Das war Sendenhorst 1969 - 31.12. Auf in die wilden 70er!
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Neubau der Realschule vom Wasserturm aus.
Januar
Im Januar zogen am Dreikönigstag die einheimischen St.-Georgs-Pfadfinder als Sternsinger von Haus zu Haus. Die Feuerwehr traf sich am 11.1. im Kaupmannschen Saal zu ihrem Winterfest. Die
Sendenhorster Ortsparteien stellten sich im Hotel Zurmühlen der Jugend in Podiumsgesprächen mit zeitnahen Themen. Im St.-Josef-Stift sang während des Gottesdienstes am 12.1. der Vorhelmer
Kirchenchor. Die Kolpingfamilie und der Kolping-Chor hielten in ihren Vereinslokalen Generalversammlungen ab. Die Feuerwehr folgte am 22.1. im Lokal Laumann mit der Jahreshauptversammlung. Im
Kaupmannschen Saal fand der Mütterkaffee der St.-Martini-Pfarre statt. Ende Januar eröffnete die Domina-Kleidung GmbH am Prozessionsweg den Betrieb in neuen Werkstätten. Am 25.1. feierte die
Johannisbruderschaft ihr Winterkränzchen, während am 31.1. der Sendenhorster Rat zu Gast bei der Patenschaftskompanie, der 4. Kp. des Pz-Gren.-Btl. 192 in Ahlen im Soldatenheim St. Martin
weilte.
Februar
Anfang Februar fand eine von der kath. Jugend angeregte Podiumsdiskussion mit Vertretern der drei in Sendenhorst vertretenen Parteien statt. Die Sportgemeinschaft mit ihren 588 Mitgliedern hielt ihre
Generalversammlung ab. Zur Karnevalszeit kamen sowohl die Narren bei der Kolpingfamilie wie bei der Sportgemeinschaft zum Zuge. Inmitten des närrischen Treibens regierte beim Kolpingverein Prinz
Konrad 1. (Konrad Pumpe) und beim Sportverein Prinz Norbert 1. (Dir. Norbert Gatzen).
März
Im Monat März entbrannte wegen des Sanierungsplanes zwischen CDU und SPD ein hitziges Für und Wider. Die Diskussion fand durch die in den WESTFÄLISCHEN NACHRICHTEN veröffentlichten Leserbriefe ein
lebhaftes Echo in der Bürgerschaft. Am St.-Josef-Stift wurde die erste Ampelanlage für einen Fußgängerüberweg montiert. Der Heimatverein fuhr per Bus zum münsterischen Zoosaal, in dem die
plattdeutsche Posse „Siesemännken“ zur Aufführung gelangte. Der Allgemeine Schützenverein hielt in der Gaststätte Laumann seine Schützenversammlung ab.
April
Am 6. April - in der Osternacht - zogen wie seit Jahrhunderten wiederum junge Männer „um de Wälle“, um durch Absingen uralter Lieder die Auferstehungsnacht zu verkünden. Am Abend des ersten
Osterfeiertages flackerte ein großes Osterfeuer der Kath. Pfarrgemeinde auf dem Bült. An der Fillstraße wurde ein neuer Kinderspielplatz angelegt. Einen guten Besuch hatte die Frühjahrskirmes am
27.4. an der Bahnhofstr. aufzuweisen. Im Saale Kaupmann trat das Heessener Kabarett „Das Objektiv“ auf. Am 30. April veranstaltete die Kolpingfamilie eine Pättkesfahrt in den Mai, die mit einem
geselligen Abend am Herdfeuer auf einem Bauernhof ihren Abschluß fand.
Mai
Bild:Selbständig wurde die evangelische Kirchengemeinde Sendenhorst am 1.5.1968. Superintendent Barntzky (rechts) überreicht Pfarrer Thiede (links) die Urkunde.
Im Monat Mai entschied sich der Albersloher Gemeinderat mit einem Abstimmungsergebnis von 13:3 für die Einschulung der Albersloher Hauptschüler in Sendenhorst anstelle von Wolbeck. Gegen die Stimmen
der SPD beschloß der Sendenhorster Stadtrat den Sanierungsplan. Für die evangelische Kirchengemeinde war der 3.5. ein großer Festtag den drei Ereignisse gleichzeitig auszeichneten: Einmal erlangte
die Kirchengemeinde mit dem 1.5. ihre Selbständigkeit, dann konnte das neue Gemeindehaus seiner Bestimmung übergeben und weiterhin der neue Taufstein eingeweiht werden. Am neuen kath. Kindergarten
St. Martin wurden die Außenanlagen wie Sandkästen, Spielgeräte, Kletterbäume, gepflasterter Platz usw. geschaffen bzw. aufgestellt. Am 28.5. hatte die Sendenhorster Schießsportgemeinschaft den
Schießklub Vorhelm zu Gast.
Juni
Am 1. Juni erhielt der „Kirchenchor Cäcilia 1869“ im Rahmen eines Festaktes des Sängerbundes Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf die Zelterplakette überreicht. 34 Frauen und Mütter fuhren per Bus unter
Obhut von Pfarrer Brink nach Schönstadt. Am 21.6. wurde der aus Sendenhorst gebürtige Hans Schmidt in der Pfarrkirche St. Anna zu Verl zum Priester geweiht. Er gehört dem Orden der Weißen Väter
(Patres Albi) an und ist inzwischen in der Mission des Ordens in Afrika eingesetzt. Unter guter Beteiligung der Gläubigen fand die Fronleichnamsprozession statt, ebenso die Brandprozession. Am 14.6.
befreite die Feuerwehr das St.-Josef-Stift von einem sich am Gesims des Stiftes niedergelassenen Bienenschwarm. Eine Klasse der einheimischen Realschule weilte für acht Tage im zweigeteilten Berlin;
eine andere Klasse besuchte die Insel Helgoland. Am 28.6. entließ die genannte Schule erstmalig 35 Schüler bzw. Schülerinnen mit dem Zeugnis der mittleren Reife. Der einheimische Künstler Bernhard
Kleinhans stellte in der Liesborner Ausstellung eine Plastik „Der Schmerzensmann“ in der stattlichen Höhe von 4.40 m aus. Im Juni fanden zudem die örtlichen Schützenfeste statt. Bei der
Kolpingfamilie errang August Peters die Königswürde, beim Allgemeinen Schützenverein St. Martinus Lothar Schulte und bei der Johannisbruderschaft Wilhelm Westmeier jr.
Juli
Am 16. Juli zog ein schweres Gewitter über Sendenhorst hinweg. Mehrere Blitzschläge beschädigten ohne größeren Schaden verschiedene Wohnhäuser. In der Bauerschaft Brock ist durch Zufall ein in
Vergessenheit geratener alter Strontianitschacht wiederentdeckt worden. 47 Frauen starteten unter Leitung des VdK zu einem Zweitagesausflug nach Kassel. An der Fußwallfahrt nach Telgte - erstmalig
seit 1754 nur der Hinweg - beteiligten sich 108 Personen. Mädchen der kath. Pfarrgemeinde weilten wiederum im Ferienheim Klausenhof bei Triberg im Schwarzwald.
