselbe Zeit war auch der bekannte Bildhauer Wilhelm Achtermann aus Münster nach
Rom gekommen. Dem ging es dort anfangs nicht sehr gut. Seine Kunst fand zwar viele Freunde und Bewunderer, aber wenig Käufer. So hatte Achtermann oft Nahrungssorgen und Not. Er hatte sogar Schulden
machen müssen und war dieser halb angeklagt. Nach römischem Recht musste er, wenn er die Schulden von 100 Scudi nicht bezahlte, ins Gefängnis wandern. Geschwächt von Hunger und Kummer bemühte er sich
vergebens um das Geld. Ganz traurig und ratlos sass er in seinem Atelier, an alle menschlichen Hilfe verzweifelnd. Da wendete er sich nochmals in vertrauensvollem Gebete zur Gottes Mutter, deren Bild
er mit soviel Liebe und Andacht gemalt hatte. Während des Gebetes klopft es an sein Atelier. Er öffnete. Es treten zwei junge Leute herein, die ihrem Äußern nach biedere Handwerksburschen zu sein
schienen. Freundlich begrüssen sie ihren Landsmann. Sie seien schon einige Zeit in Rom, und nachdem sie von ihm soviel Rühmliches gehört hätten, führe sie Neugierde und Interesse zu ihm. Da verklärt
sich ihr Gesicht, sie drücken ihm herzlich die Hand und beglückwünschen in voller Freude als heimatlichen Künstler. Dem armen Achtermann aber traten die Tränen in die Augen. "Ihr preiset mich
glücklich als Künstler", seufzte er, "und jetzt bin ich der ärmste der Armen in Rom. Wenn ich nicht in wenigen Tagen 100 Scudi schaffe, bin ich Gefangener und für immer ein unglücklicher Mensch. Alle
meine Versuche waren vergebens, meine ganze Hoffnung ist geschwunden. Wenn nicht außerordentliche Hilfe von oben kommt, gehe ich bei aller meiner Kunst zugrunde." Da erfasste die beiden das Mitleid.
Sie warfen einander einen Blick zu und sagten in ihrer Mundart: "Giff us de Hand! Wie laot't di nich in'n Stiek und schafft die Geld. Wie Laot't die nich smachten un in'n Pott setten. Dat giff't
nich." Während der erstaunte Künstler noch sehr zweifelte an der Zuverlässigkeit und Hilfe seiner Landsleute waren sie schon zur Tür hinaus. Bald aber kamen die beiden Freunde in der Not zurück und
zählten dem überraschten Achtermann die gewünschte Summe auf den Tisch, jeder die Hälfte. Tränen rollten dem wehmütigen Achtermann über die Wangen. Ein stummer Händedruck sagte alles, was der Mund
nicht aussprechen konnte. Nun verlebten die drei frohe Stunden und erzählten von der fernen Heimat. Einer dieser Wohltäter war unser Landmann Spithöver. Gott hat die Liebestat reichlich gelohnt.
Zeitlebens ist Achtermann seinem Landmann Spithöver für diese Hilfe in der Not dankbar gewesen. Er ernannte den Spithöver auch zu seinem Testamentsvollstrecker. Als Achtermann am 26. Mai 1884 in Rom
starb, und sein Testament geöffnet wurde, hat er auch in dankbarer Liebe seines heimatlichen Freundes bei Ausführung des letzten Willens gedacht.
Unter Nr. 8 hieß es in dem Testament:
Dem Herrn Spithöver vermache ich ein silbernes Besteck als Zeichen der Dankbarkeit. Gewogenheit und Freundschaft, die er mir immer bezeugt hat. Zugleich vermache ich ihm das große Kruzifix in Gipe,
von dem ich verschiedene Kopien in Marmor gemacht habe, um es in der Kapelle seiner Villa zu verwenden. Auch vermache ich ihm alle photographischen Negative, die mein unbestrittenes Eigentum sind und
in meiner Wohnung in zwei Kistchen aufbewahrt werden. Der Schwester des genannten Herrn Spithöver, wohnhaft in Rom, vermache ich eine kleine Statue mit dem Jesuskinde. Der strebsame Spithöver konnte
sich schon bald selbständig machen, und er gründete 1845 in Rom die erste deutsche Buchhandlung, die noch heute besteht. Bis dahin hatte er "Via Purifikatione 6" gewohnt und als Buchbinder, von 1845
an "Piazza die Spangna 55-56" als Buchhändler, seit 1865 "Spiazza Spagna 54-85". Als einfacher Handwerker besass er keine höhere Bildung, verstand es aber, mit seinem Berufe gegebenen
Bildungsmöglichkeiten auszunutzen. Bald wurde er in der deutschen Kolonie eine geachtete Persönlichkeit. Sein Geschäft wuchs ständig und brachte ihm ansehnlichen Verdienst. Die bescheidene
bürgerliche Lebensweise trug dazu bei, mit der Zeit Ersparnisse zu machen. Später erzählte Spithöver einem heimischen Freunde, daß ihm doch die Erübrigung der ersten Zehntausend viel Mühe und Zeit
gekostet habe.
Ein reiches Arbeitsfeld, für seine Heimat und Landsleute tätig zu sein, fand Spithöver in der Erzbruderschaft vom Campo Santo. In der führenden Stellung als Camerlengo hatte er die Aufmerksamkeit und
auch den Haß der Umsturzparteien auf sich genommen. Spithöver galt ihnen als Reaktionär. Im Mai 1850 ging an seiner Buchhandlung eine Höllenmaschine los und zertrümmerte den Laden. Zwei
Bombenanschläge in demselben Jahre und ein weiterer Anschlag im Jahre 1864 gaben dem deutschen Buchhändler unzweideutig zu erkennen, daß er dem Revolutionskomitee als ein Werkzeug der Reaktion
galt.
Um die Mitte der 50ziger Jahre begann in der Heimat der Kirchenball. Da besorgte Spithöver gerne für die Altäre Reliquien und half auch durch Geldmittel den Bau zu fördern. Wo immer es galt, für die
Interessen der Heimat tätig zu sein, machte er seinen ganzen Einfluß geltend. Über manche Einzelheiten habe ich in dem vorhin erwähnten Aufsatze berichtet.
Bei der Lebensbeschreibung wird sich die wichtigste Frage aufwerfen, wie Spithöver zu seinem großen Reichtume von vielen Millionen kommen konnte. Zwar brachte ihm sein Geschäft bei der umsichtigen
Leitung guten Gewinn. Auch sein Handel mit Papieren vermehrte sein Vermögen. Diese Erträgnisse bildeten aber nur einen Bruchteil des Reichtums, den er später sein eigen nennen konnte. Bei seinem
Weitblick sah er das Patrimonium Petri, den Kirchenstaat wanken, so sehr er auch die Erhaltung wünschte. Längst hatte er vorausgesehen, daß die weltliche Macht des Papstes der Übermacht der Feinde
weichen musste. Nach der Niederlage der Päpstlichen Truppen würde Rom Haupt- und Residenzstadt. Dann würde die Stadt zu eng werden. Sie müsste erweitert, und auch für einen neuen Bahnhof müsste Platz
geschaffen werden. Hierfür kam nur Gelände in Frage, dem die Römer mit dem überlieferten Aberglauben mißtrauisch gegenüberstanden. Das Gelände hieß im Volksmunde die "Ort Sallustiani" (benannt nach
dem römischen Geschichtsschreiber Sallust zur Zeit Cäsars) und gehörte dem Fürsten Barberini. Für billiges Geld erwarb er die Ländereien. Hier baute er auch die schöne Villa mit einer Hauskapelle.
Nach der Besitznahme des Kirchenstaates stieg sofort der Wert der Grundstücke in einem Maße, wie es auch von Spithöver nicht geahnt war, und brachte diesem beim Verkauf einen riesigen Gewinn. So
führte der Fall des Kirchenstaates nach Gottes Fügung den Nutzen in die rechte Hand, die ihn später austeilen konnte durch Werke und Barmherzigkeit.
Für die deutschen in Rom blieb Spithövers Haus immer der Mittelpunkt. An ihn wendeten sich die Bewohner aus der Heimat mit ihren Anliegen. Er vermittelte Audienzen beim Hl. Vater, dessen persönlicher
Freund er war, versorgte deutsche Handwerksgesellen mit Arbeit und Verdienst. Wie ein Mäzen begünstigte er die Studierenden und Künstler aus Deutschland, die Rom als Ausbildungsstätte aufgesucht
hatten. An den Vierhochzeiten lud er die Landsleute aus der engeren Heimat zu Gast, die dann in seinem Kreise recht angenehme Stunden verlebten, unter anderem: den Diener des Kardinals Melchers,
Schlüter und den Schmiedemeister Heinrich Stapel von hier, jetzt Glandorf, die um 1890 in Rom weilten. Nach seinem Tode musste dieses gastliche Haus leider einer Straßenanlage weichen.
Von Deutschland war die Feier des Goldenen Priesterjubiläums von Papst Pius IX. angeregt worden. Am 11. April 1869 fand die glänzende Feier statt und brachte einen großen Pilgerzug aus Deutschland
nach Rom. Als Geschenk führten die Deutschen ein kunstvolles Kruzifix bei sich, gestiftet vom Kölner Domkapitel. Es war aus Holz von den Krahnen geschnitzt, die beim Kölner Dombau benutzt waren, mit
einer Widmung für Pio nono und mit dem päpstlichen Wappen versehen. Der Papst ließ dieses liebevolle Geschenk in seinem Schlafgemache aufstellen und betete täglich vor ihm für die Anliegen der
Christenheit. Nach dem Tode des Papstes wurde Spithöver dieses kostbare Geschenk als Dank und Anerkennung für seine Verdienste zuerkannt. Es verblieb nun in seiner Hauskapelle, bis er es seiner
Heimatgemeinde zum Geschenk machen konnte, nachdem er in die Kreuzesbalken eine Partikel vom Kreuze Christi und Reliquien vom hl. Ludgerus und vom hl. Augustinus hatte anbringen lassen.
Nach der Besitzergreifung Roms durch die Italiener setzte eine starke Vermehrung der Bevölkerung ein. Ihr folgte viel Not und Armut. Die christliche Karitas wurde vor neue große Aufgaben gestellt.
Eine Reihe Anstalten für Kranke und Arme, für Krüppel und Waisen mussten gebaut und unterhalten werden. Da hatte Spithöver immer eine offene Hand. Für die Kreuzschwestern aus dem Mutterhaus Ingenbohl
in der Schweiz ließ er ein Heim bauen, um ihnen die Möglichkeit zu geben zur Pflege armer deutscher Waisenkinder und zur Beherbergung deutscher Pilger. Diese Stiftung genügte bis vor einigen Jahren
den Anforderungen, bis sie dann bedeutend vergrössert werden musste. Ein Bild von Spithöver schmückt heute noch ein Zimmer dieser Anstalt und hält sein Andenken in Ehren.
Der schönste Zug im Charakterbild Spithövers ist wohl, daß sein eigenes Auge sah, wo er helfen konnte. Er ergriff selbst die Initiative zu den Werken der christlichen Nächstenliebe, zu denen die
meisten Menschen erst durch Anregung und Überredung mühsam gebracht werden müssen. Seine besondere Fürsorge wendete er der deutschen Nationalstiftung am Campo Santo zu. Sie erlebte durch ihn ihre
Wiedergeburt. Schritt für Schritt wurde vom Bruderschaftsrate des Campo Santo unter Vortritt Spithövers die wirtschaftliche Grundlage für die Kaplanstellen geschaffen. Vom Jahre 1850 bis 1863 war er
Camerlengo der Erzbruderschaft. Sein Bild mit der Tracht dieser Würde befindet sich im Bibliotheksraum der Stiftung. Der kernige Westfale mit dem eisernen Willen und dem weiten Blick fand jedoch
nicht immer Verständnis für seine Pläne. Es setzte eine Opposition gegen ihn ein, weil er ein fast absolutes Regiment im Campo Santo führte, was sich mit den Statuten schwer vereinbaren ließ. Da e
sich nicht beugen wollte, lehnte er im Jahre 1863 die Wiederwahl zum Camerlengo ab und schied im folgenden Jahre ganz aus der Leitung aus. Er hat aber bis zu seinem Lebensende vor allem als treuer
Berater und Helfer von dem Rektor Anton de Waal der altehrwürdigen Stiftung Beweise unverminderter Anhänglichkeit gegeben. Kein geringerer als der jetzt 93jährige Dekan des Kardinalkollegiums und
Protektor vom Campo Santo hat bei der Festfeier des Goldenen Jubiläums des Priesterkollegiums am Campo Santo am 21. April 1927 in seiner Festrede über Spithöver folgende Ausführungen gemacht:
"Bereits während meiner ersten theologischen Studien lernte ich die verehrungswürdige Gestalt Spithövers kennen und bewundern, und später, bevor ich mich von Rom entfernte, um 1863 in den päpstlichen
diplomatischen Dienst einzutreten, konnte ich dem Werke meinen Beifall geben, das jener ausgezeichnete deutsche Katholik, ein Muster an Ehrenhaftigkeit und Glaubenstreue, in der Erzbruderschaft der
Schmerzhaften Gottesmutter für seine Landsleute unterstützt von einigen derselben ausübte."
Im Jahre 1878 starb Papst Pius IX. Spithöver hatte dem großen Dulderpapst im Leben sehr nahe gestanden. Der Tod ging ihm daher sehr zu Herzen. Im folgenden Jahre, am 3. Dezember 1879, starb auch
seine um drei Jahre ältere Schwester Klara Spithöver, die ihm, da er Junggeselle war, immer treu und brav den Haushalt geführt hatte. Sie wurde auf dem Campo Santo begraben. In seinem Freundeskreise
hatte der Tod auch schon viele Lücken gerissen. So erweckte das herannahende Alter Gedanken an den Tod und an die Heimat. Zeitweilig erwog er, sich in der Heimat begraben zu lassen. Hier wollte er
sich eine Grabeskapelle bauen lassen, und Schwerstern sollten über seiner Gruft für sein Seelenheil sorgen und beten. Dieses Vorhaben wurde noch verstärkt, als der Bestand des deutschen Friedhofe
eine Zeitlang gefährdet war. Der Gedanke, seiner Heimat Gutes zu tun, verließ ihn nicht. Durch gelegentliche Besuche von Landsleuten und durch Schriftwechsel mit der Heimat wurde er gefördert und
nahm allmählich feste Formen an.
In Sendenhorst fehlte notwendig ein Krankenhaus und eine Bleibe für alte und gebrechliche Leute. Das Armenhaus war 1876 abgebrochen, und für die Kranken hatte man nur eine recht unzureichende
Familienpflege. Die Gemeinde Sendenhorst war aus sich nicht in der Lage, ein Krankenhaus zu bauen. Ihre Opferfreude war sieben Jahrzehnte durch den Bau und die Einrichtung der Kirche in Anspruch
genommen. Zwar wusste Pastor Reinermann von dem Reichtum Spithövers. Er hatte ihn bei Gelegenheit seiner Romreise im Jahre 1870 besucht und zugefühlt, ob er "sich nicht etwas merken ließ." Das muß
wohl nicht geschehen sein. Der Pfarrer ging vielmehr daran, einen Fonds für ein Krankenhaus zu sammeln und brachte diesen auf 26.800,-- Mark. Doch hemmten sein Tod und der Kulturkampf mit den
verworrenen Verhältnissen die Ausführung des Planes.
Da kam um die Mitte der achtziger Jahre die unerwartete und frohe Botschaft aus Rom, daß Spithöver seiner Heimat ein Krankenhaus schenken wolle. Die Nachricht erschien erst kaum glaublich. Als aber
der Pfarrer Beckmann und der Kaplan Schlathölter das Gerücht von der Kanzel bestätigten, war die Freude gross. Schon bald wurde mit den Arbeiten begonnen. Das Baugrundstück wurde von dem Pastorat
angekauft, und der Architekt Wilhelm Rinklake mit der Ausarbeitung und Bauleitung beauftragt. Im März 1887 wurde der Grundstein gelegt. Hunderte von fleißigen Händen ragten sich, um das Werk bald zu
vollenden. Doch ging nicht alles glatt vonstatten. Die Regierung machte allerhand Schwierigkeiten und erließ Vorschriften, die den Stifter peinlich berührten. Doch wurde die Anstalt verhältnismässig
noch schnell vollendet, und sie sollte dem hl. Joseph, dem Namenspatron des Stifters, geweiht werden. Der Tag der Einweihung wurde mit Sehnsucht erwartet. Der Bischof von Münster war leider kurz vor
der Einweihung gestorben. Eine besondere Fügung war es nun, daß ein alter Freund Spithövers die Einweihung seiner Stiftung vornehmen sollte. Im Jahre 1852 hatte Spithöver als Camerlengo dem jungen
Kaplan Joseph Giese, der mit der theologischen Doktorwürde geschmückt nach Rom kam, eine Studienkaplanei übertragen lassen. Dr. Giese, der bekanntlich Generalvikar und nach dem Tode des Bischofs auch
Kapitularvikar war, sollte es vorbehalten bleiben, der Stiftung seines alten Freundes und Gönners am 16. Spt. 1889 die kirchliche Weihe zu geben. Das war ein Freudentag für die Gemeinde, wie ihn
Sendenhorst weder vorher noch später erlebt hat. Dem edlen Stifter wurde bei seiner Ankunft ein glänzender Empfang bereitet, um ihm äußerlich für sein Liebeswerk zu danken.
Über die Festfeier hat der Kaplan Happo von Füchtorf, ein geborener Sendenhorster, der sich auch als Dichter und Schriftsteller einen Namen erworben hat und allzufrüh mit 34 Jahren als Vikar in
Südkirchen gestorben ist, einen Bericht geschrieben, der sich im Elternhause des Verfassers vorfand. Er mag eine willkommene Ergänzung der Biographie bilden.
"Sendenhorst, 16. September 1889. Eine schöne erhebende Feier fand heute in unserem sonst so stillen Städtchen statt, eine
Feier, die um so mehr zum Herzen spricht als ihre Veranlassung edlen Motiven, der wahren christlichen Wohltätigkeit und Nächstenliebe entspringt. Wie bekannt, hat ein Kind unseres Ortes, der seit
langen Jahren in Rom lebende frühere Buchhändler, jetzt Rentner Joseph Spithöver uns mit einem Krankenhaus beschenkt, und dieses steht nun heute da, nach innen wie nach außen vollendet und
zweckentsprechend eingerichtet, die erste und schönste Zierde unseres Städtchens, ein ewiges Denkmal für den edlen Sinn des Stifters. Kommt man von Drensteinfurt, so haftet das Auge schon von weitem
an dem herrlichen Turme; jedoch überraschender ist der Anblick, wenn man die ganze Anstalt vor sich hat. Auf einem Areal von 9 Morgen erhebt sich ein 75 m langes Backsteingebäude mit vorspringenden
Flügelbauten von 10 m Tiefe. Die Mitte des Hauptbaues ziert ein elegant im gotische Stile aufgeführten Turm, an dem sich besonders das geschmackvolle Portal aus weißen Sandsteinen vorteilhaft abhebt.
Dieser Turm dient als Treppenhaus und bildet den Mittelpunkt des ganzen Verkehrs. Nach hinten schließt sich an den Turm ein reizendes Kirchlein mit etwa 500 Plätzen. Erwähnen wir hier besonders das
anmutige Altarbild des hl. Josephs, das den Namenspatron des Stifters und der Anstalt darstellt, nach einem römischen Original von einem römischen Meister gemalt. (Das Original befindet sich auf dem
Triumphbogen von St. Maria Maggiore in Rom, der ref.) Die Kirche steht mit dem Krankenhaus so in Verbindung, daß drei Etagen Zugang zu ihr haben. Der vergoldete Altaraufbau (von Herrn Friedrich
Bruun, Münster) die Bildeinfassung und die Mensa (Bildhauer Strickmann, Sendenhorst, die reichverzierte Orgel (Fleiter, Münster), die Fenstermalerei (Anton und Viktor von der Forst, Münster) die
Kommunionbank (Rinklake, Münster), alles so zweckentsprechend und verständnisvoll ausgeführt und gruppiert, daß die harmonische Gesamtwirkung ausgezeichnet ist. Doch vergessen wir nicht den Meister
des Ganzen: Herrn Architekt Rinklake (Münster), der sich hier ein Werk geschaffen hat, so edel in seinen Formen, so solide in der Ausführung, daß man ihm zu dieser Leistung aufrichtig Glück wünschen
muss, ebenso wie den Sendenhorster Meistern, die unter seiner Leitung wirkten; den Herren Zimmermeister Brandhove und Maurermeister Schmetkamp. Auch Herr Stape, der eine ausgezeichnete
Klingeleinrichtung im ganzen Gebäude etablierte, die Meister Klingelmann und Westmeyer, ersterer Schöpfer des reichen Orgelgehäuses, letzterer des Beichtstuhles, alle drei Sendenhorster Bürger
verdienen das Lob. Das melodische Glockengeläute (in h, d e abgestimmt) ist mit jenem der Pfarrkirche in Harmonie gebracht und stammt aus der bekannten -Glockengießerei Edelbrock in Gescher. Das
eigentliche Krankenhaus enthält 50 Räume im Erdgeschoß und in den zwei Stockwerken. Sämtliche Decken sind massiv gewölbt, der Fußboden ist in feuersicherem Guß hergestellt. Die Gänge liegen nach
Norden, die Fenster der Zimmer nach Süden. Ein schöner, mit Mauer und Gitter umfasster Hof, ein großer Garten und kleinere Nebengebäude vollenden das Bild. Es wird wohl auf lange Jahre hinaus mehr
als reichlich Raum bieten für die Kranken des Ortes. An der Einrichtung der Räume ist nichts gespart. Auch ein besonderer Operationssaal mit allem Notwendigen ist vorhanden. Soviel wir erfahren
konnten, belaufen sich die Anlagekosten auf ca. 350 000 Mark. Der Unterhalt der Anstalt ist durch eine Stiftung von 330 000 Mark durch den Geschenkgeber gesichert. Das zu der heutigen Einweihung der
Anstalt ganz Sendenhorst auf den Beinen war, begreift sich leicht. Bereits seit gestern prangen alle Straßen im Festschmuck. Fahnen, Kränze und Blumen zieren jedes Haus. Gestern Nachmittag gegen 6
Uhr traf der Stifter, Herr Joseph Spithöver, mit Verwandten und Freunden von Münster kommend hier ein. Bereits am Bahnhofe in Drensteinfurt harrten seiner 14 Wagen nebst 6 Vorreitern, und im
Triumphzuge ging es auf Sendenhorst zu. An der Grenze der Feldmark schlossen sich noch 50 Reiter, unter ihnen Baron von Hausen, dem Zuge an. Ganz Sendenhorst aber sammelte sich am Krankenhause, wo
Halt gemacht wurde. Fünfzig weißgekleidete Mädchen bildeten Spalier vom Gittertore über den Hof bis zur Vorhalle. Nachdem der Baumeister unter entsprechender Ansprache dem Stifter die Schlüssel
überreicht hatte, begrüssten zwei weißgekleidete Mädchen Herrn Spithöver mit folgendem, vom Herrn Kaplan Happe, einem Sendenhorster, jetzt in Füchtorf, verfassten Gedicht:
"Die Vaterstadt heißt Dich willkommen, Sie grüsset ihren Sohn und Gast. Wie ist Dein Blick so hell erglommen, Wie schlägt Dein Herz in freud'ger Hast. Einziehst Du durch den Ehrenbogen, Der hoch die
Straße überspannt. Die Kränze weh-ä, die Fahnen wogen, Rings Laubgewind und Festgewand! Hier hast Du einst geweilt als Knabe, Gelebt als Jüngling und gestrebt. Hier standest Du am Wanderstabe, Die
Brust von Trennungsweh durchbebt. Dann flog Dein Geist hinaus ins Weite Voll Gottvertraun und Wagemut, Der Heimat Bild blieb Dein Geleite, In Südens Glanz und Südens Glut. Fort rollte Dir ein halb
Jahrhundert, Es zollte Dir der Mühen Preis. Heut kehrst Du heim, geehrt, bewundert, Ein jugendfrischer froher Greis. Du trittst in uns'rer Bürgermitte, - Lies in ihrem Aug' den Dank! Erfreue Dich an
uns'rer Sitte, An uns'rer Treue ohne Wank! Wir sind in Liebe Dir verpflichtet, Wie schau'n bewegt zu Gott hinauf, Dem hast ein Wohnhaus Du errichtet, Drin nimmst Du seine Liebsten auf. So oft die
Glocken ihm erklingen, So oft hier Weh und Weinen schweigt, Soll himmelan der Dank sich schwingen Der segnend auf Dich niedersteigt".
Tiefgerührt öffnet nun der Herr Spithöver die Tür der Anstalt, worauf dann im Kirchlein das "Danket dem Herrn"! von Gäbler aus tiefbewegtem Herzen emporstieg. Abends traf der Hochw. Herr
Kapitularvikar Prälat Dr. Giese von Münster ein. Heute früh bewegte sich ein langer Zug mit Fahnen und weißgekleideten Mädchen von der Pfarrkirche zum Krankenhaus, wo dann der Hochw. Herr
Kapitularvikar, umgeben von scheren einheimischen und fremden Priestern, darunter drei Herren aus Amerika, die Weihe des Gotteshauses und des Hauses der christlichen Liebe vornahm. Inzwischen war die
Gemeinde weiter gezogen bis zur Stadtgrenze bei Niesterts Kreuz; denn dort wartete ihrer noch ein weiteres höheres Geschenk: ein wertvolles Kreuz, ursprünglich von Künstler Eschenbach gefertigt aus
den alten Krahnen des Kölner Domes, vom Kölner Domkapitel, dem hochseligen Papste Pius IX. verehrt, aus dessen Nachlaß es Herr Spithöver erhalten. Ursprünglich war es für das Sterbezimmer der sel.
Katharina Emmerich bestimmt. Da dies indes noch nicht zur Kapelle eingerichtet werden konnte, so hat es jetzt im neuen Krankenhause von Sendenhorst seinen Platz erhalten. Herr Spithöver ließ dem
Kreuz ein großes Stück vom wahren hl. Kreuze, ein Reliquie vom hl. Ludgerus und vom hl. Augustinus einfügen. Mit großer Andacht empfing die Menge diese hl. Reliquie und führte sie in geziemender
Weise zur Kirche, wo dann ein feierliches Hochamt vom Herrn Pastor Beckmann gehalten wurde.
Da die Räume die Menge hier unmöglich fassen konnten, so zog nach dem Hochamt die Prozession zur Pfarrkirche, wo der Hochw. Kapitularvikar die Festpredigt hielt, der er folgende Worte zugrunde legte:
"Laßt uns Dank sagen dem Herrn unsern Gott!" Unter gespanntester Teilnahme der dichtgedrängten Gemeinde führte der Hochw. Herr in der ihm eigenen ergreifenden Weise aus, wie sehr die Gemeinde
Sendenhorst Grund habe, Gott zu danken, weil sie erstens ein neues Gotteshaus erhalten, weil sie ferner im St. Josephstift mit einer Pflegestätte für die leidenden, mit einem Hort für die noch nicht
schulpflichtigen Kinder, mit einem Asyl der hilfsbereiten, barmherzigen Schwestern beschenkt worden sei. Kein Auge blieb trocken, als der Redner ermahnte, Sorge zu tragen, daß man am Tage des
Weltgerichts nicht mit leeren Händen komme, sondern Werke der Barmherzigkeit vorzeigen können, als er erzählte, wie vor etwa 70 Jahren von christlichen Wohltätern ein armer Knabe dem Elend entrissen
wurde, wie dieser mit Gottes Segen zu Reichtum gelangte und heute durch Stiftung der prächtigen Anstalt seinen Dank abstattet, dabei noch ein neues Band schaffend zwischen Rom, seiner jetzigen
Heimat, und Sendenhorst.
Nachdem der Hochw. Herr namens der Diözese dem edlen Stifter in den wärmsten Ausdrücken gedankt und Gottes hundertfältigen Segen auf ihn herabgerufen hatte, schloß die erhebende kirchliche Feier mit
dem Te Deum.
Heute Nachmittag findet ein Festmahl statt zu Ehren des Geschenkgebers. Mehr als 200 Personen beteiligen sich daran. Mit Fackelzug, Illumination und Feuerwerk soll der schöne, für Sendenhorst ewig
denkwürdige Tag enden"
Soweit der Bericht. Der Fackelzug machte, wie es manche von uns noch wissen werden, vor dem Pastorat Halt. Auf der Freitreppe stand der Geehrte tränengerührt über die Beweise der dankbaren Liebe. Als
die Musik verstummt und das Jubelrufen sich gelegt hatte, ergriff der greise Spithöver das Wort. Bescheiden lehnte er die Ehrungen für sich ab und dankte dem gütigen Gott, der ihn zum Werkzeuge
seiner barmherzigen Liebe zu den Menschenkindern gemacht habe. Nach der Feier bleib Spithöver noch einige Tage in der Heimat, regelte die vielfachen Angelegenheiten des Stiftes. Durch das Vermächtnis
von 300 000 Mark hoffte er die Stiftung für alle Zeit sicherzustellen zum Wohle seiner Heimat. Nach Rom zurückgekehrt, war ihm kein langer Lebensabend mehr beschieden. Am 12. Januar 1892 starb dieser
große Wohltäter der Menschheit in der ewigen Stadt und fand an der Seite seiner Schwester und in der Nähe der Grabstätte seines Freundes Wilhelm Achtermann seine letzte Ruhe. Ein einfaches Holzkreuz
kennzeichnet das Grab, und eine schlichte Tafel an der Wand des Oratoriums erinnert an ihn und seine Schwester.
Der noch mehrere Millionen zählende Nachlaß ging an die Familienmitglieder, insbesondere in den Besitz der in Rom wohnenden Familie Haaß über, die das Geschäft weiter betreibt. Auch war in dem
Testament noch viel Geld für gute Zwecke bestimmt.
Spithöver lebt nicht mehr, aber sein Andenken lebt fort in dem stattlichen Spital in seinem Geburtsorte. Der Fortbestand und die Entwicklung der Stiftung nahmen zwar eine andere Richtung an infolge
der Zeitverhältnisse, die der Stifter nicht voraussehen konnte. So ging das Stiftungskapital, soweit es nicht in sicheren Werten angelegt war, zum großen Teil verloren. Aber unermeßlicher Segen ist
in dem 40jährigen Bestehen von der Stiftung ausgegangen.
Warum war nun Spithöver so edler Taten fähig? Er hatte ein unbegrenztes Vertrauen zu Gott, dem Vergelter alles Guten, dazu eine opferfreudige Liebe zu der Stätte, wo ihm Gott das Leben geschenkt
hatte. Dem Geburtsort Sendenhorst gelten auch die Worte Goethes:
"Die Stätte, die ein guter Mensch betrat, Ist eingeweiht. nach hundert Jahren Klingt sein und seine Tat Dem Enkel wieder."