August
Im Monat August waren die Pfadfinder unterwegs. Die Wölflinge befanden sich im Zeltlager bei Haltern, die Jungpfadfinder in der Nähe der Biggetalsperre im Sauerland und die Pfadfinder selbst in der
Olympiastadt München. Der Kolpingchor unternahm mit Familienangehörigen einen Sommerausflug zur Gaststätte Büttendorf im benachbarten Alverskirchen. Die Freiw. Feuerwehr hingegen beteiligte sich am
24.8. an der Feier des 50jährigen Bestehens der Hoetmarer Feuerwehr. Am 25.8. wurde der Schulbetrieb in dem neuen Gebäude der Realschule aufgenommen.
September
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Machtübernahme im Rathaus Sendenhorst.
Bürgermeister Heinrich Brandhove (Mitte), der 22 Jahre dem Stadtrat vorstand, trat zurück. Sein Nachfolger wurde Heinz Schibill (links): Stadtdirektor Esser (rechts) steht weiter an der Spitze der
Verwaltung.
Am 4. September sind vier biafranische Kinder mit schweren Kriegsverletzungen auf dem Luftweg über Holland im St.-Josef-Stift eingetroffen. Der Kolpingchor fuhr zum Sängerfest nach Glandorf, während
der Allgemeine Schützenverein an der Jubelfeier des Schützenvereins Enniger aus Anlaß des 40jährigen Bestehens teilnahm. Am 17.9. hielt der Heimatverein unter Beteiligung der Kinder seine
Lambertusfeier auf dem Lambertiplatz ab. Der Spielmannszug startete zu einem Zweitagesausflug ins Sauerland, die Feuerwehr nach Limburg an der Lahn. Ende September wurde die Nordenbleiche
entschlammt. In der Aula der Realschule fand für betagte Sendenhorster ein Altentag statt. Am 14.9. trafen sich 800 Teilnehmer in Sendenhorst zum evgl. Kreis-Gustav-Adolf-Fest. Ebenso fand im
September unweit der „Waldmutter“ das Kreisjugendturnier des Kreisreiterverbandes Beckum statt.
Oktober
Im Monat Oktober feierte der Kirchenchor „Cäcilia 1869“ an drei Tagen sein 100jähriges Bestehen. Der Kolpingchor errang beim Sängerwettstreit in Meinerzhagen den 4., die Jagdhornbläsergruppe beim
Wettstreit in Beckum den 5. Preis. Durch Vermittlung der Jungen Union flog eine Gruppe junger Sendenhorster zu einer Besuchsfahrt in die Sowjetmetropole Moskau. Die Landjugend veranstaltete aus Anlaß
des Erntedankfestes auf der Kirmeswiese am Bahnhof ein Geschicklichkeitswettstreit im Treckerfahren. Auf der Schützenversammlung des Allgemeinen Schützenvereins wurden jüngere Mitglieder in den
Vorstand gewählt. Die Schießsportgemeinschaft renovierte durch Eigenhilfe ihren Schießstand in der Gaststätte Peiler. In den Herbstmonaten trafen sich traditionsgemäß frühere Schuljahrgänge zu
Wiedersehensfeiern in ihrer Heimat- und Geburtsstadt.
November
Der Monat November begann mit der Allerseelenprozession zum Friedhof. Am 9.11. war Kommunalwahl. Die Bürgerschaft wählte einen neuen Rat. Das Volksbildungswerk St. Martin trat erneut mit einem
vielseitigen Programm an die Öffentlichkeit. Die Feuer des Volkstrauertages wurde nach neuen Gesichtspunkten ausgerichtet. Die Feuerwehr suchte am Buß- und Bettag die Bauerngehöfte auf, um die
Förderbeiträge zu kassieren. Die letzte Schafherde von Sendenhorst, die des Bauern The. Niestert aus der Bauerschaft Brock wurde abgeschafft. Der einheimische Kaninchenzüchterverein und die drei
Taubenzuchtvereine veranstalteten eine Leistungsschau ihrer besten Züchtungen.
Dezember
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GOTTES SEGEN erflehte Pfarrer Brink auf die neue Realschule und ihre Lehrer und Schüler bei der feierlichen Einweihung am 13. Dezember
Im Dezember fand am Nikolaustag das diesjährige Hosenlakenschießen der Bundeswehr gemeinsam mit Bürgern aus Sendenhorst bei der 4. Kp. in Ahlen statt. Am 13.12. war der Tag der Einweihung der neuen
Realschule, dem sich ein „Tag der offenen Tür“ anschloß. Die evgl. Kirchengemeinde wählte ein neues Presbyterium, das am 7.12. feierlich eingeführt wurde. Die Feuerwehr veranstaltete erstmals eine
Nikolausfeier. Der Chor der 4. Kp. des Pz.-Gren.-Btl. 192 aus Ahlen sang vor Weihnachten für die Kinder im St.-Josef-Stift. In der Aula der Realschule führte Lehrer Reiling im Rahmen des
Kreisjugendmusikwerkes ein adventliches und weihnachtliches Singen und Musizieren der Schuljugend durch. Das einheimische Deutsche Rote Kreuz veranstaltete wie in den Vorjahren eine Adventsfeier für
die betagten Mitbürger. Am Heiligen Abend erklang um Mitternacht die traditionelle Blasmusik der heimischen Stadt- und Feuerwehrkapelle.
Aussicht auf die 70er
Nun geht Sendenhorst in entscheidende Jahre. Großprojekte wie ein Interkontinental-Flughafen und ein
Protonenbeschleuniger werden möglicherweise im Raum Sendenhorst gebaut. Damit wird sich für die alte Stadt ein neues Aufgabengebiet ergeben. Sie könnte Wohn- und Wirtschaftszentrum für einen neuen
Raum werden. Aber auch Fragen der kommunalen Neuordnung stehen noch im Raum. Wird Sendenhorst zu Münster kommen oder - gemeinsam mit Vorhelm und Enniger - zu
einem eigenen Zentrum werden?
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Werden die Fluggäste aus New York Sendenhorst so sehen, wenn ihr Junbo-Jet zum Interkontinantal-Flughafen einschwenkt? Hansa-Luftbild - Freigegeben durch den Regierungspräsidenten in
Münster
Sendenhorst - Bilanz zweier Jahrzehnte
B. Fascies |
Heimatkalendar 1970
Seit der Währungsreform 1948 hat Sendenhorst sein Gesicht beträchtlich gewandelt. Vieles ist zweckmäßiger und
freundlicher geworden. Das wird jeder bestätigen, der die Stadt noch aus der Vorkriegszeit kennt und heute einmal mit offenen Augen und kritischem Sinn durch die Straßen geht.
Vor der Sanierung: Kirchplatz mit
Wasserspiel. Das Wasserspiel gab es bis ca. 1975?
Viele Häuser bieten ein Bild bürgerlichen Wohlstands. Man sieht entrümpelte Vorplätze und Hinterhöfe, mustergültige Vorgärten, teils mit niedrigen Mauern, sauberen Zäunen oder grünen Hecken
umfriedigt. Man erfreut sich an Grünanlagen und sommertags am Blumenschmuck freundlicher Hausfassaden. Dungstätten, die früher offen an der Straße lagen wurden vollständig beseitigt: die Straßen sind
von jedem Unrat frei.
Nach dem Kriege (1945) erhielt Sendenhorst 1949 eine öffentliche Wasserversorgung, zu der die beispielhafte Gemeinschaftsarbeit der Bürger wesentlich beitrug. Hatten die Hauptleitungen im Jahre 195O
eine Länge von 11,5 km, so wuchsen diese 1968 insgesamt auf 20,6 km. Die Zahl der Hauptanschlüsse stieg im gleichen Zeitraum von 443 auf 1.009. Der gleichzeitig errichtete Wasserturm hat die
stattliche Höhe von 45 Meter und ein Fassungsvermögen von 400 cbm.