Franz Happe - Zum Gedächtnis dessen 60. Geburtstages Nr. 97 |1929 | Von Wilhelm Kleinhans
Zum Gedächtnis dessen 60. Geburtstages
Sendenhorst Das südöstliche Münsterland mit den beiden Kreisen des
ehemaligen Oberstiftes Beckum und Lüdinghausen hat uns in den letzten Jahrzehnten mehrere echte Volksdichter geschenkt. Aus der Kreisstadt Beckum stammte Ferdinand Krüger, der Nachbarort Vorhelm
bescherte uns Augustin Wibbelt. In der Kreisstadt Lüdinghausen erblickte Karl Wagenfeld das Licht der Welt, während das benachbarte Herbern als Heimatort von Hermann Wette bekannt geworden ist. Diese
vier Dialektdichter haben der plattdeutschen Literatur eine Zukunft geschaffen und der niederdeutschen Sprache einen Ehrenplatz in Wort und Schrift gesichert. Mit Ehren werden sie heute genannt,
gelesen und gehört.
Allzufrüh wurde leider bei
den eigenen Landsleuten ein anderer Dichter, der dieser münsterländischen Dichterecke entstammte, vergessen, weil er in der Blüte seines Lebens, in der besten Mannes- und Schaffenskraft dahingerafft
wurde. Er ist der schlichte und fromme Priester Franz Happe, der fast ein Jahr später als sein Freund Augustin Wibbelt, am 11. Juni 1863, in den freundlichen Städtchen Sendenhorst als Kind einfacher
und streng gläubiger Handwerksleute geboren wurde. Wenn dem am 11. September 1897 Dahingeschiedenen zu seinem 60. Geburtstage in pietätvoller Erinnerung ein Gedenken gewidmet wird, so gilt diese
hauptsächlich dem hochbegabten Dichter, dessen poetische Schöpfungen verdienen, der Vergangenheit entrissen zu werden. Leider sind nach seinem Tode die Dichtungen nicht jener Beachtung gewürdigt
worden, die sie wohl verdient hätten, weil die beiden Auflagen seiner "Stimmungen und Gestalten" bald vergriffen waren, und eine Neuauflage bisher nicht erschien. Sollten bessere Zeiten kommen, wird
sich vielleicht der Verleger F.W. Cordier in Heiligenstadt nochmals zu einer Neuauflage der Dichtungen entschließen. Die Schönheit ihrer Form, die Fülle ihres Gedankeninhaltes, der Reichtum ihrer
wahren Lebensweisheit machen sie zu einem Bildungs- und Erbauungsmittel des Geistes und Herzens, daß der Nachwelt erhalten bleiben verdient.
Mit allen Fasern des Herzens hing Franz Happe von Jugend auf an seiner lieben Heimat und an den Lieben daheim. In der originellen Jugenderinnerung "Au der Kinderzeit" führt er uns in die traute
Häuslichkeit. Als ihn einmal das Mütterlein zu Bette trug und gesegnet hatte "Stirn und Brust die liebe, segensreiche Hand", stahl er dem Vater beim Gutenachtsagen einen Apfel aus der Tasche, den er
im Bette verzehrte.
"Wie hat er lachend mich geherzt, Gestreichelt mit der schwil'gen Faust Und kindlich froh mit mir gescherzt, Wenn ich die Locken ihm zerzaust!
Auf's Ohr schob ich den Hut ihm kek Und lüste ihn" Ade, Ade! "Da Mutter, nimm den Knips! - Du Geck, Flink flink ins Bett' - Mein Junge, geh!"
Seines lieben, treusorgenden Mütterleins, einer Frau von innigem poetischem Gemüt, von der er die Frohnatur und die Lust zu fabulieren geerbt, gedenkt er gern und oft in seinen Gedichten. Den
Geschwistern war er in brüderlicher Liebe zugetan. Wie schmerzte es ihn, als seine Schwester Gertrud im Alter von 18 Jahren vom Tode geknickt wurde, und er in der Ferne "nicht zudrücken durfte die
trauten Schwesteraugen". Die ihr gewidmete "Gertrudis" gehört zu den ansprechendsten Stücken der Sammlung. Für seine andere Schwester prägte er die schönen Worte, daß sie "der beste Familienleim"
sei.
In diesem sonnigen Familienkreise wuchs der kleine Franz heran. Und seine Eltern wurden bald auf das Talent aufmerksam, daß in ihm schlummerte. Gern brachten sie Opfer und Entbehrungen, um ihm das
Studium zu ermöglichen. Gleich seinem Bruder August besuchte er die von dem damaligen Rektor Wenige geleitete Rektoratsschule seines Heimatortes. Seine Ausbildung setzte er auf der Rektoratsschule in
Beckum, dem Geburtsorte seines Vaters, fort. Die Obersekunda und Prima verbrachte er auf dem Gymnasium zu Warendorf. Das altehrwürde Laurentianum übte auf den lebensfrohen und fleißigen Gymnasiasten
einen anregenden Einfluß aus. Deutsch und Latein waren seine Lieblingsfächer. An dem Direktor Dr. Gansß, dem Manne mit dem goldenen Herzen und dem goldenen Humor an dem begeisterten und feinsinnigen
Professor Dr. Buschmann, dem Vater des münsterischen Dichters Aloys Euschmann, der am 9. d. Mts. seinen 50. Geburtstag beging, fand er die besten Kenner der alten und neuen Klassiker.
Sie legten in ihm ihrem Lieblingsschüler den Grundstein für sein späteres Wirken und schaffen.
… [Text unleserlich] Horaz war seine Lieblingslektüre. Mit Begeisterung trug er Horaz im Freundeskreise vor. mit besonderer Vorliebe übersetzt in Münsterländisch Platt.
Die romantische Umgebung von Warendorf, die schattigen Eichenwaldungen in der Nähe von Freckenhorst, die alte Stiftskirche, die angenehmen Düfte der Tannenwaldungen
die Ufer der träumerisch und sanft dahinfließend sein Gemüt, und die Frucht der Spaziergänge
Neben der Dichtung hatte er Anette v.Droste Hülshoff, die eine große Liebe für für Muscheln, Steine und dergleichen hegte fing er an, den Grund zu legen dastehenden Sammlung. einen guten … rohe
Scherze sein Gefühl tödlich verletzten. Sein kerniger Humor, seine echt dichterische Lebensauffassung machten ihn zu dem Liebling seiner Mitschüler. Gern erwiesen ihm diese einen Gefallen und
brachten manche Seltenheiten und Altertümer von den heimatlichen Penaten aus den Ferien mit zur Bereicherung seiner Sammlung.
Mit kaum 18 Jahren hatte er das Reifezeugnis in der Tasche. Das Abiturium stellte ihn vor der Berufswahl. Anfangs neigte er mehr der Philologie zu und gehörte drei Semester als munterer Student dem
kath. Studentenverein "Germania" an. Doch die Vorsehung hatte ihn zu etwas höherem berufen. Gern folgte er dem frommen Wunsche der Mutter und wandte sich der Theologie zu. Während der Zeit des
Studiums in Münster widmete er sich in jeder freien Stunde mit Liebe der Dichtkunst. Diese war ihm nicht in die Wiege gelegt, und er konnte sich die Verse nicht aus den Ärmeln schütteln, sondern
stunden- und tagelang saß er, seine Pfeife rauchend, beim Schein der Lampe und rang oft schwer mit Stoff und Form. An den besten Vorbildern schulte er sich und brachte es zu der überraschenden
Sprachgewandtheit, die wir in seinen Schöpfungen bewundern. "Er ordnete und wählte, feilte und meißelte, lernte Zucht und Form. Er wurde ein Dichter."
Aus dieser Zeit stammen die nach Form und Inhalt gleich schönen lyrischen Gedichte wie "Nur ein Gruß", Gruß an die Heimat", der Lenz ist da", "Marienzauber und Mädchenlust", Herbstgefühl", "O Mutter
sing das holde Lied", "Maiandacht" und viele andere. In allen pulsiert Heimatluft und Gottesglaube, ei überhaupt Heimatliebe und Gottesglaube die Grundideen seiner sämtlichen Schöpfungen sind.
Am 24. Mai d. Js. waren 75 Jahre verflossen, als Annette von Droste-Hülshoff zu Meersburg,
"….so weit von unsern Heiden Von unserm Wald, von unserm Moor, Von ihrem Volk, wo sie bescheiden Die letzte Schlummerstatt erkor."
Happe, dem durch Schlüter das Bild der grössten deutschen Dichterin in die Seele geschrieben wurde, setzte ihr zum Todestage am 24. Mai 1882 ein Denkmal der Treue:
Dies Denkmal trotzet Sturm und Wettern Dann mag der Stein in Staub zerwehn Mit seinen moosverhüllten Lettern Der Name kann nicht untergehn, Er lebt in ihres Volks Gedächtnis, Des Ruhm und Preis die
Hohe sang, Dem ihres Genius Vermächtnis Ein dauernd Ehrenmal errang."
Die reiche Kinderschar, die schwierigen wirtschaftlichen Verhältnisse ermöglichten es den Eltern nicht, dem lieben Sohn in den vielen finanziellen Nöten beizustehen, zumal noch der ältere Bruder
August gleichzeitig mit ihm an der damaligen Akademie studierte. Er war fast ganz auf die Selbsthilfe angewiesen. "Und ich habe", so schreibt er seiner Schwester, "mir durch Stunden geben und
Schriftstellerei manche Mark verdient."
Die Studentenzeit in Münster sollte aber für die Zukunft seiner poetischen Laufbahn von einschneidender Bedeutung werden. Bald wurde er bekannt mit dem hochverdienten und angesehenen Gelehrten, dem
blinden Professor Christoph Bernhard Schlüter, dessen Liebling er bis zu seinem Lebensende blieb. Der Freund Happes, Hermann Döring, schreibt über den Verkehr mit Schlüter:
"Sein Haus am alten Steinweg war ein Weimar miniature. Es war da kein Schloß und kein Herzog und kein Theater, aber der ehrwürdige, blinde Greis mit seinen langen silberweißen Haaren, mit seiner
Freundlichkeit und Herzensgüte flösste jedem Verehrung und Liebe ein; er wurde nie müde, Poesie und Literatur nach allen Richtungen hin zu pflegen, jüngere Leute dafür anzuziehen, sie zu ermuntern,
anzuregen und heranzubilden …..In dem kleinen stillen Haus wurde weit mehr Schönes und Herrliches gelesen, als einst die Bretter von Weimar bestieg, und neben all den interessanten Fragen, welche den
Briefwechsel Goethes mit Schiller füllten, wurden hier auch noch viele andere und wichtigere ventiliert, über all die Bezüge, in welchen die schöne Literatur zu Christentum und Kirche steht."
Das war Schlüters Schule. Kein Wunder, der junge, für die Literatur begeisterte Student suchte alsbald mit dem frommen Greise in Berührung zu treten.
"O, laß zu ihm mich eilends geht, Der Greis mag meine Jugend segnen Und auf mein Haupt herniederflehn Des Himmels lichten Gnadenstrahl."
"Diese Periode, in der ich stehe", schreibt Happe am 9. April 1883, "ist, wer weiß, die wichtigste meines Lebens! denn ich zweifle daran, ob ich je wieder mit einem so bedeutenden Manne in Berührung
kommen werde, wenigstens in so enge." Mit Rücksicht auf Schlüter, dessen Vorleser er durch anderthalb Jahre sein durfte, und in dessen Hause am alten Steinweg, er Wohnung gefunden hatte, kürzte er
seine Besuche in der Heimat ab und gab selbst einen Teil der Ferien preis, um nur bei ihm zu weilen, und um mit Schlüters Gästen, Prof. Junckmann, Ferdinande von Brackel, Hildegard von Laßberg,
Antonie Jünst, Frau Brill u.a., bekannt zu werden und von ihrem Umgang zu profitieren.
"Alles liebe Erinnerungen". Fast alle seine Erlebnisse "konzentrieren sich um Schlüter". Freilich regte sich auch manchmal in ihm die currendi libido der Deutschen, der Hang in die Weite, zumal, wenn
Freunde, die auf süddeutschen Universitäten studierten, ihm von fröhlichen Wanderfahrten meldeten; aber er dachte dann an die "guten und lieben Menschen", mit denen er verkehrte und "hing alle
Reisegelüste an den Nagel". "Ein liebes, befreundetes Menschenantlitz ist doch werter als tausend Gebirge, und wäre aller Schnee darauf Silberstaub und jede Eisscholle ein zentnerschwerer Kristall.
Soll ich denn dieses nicht meiner Lieblingsdichterin glauben, da ich doch sonst auf jedes Wort von ihr schwöre? - Was der Annette Münster zum einzigen machte. - "mein Professorchen allemal obenan" -
sollte mich das nicht auch mit unzerreißbaren Ketten hier fesseln? - Noch kein halbes Jahr später schlug doch die Trennungsstunde für immer.
"Schlüter krank! "meldet er anfangs Februar. "Ich habe das seltene Glück, stundenlang an seinem Schmerzenslager zu sitzen. - Es ist unendlich wehmütig, wenn er dann die Hand einem so innig
umschlungen hält. Das ist eine stumme, eindringliche Predigt."
Am 4. Februar 1884, nachmittags 3 Uhr, starb Professor Schlüter, nahezu 83 Jahre alt. "Meine Tagebücher", schreibt Happe bald darauf, "schildern die letzen Tage des Seligen ganz ausführlich. Ich habe
ihn ausgekleidet und auch in den Sarg gelegt, eine liebliche Leiche. Sie schien von Himmelsluft umweht. Die Teilnahme war unbeschreiblich." Man lese die beiden ergreifende Gedichte seiner Sammlung
"Am Krankenlager Christoph Schlüters" und "Abschied vom Grabe Christoph Schlüters" und man wird aus jeder Verszeile die Liebe und Dankbarkeit gegen den Meister herausfühlen, "dessen Schule fast alle
norddeutschen katholischen Dichter genossen und dem sie vieles zu danken haben." Ja, wir dürfen es Happe schon glauben, wenn er sagt: "Ich möchte wahrlich zehn Jahre von meinem Leben missen für diese
anderthalb fruchtbaren. Das soll mein Fundament sein."
Nach Schlüters Absterben blieb Happe noch einige Monate in dem historischen Hause bei Fräulein Dehne, der "edlen, treuen Genossin" des Professors, wohnen. Sie sichteten den literarischen Nachlaß, der
in Happes Besitz übergegangen ist. Das war eine Freude für den passionierten Autographenjäger! "Wir (d. H. Fräulein oder vielmehr "Tante" Dehne, wie er sie so gerne nannte, und er) "arbeiten viel
zusammen in den nachgelassenen Papieren. Das ist Wasser auf meine Mühle. Dank' Dir, die Briefe Professors an Annette von Droste Hülshoff - wahrlich Musterbriefe - und Erinnerungen, Gedichte, die sich
auf A. beziehen, wollen wir herausgeben. Wie habe ich mich gefreut, wenn Professor mir mal einen kleinen Einblick darin verstattete, und nun krame ich völlig darin."
In dankbarer Verehrung widmete der Schüler seine beiden Auflagen der "Stimmungen und Gestalten" seinem geliebten Lehrer.
Da Happe das zur Aufnahme in das Priesterseminar vorgeschriebene Alter noch nicht hatte, erhielt er durch Vermittlung des Repetenten Dr. Hense, des späteren Pfarrers von Drensteinfurt, eine
Hauslehrerstelle bei den Kindern der verwitweten Gräfin Metternich geb. Fürstenberg-Herdringen in Brüssel.
So gern er diesem ehrenvollen und verlockenden Rufe folgte, so blieb sein Herz doch in der Heimat. Die großstädtischen belgischen Verhältnisse sagten ihm nicht zu. Er benutzte aber die Gelegenheit,
das dortige Volksleben eifrig zu studieren, und manches schöne Gedicht war die Frucht des Studiums des dortigen Volkstums.
Mit Freude und Wehmut wird das Herz erfüllt, wenn man heute seine Gedichte aus damaliger Zeit durchliest. "Völkerfrühling" und "Belle-Alliance" zeigten bereits eine Reife, eine Großartigkeit der
Auffassung und einen Glanz der Darstellung.
Die Ferien verbrachte er mit der gräflichen Familie und den Lieben in der Heimat. Welch eine Freude war es für ihn, als er in den Herbstferien 1884 zu der glänzenden Festfeier seines geliebten ersten
Lehrers Wenige, der am 18. September 1884 sein 25jähriges Priester- und Lehrerjubiläum beging, mehrere Festlieder schreiben durfte, die von seinem Freunde, dem musikliebenden damaligen Kaplan
Schlathölter vertont wurden.
Während seines Aufenthaltes in Brüssel entschloß sich sein Bruder August, ebenfalls Priester zu werden. Da dieser infolge der Kulturkampfwirren die Vollendung des Studiums nicht abwarten wollte, ging
er nach Amerika. Noch heute wirkt er dort sehr segenreich und nimmt innigen Anteil an den schweren Nöten seiner Landsleute. Oft versuchte er, seinen Bruder Franz über den großen Kanal zu ziehen. Die
Theologen Pieper und Bohnenkamp folgten seinem Beispiele, aber bei Franz scheiterten alle Überredungskünste.
Zu Ostern 1885 kehrte Happe endgültig zur Heimat zurück und fand dort den neuen Pastor, den Pfarrer Beckmann vor, mit dem er zeitlebens in inniger Freundschaft verbunden blieb.
Inzwischen war seine Gedichtsammlung recht umfangreich geworden und er plante die Herausgabe eines Musenalmanaches. Aber an den Verlegernöten scheiterte das schöne Vorhaben. "Die kath. Verleger", so
schreibt er seiner Schwester, "beziehen oft wahre Hungerlöhne, können oft auch nicht mehr." Vorläufig fanden seine Gedichte freundliche Aufnahme in den "Dichterstimmen" und im "Deutschen Hausschatz."
Auch schrieb er viele Sachen in Prosa. Leider fand er an der Bearbeitung dieses Gebietes keine besondere Freude. Er hätte hier Grösseres leisten können. Zu dieser Zeit veröffentlichte er die Briefe
des Fischkenners Karl Hartwig Freiherrn von Maubach, die er in dem Nachlasse von Schlüter vorgefunden hatte. Alle diese Arbeiten bewiesen sein vielseitiges Wissen, seine allgemeine Bildung und seinen
Bienenfleiß.
Im Herbst 1886 trat Happe in das Priesterseminar in Münster ein. Während der Vorbereitung zu diesem Berufe fand er wenig Zeit, die Dichtkunst zu pflegen. Am 17. Dezember 1887 wurde er durch die Hand
des Bekennerbischofs Johann Bernhard zum Priester geweiht. Überglücklich erscheint der junge Priester, wie aus den tiefempfundenen Gedichten aus dieser Zeit, ein "Subdiakon an einem Diakon" und "Ein
Primizaltar" hervorgeht. In der Kirche der Franziskaner am Hörstertor feierte er die erste hl. Messe.
Drei Monate später erhielt er die erste Anstellung in Füchtorf im Dekanate Warendorf. Hier, bei dem guten Landvolke, fühlte er sich bald heimisch. Die romantische Umgebung, das Schloß Harkotten, das
ihm von dem großen Bischof Wilhelm Emmanuel Freiherrn von Ketteler, bei dem, als er noch Kaplan in Beckum war, der Vater Happes mehrere Jahre Meßdiener war, erzählte, die Iburger Berge und die
Erinnerung an die Studienzeit auf der Warendorfer Pennale übten ihren ganzen Zauber auf ihn aus und verlockten ihn zu manchen Streifzuge. Seine Wohnung in dem fast 250 Jahre alten Pfarrhause war
recht bescheiden. Durch die "Niendüör" kam man über die Tenne zu seinem Wohnzimmer. Sein rastloser Eifer in der Seelsorge, sein munteres leutseliges Wesen gewann bald die Herzen der Füchtorfer. In
Gesellschaft mit dem alten biederen Pastor Polter und der Lehrerin Fräulein Beike (jetzt in Warendorf) hatte er manche anregende Stunde der Unterhaltung. Doch die Nachwehen des Kulturkampfes rissen
ihn bald aus dieser sonnigen Umgebung heraus und steckten den jungen Kaplan in den bunten Rock. Sein guter Humor überwand auch diesen Schmerz. Des Morgens früh zelebrierte er in der Regel in der
Klemenskirche, eilte dann zur Kaserne der Dreizehner, um Griffe zu kloppen und Instruktionen zu hören. Die anhänglichen Füchtorfer aber ließen ihren lieben Kaplan nicht im Stiche. Sie verwandten sich
zu den höchsten Stellen, bis er nach einem halben Jahre durch Kabinettsordre entlassen und zu ihnen zurückkehren durfte.
Unterdessen waren auch seine "Stimmungen und Gestalten" bei Schöningh in Paderborn in Druck erschienen, und mit einem Schlage war der einfache Dorfkaplan ein angesehener, gefeierter Dichter geworden.
In mehr als vierzig angesehenen Tagesblättern und Zeitschriften wurden Happes Gedichte sehr günstig kritisiert. Dichter und Schriftsteller von Ruf, wie F.W. Weber, Leo Fischer, Leo v. Heemstede,
Heinrich Keiter rechneten "die Gedichtsammlung zu den Besten, was in dieser Art in letzter Zeit im kath. Buchhandel erschienen ist."
So sehr ihn diese Erfolge auch ermutigten, Happe blieb doch stets bescheiden und fromm, der in der ihn liebgewordenen Seelsorge und in dem Gedächtnis seiner Lieben in der trauten Heimat eine höhere
Befriedigung fand.
Dort in Sendenhorst bereitete sich ein Ereignis vor, das wohl als das denkwürdigste in der Geschichte dieses Ortes anzusehen ist, die Einweihung und Eröffnung des St. Josephs-Stiftes, des
allbekannten und herrlichen Krankenhauses, das der damals in Rom lebende, aus Sendenhorst gebürtige Buchhändler Jos. Spithöver seiner Vaterstadt zum Geschenke machte. Neben Kaplan Schlathölter war
Happe unermüdlich tätig, eine würdige Festfeier vorzubereiten. Der letztere erhielt den ehrenvollen Auftrag, den edlen Stifter durch einen Prolog zu erfreuen. Über die Festfeier selbst wurde damals
ausführlich in der "Glocke" berichtet. Spithöver war durch das tiefsinnige Gedicht, das weißgekleidete Mädchen an der Pforte vortrugen, tief gerührt. Aus Dankbarkeit schenke er dem Verfasser ein
Bild, das sich jetzt im Besitze des Schwagers von Happe befindet.
Auch der Dreizehnlindendichter F.W. Weber war auf den hoffnungsvollen Dichter aufmerksam geworden. Ganz unerwartet gratulierte ihm dieser im Jahre 1890 zu seinem Geburtstage durch einen
freundschaftlichen Brief. Diesem Briefe folgte bald eine liebenswürdige Einladung nach Nieheim. Mit dem Altmeister Beziehungen anknüpfen zu dürfen, war für Happe eine besondere Auszeichnung und
Ermutigung. "In der Tat ein Poet", mit diesen Worten hatte Weber sein Urteil in die Waagschale geworfen.
Die Dankbarkeit war ein schöner Zug in dem Charakterbilde des Happe. Dankbar war er gegen jede kleine Gefälligkeit, die ihm von guten Menschen zuteil wurde, dankbar bewies er sich besonders gegen
seine früheren Lehrer. Freudige Begeisterung hatte der alte geistesverwandte Weber in der jungen Dichterseele wachgerufen. Den Dank gegen ihn bringt er so innig zum Ausdruck in dem Gedichte
"Dreizehnlinden - Zauberwort", das er mit einigen Ergänzungen seinem einstigen Lehrer Professor Dr. August Buschmann zu seiner silbernen Hochzeit widmete und in dem "Warendorfer Wochenblatt"
veröffentlichen ließ. Hier erzählt er in heiteren Versen, wie er vor zehn Jahren die Ohren gespitzt, wie seine Augen geblitzt haben, wenn der "Trochäenklang" von Dreizehnlinden aus dem Munde des
Lehrers die kahlen Klassenmauern erschauern ließen, damals noch nicht ahnend, daß er des großen Meisters Freundschaft kosten durfte.
"Schüchtern trat ich vor ihn hin, O, ein flücht'ger, kühler Meistergruß ist ein Gewinn Für den zagen Schüler! Doch der Geistesriese bot Mir die Rechte heiter, Bis zu seinem sel'gen Tod Blieb er mein
Begleiter. Ihm zu Füßen hab' ich lang still und stumm gesessen, Und bei seinem Schwanensang Welt und Zeit vergessen, Himmelhoch trug mich sein Flug, Schöner Tag der Leite, Als er mich zum Ritter
schlug, Edler Kunst mich weihte!"
Den Freudentagen in der Heimat bei Gelegenheit der Einweihungsfeier des Krankenhauses folgten ein halbes Jahr später Tage des tiefsten Schmerzes. Der Mutter Herz hatte aufgehört zu schlagen.
"Die Märzennacht war bitterkalt Und bitterlich mein Herzeleid." Mit diesen eisigen Gefühlen trat er die Heimkehr zum Elternhause an.
"Und zögernd vor der Tür ich stand, Und zagend hat' ich aufgemacht, Erstarrt die warme Mutterhand. Das Mutteraug' deckt Todesnacht! Ich war verstummt, ich stand versteint, Ob auch mein Herz vor
Jammer schrie, Ich hab' am Sarge nicht geweint, Doch betend brach ich in die Knie."
Die in der "Heimkehr" der lieben Mutter gewidmete Erinnerung ergreift in tiefster Seele und kennzeichnet die kindliche Liebe des Dichters zu der, die ihm "das Leben gab". Drei Jahre später,
Allerseelen 1893, trug man auch den guten Vater, den er "liebte wie sein Leben", zu Grabe.
Bald waren auch seine Tage in Füchtorf gezählt. In Münster hoffte man den vielversprechenden jungen Kaplan für die Redaktion des Ludgerusblattes zu gewinnen. So sehr ihn auch die alten. lieben
Erinnerungen anlockten, so fürchtete er doch "das Schreiben ohne Stimmung." Als statt seiner sein Freund und Landsmann Wibbelt das Anerbieten annahm, wurde er im September 1895 zum Vikar von
Südkirchen ernannt. Die reizende Umgebung mit dem Schlosse Cappenberg und den prächtigen Waldungen der späteren herzögl. von Arenbergschen Besitzung, das eigene "Dichterheim", das er sich hier
gründen konnte, machte ihm den Tausch recht angenehm. Wie reich und geschmackvoll er mit Altertümern aller Art sein "Musenheim" oder "Droste Museum", wie Happe seine Vikarie nannte, ausgestattet
hatte, davon weiß die allbekannte Mutter Schulte zu Sendenhorst, die treue Nachbarin und Hausfreundin, zu erzählen. "Der antike Schrank", der nach seinem Tode von dem späteren Regierungspräsidenten
Grafen Merveldt erworben wurde, und ein reichbeschlagener Koffer, ein Meisterwerk der Schmiedekunst, das Eisenwerk in Goldbronze, das Holz in blau gestrichen, bargen seine kostbaren Handschriften.
Von den Wänden schauten u.a. eine Cacilia, die ihm sein langjähriger Freund, Maler Melchior Lechter in Berlin verehrt hatte, eine Ophelia in Aquarell von demselben, ein echter Führil und zwei
Totenmasken Schlüters in Kreidezeichnung hiernieder.
Er arbeitete an einem schmalen alten Eichentisch. Aus dem Papierkorbe ragte ein Schwedendegen aus dem 30. jährigen Kriege.
Man saß auf alten, mit gelbem Leder überzogenen Sesseln, trank aus antiken Tassen und Gläsern und rauchte aus Friedr. Leopols Stolbergs Pfeife."
Hochangesehene Persönlichkeiten interessierten sich für Person und Sache und waren bei ihm zu Gast, darunter Schweizer Professoren. Regen Verkehr unterhielt er auch mit dem Professor Dr. Schwering,
dem Biographen von F.W. Weber. Aber auch Bettler ließen ihm die Türe nicht kalt werden. "Kling-kling! Fünf Bettler in einer Viertelstunde" war nichts seltenes.
Die höchste Befriedigung fand er jedoch in der Erfüllung seiner Pflichten als Seelsorger. Ähnlich wie in Füchtorf lastete auch hier fast die ganze Seelsorge auf seinen Schultern. Die körperlichen und
geistigen Anstrengungen entzogen ihm langsam aber sicher das Lebensmark. Schonung und Rast kannte er nicht. Von der Enthüllungsfeier des Annette-Denkmals im Herbst 1886 war er mit einer schweren
Erkältung heimgekehrt. Im folgenden Winter und Frühjahr trat die Grippe außerordentlich stark auf, die vielen Versehgänge bei Wind und Wetter mit sich brachte. Da konnte er nicht mehr der lebensfrohe
junge Mann bleiben. Wehmütig schreibt er den Lieben daheim: "Hätte ich nur meine körperliche und geistige Spannkraft wieder. Weiß der Kuckuck, was ich seit Wochen auf dem Leibe habe."
Seiner Gesundheit hatte er wohl zuviel zugetraut. Sein Schaffensdrang hatte erst seine Grenzen, als er aufs äußerste erschöpft zusammenbrach. Noch war es ihm unter Anspannung aller seiner Kräfte
gelungen, die zweite Auflage seiner "Stimmungen und Gestalten" druckfertig zu stellen. Die dankbaren Augen die die schöne Festgabe als Überraschung unterm Weihnachtsbaum erblickten, sollte er nicht
mehr sehen. Seine Schwester Katharina war aus Amerika herüber geeilt, um dem lieben Bruder durch sorgsame Pflege das Leben zu erhalten. Ihre Hilfe war vergebens, ebenso der Rat der Ärzte und guten
Freunde, die ihn durch eine Kur in Borkum zu geben hofften.
"Das ist ein schwerer Tag," seufzte er, als der Tag des Abschiedes herannahte. Sein Freund, der Pfarrer Bötel aus Ahaus, gebürtig aus Südkirchen gab ihm das Geleite zu dem Nordseebade. Nach einer
vorübergehenden Besserung trat bald eine Verschlimmerung ein. Die Freunde ahnten sein nahes Ende. Sie veranlassten seine Rückkehr, um ihm wenigstens ein Ruheplätzchen in seiner lieben Heimat, die er
so oft besungen hatte, zu sichern. Sein Bruder Bernhard eilte ihm entgegen. Und die dankbare Bruderhand, die so manches Gute von ihm empfangen, führte ihn nach Südkirchen zurück.
Langsam nahmen seine Kräfte ab. Kurz vor seinem Lebensende hatte er noch die Genugtuung, die druckfertige, hübsch ausgestattete Neuauflage und das von P. Kreiten S.J. geschriebene lobende Urteil zu
lesen. Eine Krankenschwester aus dem Nachbarorte, der er in Füchtorf den Weg zum Kloster geebnet hatte, stand ihm in den letzten schweren Stunden zur Seite und drückte ihm am Morgen des 11. September
im Jahre 1897 die Augen zu. Was er einst gesungen, war nun Wirklichkeit:
"Der Abend naht, die Himmelsglocken, Sie läuten tot dein Erdenweh, Der Schmerz verweht wie Winterflocken, Die Müh' zergeht wie morscher Schnee. Bald stimmst du ein ins Heilig, Heilig An Gottes Thron
im sel'gen Chor, - Beherzt hinauf, beharrlich, eilig, Und Herz und Blick zu Gott empor!"
Am Morgen des Begräbnistages traf von der Familie des F.W. Weber ein Kasten mit Epheu von des Dichters Grab in Südkirchen ein, der das Grab des teuren Toten umranken sollte. Welch ein herrliches
Symbol der Erinnerung und Zusammengehörigkeit!