Bild: Grünanlagen lockern das Ortsbild von
Sendenhorst ansprechend auf, hier an der Oststraße
Eine ungewöhnlich rege Bautätigkeit ist das sichtbarste und augenfälligste Zeugnis dieser, verglichen mit früheren Epochen der Sendenhorster Geschichte, äußerst expansiven Entwicklung. Viele
Parzellen in der Stadt oder an ihrem Rand, die als Garten oder Kamp benutzt wurden, sind inzwischen bebaut. Neue stadtnahe Wohnviertel wie Martiniring, Nordensiedlung, Böckingwiese sowie im
südöstlichen Raum und im Nordwesten der Stadt sind neu entstanden. Die kath. Kirchengemeinde stellte Ländereien im Erbbaurecht zur Verfügung und ermöglichte damit etwa 80 Familien in Eigenheim.
Der Flüchtlingsstrom der Nachkriegszeit ließ die Zahl der schulpflichtigen Kinder sprunghaft ansteigen. Die alte Volksschule (1887) an der Schulstraße mit ihren sieben Klassen war schon rein räumlich
ihrer Aufgabe nicht mehr gewachsen, Sendenhorst trug der neuen Situation Rechnung. Die Stadt baute 1950/51 auf dem Gelände Vornkamp eine elfklassige Schule, die Kardinal-von-Galen-Schule mit
Aula und dazugehörigen Diensträumen. Das damit frei gewordene Schulgebäude bot der kleineren Zahl evangelischer Volksschüler zunächst hinreichend Unterkunft.
Eine Übersicht der Schülerzahlen ergibt folgendes Bild:
1949: 745 Schüler (davon 619 katholisch und 126 evangelisch). Davon stammten 169 aus Flüchtlingsfamilien (kath. 58, ev. 111)
1968: 941 Schüler. Davon besuchten 392 die Grundschule, 254 die Hauptschule und 295 die Realschule.
Die öffentliche Bautätigkeit entwickelte sich im Laufe der Jahre in dieser Weise:
1950: Die Sportgemeinschaft 1910 erhält einen neuen Sportplatz mit Laufbahn.
1951: Der Zustrom der heimatvertriebenen Neubürger - ihre Zahl errhöhte sich von 1.100 auf 1.850 im Jahre 1968 - macht den Bau einer evangelischen Kirche mit Pfarrhaus notwendig. Im selben Jahre
findet die Einweihung der neuen Kardinal-von-Galen-schule statt.
1954: Auf dem Kirchengrundstück in unmittelbarer Nähe der Kardinal-von-Galen-Schule wird ein neuer Kindergarten für 120 Kinder erbaut.
1956: Baubeginn zum ersten Abschnitt einer Kläranlage. Auf dem früheren Gelände der Seidenbleiche wird zunächst der technische Teil errichtet, im zweiten Abschnitt entsteht 1963/1964 der biologische
Teil. Für Gartenfreunde wird eine 52 Gärten umfassend Dauerkleingartenanlage angelegt.
1958: Die Ämtersparkasse errichtet ein neues Dienstgebäude.
1960/61: Die sporttreibende Jugend erhält in der Mühlenkuhle eine neue Turn- und Sporthalle mit 800 qm Spielfläche.
1960: Das St. Josef-Stift beginnt mit Um- und Erweiterungsbauten, wie Bäderabteilung, Sonderschule u. a. m.
1961: Infolge der schnell anwachsenden Zahlen schulpflichtiger Kinder wird ein weiterer Schulbau notwendig. Melanchthon-Schule auf dem Teigelkamp. Zwei Schultrakte umfassen heute je vier Klassenräume
für kath. und ev. Kinder. Der Bau einer Turnhalle folgte einige Jahre später.
1964: Der historische Mittelpunkt der Stadt Sendenhorst erfährt eine durchgreifende Neugestaltung. Der Renovierung der St. Martin-Kirche folgt die Neuanlage des Kirchplatzes. Von dem Kranz der
hundert Linden, die ihn umgaben, ist nur noch eine Erinnerung geblieben. Es entstehen ein neues Pfarrhaus, ein Jugendfreizeitheim, verbunden mit einer modernen Boromäus Bücherei, und einer neuen
Sakristei an der Chorseite. Das alte Pastorat, das unter Denkmalschutz steht, dient heute Gemeinschaftsaufgaben, vor allem auf dem Gebiete der Jugendbildung. Im selben Jahr wird an der Turn- und
Sporthalle ein Tennisplatz angelegt.
1965: 650 Jahr-Feier der Stadt Sendenhorst.
1966: Auf dem Gelände der Altstadt Südlich des Bahnhofs wird ein Feuerwehrgerätehaus errichtet.
1967/68 Ein zweiter Kindergarten für 120 Kinder entsteht auf dem Gelände des alten Friedhofs. (St. M:arien-Friedhof).
1968: Die Spar- und Darlehnskasse schafft mit ihrem Neubau in der Stadtmitte auf dem Grund und Boden des alten Herwegschen Hotels einen neuen Akzent. Auf der Geist beginnt der Bau einer modernen
Realschule, die 12 Klassen, viele Sonderräume, eine Pausenhalle und Aula für 300 Personen umfassen wird. Tm Zusammenhang mit den jüngsten schulpolitischen Reformen ist die bereits 1964 um vier
Klassen erweiterte Volksschule zur Hauptschule geworden. Man beginnt mit dem Bau eines eigenen Verwaltungsgebäudes, das zugleich Diensträume und Sonderklassen für den technischen Unterricht enthalten
soll.
Grafik: Zwanzig Jahre Wohnungsbau in
Sendenhorst im Spiegel der Statistik
Im selben Jahre erfolgt der Zusammenschluß von Stadt und Kirchspiel Sendenhorst zu einer Gemeinde und zugleich die Zusammenfassung mit den Nachbargemeinden Enniger-Vorhelm zu einem Amtsverband.
Die Wirtschaftskraft der Stadt ist in den beiden letzten Jahrzehnten erheblich gewaltig gewachsen. Von den 22 neu erstandenen Gewerbebetrieben gehören 15 der Eisen-, Holz-, Textil- und
Kunststoff-Industrie an.
25 Jahre nach dem Zusammenbruch des Jahres 1945 befindet sich Sendenhorst, wie diese Übersicht zeigt, dank intensiver Aufbauarbeit in einer Enlwicklung, die zu guten Hoffnungen berechtigt.
1971 März - Der Kardinal im Film: Drehtag in Sendenhorst
Sendenhorst. Mai 1945 in Sendenhorst. Tiefflieger, Panzergerassel. – „Was ist das?“ –
„Panzer, amerikanische.“ Bischof Clemens August Graf von Galen im Gespräch mit seinem Hauskaplan Dr. Portmann im Hof des St.-Josef-Stiftes. „Wollen wir ins Haus gehen?“ – „Ja.“ – „Ob wir in
Sendenhorst bleiben können?“ fragt der Bischof seinen Kaplan. „Ich glaube schon.“ – Szenen aus dem Dokumentarfilm über den Bischof Clemens August, den späteren Kardinal, den „Löwen von Münster“,
gestern gedreht von der Tellux-Film München im Auftrage des Zweiten Deutschen Fernsehens an historischer Stätte in der kleinen Stadt Sendenhorst, dort, wo der Bischof nach der Zerstörung des Domes zu
Münster 60 Wochen lang in den Jahren 1944 bis 1945 ein neues Domizil gefunden hatte und von wo er seine Diözese verwaltete.
Wolfgang Büttner - 1912 - 1990
25 Jahre nach seinem Tode wird dem großen Bekennerbischof ein Film gewidmet. In seinem Geburtsmonat (geboren am 16. März 1878 auf Burg Dinklage in Oldenburg) begannen die Außenaufnahmen in und um
Münster. Am 23. März drehte man in der Wallfahrtskirche in Telgte, am 24. März im Haus Sentmaring, am 25. März in der St.-Lamberti-Kirche und am 26. März auf dem Domplatz in Münster, wo rund 10.000
Münsteraner als Statisten mitwirkten. Und am gestrigen Montag kamen die Filmleute nach Sendenhorst. Heute werden die Außenaufnahmen auf der Burg Dinklage abgeschlossen.
Autorin dieses Dokumentarspiels ist die bekannte Schriftstellerin Luise Rinser, die hiermit ihr erstes Drehbuch schrieb. Regie führt Paul May, unterstützt von seiner Ehefrau. Die historische Rolle
des Kardinals von Galen – in Sendenhorst noch als Bischof – hat Wolfgang Büttner übernommen. Den bischöflichen Hauskaplan und treuen Wegbereiter des Kardinals, Dr. Portmann, spielt Horst Michael
Neutze, zwei von Film und Fernsehen her bekannte Charakterdarsteller.
Leichtverwundete deutsche Soldaten (dargestellt von Polizeianwärtern aus der Polizeischule Münster) sitzen im Innenhof des Sendenhorster Krankenhauses St.-Josef-Stift und genießen die warme
Frühlingssonne. Bischof Clemens August geht mit seinem Kaplan durch den Hof. Am Fuße der Hauskapelle stutzt er: Amerikanische Panzer ziehen in Sendenhorst ein. Der Einmarsch der Amerikaner in
Sendenhorst – der „Löwe von Münster“, der unermüdliche Kämpfer und unbequeme Mahner in schwerer Zeit soll die Siegertruppen nicht gerade gnädig in Sendenhorst empfangen haben – stand im Mittelpunkt
der gestern in Sendenhorst gedrehten Szenen. Der Sendetermin (Sendezeit 90 Minuten) dieses Dokumentarspiels steht noch nicht genau fest. Er liegt in der zweiten Oktoberhälfte oder Anfang November
1971.
1813 - Die Kosaken in Sendenhorst A. Mefus | Heimatkalendar 1974
Die Stadt Sendenhorst hat in früheren Jahrhunderten nicht nur unter verheerenden Brandkatastrophen gelitten, sondern
blieb auch in Zeiten kriegerischer Auseinandersetzungen nicht verschont. Ein Kapitel davon konnte Bürgermeister Joseph Langen schreiben, der von 1810 bis 1820 Bürgermeister der seit 1315 mit
Stadtrechten versehenen Kleinstadt Sendenhorst war. ...
Bild:
Am Ahlener Damm, unweit des "Witten Poahls", soll 1813 ein Kosake beisetzt worden sein
Ein kurzer Auszug seines Berichts spiegelt die Situation und das Ausmaß der Forderungen der russischen Quartierstruppen wieder. Er lautet: "Am 6. November 1813, des Nachmittags um 3 Uhr, rückten
dahier 24 Cosacks, die Quartiermacher und ein Cosacks, der Schneider Commissarius, ganz unvermuthet ein. Diese machten Halt vor meiner Thür und drangen sich alle ohne Ausnahme in meiner Stube bei mir
ein, umzingelten mich und verlangten augenblicklich und in der größten Geschwindigkeit
a) 50 Sack Hafer,
b) 15 Fuder Heu,
c) 15 Fuder Stroh,
d) 100 Pfähle von 5 Zoll stark und 3 Fuß lang,
e) 300 Wagenringsen oder Leitern,
f) 100 Fuder Holz,
g) 10 Fuder Bretter,
h) ein Generalquartier einschließlich Stallung für 40 Pferde,
k) 10 sechsspännige Wagen,
l) 25 Ordonanzen,
m) 25 Pferdeordonanzen,
n) einen gereinigten Platz zur Biwackierung und
o) für 1.500 Mann Bier, Branntwein und gutes Essen
Diese Forderung wurde in einer solchen Schnelligkeit verlangt, daß fast ein Jeder eine verschiedene Forderung machte und man dabey dergestalt zugesetzt wurde, daß man sein eigenes Worth nicht
verstehen konnte; dabei hatten weder diese noch die Stadt Sendenhorst einen Dolmetscher, und man mußte sich daher so guth wie möglich verständlich machen." Bürgermeister Langen verfügte zum Glück
über ein Lokalmagazin, dessen Haferbestand sofort den Kosaken übergeben wurde. Heu und Stroh beschafften sich die Soldaten mit Gewalt; selbst der Heuboden des Bürgermeisters wurde geplündert. Auf die
gleiche Art besorgten die Kosaken Pfähle, Ringsen, Leitern, Bretter und anderes Holz. Den Quartiermachern des Kosakengenerals zeigte Bürgermeister Langen gemeinsam mit dem Beigeordneten Schwarze und
den Munizipalräten Sulzer und Arnemann die besten Quartiere der Stadt, aber keines gefiel den Russen.
Bild: Das alte Pastoratsgebäude in
Sendenhorst (Aufnahme: 2014), erbaut von Pastor Darup nach dem Großbrand des Jahres 1806. Vermutlich mussten 1813 in diesem Haus 30 Sendenhorster Schneider unter den Knuten der Kosaken Mäntel
nähen.
Gegen Abend führten die Kosaken den Bürgermeister wie einen Arrestanten mit angelegten Pistolen zum Kosakengeneral, der sein Quartier bei den Truppen vor dem Tor genommen hatte. Nach einer Wartezeit
von zehn Minuten stand der Bürger vor dem General, der angesichts des Bürgermeisters ein fürchterliches Geschrei erhob. Der anwesende Dolmetscher übersetzte, der General sei böse, weil er kein
Quartier habe; seine Soldaten hätten sich beschwert, weil die verlangte Fourage nicht sofort geliefert worden wäre. Der Bürgermeister erwiderte, daß er vergeblich die drei besten Quartiere in der
Stadt angeboten habe. Die Fourage sei unverzüglich angeliefert worden. Selbst die Bretter für eine neue Windmühle hätte man ins Lager geschafft. IWO Mann hätten im Lager gearbeitet und alles
Verlangte in Ordnung gebracht.
Als der Dolmetscher dieses übersetzte, warf sich der General ungestüm auf einen Tisch und studierte eine große Landkarte. Der Dolmetscher bedeutete daraufhin dem Bürgermeister, daß diese seltsame und
lautstarke Audienz beendet wäre.
Bürgermeister Langen ging. Der Dolmetscher folgte ihm auf dem Fuße und erklärte, der General wäre ungehalten, weil er als Bürgermeister keine Geschenke angeboten hatte. Den Soldaten fehle es an
Mänteln; er möge doch den Stoff hierfür anbieten. Der Bürgermeister befolgte den Rat des Dolmetschers. Er suchte nochmals den General auf und nahm 120 Ellen Tuch für 12 Mäntel mit. Im Namen des
Kaisers Alexander von Rußland begrüßte ihn nun der General mit Handschlag. Er bekam einen Stuhl angeboten und gleichzeitig den Auftrag, 30 Schneider zu beordern, ein Lokal anzumieten und 100 Lichter
zu beschaffen. Die Mäntel müßten unverzüglich angefertigt werden.