Im Arm der Mutter Kirche, von ihren Segnungen gestärkt und von ihren Gnadenmitteln geheiligt, schied Happe aus dieser Welt, ein edler, reichbegabter Geist. Auf dem Wege der Meisterschaft hat den
Jünger der Tod ereilt. Nun ruht er auf dem idyllischen Dorffriedhofe in Südkirchen, wo der Erlöser vom Kreuze auf sein Grab herniederschaut.
Sein Geist aber möge wach bleiben und uns immerfort seine Worte zurufen:
"Im Wirken liegt des Mannes Würde, Im Leid erwirbt er Gottes Lohn; Er beugt sich unter seine Bürde Und trägt sie fort trotz Lob und Hohn. O, nicht durch Träume, nicht durch Worte, Durch Harren nur
und regen Fleiß Erschließest du die Himmelspforte, Und mehr als Tränen wiegt der Schweiß."
Wilhelm Kleinhans zum Gedächtnis Nr. 98 | B. Fascies
Bild:
Heimatverein im Jahre 1931 - W. Kleinahns - zweiter von rechts
Sendenhorst - Heute jährt sich zum zehnten Mal der Tag, an dem
unser bekannter Forscher und Schriftsteller der Heimat, Wilhelm Kleinhans, der Heimaterde zurückgegeben wurde. Im Hinblick auf seine unermüdliche Arbeit auf dem Gebiet der Heimatforschung und der
Heimatbewegung hat er sich um seine Vaterstadt große Verdienste erworben.
In dankbarer Erinnerung sei deshalb versucht, hier ein kurzes Lebensbild dieses verdienstvollen Mannes zu zeichnen. Wilhelm Kleinhans wurde am 15. März 1883 in Sendenhorst (Südstraße 156) als
ältester Sohn des Brenners Heinrich Kleinhans und der Elisabeth geb. Panning geboren. Mit fünf Brüdern wuchs er heran. Er besucht die Volksschule und später die Gymnasien in Warendorf und Dorsten. Im
Anschluß hieran widmete er sich dem praktischen Berufe. Er erlernte das Mauerhandwerk und ging dann zur Baugewerkschule in Münster. Seine Militärdienstpflicht genügte er beim 53. Inf. Rgt. Köln. 1908
trat er unter Bürgermeister Hetkamp in die Stadtverwaltung seiner Heimat ein, bestand 1913 die Verwaltungsprüfung und übernahm am 1. April 1914 die Kämmereikasse, die der Rendant Wilhelm Dünning
infolge Erreichung der Altersgrenze aufgab. Kleinhans wurde Stadtsekretär und Stadtrentmeister zugleich.
Als am 1. August 1914 der Krieg ausbrach, zog Kleinhans den feldgrauen Rock an. Doch bereits im Dezember 1914 wurde er auf dringende Reklamation zur weiteren Verwendung auf dem Bürgermeisteramt
wieder entlassen. Eine Fülle von Arbeit lag in seiner Hand, insbesondere hatte er die kriegswirtschaftlichen Maßnahmen zum weitaus grössten Teil allein zu meistern, da Bürgermeister Hetkamp in den
Jahren 1915 und 1916 krank war und sich immer mehr von den Amtsgeschäften zurückzog. Am 30. Dezember 1916 starb der Bürgermeister. Sein Nachfolger wurde Josef Ausstrup. Neben seiner beruflichen
Tätigkeit versah Kleinhans den Heimatdienst. Er war es, der die Siegesnachrichten, die telephonisch zum Amt hier durchgegeben wurden, durch Extrablätter verbreitet, das Läuten der Glocken veranlasste
und Hermann Jaspert mit dem Böllerschießen auf dem Bahnhof beauftragte, des weiteren war er der Schreiber der Heimatbriefe in deutscher und plattdeutscher Mundart, die von allen Orten des
Münsterlandes gesammelt und in Zeitungsform gedruckt wurden mit der Überschrift "Heimatgruß an unsere braven Krieger!" Vom Ortskomitee des Roten Kreuzes unter Mithilfe von Schulkindern wurden die
Adressen geschrieben, und annähernd 500 Exemplare gingen alle fünf bis sechs Wochen an die dankbaren Sendenhorster ab. Zu Weihnachten 1916 brachte er ein Heftchen "Unsere Heimat im Weltkriege"
heraus. Das Heft war "den Sendenhorster Kriegern als kleine, aber liebe Gabe des Ortsvereins vom Roten Kreuz gewidmet zu Weihnachten im Kriegsjahr 1916 von der dankbaren Gemeinde". Weiter schrieb er
das Heft Nr. 13 der Broschürensammlung "Vant Mönsterland in'n Unnerstand" unter dem Titel "En nie Verstellseken - Libbet von Senhuorst."
Diese Arbeiten gaben in späteren Jahren den Anstoß zu einer eindringlichen Beschäftigung mit der Geschichte seiner Heimat. In langjähriger, oft mühevoller Kleinarbeit hat er an Hand der alten Akten
und Schriften die Vergangenheit seines Heimatortes durchforscht und das Erarbeitete durch die "Glocke", den Kreisheimatkalender und durch die Heimatblätter der Erde an die Öffentlichkeit gebracht.
Eine große Verehrung zeigte Kleinhans für seinen Landsmann Josef Spithöver, den Erbauer der St. Josefsstiftes. Er verfasste eine treffliche Biographie dieses Wohltäters der Stadt Sendenhorst in Rom.
Von seinen weiteren grösseren Abhandlungen sind zu nennen: Der Sendenhorster Schnadezug in früheren Jahrhunderten, die Bildstöcke in Stadt und Landgemeinde Sendenhorst, Biographien von Kaspar
Maximilian, Reichsfreiherrn Droste zu Vischering, von Karolus von Kerssenbrock, der letzte Abt von Liesborn, von dem Heimatdichter Franz Happe aus Sendenhorst usw. Auch seine vielen plattdeutschen
Gedichte, Gelegenheitsgedichte und Schwänke fanden stets eine aufmerksame Leserschaft.
Kleinhans war ein sorgfältiger Beobachter und kluger geistiger Arbeiter. Manche heimatkundlichen Kostbarkeiten sind wie ein Vermächtnis an seine Vaterstadt uns erhalten. Er war Bahnbrecher in der
Durchforschung der Geschichte seiner Heimat zu einer Zeit, als solche heimatlichen Dinge bei den meisten noch niedrig in Kurs standen. Im Jahre 1925 gründete er den Heimatverein, dessen Seele er bis
zu seinem Tode blieb. Der alte Brauch der Lambertusfeier wurde durch ihn wieder lebendig. Dieses heimatpflegerische Bemühen brachte ihm nachher die Bekanntschaft mit dem niederdeutschen Dichter Dr.
Karl Wagenfeld, der bei besonderen Heimatabenden auch des öfteren in Sendenhorst zu Gast war.
Manchen Plan hat er nicht mehr verwirklichen und manche Entdeckung nicht mehr auswerten können, weil eine schleichende Krankheit ihn daran hinderte. Er stand im 50. Jahre seines Lebens. Zwei Jahre
vor seinem Tode hielt er eine originelle plattdeutsche Festrede auf der goldenen Jubelfeier der "Glocke".
Das Lebensbild dieses Heimatfreundes wäre nicht abgerundet, wenn nicht erwähnt würde, daß er auch ein unermüdlicher Vorkämpfer und zielbewusster Führer in der Förderung der Ziegenzuchtvereine war.
Als Vorsitzender des hiesigen Ziegenzuchtvereins und als Geschäftsführer des Kreisziegenzuchtverbandes Beckum war ihm kein Weg zu weit, keine Arbeit zu viel. In der von ihm herausgegebenen
Festschrift zum 25jährigen Bestehen des Ziegenzuchtvereins Sendenhorst im Jahre 1925 gab er einen interessanten und wertvollen Überblick über die Geschäfte der einzelnen Ziegenzuchtvereine im Kreise
Beckum. Als Anerkennung seiner rastlosen Tätigkeit wurde ihm daher vom Reichsbund für Ziegenzucht eine hohe Auszeichnung, der Silberschild, verliehen. Die Heimat weiß ihm Dank und hat alle seine
Beiträge und Gedichte gesammelt, damit sie der Nachwelt erhalten bleiben. Seine aufopferungsvolle Arbeit wird für seine Freunde stets vorbildlich sein. Wir folgen ihm mit der Losung: " Der ist in
tiefster Seele treu, der die Heimat liebt wie du!"
Vor- und Zuname |
Klostername |
Geb. |
Eingetr. |
Wirkunsstätte |
Orden |
1. Wilhelmine Laumann |
Heliodora |
1863 |
1883 |
Arnheim (Holland) |
Franziskanerinnen v. Mauritz (1) |
2. Maria Wieler |
Paula |
1864 |
1883 |
Weert (Holland) |
Ursulinerin (1) |
3. Theresia Ridder |
Thaddaea |
1865 |
1885 |
Leeuwarden (Holland) |
Franziskanerinnen v. Mauritz (2) |
4. Anna Schlotte |
Walburga |
1874 |
1891 |
Vinnenberg b. Warendorf |
Benedikt. v. d. Ew. Anbetung (1.) |
5. Josefa Borgmann |
Edith |
1874 |
1892 |
Remagen a. Rhein |
Franziskanerinnen v. Nonnenwerth (1) |
6. Karolina Wössmann |
Florenzia |
1870 |
1895 |
Dülken (n. Rhein) |
Göttlichen Vorsehung in Münster (2) |
7. Gertrud Tipmeyer |
Irene |
1869 |
1896 |
Venray (Holland) |
Göttlichen Vorsehung in Münster (62) |
8. Maria Börger (Südgraben) |
Turibia |
1872 |
1896 |
Geldern |
Ew. Klems. Schw. Münster |
9. Bertah Kohle |
Palladia |
1872 |
1896 |
Buer - Erle |
Franziskanerinnen v. Mauritz (3) |
10. Josefine Neuhaus |
Nacentia |
1867 |
1897 |
Zülpich (Rh. Ld.) |
August von Köln (Kuperg.) (1) |
11. Elisabeth Wesendrup |
Brigitta |
1880 |
1899 |
Vuna Pope (Austr.) |
Missionsschwester v. Hiltrup (1) |
12. Berta Haarbaum |
M. Calisata |
1870 |
1900 |
Kansas City (Nordamerika) |
Marienschwester von Nordamerika (1) |
13. Sophia Hoveschmidt |
Secundola |
1878 |
1902 |
Tilbeck b. (Havixbeck) |
Franziskanerinnen v. Mauritz (4) |
14. Klara Bartmann |
Astria |
1879 |
1904 |
Wettringen |
Barmherzige Clemensschwestern v. Münster. (2) |
15. Maria Börger (Südtor) |
Harlindis |
1881 |
1905 |
Duisburg -Aoer |
Barmherzige Clemensschwestern v. Münster. (3) |
16. Maria Brüser |
M. Hermesia |
1867 |
1909 |
Handorf (Waisenh.) |
Schwestern Unserer Lieben Frau v. Mühlhausen (1) |
17. Theresia Brack |
Cyrene |
1893 |
1911 |
Bello Horizonte (Brasilien) |
Missionsschwester v. Steyl (1) |
18. Antonia Brüser |
M. Gerwina |
1891 |
1913 |
Bonn (Oberlyzeum) |
Schwestern Unserer Lieben Frau v. Mühlhausen (2) |
19. Gertrud Heimann |
? |
1885 |
1913 |
Scheile b. Glatz |
Franziskanerinnen v. Mauritz (5) |
20. Regina Westmeier |
M. Assunta |
1889 |
1915 |
Santarem (Brasilien) |
Miss. Klar. Schw. (1) |
21. Anna Bülte |
Pecina |
1894 |
1916 |
Arnheim (Holland) |
Franziskanerinnen v. Mauritz (6) |
22. Antonia Ahlandt |
Helenis |
1890 |
1917 |
Duisburg |
Barmherzige Clemensschwestern v. Münster (4) |
23. Wilhelmine Telges |
M. Amandine |
1896 |
1917 |
Cloppenburg |
Schwestern Unserer Lieben Frau v. Mühlhausen (4) |
24. Gertrud Wallmeier |
Reinoldine |
1887 |
1917 |
Ibbenbüren |
Franziskanerinnen v. Mauritz (9) |
25. Elisabeth Tüte |
Juliana |
1897 |
1918 |
Varensell b. Gütersloh |
Benedikt. v. d. Ew. Anbetung (3) |
26. Gertrud Bartmann |
Romarita |
1895 |
1919 |
Horst-Emscher |
Franziskanerinnen v. Mauritz (7) |
27. Bernhardine Brüser |
M. Euphorine |
1889 |
1919 |
Geldern |
Schwestern Unserer Lieben Frau v. Mühlhausen |
28. Elisabeth Westhues |
Castrensis |
1891 |
1919 |
Wachtendonk |
Franziskanerinnen v. Mauritz (8) |
29. Elisabeth Westhof |
Rhabana |
1900 |
1923 |
Paderborn |
Schwestern der Christlichen Liebe zu Paderborn (1) |
30. Bernhardine Tüte |
Bernharda |
1894 |
1924 |
Varensell b. Gütersloh |
Benedikt. v. d. Ew. Anbetung (2) |
Warum die Juden Sendenhorst verließen Nr. 101 | NN
Achtung: Dieser Text ist Politisch mindestens Fragwürdig und im zeitlichen Konttext zu sehen!!!
Sendenhorst - Sendenhorst war von jeher antisemitisch gesinnt.
Im Anfang des 18. Jahr- hunderts wohnten hier über ein Dutzend jüdische Familien. Als in den Jahren 1830 bis 1840 die Ostheide aufgeteilt wurde , erhielt jeder Hausbesitzer einen Anteil von ein bis
zwei Morgen Weide, die heute Ackerland sind. Weil aber die hiesigen Juden nicht als Sendenhorster Bürger angesehen wurden, schloß man sie von der Verteilung aus, trotzdem sie Hausbesitzer
waren.
Bis um das Jahr 1840 wohnten hier noch sechs israelitische Familien, nämlich Steinberg, Löwensteinn, Leffmann, Stern, Humberg und
Alsberg.Sie trieben Handel mit Manufakturwaren und mit Vieh. Ihre Synagoge lag am Schlapperpohl.Die Juden waren hier leidlich geduldet, bis eines Tages der älteste Sohn des Juden Leffmann sich
erdreistete bei Theodor Wieler (Hotel Ridder) die Gottesmutter zu lästern. Als diese Lästerung in der Öffentlichkeit bekannt wurde, war der Aufruhr da. Brennereibesitzer Wilhelm Everke und Kaufmann
Hermann Jaspert brachten den Lästerer bei der Staatsanwaltschaft zur Anzeige. Als sie damit keinen Erfolg hatten, ließ man den antisemitischen Redner Dr. König aus Witten kommen. Trotzdem
Eintrittsgeld erhoben wurde, füllten an 1000 Besucher den Werringschen Saal. Im Anschluß an die Volksversammlung wurde ein Antisemitenverein ins Leben gerufen. Den Vorsitz übernahm der Schornstein-
fegermeister J. Quante. Auch der damalige antisemistisch eingestellte Bürger- meister Wibberding, der später Bürgermeister von Wattenscheid wurde, stand dem Verein mit Rat und Tat zur Seite. Für die
zweite Versammlung hatte man den glänzenden Redner Liebermann von Sonnenberg gewonnen. Auch diesmal war der Saal überfüllt. Nach dieser Versammlung wagte kein Bürger mehr ein
Geschäft mit den Juden abzuschließen. Diesen aber blieb keine andere Möglichkeit, ihre Häuser zu verkaufen und abzuziehen.