So kam es, daß auf die Schnelle im größten Raum des Pastorats 30 Sendenhorster Schneider unter Prügel der Kosaken Soldatenmäntel nähen mußten.
Bürgermeister Langen hatte gerade das Problem mit den Mänteln gelöst, da überfiel ihn erneut der Dolmetscher in Begleitung mehrerer Kosaken und verlangte den baren Kassenbestand des Cantons
Sendenhorst, eine Gratifikation in Bargeld und feines schwarzes Tuch zur Anfertigung von Kleid und Hose. Der Bürgermeister ließ notgedrungen schwarzes Tuch verabreichen, zahlte aus eigener Tasche 20
Kronthaler und gab dem Canton-Empfänger Devens Anweisung, gegen Quittung den baren Kassenbestand auszuzahlen. Noch mehr war Langen erstaunt, als der Dolmetscher mit 6 Mann Begleitung zurück kam
und eine Bescheinigung verlangte, daß er alles aus Stücken angeboten hätte.
Der Generalstab der Kosaken nahm in der
Stadt Quartier, die übrigen Soldaten kampierten auf dem Kirchhof und teils vor der Stadt. Von den requirierten Brettern wurden Hütten gezimmert; die beschlagnahmten Leitern und Ringsen zu Krippen
zusammengestellt. Am anderen Morgen warfen die Kosaken kurzerhand alles ins Feuer. Gerade diese Feuer der Soldaten hatten die Bürgerschaft die ganze Nacht hindurch Wache halten lassen, denn die auf
dem Kirchhof und vor den Toren der Stadt angelegten großen Feuer drohten jeden Augenblick durch Funkenflug die strohgedeckten Häuser in Brand zu stecken.
Aus Angst vor einer neuen Brandkatastrophe (noch 1806 waren 154 Wohnhäuser in Schutt und Asche gesunken) wurden sämtliche Brandlöschgeräte in Bereitschaft gehalten. Nicht nur der Bürgermeister war
froh, als die Kosaken um 6 Uhr morgens am 7. November 1813 über Warendorf in Richtung Halle weiterzogen. Ein einheimischer Bürger, J. D. Winkelmann, hat den Weg bis Halle gezeigt.
Aber nicht alle Kosaken hinterließen diesen Eindruck. So trafen am 17. Dezember1813, mittags 1 Uhr, 17 Kosaken mit 18 Pferden von Münster kommend in Sendenhorst ein. Auch sie erhielten Quartier und
Fourage. Am anderen Morgen gerieten einige Kosaken wegen Trunkenheit mit ihnen Quartiersleuten in Streit. Die Bürgersleute hatten die Trommel ergriffen und durch Trommelklang in Windeseile über 100
Bürger nach Landsturmart mobilisiert. Sie waren mit Heugabeln, Sensen und anderen Geräten bewaffnet und hatten bereits zwei Kosaken zu Boden geschlagen, als Bürgermeister Langen eintraf. Er
beschwichtigte beide Seiten. Sein Namensvetter Vikarius Langen bot sich als Ordonnanz an, den Russen den Weg nach Ahlen zu zeigen. Der Bürgermeister beschaffte einen Vorspannswagen, auf dem die zwei
"blessierten " Kosaken nach Ahlen transportiert werden konnten. Ob auf diesem Wege ein Soldat verstorben und am „Witten Paohl“ an der Gemeindegrenze Ahlen-Sendenhorst bestattet worden ist, bleibt
wohl ungewiß. Bürgermeister Langen hat diesen Vorfall in seinem Bericht nicht festgehalten, er ist ab er in einem anderen Beitrag zur Stadtgeschichte von Sendenhorst vermerkt.
Das war Sendenhorst 1974 NN | 31.12.1974
Ein ereignisreiches Jahr Rückblende auf große und kleine Geschehnisse zwischen Neujahr und Silvester - Absoluter
Höhepunkt im kommunalpolitischen Geschehen war die Eröffnung des Hallenbades am 21. Juni. Innerhalb von 45 Tagen wurden 20.000 Besucher gezählt.
SENDENHORST. Ein Jahr geht zu Ende. War es ein Jahr wie viele vorher? War es ein Jahr der Höhepunkte? Gewiß - vieles im Ablauf des Jahres wiederholte sich, aber vieles war gerade in diesem Jahr neu und „geht in die Geschichte ein“.
Bild:
Hallenbad kurz nach der Eröffnung
Kunterbunt und ohne spezielle Auswahl ist in unserer Jahreschronik der Stadt Sendenhorst zusammengetragen, was gerade noch erinnerlich war. Das ist keine mit Anspruch auf letzte Vollständigkeit
geführte Darstellung, und die Grenzen zwischen Höhepunkten und allgemeinem Jahresablauf verwischen sich. Dennoch soll sie an das eine oder andere Ereignis erinnern und ein buntes Spiegelbild des
Geschehens im Laufe des Jahres 1974 in der Stadt Sendenhorst vermitteln.
Januar
Im Januar sammelten die Sternsinger über 2000,-- DM. Große Trauer herrschte, über den plötzlichen Tod von Pastor Mennemann. Eine seit dem 13. Dezember 1973 vermißte Frau aus
Sendenhorst wurde am 2. Januar tot aus der Nordenbleiche geborgen. Die freiwillige Feuerwehr feierte bei Kaupmann ihr Winterfest und hielt im „Alten Gasthaus Suermann“ ihre Jahreshauptversammlung ab.
Im alten Pfarrhaus fand die Generalversammlung des Kirchenchores Cäcilia 1869 statt. Der Allgemeine Schützenverein feierte Winterkränzchen bei der „Waldmutter“; die Kaninchenzüchter tagten bei
Kaupmann. Ökumenische Gottesdienste fanden in der Woche vom 20. bis 27. Januar in beiden Kirchen statt. Der Haushaltsplan der Stadt Sendenhorst 1974 wurde verabschiedet. Er schließt im
Verwaltungshaushalt mit 4 773 400 DM und im Vermögenshaushalt mit 4 510 100 DM ab.
Februar
Im Februar tagte der alte Pfarrgemeinderat der Kirchengemeinde St. Martin zum letzten Male. Die Kolpingfamilie feierte Karneval in der Aula der Realschule, die Sportgemeinschaft
bei der „Waldmutter“. Die Junge Union diskutierte mit den Bürgermeistern des Amtes und der Stadt. Das Baugebiet „Plattenbree“ wurde vermessen. Am 15. Februar brannte das Hauptgebäude des Hofes
Feldmann in der Bauerschaft Elmenhorst nieder; gemeinsam bekämpften die Wehren aus Sendenhorst und Albersloh den Großbrand. Dr. Laink-Vissing wurde zum Vorsitzenden der Sportgemeinschaft
gewählt.
Bild: Die Jugend beteiligte sich aktiv am
kirchlichen Leben in beiden Gemeinden. Eigens gestaltete Jugendmessen fanden viel Anklang und Verständnis.