Der pöpulärste Jude war Salomon Alsberg. Er hatte viele Kinder und war anscheinend sehr reich. Seine beiden abgschichteten Söhne Siegfried und Lois zogen nach 1870 nach Bielefeld, wo sie ein
Manufakturwarengeschäft gründeten. Sie wurden die Begründer der später in ganz Deutschland bekannt gewordenen Kaufmannsfamilie Alsberg. Der Großvater der Gründer trieb in Sendenhorst noch Handel mit
Ziegenfällen. Auch arbeitete er bereits mit Wechseln, weil noch keine Sparkasse am Orte war. Die Vorfahren der Familie Alsberg sind hier auf dem israelitischen Friedhof, dem sogenannten Wibsenwall,
beerdigt. Auf demselben Friedhof liegt auch der Jude Elias Stern, den Gevatter Tod fast ganz zu vergessen zu haben schien. Er starb im Jahre 1870 und erreichte ein Alter von 103 Jahren.
Aus der Revolutionszeit weiß Kaufmann Hermann Jaspert noch folgende Geschichte zu erzählen. An einem Abend gingen Theodor Wieler, Lorenz Dämmer und H. Jaspert nach dem Besuch der Wirtschaft Schulte
nach Hause. Bei der Synagoge angelangt, sagte der durch seine vielen Streiche bekannt gewordene Theodor Wieler: „Sack es de Juden de Schieben inschlaon?“ Gleich darauf schlug er mit seiner langen
Pfeife, soweit er kommen konnte, sämtliche Scheiben entzwei. Als er seine Begleiter, die die Flucht ergriffen hatten, zur Rede stellte, antworteten ihm diese: „et is genog wenn se di in de Kiste
stoppt“. In früher Morgenstunde aber rief er durch das Schlafzimmerfenster seinen Nachbarn Jaspert zu: „Laot mi dine Dochter iäben von Peter Schulte een Pipenkopp und een Abguss halen, dat
mine Moder nicks gewahr wät“. Am anderen Tage hieß es in der gesamten Stadt: „Schnieder Wipp sallt wull dohn häbb`n“. Erst 10 Jahre später kam die Sache ans Tageslicht.
Beiträge zur Geschichte der Stadt Sendenhorst - Gemeindeverfassung in alter und neuer Zeit Nr. 102 | NN
Sendenhorst - Um 1800 wurde das zum Amte Wolbeck gehörenden Sendenhorst von einem ehrenamtlichen Magistrate verwaltet. Die Magistratpersonen, angesehene Bürger aus der Stadt, nannten sich Bürgermeister. Ihnen standen die Ratsherren mit Rat und Tat zur Seite.
Gemeindeempfänger, Stadtdiener, vier Stadtpförtner und ein oder zwei Nachtwächter
bildeten den Stab ihrer Bediensteten. Im allgemeinen war die Gemeindeverfassung freiheitlich und demokratisch. Bei der Preußenherrschaft wehte mehr autokratischer Wind. Der Bürgermeister und die
Gemeindeorgane waren fast in allen Angelegenheiten von der Entscheidung des Landrates abhängig.
Zur Franzosenzeit musste sich der Bürgermeister als Maire betitelen lassen. Der Maire, Langen
leitete damals die Geschicke der Stadt und nach der Niederlage der Franzosen wieder als Bürgermeister bis in den zwanziger Jahren. Ihm folgte Röhr, Markus und zuletzt Brüning, der von Enniger aus
Sendenhorst und seinen Heimatort verwaltete. Bis 1856 waren Stadt und Landgemeinde ein politisches Gemeindewesen. Bei Einführung der Städte- und Landgemeindeordnung trennten sich die beiden
Gemeinden. Das Kirchspiel Sendenhorst wurde dem Amte Vorhelm angegliedert, die Stadt wählte die freiere Städteordnung, und musste die kapitalkräftige Landgemeinde preisgeben.
Die Bürger wollten anfangs einen kollegialischen Gemeindevorstand, drangen aber mit ihrem Antrage nicht durch. So wurde nach § 72 Nr. 2 der Städteordnung die städtische Verfassung ohne
kollegialischen Gemeindevorstand eingeführt, d.h. alle Rechte und Pflichten, die dem Magistrat beigelegt sind, gingen auf den Bürgermeister über, der in Behinderungsfällen von dem auf 6 Jahre
gewählten Beigeordneten vertreten wird. Wiederholt, so in den Jahren 1877 und zuletzt 1911 wurde die Einführung der Magistratsverfassung angestrebt. Die Regierung war aber für die
Magistratsverfassung nicht zu haben und begründete ihren ablehnenden Standpunkt jedes Mal damit, dass den kleinstädtisches Verhältnissen die einfachere Bürgermeistereiverfassung dienlicher sei, und
für den Magistrat nicht immer genügend geeignete Persönlichkeiten zu finden seien.
Auch wurde die Wiedervereinigung mit dem Kirchspiel und die Zusammenlegung von Stadt Sendenhorst und Amt Vorhelm von der Aufsichtsbehörde 1907 und 1909 versucht. Das Amt Vorhelm war unter gewissen
Bedingungen einverstanden. Aber da die Stadt ihre in der Städteordnung verbrieften Rechte nicht fahren lassen wollte, scheiterten die Verhandlungen.
Nach dieser Trennung vom Jahre 1856 blieben noch verschiedene
Vermögensteile, wie die Schulen mit ihren Ländereien, Friedhof und Rathaus gemeinsames Eigentum. Die Rechte der Kirchspielsgemeinde an dem Rathaus wurden 1907 durch Einigung abgetreten. Die Stadt
übernahm dafür die dauernde Unterhaltung und Nutznießung der im Kirchspiel Sendenhorst liegenden Chausseestrecke in der Brockstraße vom Helmbach bis zum Garratswege.
Die Funktionen des Magistrats zur Zeit der fürstbischöflichen Regentschaft sind folgendes Schriftstück niedergelegt: „Sendenhorst, den 5ten Oktober 1803.
In den auf heute angesetzten Termin erschienen coran Domine judice (in Gegenwart des Herrn Richters) Kreuzhage die Bürgermeister Joseph Anton Kocks, Joan Henric Suermann sodann die Ratsherrn
Lammerding, Beumer, Vennewald und Lütkehues.
Vordersamst wurde verlesen das von den hohen Herrn Beamten des Amts Wolbeck an den Herrn Richtern zu Sendenhorst erfassene Commissorium (schriftliche Ausfertigung, womit die Uebertragung einer
Kommission beglaubigt ist).
Dann wurde die erwähnte Sporteltaxe (Amtsgebührenordnung) mit dem Magistrate Satz für
Satz nach Vorschrift durchgegangen, wobei sich dann ergeben, dass die in der Sporteltaxe für die policen magistrate in der Graffschaft Mark verzeichneten funktionen fast durchgängig außer dem
Geschäftsumfange des hiesigen magistrats liegen mit in über dasselbige Sporteln nichts bestimmt werden können, und dass die dem hiesigen Magistrate aufliegenden funktionen größtenteil in folgenden
bestehen.
a) Abhaltung der Augenscheinen, wenn zwischen den Bürgern, welche auf Wiegboldts Grund gebaut, des Grundes wegen irrungen entstehen, auch zuziehung des Magistrats bey gerichtlichen Augenscheinen,
rücksichtlich auf die Bürger Wohnungen, worüber aber Magistratus in hinsicht der Gebühren nicht bestimmen kann – nur dass im letzteren fall die gerichtliche Taxe solche bestimmen.
b) pfändung wegen Schatzung und sonstige öffentliche abgaben, dafür bezieht der Magistrat keine Gebühren, nur erhölt der Wiegbodts Diener 3 Schillinge und die pfördner jeder 1 Schilling bey jeder
pfändung, wird fals Vieh auf stättischen Grund geschattet wird, erhalten vorbesagte WiegboldtsDiener und pfördner von jedem Stück 1 Schill.
c) arretierung eins Eingesessenen des Wiegboldts auf befehl des Gerichts, dafür erhalten die Wiegboldts Diener und die pfördner, sowie auch für Transportierung z.B. nach Münster zum Correstions- und
Zuchthazse, auch für Aufwartung während des arrestes die in den Gerichtstaren bestimmte Gebühren.
d) Beywohnung der Vereidung eines angehenden Bürgers, da für genießen die Bürgermeister jeder 3 Schill 6- der Wiegboldts Diener 1 Schill.
e) bey Abnahme der Kämmerey-Rechnung genießt der Magistrat keine Gebühren, und erhält zur Ergözlichkeit eine Tonne Bier.
f) in betreff der Schreibgebühren des Secretarii bemerkte Magistratus, dass solche in jeder Jahresrechnung eingeführt und von dem Beamten assigniert würden.
g) inbetreff Verpachtung der Wiegboldts patrimonia grundstücke bemerkte Mogristraturs, dass solche ohnentgeltlich und amtshalber vorgenommen würden.
h) für Ausfertigung eines Geburtsbriefes unter den Siegel des Magistrats erhält jeder Bürgermeister 3 Schill. 6-.
i) inbetreff des Gewinns zeigte Magistratus an, dass bey jeder Gewinnung jeder Bürgermeister 7 Schill., zwey Ratsherrn jeder 7 Schill. und der Wiegboldts Diener 8 Schill, genieße, sodann für
Ausfertigung des Gewinnbriefes erhält der Secretarius 7 Schill.
k) für dreymaligen visitstion der Feuerstätten (Feuerschau) erhält jeder Bürgermeister jährlich 1 Rthl., der Wiegboldtsdiener 14 Schill.
l) für viermaliges brodwiegen bey den Bäckern, so von den ältesten Ratsherrn mit zuziehung des Sindxus jeder jährlich 14 Schill. und der Wiegboldt Diener ebenfalls jährlich 14 Schill. m) besorget
Magistratus das Einquatierungsgeschäft, welches ohnentgeltlich geschieht.
n) abhybierung (Hinzuziehung) bey besichtigung abgebrannter Häuser im Wiegboldt wie auch
o) bey von gerichtswegen verfügten Hausvisitationen der adhybirte Bürgermeister oder Ratsherr die in der Gerichtstaxe bestimmte Gebühren genießt. Womit der actus geschlossen.
So geschehn aufn Rathaus zur Sendenhorst in dato ut supra in fidem j. Drees, Secretarius. Aus dem Kreise Beckum Durch ein Versehen beim Einstellen einer Korrekturzelle ist der Anfang des Artikels
„Landwirtschaftliches“ entstellt worden. Es mußte richtig heißen: „Fanget de Dage an to längern, Dann fänk de Winter an to strengern.“ Diese alte Wetteregel bestätigt sich heuer mehr denn nötig
usw.
Die Sendenhorster Leineweber vor 120 Jahren Nr. 103 | NN
Von den verschiedenen Erwerbszweigen in Sendenhorst war in den ersten Jahrzehnten des vorigen Jahrhunderts die Leineweberei die bedeutendste. Die örtlichen Verhältnisse haben hier helfend in die Speichen gegriffen.
Sendenhorst - So nahm die Leinewebrei ihren Auffwung, als die Wälle rings um die
Stadt planiert und Bleichplätze angelegt waren. Mit der Wälle und der teilweisen Zuschüttung der stellenweise 20 Fuß breiten Gräfte wurde 1778 begonnen.
Die Vollendung der Arbeit, die stückweise vorgenommen wurde dauerte über 10 Jahre. Die so geschaffenen Ländereien und Bleichplätze wurden vermessen und von 1801 an auf 12 Jahre verpachtet. Die
jetzige Generation hat die 1909 vollständig zugeschüttete Gräfte nur noch als ekelerregenden Graben gekannt, in dem der Morast höher stand als das Wasser. Damals war es anders. Die Anpächter hatten
die Reinigung bei ihrer Pachtfläche selbst vorzunehmen und sorgten schon im eigenen Interesse für die Reinhaltung. Vor 2 Jahren wurde bei der Fundamentierungsarbeiten des Wolkeschen Hauses am
Nordgraben in einer Tiefe von zwei bis drei Metern guterhaltene Bohlen einer solchen Bleiche vorgefunden.
Im Jahre 1804 wurden 64 selbständige Leineweber gezählt, deren Zahl sich später auf über 80 erhöhte. Es herrschte ein munteres Leben in den Straßen und Gassen der Stadt, wenn zu den lustigen „Klipp,
klapp“ der Dreschflegel die Weber behend in die Taue schlugen. Die Weber hielten treu zusammen und hatten jährlich ihre Familienfeier. Bei einem Weberball sprang einmal ein Weber in der Wirtschaft
Topp (jetzt Herweg) aus dem zweiten Stock auf das harte Straßenpflaster, ohne Schaden zu erleiden.
Die Maschine erdrosselte auch diesen blühenden Erwerbszweig. Webstuhl und Spinnrad wanderten in die Museen oder, gefirnißt mit bunter Schleife, auf die Dielen der Städter. Dort klagen sie, von der
undankbaren Heimat, der sie Brot und Zufriedenheit schenken, verkannt und verschachert um ihr verlorenes Glück. Ach ja! Wenn die schnurrende Spindel reden könnte, von der Menschen Glück und Frieden
am häuslichen Herde, von der Bäuerin Fleiß, von der Großmutter Spinnliedern und Märchen, von der Mägde Spuk- und Räubergeschichten. Vergangene Zeiten! „Ist es heute besser geworden?“ so fragt Karl
Wagenfeld in seinem Volksmund. „So freuen wir uns, dass unser Zeitalter doch manches voraus hat vor der guten alten Zeit.“
Im Jahre 1804 verfügte der Landrat von Ketteler auf Harkotten bei Füchtorf die Aufstellung einer Berufsstatistik. Nach dieser hatte Sendenhorst folgende selbständige Weber:
Bernd Theodor Wöstmann 2 Stühle, Bernd Anton Lütkenhues 1 Stuhl, Joan Henric Heymann 2 Stühle, Joan Henric Drees 3 Stühle, Joan Henric Borgmann 1 Stuhl, Gerhard Bücker 1 Stuhl, Joan Bernd Bülte 1
Stuhl, Joan Henric Holling 1 Stuhl, Bernd Henric Kessing 1 Stuhl, Bernd Henric Brüggemann 1 Stuhl, Joan Bernd Quante 2 Stühle, Wilhelm Beumer 1 Stuhl, Christian Panning 1 Stuhl, Balthasar Edeling 1
Stuhl, Eberhard Homann (Gebildmacherweber) 2 Stühle, Joan Theodor Linnemann 2 Stühle, Adrian Bunte 2 Stühle, Joan Hermann Knipping 1 Stuhl, Joan Bernd Linnemann 2 Stühle, Christian Panning 3 Stühle,
Joan Bernd Bücker 1 Stuhl, Joan Bernd Bennemann 3 Stühle, Balthasar Ringhoff 1 Stuhl, Bernd Eberhard Schräder 1 Stuhl, Rudolf Linnemann 1 Stuhl, Eberhard Saerbeck 2 Stühle, Joan Hermann Lütkehaus 1
Stuhl, Bernd Hinric Wesel 2 Stühle, Bernd Hermann Averdung 3 Stühle, Joan Henric Schmitz 1 Stuhl, Theodor Strickmann 2 Stühle, Joan Bernd Linnemann 1 Stuhl, Kasper Lütkenhues 1 Stuhl, Joan Bernd
Wessel 1 Stuhl, Joan Bernd Bunger 2 Stühle, Bathasar Terbeyning 3 Stühle, Joan Hermann Scheffer 1 Stuhl,Andreas Quante 1 Stuhl, Joan Ostholt (Drillmacher) 2 Stühle, Franz Hermann Herweg 1 Stuhl, Joan
Henric Junckmann 2 Stühle, Adolph Lütenhues 1 Stuhl,Bernd Henric Linnemann 1 Stuhl, Anton Schlüter 1 Stuhl, Joan Henric Seebröcker 2 Stühle, Joan Henric Krey 2 Stühle, Gerhard Henric Beckmann 1
Stuhl, Theodor Hermann Edeling 2 Stühle, Theodor Henric Kleyer 1 Stuhl, Joan Henric Klessing 1 Stuhl, Joan Bernd Wessel 1 Stuhl, Joan Theodor Linnemann 1 Stuhl, Joan Theodor Lackmann 1 Stuhl, Bernd
Hermann Linnemann 2 Stühle, Wittibe Joan Hermann Kammann 2 Stühle,Theodor Henric Edeling (Gebildmacher-weber) 2 Stühle, Joan Henric Spegelberg 2 Stühle, Joan Hermann Brüggenkötter 1 Stuhl, Werner
Schömacker 1 Stuhl, Balthasar Panning 1 Stuhl, Bernd Henric Hinsenbrock 1 Stuhl, Joan Hermann Luterbeck (Drillmacher) 1 Stuhl, Ferdinand Spincker 1 Stuhl, Wilhelm Schmitz (Drillmacher) 1 Stuhl.