März
Im März entsandte die Germania-Brauerei Münster aus Anlaß des 50-jährigen Bestehens des Bierverlags B. Silling einen von Pferden gezogenen Prunkbierwagen nach Sendenhorst. MdB
Heinrich Windelen aus Warendorf sprach vor der Kolpingfamilie. An der Ecke Schulstraße/Weststraße zeigt ein großer Baukran die Baustelle des ersten Wohn- und Geschäftshauses im Sendenhorster
Sanierungsgebiet an. Am 24. März fand die Wahl des neuen Pfarrgemeinderats statt. Der Kirchenchor „Cäcilia“ nahm am Kreisleistungssingen zum Titel „Meisterchor“ in Dortmund-Schwerte teil. 17
Sendenhorster Frauen und Männer erhielten aus der Hand des DRK-Vorsitzenden, Amtsdirektor Esser, Ehrennadeln als langjährige Blutspender. Jungkolping besuchte die Justizvollzugsanstalt Vechta. Die
Martinusschützen hielten bei Laumann eine Versammlung ab. Die Voltigiergruppe des Reit- und Fahrvereins Sendenhorst fuhr zum Internationalen Reitturnier in die Dortmunder Westfalenhalle. Das
Baugebiet Hagenholt erhielt einen separaten Fußweg mit einer Holzbrücke über den Helmbach. In der Eingangshalle des St.-Josef-Stifts wurde eine handgeschmiedete Vierjahreszeitenuhr angebracht.
April
Unter großer Anteilnahme der Bevölkerung wurde am ersten April der am 27. März verstorbene Dr. med. Karl Schäfer zu Grabe getragen. Die Sendenhorster Reiter wählten einen neuen
Vorstand. Die Junge Union hielt im JU-Heim einen Filmabend ab. An der Bahnhofsstraße fand mit 30 Kirmeswagen eine gutbesuchte Frühjahrskirmes statt. Der Hallenbadausschuß legte die Benutzungs- und
Gebührenordnung für das neue Hallenbad fest. Der neugewählte Pfarrgemeinderat fand sich zur ersten und konstituierenden Versammlung im alten Pfarrhaus ein. An den Osttürmen der Pfarrkirche begannen
Ausbesserungsarbeiten.
Bild: Der neue Fanfarenzug trat
anlässlich des 60-jährigen Jubiläums der Kolpingfamilie erstmals an die Öffentlichkeit und war seitdem bei allen großen Festen dabei.
Mai
Im Mai feierte die Kolpingfamilie Sendenhorst in einer Festwoche vom 5. bis 11. Mai ihr 60jähriges Bestehen. Zum Abschluß fanden an zwei Abenden im großen Festzelt auf dem
Lambertiplatz Musikparaden mit internationalen Stars statt. Der Heimatverein hielt am 14. Mai eine Generalversammlung bei Laumann ab; neuer Vorsitzender wurde H. G. Fascies. Die Landjugend trat zu
freundschaftlichen Fußballspielen an. Vier Klassen der Grundschule gingen erstmals zum Tisch des Herrn. Der Basar der Mädchengruppe Jungkolping brachte 922,-- Mark ein. Der Betrag wurde als Spende
der Krankenhaussonderschule in Sendenhorst überreicht. In der „Waldschänke“ feierte die Ehrengarde des Allgemeinen Schützenvereins ihr eigens Schützenfest. Die Johannisbrüder wählten in der
Gaststätte „Zum Südpol“ Hermann Stadtmann zum neuen Oberst.
Bild: Der Fahnenschlag zum
Schützenfest ist immer wieder Anziehungs- und Höhepunkt
Juni
Am 2. und 3. Juni (Pfingsten) gewannen die Sendenhorster Meßdiener auf einem Fußballturnier unter zehn Mannschaften in Drensteinfurt den Siegerpokal. Am 21. Juni wurde mit einem
Festakt das neue Hallenbad seiner Bestimmung übergeben. Die Johannisbrüder feierten erstmals bei der „Waldmutter“ ihr Schützenfest; König wurde Josef Mertens. Der Kirchenchor „Cäcilia“ startete zu
einer dreitägigen Ausflugsfahrt nach Flandern. Am 8., 9. und 10. Juni war großes Schützenfest mit König Dr. Albert Meisterernst und Königin Frau Schulze Roetering-Gaßner. NRW-Minister W. Figgen
besichtigte das St.-Josef-Stift Sendenhorst, das mit seinem 306 Betten-Haus eine Krankenhauslücke zwischen Ahlen und Münster schließt. Am 21. Juni hielten der SPD-Ortsverein eine
Mitgliederversammlung ab.
Juli
Im Juli beteiligten sich über 120 Personen an der Fußwallfahrt nach Telgte. Mit großer Trauer vernahm Sendenhorst die Nachricht, daß Schwester Walbertine, die seit
1937 unermüdlich auf der Frauenstation des Krankenhauses wirkte, verstorben ist. Die Pennigstiege wurde ausgebaut. Das alte Pastoratsgebäude erhielt einen neuen Außenanstrich. Das Hallenbad wies
Rekordbesuche auf. Die Pfadfinder veranstalteten in Untiedts Garten Kinderkirmes und Lagerfeuer sowie eine Familienstafette. Die Martinusschützen weilten zu einem Freundschaftsbesuch bei der
Schützenbruderschaft St. Sebastian in Westtönnen. Die Feuerwehr feierte ihr Sommerfest bei Dauerregen auf der Hardt. Die Realschule Sendenhorst demonstrierte beispielhaft musische Bildung in ihrer
Aula unter der Regie von Lehrer Dirk von der Kooy. Ein bunter Kindernachmittag an der Grundschule erbrachte eine Spende von 1800,-- DM für die Aktion Sorgenkind. Die Teilnehmer der Gitarren- und
Akkordeonkurse des Bildungswerkes St. Martin zeigten an einem Vorspielabend unter Leitung von Josef Reiling ihr Können. Die Kleingärtner feierten in ihrer Gartenanlage ein gelungenes Sommerfest. Die
NRW-Landesregierung sicherte Sendenhorst neben dem Ausbau der Landstraße 586 von Sendenhorst nach Albersloh den Bau einer Umgehungsstraße zu. Die Renovierung der Osttürme und des Westturmes der
Pfarrkirche St. Martin erforderten einen Kostenaufwand von rund 150 000 DM. Am 26. Juli erschien im Bundesgesetzblatt das Gesetz zur Neuregelung der Gemeinden und Kreise des Neugliederungsraumes
Münster/Hamm, das den Kreis Beckum auflöst und die Gemeinden Sendenhorst und Albersloh ab 1. Januar 1975 zu einer Stadt Sendenhorst vereinigt. Der Jungkolping Sendenhorst lud zu einer Fahrrad-Rallye
rund um Sendenhorst ein. 22 Teilnehmer gingen an den Start und bewältigten die nicht einfache Strecke. Zahlreiche Preise winkten den erfolgreichsten Fahrern. Das Fußballfieber griff weit um sich, und
das DRK hatte ein Einsehen. Alle Blutspender brauchten die zweite Finalrunde der Weltmeisterschaft nicht zu verpassen: Die Rotkreuzler hatten vorsorglich ein Farbfernsehgerät aufgestellt. 29 Damen
und 20 Herren des Schuljahrganges 1923/24 trafen sich zu einer Wiedersehensfeier in ihrer Heimatstadt Sendenhorst.
Bild: neue Glocken, die ersten aus Bronze, erhielt die evangelische Friedenskirche mit ihrer Weihe am Erntedanktag
August
Am 2. und 3. August eröffnete die Bäuerliche Bezugs- und Absatzgenossenschaft eGmbH mit einem „Tag der offenen Tür“ ihren „Westmarkt“ mit einem Angebot für Haus,
Hof und Garten. Das DRK führte eine Werbeaktion durch. Hinter dem Mühlenknapp ist der Mittelweg ausgebaut worden. Der Sendenhorster Stadtrat beschloß als zweckmäßigste Lösung eine nördliche
Umgehungsstraße als Ausgleich für die negativen Auswirkungen der geplatzten Großflughafenplanung. Für das Baugebiet „Garrath“ soll ein neuer Bebauungsplan aufgestellt werden. In den ersten 45 Tagen
seit seiner Eröffnung hat das Hallenbad 20 000 Besucher aufzuweisen. 1,9 Millionen DM Erschließungskosten erfordert das neue Baugebiet „Schörmel“. Am 9. August sorgten anhaltende
Gewitterniederschläge für zahlreiche Überschwemmungsschäden, die zu einem zweitägigen Dauereinsatz der Sendenhorster Feuerwehr führten. Der Turm der Evgl. Friedenskirche wird nach einem Beschluß des
Presbyteriums der Kirchengemeinde um- und ausgebaut. Dazu sollen durch Spenden zwei neue Bronzeglocken angeschafft werden. Der Heimatverein beschloß in einer Vorstandssitzung die Herausgabe eines
Informationsblattes über Sendenhorst und Albersloh zum 1. Januar 1975. Die Sportgemeinschaft veranstaltete in der letzten Ferienwoche eine Woche des Sports, in der sich 60 Sendenhorster die
Trimm-Medaille erkämpften. Wie alljährlich fuhren Stadt- und Feuerwehrkapelle an Mariä Himmelfahrt nach Warendorf und intonierten dort mit anderen Musikkapellen bekannte Marienlieder. Sendenhorster
Kinder verbrachten unvergeßliche Ferien in der Wildschönau (Tirol).
September
Am 10. September startete der Heimatverein zu einem gelungenen Ausflug nach Arnheim/Holland. Die Liebesgasse erhielt eine meterbreite Plattierung. Am 17. September
fand traditionell das Lambertussingen der Kinder statt. Mit dem Ausbau eines Wanderweges vom alten Postweg zur Hoetmarer Straße und weiter zur Telgter Straße ist begonnen worden. Der Pfarrgemeinderat
beschließt, ein Pfarrfamilienfest und eine Pfarrkirmes abzuhalten. Das Bildungswerk St. Martin legte ein neues Winterprogramm 1974/75 mit reichhaltigem Angebot vor. Die Kolpingfamilie veranstaltete
ihr Sommerfest; König wurde Gerd Steiling. 60 Sendenhorster beteiligten sich als Gäste am Hosenlakenschießen der Bundeswehr (4. Kp.) in Ahlen. Die Feuerwehren von Sendenhorst und Albersloh trafen
sich zu einer Großübung in der Bauerschaft Elmenhorst auf den Höfen Pohlmeier und Hattrup-Mayer. Die Spadaka Sendenhorst entschloß sich zu einer Namensumtaufe: Künftig ist von der Volksbank
Sendenhorst die Rede. Die Burgbühne besuchte zum Abschluß der Spielzeit das St.-Josefs-Stift. Das Lambertussingen fand wie eh und je großen Anklang. Ebenfalls großen Anklang fand die traditionelle
Herbstkirmes, die in diesem Jahr um eine Woche vorverlegt worden war. Die jüngsten Schüler der Realschule St. Martin zeigten ihren Eltern, was sie im Musikunterricht gelernt haben.
Bild: Der Bauauftrag für das neue
Bürgerhaus vergab der Rat in seiner letzten Sitzung an die Vellener Bauunternehmung Gebr. Wittkemper
Oktober
Am 5. Oktober hielt der Schützenverein St. Martinus im Saale Kaupmann Rückschau auf das große Schützenfest. Für Alleinstehende fand durch Initiative des
Caritasarbeitskreises im alten Pfarrhaus ein „Treffpunkt“ statt. In Verbindung mit dem Erntedank- und Missionsfest erhielten zwei neue Glocken der Friedenskirche die kirchliche Weihe. Verschiedene
Schuljahrgänge trafen sich zu Wiedersehensfeiern. Die Kirchengemeinde St. Martin hatte ein gelungenes Pfarrfamilienfest und eine gut besuchte Pfarrkirmes zu verzeichnen. Theodor Alberternst, ein
gebürtiger Sendenhorster, erhielt in Zweibrücken die amerikanische Tapferkeitsmedaille verliehen. Die Feuerwehr veranstaltete eine Brandschutzwoche mit Schauübung an der
Kardinal-von-Galen-Schule.
November
Am 1. November fuhren die Kolpingsöhne nach Bremen. Gute Beteiligung fand die Allerseelenprozession zum Friedhof am Nachmittag des Allerheiligentages. Das
Sendenhorster Hallenbad erhielt auf Beschluß des Stadtrates an der Vorderfront ein buntes Wellenband. Am Volkstrauertag fand eine Gedenkstunde am Kriegerehrenmal am Osttor statt; Pastor Günther hielt
eine Gedenkrede. Der Ausbau der Ortsausfahrt an der nach Wolbeck führenden Landstraße fand mit der Fertigstellung des Bürgersteiges seinen Abschluß. In Albersloh kam es zur ersten Kontaktaufnahme des
Sendenhorster Heimatvereins mit allen Vereinsvorständen und sonstigen Institutionen. Der Sendenhorster Stadtrat faßte einen Schnellbeschluß über den Bau eines Bürgerhauses anstelle des Kaupmannschen
Saalbaues, das zum Teil aus Mitteln des Konjunkturförderungsprogramms der Landesregierung NRW finanziert wird.
Dezember
Im Dezember fanden vom DRK und den Kirchengemeinden inszenierte Advents- und Weihnachtsfeiern für betagte Mitbürger und ausländische Familien statt. In der
Pfarrkirche St. Martin erklang geistliche Abendmusik. Die Kolpingfamilie und der Kolping-Chor hielten Generalversammlungen ab. Die Schießgruppe des Allgemeinen Schützenvereins veranstaltete ein
Preisschießen. Die Feuerwehren von Sendenhorst und Albersloh vereinigten sich zu drei Löschzügen. In der Hl. Nacht erklang Blasmusik am St.-Josef-Stift. Festliche Gottesdienste unter Mitwirkung der
Kirchenchöre erklangen zu Weihnachten in allen Kirchen. Der Rat der Stadt und die Amtsvertretung Sendenhorst hielten ihre letzten Sitzungen ab; Wappenteller wurden als Erinnerungsgaben überreicht.
Für die Vakanzzeit übernimmt Bürgermeister Ewald Rüschenschmidt aus Albersloh (Stellvertreter Franz Keweloh aus Sendenhorst) für den Rat und Heinrich Esser aus Sendenhorst (Stellvertreter Bernhard
Schmies aus Sendenhorst) für die Verwaltung die Geschäfte bis zur Neuwahl der Stadtvertretung im Mai 1975.
1975 - Der letzte Pängel-Anton BF | Sommer 1977
Enniger / Sendenhorst Der letzte planmäßige Personenzug der WLE fährt am kommenden Samstag. Am Samstag kommender
Woche, dem letzten Tag des Sommerfahrplans 1975, fährt zum letzten Mal ein Personenzug der WLE auf der Strecke Münster - Sendenhorst - Enniger - Neubeckum.