Die Weber hatten einen doppelten Beruf. Sie waren auch die Bauleute zum häuslichen Glück. Wieviel Koffer und Truhen der Töchter und Mägde mögen sie gefüllt haben mit „schneeichten Lein“. Das
selbstgesponnene Leinen war einstmals der Stolz der jungen Braut. Es reichte die Generation hindurch von der Wiege bis zur Bahre. Wie manches Mädchen träumt heute nur mit Tränen in den Augen von
ihrem fernen Glück. Eltern und Herrschaften, zeigt unseren Mädchen den Weg, wie auch sie wieder ihr häusliches Glück vorbereiten können.
Handel und Gewerbe vor 120 Jahren Nr. 104 | NN
Sendenhorst - Leider haben die hiesigen Leineweber keine Seide spinnen können. Sie sind trotz ihres Fleißes nicht so reich geworden, daß sie in der Lage waren, ihre Betriebe den neuzeitlichen Verhältnissen entsprechend einzurichten oder ihre Betriebe zu verschmelzen, als die Maschine die Hausindustrie verdrängte.
Sendenhorst - In anderen Orten wie Freckenhorst, Warendorf, Emsdetten, Bielefeld usw. sind aus der
Hausweberei große mechanische Betriebe entstanden, die den wirtschaftlichen Aufschwung des Gemeinwesens herbeiführten. Es fehlte den hiesigen Webern die Führer, Geld und Wagemut. Seit vier
Jahrzehnten erlernte der Nachwuchs nicht mehr das Weberhandwerk sondern hauptsächlich das Maurerhandwerk. In den umliegenden Industrieorten fanden die Maurer reichlich Arbeit und lohnende Beschäftigung. In der Heimat bauten die von dem auswärts verdientem Gelde ein eigenes Heim. Die
Mehrzahl der in den letzten Dekaden erbauten Wohnhäuser ist dem Fleiß und Sparsinn der Maurer zu verdanken. Im Verhältnis zu seiner Größe bei 1300 – 1400 Seelen hatte Sendenhorst um 1800 eine große
Anzahl kleine Handwerks- und Gewerbebetriebe und hat es auch heute noch. Der jetzigen Generation wird es interessieren, die Namen der damaligen Betriebe zuerfahren. Viele sind im Laufe der
Jahrhunderte ausgestorben oder haben ihren Besitzer gewechselt. Viele bestehen auch heute noch. Der gewerbliche Mittelstand hatte eine eigene Bruderschaft, die altehrwürdige
Johannisbruderschützengilde. Sie hat den Wandel der Zeiten überstanden, während die Peter- und Paul-Bruderschaft, der nur verheiratete Familienoberhäupter angehören durften, schon lange eingegangen
ist. Über die Bruderschaften wird später noch einmal berichtet werden.
Heute seien die Namen der 1804 bestehenden Betriebe genannt mit Ausnahme der Webereien, die bereits mitgeteilt sind. Joseph Schmitz, Schmied, Joan Henric Freise, Glaser, Bernhard Erdmann,
Holzschuhmacher, Joan Henric Bröcker, handelt mit Spezereyen, B. Henr. Feyling, Drexler, J. Henr. Homann,Schneider, J. Bernhard Wesemann, Schreiner, J. Theodor Spitthöver, Schuster, Bernhard Henr.
Zumbusch Rademacher, Casper Evercke, handelt mit Ellenwaren, ist auch Bäcker und Brenner, Bernd Henrich Brocks, Schuster, Bernh. Henr. Saerbeck, Holzschuhmacher, Gerd Henrich Oinck, Schneider, Joan
Henr. Quante, Caminfeger, B. Herm. Niehues, Steinhauer, J. Henr. Greiwe, Holzschuhmacher, Th. Henr. Wiesmann, handelt mit Spezereiwaren, B. Henr. Silling, Brauer, ist auch Bäcker u. J. Henr.
Klarhölter, Holzschuhmacher, J. Henr. Reckfort, Schneider, Bernh. Henr. Stapel, Schmied, Hermann Lange, Schmied, auch Brauer und Bäcker, H.J. Steinbücker, Schneider, Jude ansel Salomon handelt mit
Ellenwaren, ist auch Schlächter, J.Th. Lütkehues, Tauschläger, Werner Geermann, Schuster, hat auch Grützmühle, Adolph Terwesten, Schuster David Kössendrup, Maurermann, Joan Hillebrand, Schneider,
Miethling Gerd Henr. Bussmann, Schneider, Th. Hermann Wieder, Brauer und Bäcker, Joan Steffen Arens, Schuster, Adolph Lammerding, Färber, Joh. Henr. Bücker handelt mit Spezereiwaren, ist auch
Schlächter und Brenner, J.Th. Grustegut, Schuster, Miethling Peter Huncke, Goldschmied, Herm. Dahlhues handelt mit Spezereiwaren, Jude Jacob Alexander handelt mit Ellewaren, Christoph Suermann,
Fasbänder (Küfer), Balthasar Vennewald, Holzschuhmacher und Pupenmacher,Joan Herm. Suermann, Brenner und Bäcker, Jude Melchior Lazarus, handelt mit Ellenwaren, ist auch Schlächter, Engelbert Frey
handelt mit Spezereyen, ist auch Schlächter und Bäcker, Jude Levi David handelt mit Spezereyen und Ellenwaren, ist auch Schlächter, Henr. Wiegart, Brauer und Bäcker, J.B. Bücker, Brauer, Kramer und
Bäcker, Joseph Schlüter, Schneider, Conrad Erdtmann, Schmied, B.Henr. Fuest, Fasbänder, ist auch Schlächter und hat Handgrützemühle, J. Th. Herte, Holzschuhmacher, B. Henr. Recker, Maurermann, H.J.
Webeler, Schneider, Christian Terwesten, Schuster, J.H. Saerbeck, Holzschuhmacher, J. Henr. Speigelberg, Fasbänder, schlachtet meistenteils gegen Lohn, Bernh. Henr. Tergeist, hält einen
Brandweinkessel, J. Herm. Brandhove, Zimmermann, Franz Mahle, Drexler, Wittib J.H. Greiwe, Holzschuhmacher, Th. Kerkmann, Korbmacher, Christian Silling, Brenner und Bäcker, Theodor Herm. Spitthöver,
Schuster, handelt mit Spezereyen und Ellenwaren, ist auch Schlächter, J. B. Mussenbrock, Schuster, Th. Hagedorn, verzapft Branntwein und verkauft Tabak, J. Henr, Reye, Brauer und Bäcker, Anton
Berges, Zimmermann, Th. Herm. Hölscher, Tauschläger, Anton Höne, Schuster, Alex Schlenker, Tauschläger, Wilhelm Freye, Bäcker imd Brauer, Th. Wienberg, Schuster, J.B. Holtmann, Schneider, J. Bernd
Bülte, Schuster, Anton Meis, Fasbänder, J. Bernd Bartmann, Schneider, Jon Bernd Witte, Holzschuhmacher, Ferd. Laes Jäger, Gerh. Henr. Bonse, Brauer, Bäcker ist auch Posthalter, Wolfgang Spöttel,
Schneider, Joan Henr, Vinnewald, verzapft Branntwein und verkauft Tabak,Th. Herm. Spitthöver, Holzschuhmacher, Bernh. Henr. Schotte, Holzschuhmacher, Miethling Balthasar Schotte, Holzschuhmacher,
Wittib J. Bernd Osthues, Schmied, Conrad Bartmann, Drexler, J.H. Behring, Schlosser, J.H.Beumer, Brauer und Bäcker,
Joseph Langen handelt mit Spezereyen und Ellenwaren, J. Bernd Winkelmann, Rademacher, J. Bernd Kössendrup, Rademacher, Fritz Kester, Schneider, Jude Ansel Herz, handelt mit Ellenwaren und alter
Kleidung, Casper Ossenbeck, Zimmermann, Conrad Grüneweg, Zimmermann, J. Henr. Brandhove, Zimmermann, Joseph Schnarrbaum, Bäcker, B. Henr. Niehues, Steinhauer, J. Henr. Waldmann, Schneider, Peter
Juncker, Hutmacher, J.B. Ahage, Knopfmacher, Anton Mertens, Schreiner und Drexler, J.B. Schmedtkamp, Knopfmacher, ist auch Krämer,Bernh. Henrick Behring, Miethling, Drexler, Joan Henr. Hutig, Drexler
und Glaser, B. Henr. Schomaker, Maurermann,J.B. Gerbert, Steinhauer, J.Herm. Hollmann, Bäcker und Schildwith, J. Herm. Möllers, Schuster, J. Herm. Feygeler, Schuster, J. B. Mönstermann, Schmied, J.
Herm. Grolle, Holzschuhmacher, J.B. Borghorst, Schmied, J. Th. Jungfermann, Holzschuhmacher, Anton Harbaum, Schneider,J.Th. Illies, Weißgerber, Franz Zimmermann, Drexler, Bernd Herm. Marwet, handelt
mit Spezereywaren, Th. Debbelt, Schneider, J. Herm. Hartmann, Holzschuhmacher, Joseph Nordhues, Schreiner, J. Henr. Vagedess, Korbmacher, Arnold Schmitz Weißgerber, Jon Frenking, Müller.
Auffallend ist, dass die weiblichen Berufe wie Näherinnen und Modistinnen noch nicht zu den Gewerbebetrieben rechneten und daher in der Aufstellung noch nicht vertreten sind.
Alt-Sendenhorster Volksfeste Nr. 105 | BF
Unsere Zeit beginnt aus einer neu erstandenen Lebensgemeinschaft heraus ein reiches Brauchtum zu entwickeln. Dabei hat sie einen besonders empfänglichen Sinn für alte überlieferte Sitten und Bräuche wie überhaupt für alles, worin sich die vielfachen Gemeinschaften unseres Lebens sinnvoll zu äußern pflegen.
Sendenhorst - Eine solche Gemeinschaft war auch das Alt-Sendenhorst, desssen Bürger unter dem Schutze von
St. Martin neben sauren Wochen frohe Feste kannten und im rechten
Geiste ländlicher, kleinstädtischer Gemeinschaft gesellig beieinander wohnten. Versetzen wir uns einmal in die Zeit zurück, als Napoleon nach den Unglückstagen von Jena und Auerstädt (1806) Preußen
in Besitz nahm. Damals gehörte Sendenhorst dem Großherzogtum Berg an. Die uns aus diesem beginnenden 19. Jahrhundert erhaltenen Bürgermeisterakten geben uns manchen aufschlussreichen Einblick in das
gesellige Leben der alten Sendenhorster. So ordnete beispielsweise im Jahre 1810 Maire (Bürgermeister) Langen an, dass abends 10 Uhr sämtliche Wirthäuser geschlossen haben und auch die
„Lustbarkeiten“ aufhören mussten. Beabsichtigten nun Tanz- oder
sonstige Gesellschaften – die sich mit Musikanten lustig machen wollten – über die festgesetzte Zeit im Lokale zu verweilen, so hatten sie vorher die Erlaubnis einzuholen, die jedoch nicht unentgeltlich erteilt wurde.
Die Gebühren betrugen bis 10 Uhr abends 8 Sg. Für jede weitere Stunde 2 Sg. Für die Zahlung der Gebühren war der Wirt verantwortlich, er hatte sie unter Umständen vorschußweise zu zahlen. Er konnte
sie von der Gesellschaft wieder einziehen. Die Gebühren standen dem Maire zu, der sie jedoch der Armenkasse zuführte. Auf diese Art erhielt die Armenkasse einen Zuschuß. Es galt der Grundsatz: wer
sich lustig machen will, kann auch einen Groschen an die Armen zahlen. Bei der Erteilung der Erlaubnis wurde den Wirten auferlegt, darauf zu achten, dass keine verbotenen Spiele, insbesondere nicht
mit ungestempelten Karten gespielt wurde, und die Jungen Leute wurden angehalten, sich bei der Festlichkeit ruhig und anständig zu betragen. Schreien und schlechtes Betragen war Strafe von 12 Sg. und
8 Sg. Ordnungsgebühren für die Gendarmerie und Polizeidiener verboten. Im Nichtzahlungsfall trat eine körperliche Strafe ein von 2 mal 2 Stunden bei Wasser und Brot.
An Festgesellschaften bestanden damals die St. Johannis-Gesellschaft, heute die Johannis-Bruderschaft. Ihre Feier fand alljährlich nach alten Herkommen am St. Johannis-Fest statt und dauerte drei
Tage. Sie bestand in einem Aufzuge, Scheibenschießen auf Stadtsheide (Ostheide) und gemütlichem Beisammensein mit Tanz im Rathaus, das eben nicht nur wie heute nüchternes Verwaltungsgebäude sondern
auch der eigentliche Festsaal der bürgerlichen Gemeinschaft war. Das Bier wurde eigens zum Johannisfest gebraut. Aus dem Jahre 1811 berichten uns die geschichtlichen Quellen, daß Bürgermeister Langen
in Anbetracht der Lebensmittelknappheit den Versuch machte, die Feier des Festes auf zwei Tage festzusetzen. Er wies zugleich darauf hin, dass mancher Handwerker, der Mitglied der Gesellschaft ist,
„nicht nur allein sein Tagelohn verliert, sondern nebst dem noch Kostenaufwand und Kleidung macht und auch nachher noch einige Tage unfähig ist, der Arbeit nachzugehen.“
Neben dieser St.- Johannis-Gesellschaft bestand noch eine
Scheiben-Schießgesellschaft bzw. Magdalenen-Bruderschaft, auch Sodalitäts-Bruderschaft genannt (bestehend aus Bürgersöhnen und Gesellen), die alle Jahre auf St. Maria-Magdalena feierte und als dritte
die Schützengesellschaft bzw.Peter- und Paul-Bruderschaft. Der Verlauf der Jahresfeste war bei allen der gleiche. Das Scheibenschießen fand ab 1821 in der Mühlenkuhle statt. Auch verschiedene
Bauerschaften feierten bis 1826 ihre Schützenfeste. Vom Kirchspiel Jonsthövel liest man noch im Jahre 1829. Als 1823 Bürgermeister Röhr Nachfolger des Bürgermeisters Langen wurde, setzte er mit aller
Energie durch, dass Lustbarkeiten im Rathaus nicht mehr stattfanden.
Ein besonders denkwürdiger Tag in der Zeit der französischen Herrschaft war alljährlich der 15. August, der Geburtstag Napoleons. Dem neuen Landesherrn zu Ehren wurde hier der Tag mit Glockengeläute,
feierlichem Gottesdienste und Absingen des „Te Deum“ festlich begangen, um „dem Himmel zu danken für die Wohltaten, die er durch die Hände des Kaisers Napoleon, des allergrößten Monarchen,
verbreitet“ habe. Man kann sich vorstellen, in welcher Zerzensstimmung diese Feste zu Ehren Napoleons „gefeiert“ wurden, der Hunderte und Tausende der Landeskinder auf die blutigen Schlachtfelder
fremder Länder schleppte. Bei den kleinsten Siegen der napoleonischen Waffen musste in der Kirche ein feierliches „Te Deum“ gehalten werden, wobei der Maire und alle Munizipalräte in der ersten Bank
in der Kirche Platz nahmen.Munizipalrat waren um diese Zeit: v. Rhemen, Silling, Sulzer, Arnemann, Lange, Bennemann, Silling und Angelkotte.
Als aber nach der Völkerschlacht bei Leipzig am 16. 17. und 18. Oktober 1813 Napoleon aus Deutschland zurückgedrängt, Deutschland befreit und die königlich preußischen Staaten der drückenden Fessel
ledig wurden, da wurde am 28. November 1813 ein allgemeines Dankfest abgehalten, das im folgenden Jahre einen größeren Rahmen erhielt. Des Abends vorher musste mit allen Glocken geläutet werden. An
den Festtagen selbst fand um 9 Uhr ein Hochamt statt, um 12 Uhr wurde der Adler am Rathaus aufgehängt und während des Hochamtes, Te Deum und Aufhängen des Adlers wurden jedes Mal drei Salven mit
Gewehr oder sonstigen Geschütz gegeben. Auch waren alle Lustbarkeiten erlaubt.
In den folgenden Jahren gingen die Festlichkeiten und auch Scheibenschießen sehr zurück. Später bemühten sich dann die oberen Behörden, die Volksfeste wieder neu zu beleben, da sie die Nützlichkeit
dieser Feste anerkannten. Sie wurden sogar den Gemeinden aufgegeben zur Förderung des Scheiben- und Vogelschießens 5 Rthlr. In den Etat zu setzen, die zur Belohnung bzw. als Schießprämie für den
besten Schützen verwendet werden sollten.
Der bereits genannte Bürgermeister Langen hat im übrigen nichts unversucht gelassen, um den Wohlstand des alten Sendenhorst zu heben. Er bemühte sich im Jahre 1818 den im Oktober j.J. stattfindenden
Herbstmarkt auf alle mögliche Art den Handelsfreunden angenehm zu machen. An alle Einwohner erging die Bitte, dass sie ihre zu verkaufenden Pferde, Kühe und Schweine auf den Markt vorführen und „sich
billig handeln lassen“ sollten, damit der Sendenhorster Markttag endlich berühmt werde. Der Markttag soll ein Volksfest sein. Bürgermeister Langen veranlasste den Kaufmann Everke in seinem Haus einen
öffentlichen Ball gegen „Entree“ abzuhalten und forderte alle Gemeindeeingesessenen auf, diesen Tag zu einem Freudentag werden zu lassen, „Gleichsam als ein Tag der Erholung von der Ernte“ wie er
sich ausdrückte.
Selbstverständlich hat man auch in Alt-Sendenhorst Fasnacht gefeiert. Allerdings war Fastnachtdienstag Schluß der Festtage und zwar unter allen Umständen, denn es war vorgekommen, dass mit großer
Ausgelassenheit bis zu Aschermittwoch morgen gefeiert worden war und daß die Leute in die Kirche „getaumelt“ kamen, um mit dem „Monento mori“ die hl. Asche zu empfangen. Auch kirchliche Festtage
wurden Anlaß zu geselligen Feiern, so Fronleichnam und Martinstag. Wenn aber an den Tagen getanzt werden sollte, so musste vorher der Ortspfarrer seine Erlaubnis dazu geben. Von den Festen und
Feierlichkeiten hat sich nur die „Johannisbruderschaft“ ununterbrochen bis heute erhalten. Zur Feier eines allgemeinen Schützenfestes hat sich 1863 der „allgemeine Schützenverein“ von Stadt und Land
gebildet. Die Feste beider Gesellschaften sind bodenständig, beide haben heimatlichen Charakter und lassen heimatliche Wesen und alten Gemeinschaftssinn zur Geltung kommen. Sie sind berufen, bei
ihren Mitgliedern, die Liebe zu den Dingen der Heimat und Wissen um ihre Vergangenheit zu pflegen.
Stadt & Kirchspiel
Sendenhorst im Lichte der Verwaltungsgeschichte
Nr. 105 | B. Fascies
Um 1800 wurde das zum fürstbischöflichen Amte Wolbeck gehörende Sendenhorst von zwei Bürgermeistern verwaltet. Sie entstammtem angesehenen Bürgerkreisen. Ihnen standen zur Seite die Ratsherren, ein Sekretär, ein Gemeindeempfänger, ein Stadtdiener, auch Botschafter genannt, vier Stadtpförtner und ein oder zwei Nachtwächter.
Sendenhorst Die Bürgermeister verwalteten die Gemeinde ehrenamtlich. Sie wurden
alljährlich neu gewählt und nach der Wahl vor dem Gericht zu Sendenhorst auf dem Rathause vereidigt. Sie hatten Sitz, aber keine Stimme in den Sessionen des Gerichts.
Der Sekretarius, der ebenfalls gewählt und vereidigt wurde, hatte für die Bürgermeister die schriftlichen Arbeiten zu erledigen.
Bild:
Die Gemeinde Kirchspiel wählte 1937 für ihr Wappen die Mule, das Wappen der Schorlemer
Die Bürgermeister waren für die öffentliche Ordnung und Sicherheit verantwortlich, hatten Musterungen zu leiten, Verbesserungen von Wegen, Abwässerungen u. s. m. durchzuführen. Die schatzpflichtigen
Eingesessenen wurden zu Frondiensten herangezogen. Für die Ausführung von Kommunalarbeiten wurden alljährlich Gespann- und Handdienste angefordert.
Unter einem Schriftstück vom 5. Oktober 1803 lesen wir die Namen: Bürgermeister Josef Anton Kocks und Joan Henric Suermann. Ratsherren: Lammerding, Beumer, Vennewald und Lütkehus. Sekretarius:
Drees.
Durch Reichsdeputstionshauptschluß vom Jahre 1803 kam der östliche Teil des Fürstbistums Münster an die Krone Preußens. Die preußische Regierung ließ zunächst die bestehende Verwaltungsordnung
unberührt. Mit Beginn des Jahres 1804 aber trat an die Stelle der früheren Amtsverwaltung durch Rentmeister und Droste der Landrat. Der geschichtliche fürstbischöfliche Amtsbezirk Wolbeck, der
grösste des Hochstiftes, gehörte damit der Vergangenheit an.
Zur Neuregulierung der Verhältnisse wurde in Münster eine „Kriegs- und Domänenkammer“ errichtet, die jedoch ihre Arbeiten noch nicht erledigt hatten, als schon im Jahre 1806 infolge der für Preußen
unglücklichen Doppelschlacht von Jena und Auerstädt Napoleons Truppen ins östliche Münsterland einrückten.
Zwar blieben die Beamten in ihren Stellungen, jedoch lag die Führung der Regierung ausschließlich in den Händen der französischen Gouverneure. Während der Zeit musste sich der Bürgermeister als
„Maire“ betiteln lassen. Der „Maire“ Langen leitete damals die Geschicke der Gemeinde. Die Stadt, Feldmark und das Kirchspiel Sendenhorst bildeten ein einziges politisches Gemeinwesen.
Im Jahre 1808 trat sodann Napoleon das Fürstbistum Münster mit dem ehemaligen Amte Wolbeck seinem Schwager, dem Großherzog Joachim von Berg, ab. Das ganze Land wurde in Departments, Arrondissements,
Cantone und Mairien eingeteilt. Sendenhorst wurde dem Ruhrdepartment Dortmund angegliedert und gehörte zum Arrondissement Hamm und Canton Ahlen. Maire war Langen, und die Munizipalräte (Gemeinderäte)
waren: von Rhemen (Kirchspiel S.) Silling (Stadt), Arnemann (Kirchspiel), Silling (Stadt und Kirchspiel) und Angelkotte (Kirchspiel).
Die große Völkerschlacht bei Leibzig im Jahre 1813 machte der französischen Fremdherrschaft ein Ende. Preußen kam wieder in den Besitz des Münsterlandes. Der sog. Zivilgouverneur Freiherr von Vinke
besorgte nunmehr die Neuordnung der Verhältnisse. Zu Vinkes bedeutenden Maßnahmen gehörte die Neueinteilung nach Kreisen. Sendenhorst kam in den Kreis Beckum, und der Bürgermeister Langen führte die
Verwaltungsgeschäfte bis 1820 weiter. 1820 – 1822 folgte ihm Reg.- Ref. V. Westhofen, 1823 – 1824 Rohr, von 1825 bis 1832/1833 Markus. Aus unbekannten Gründen übernahm dann Amtmann Joh. Heinrich
Brüning die Verwaltung, der seit 1815 das Amt Vorhelm betreute.
Diese Maßnahme wird der städtischen Bevölkerung Sendenhorst nicht gepasst haben, wohl hingegen den Bauern Sendenhorst. Drei Jahre später lesen wir eine Eingabe der Gemeinderäte des Kirchspiels
Sendenhorst vom 6.4.1836, aus der hervorgeht, daß sie eine Trennung des Kirchspiels Sendenhorst von der Stadt wünschten. Sie fürchteten, bei der Einführung der Städteordnung den Amtmann Brüning zu
verlieren, falls sie nämlich mit der Stadt verbunden blieben. Danach muß zu der damaligen Zeit die Persönlichkeit des Brüning für eine so folgenschwere Entscheidung bestimmend gewesen sein.Es liegt
nahe, anzunehmen, dass die Bevölkerung des Kirchspiels ihre bäuerlichen Interessen bei dem aus Bauergeschlecht stammenden Bürgermeister Brüning mit großer Sicherheit gewahrt sah. Vielleicht aber
glaubte man auch, innerhalb des neuen Amtsvorstands weniger Steuern zahlen zu brauchen.
Der erwähnte Antrag lautete wie folgt: „In der Stadt Sendenhorst sind kürzlich verschiedene Verhandlungen vorgenommen, die uns nicht gleichgültig bleiben können: denn vor etwa vier Wochen war hier
ein Cirkular zum Unterschreiben im Umlauf, des Inhalts, dass der pensionierte Actuar Langen zu Ahlen hier zu Sendenhorst als Bürgermeister verlangt werde, und vor ungefähr drei Wochen ist eine große
Versammlung in die Schenke bei Wilhelm Böcker zusammenberufen, wovon, dem sicheren Vernehmen nach, die Meisten einen Antrag an die Königliche Hochlöbliche Regierung unterschrieben haben, dass die
Städteordnung und die Wahl eines Bürgermeisters verlangt werden. Wir wissen nun zwar nicht, ob und inwieweit auf solche Anträge reflectiert wird, wir finden uns aber veranlasst, und sind von vielen
Kirchspieleingesessenen darum angegangen, der Königlichen Hochloblichen Regierung auch die Wünsche des Kirchspiels Sendenhorst rücksichtlich der Verwaltung derselben vorzutragen, welche darin
bestehen, dass die Verwaltung unsers Kirchspiel dem Bürgermeister Brüning belassen und solche von der städtischen Verwaltung gänzlich getrennt werden möge, wie auch, dass wir dem pensionierten Actuar
Langen zur Verwaltung nicht wünschen, der schon erklärt hat, dass ihm die Verwaltung unserer Bürgermeisterei höheren Orts zugesagt sei. Wir vermuhten nun zwar, dass vor legaler Einführung der
Städteordnung in der Verwaltung unserer Bürgermeisterei eine Veränderung nicht vorgenommen und bei Einführung der Städteordnung die Verwaltung des Kirchspiels ohnehin von jener Stadt getrennt werden
wird, wir wagen aber doch, eine Königliche Hochlöbliche Regierung unterhänigst zu bitten, dass Hochdieselbe geruhen möge, uns die Versicherung zu geben, dass wir zur Verwaltung unseres Kirchspiels
den Bürgermeister Brüning behalten sollen. Wir erstreben in tiefster Submission die Gemeinderäthe des Kirchspiels Sendenhorst: Fehlmann, Röper, Lütk Kogge, Jönsthövel, Frey.“
1840 schied nun Amtmann Joan Henrich Brüning (* 15.10.1774, + 31.3.1850) ais der Verwaltung aus, und sein Sohn Franz, der in Sendenhorst wohnte und dort an der Stadtverwaltung tätig war, zog auf den
elterlichen Hof, um gleichzeitig auch die Amtsverwaltung Vorhelm zu übernehmen. Beide Verwaltungsstellen befanden sich nun wieder in der Hand eines Brüning, in diesem Falle in der Hand des Franz
Brüning, des späteren Ehrenamtmannes (* 9.2.1812 + 25.5.1895).
Die Bevölkerung der Stadt war auch diesmal mit der Personalunion nicht einverstanden und suchte Mittel und Wege, sich wieder von Vorhelm zu trennen. Aber es dauerte doch noch ein volles Dutzend
Jahre, dass man diesen Zustand hinnehmen musste. Erst im Jahre 1852 trat eine Änderung ein. Es ergibt sich nun folgende Tatsache: Die Stadt Sendenhorst erhielt wieder ihren eigenen Bürgermeister, und
zwar in der Person des Herrn Kreuzhage. Seitdem sind Stadt- und Kirchspielgemeinde Sendenhorst getrennte Verwaltungsbezirke.
Fast hundert Jahre besteht dieser Zustand. Wir glauben, Sendenhorst ist in dieser Beziehung ein einmaliger Fall. Das Ungewöhnliche der Situation mögen folgende Hinweise verdeutlichen:
Die Landgemeinde Sendenhorst liegt mit ihren sieben Bauerschaften rings um die Stadt. Mit ihr hat sie zahlreiche Einrichtungen gemeinsam, Kirche, Schule, Krankenhaus und Krankenkasse, Genossenschaft,
Sparkasse, Spar- und Darlehnskasse, Feuerlöschwesen, ferner auch das Gewerbe und das Vereinswesen. Die Amtsverwaltung liegt in der Gemeinde Vorhelm. Von ihr sind die Kirchspielbewohner bis zu 13
Kilometer entführt. Die Bauerschaft Hardt hat die geringste Entfernung vom Amte in Vorhelm, 3 – 5 km. Da der Verkehr mit der Amtsverwaltung schon seit dem ersten Weltkrieg bedeutend gewachsen ist,
bringen die Wege viel Zeitverlust und Mehrarbeit, die nicht selten störend sich auswirken. Im Kirchenvorstand der fast ausschließlich kath. Gemeinde müssen oft Gegenstände beraten werden, die auch in
die politische Gemeinde übergreifen. Wegen der getrennten Verwaltung sind dann doppelseitige Verhandlungen erforderlich. In schulischer Hinsicht ist das Kirchspiel völlig nach der Stadt ausgerichtet.
Den natürlichen Verhältnissen entspricht die Tatsache, daß nur ein gemeinsamer Schulverband besteht. Wollte das Kirchspiel eigene Schulen unterhalten, so kämen zwangsläufig vier Schullokale wegen
seiner zerstreuten Lage in Frage. Bei soviel Gemeinsamkeiten, die gerade natürlich gegeben sind, muß die verwaltungsmässige Zuordnung des Kirchspiels Sendenhorst zur Amtsverwaltung in Vorhelm
eigentlich als ein Kuriosum bezeichnet werden. Wenn es sich auch schon fast hundert Jahre hat halten können, so erhebt sich doch in unserer Zeit geldsparender Verwaltungsvereinfachung und
zweckmässiger, zeitsparender Verwaltungsgliederung die Frage, ob nicht eine sinnvollere und darum auch unzweifelhaft wirtschaftlichere Änderung der Verhältnisse ein Gebot der Stunde wäre.