Sendenhorster Bahnsteig in den 1920ern
Damit geht nach 72 Jahren ein Stück Eisenbahngeschichte unwiederbringlich zu Ende. Damals ahnte man noch nicht,
welche Formen die Motorisierung mit sich bringen würde und die Eröffnung der Eisenbahnstrecke von Münster nach Neubeckum am 1. Oktober 1903 bedeutete für den hiesigen Bereich den Anschluß an die
große weite Welt. Diese Art ist nun am kommenden Wochenende zum letzten Mal gegeben. Der Zug fährt um 18.29 Uhr ab Albersloh, 18.40 Uhr ab Sendenhorst und um 18.52 Uhr ab Enniger.
Schon lange vor der Jahrhundertwende tauchten Pläne auf, eine Bahnstrecke Beckum – Neubeckum - Münster zu bauen. Die Resonanz in der Bevölkerung war sehr groß. Die WLE unterhielt damals bereits
mehrere Strecken:
• Lippstadt-Warstein seit dem 1. Nov. 1883,
• Lippstadt-Beckum seit 1898,
• Brilon - Stadt-Soest seit 1898/1899,
• Neubeckum-Warendorf seit 1899/1901
Am 1. Oktober 1903 wurde die Strecke Münster - Neubeckum - Beckum eröffnet.
Bild: ABSCHIED NEHMEN von den WLE-Personenzügen mit
Dampflok mußte man schon vor vielen Jahren; bald rollt auch der letzte planmäßige Personenzug mit Diesellok über die Strecke Münster-Neubeckum
Der Eröffnungszug war mit Kränzen und Fähnchen prächtig geschmückt. Ein großes Festbankett wurde im Rathaussaal abgehalten. Die Strecke Münster-Neubeckum ist 36,120 km lang und endete bis 1949 im
Landesbahnhof (Münster-Ost). Erst seit dem 15. Mai 1949 fahren die Reisezüge der WLE in den Hauptbahnhof ein, nachdem man 46 Jahre nach Eröffnung der Strecke die fehlenden 700 Meter Gleise bis zum
Hauptbahnhof gelegt hatte.
Von 1903 bis zum Frühjahr 1971 verkehrten regelmäßig Dampflokomotiven auf dieser Strecke. Eisenbahn-Freunde werden sich gewiß der 0031 erinnern, die bis zuletzt treu und brav ihren Dienst versah.
Gleichzeitig wurden ab 1956 Diesellokomotiven eingesetzt, die ja auch heute noch laufen. Erwähnenswert ist auch das Zugpaar ET 875/786 das in den Jahren 1953/54 kurzfristig auf dieser Strecke
verkehrte. Es handelt sich hierbei um einen Eilzug von Münster über Neubeckum - Lippstadt nach Warstein und zurück. Somit war der Bahnhof Enniger in seiner 72jährigen Geschichte auch einmal
Haltestelle eines Eilzuges! Wenn man in alten Kursbüchern blättert, so schwankt die Anzahl der Personenzüge auf dieser Strecke. 1914 waren es zwölf, 1939 zwanzig, 1944 fünfzehn, 1950 einundzwanzig,
1966 sechzehn, 1972 bis 1974 zehn, 1975 nur noch drei Züge täglich.
Enniger war von Anfang an eine selbständige Dienststelle mit einem Bahnhofsvorsteher und einen Be-diensteten. Im Zuge der Rationalisierungsmaßnahmen wurde 1970 der Bahnhof Enniger geschlossen.
Seitdem werden bei Zugkreuzungen die Weichen vom Zugbegleitpersonal mit einem Drucktastenstellwerk bedient.
Mit Schließung des Bahnhofs Enniger wurde auch die Ausgabe von Fahrkarten eingestellt. Die Ennigeraner brauchten trotzdem nicht auf die gewohnten bedruckten Kärtchen zu verzichten, zumindest wenn sie
nach Münster oder Neubeckum wollten, denn seit 1970 gibt es weiterhin Fahrkarten, jetzt aber beim Friseur Stuckemeier in Enniger. Auch das wird sich insofern ändern, als es bei ihm nach dem 27.
September 1975 nur noch Wochen- und Monatskarten für den Busverkehr geben wird. Der Verkauf von Einzelkarten wird eingestellt.
Die Interessengemeinschaft Enniger möchte gemeinsam mit der Bevölkerung diesen letzten Personenzug gebührend verabschieden. Alle Ennigeraner, die gerne mitmachen möchten, sind herzlich dazu
eingeladen. Das Programm im einzelnen wird im Laufe der kommenden Woche durch die WN bekanntgemacht. Außerdem können Interessierte sich nähere Einzelheiten telefonisch einholen bei Bernhard Flüthe,
Enniger, Tel. 130. Geplant ist bei schönem Wetter - wie in alten Tagen - ein gemeinsamer Spaziergang nach Tönnishäuschen, wo der Zug um 18.48 Uhr hält. Auch die Kapelle Bundi ist mit von der
Partie. Von Tönnishäuschen geht es dann mit Musik und guter Laune nach Enniger mit dem Zug. Die Fahrt ist für alle Beteiligten kostenlos, da die Interessengemeinschaft für eine Pauschal-Freifahrt
sorgt. Der „Samba-Expreß“ wird dann nach vier Minuten Fahrzeit in Enniger erwartet, wo das Bahnhofsgebäude zur Feier des Tages noch einmal beflaggt wird. Sicherlich mit einiger Verspätung wird der
Zug dann den Bahnhof Enniger unter den Klängen eines Abschiedliedes wieder verlassen. Auch hier wird er - wie in alten Tagen - original - mit Abfahrtskelle und Pfeife verabschiedet.
Und wenn dann die Schlußlichter in der Ferne verschwinden, werden gewiß viele Teilnehmer sich in der Bahnhofsgaststätte zusammenfinden und in der "DO'MI'NO-Bar" den letzten Zug begießen, getreu dem
Motto: Do mi no een! b. f.
1975 - Kirchengemeinden vor Ort NN | 1970er
Katholische Pfarre St. Martin | Evangelische Kirchengemeinde | Kath. Pfarre St. Ludgerus
Bild:
Ostseite St. Martin in den 1970ern, siehe Einbahnstraßenschild!
Älteste und größte Kirchengemeinde ist St. Martin. Ihr
gehören über 82 Prozent der Sendenhorster Bevölkerung an. Neben der Seelsorge ist die Gemeinde Träger vieler kultureller Einrichtungen wie der öffentlichen Bücherei mit 5000 Bänden, Kassetten und
Spielen, des Volksbildungswerks St. Martin, der Realschule St. Martin und anderer Einrichtungen.
Sie fügt über ein Jugendheim, viele aktive Jugendgruppen und zwei Kindergärten. Neben den reinen Jugendgruppen sind die Kolpingfamilie und die Frauengemeinschaft aktive Glieder dieser Pfarrgemeinde,
die darüber hinaus Kurse und Schulungen über das „Haus der Familie“ anbietet und Familien- und Krankenpflege im Hause organisiert.
Evangelische Kirchengemeinde
Zur evangelischen Friedensgemeinde Sendenhorst gehören auch die evangelischen Bürger von Vorhelm und Enniger. Sie machen etwa die Hälfte der rd. 2000 Gemeindemitglieder aus. Ein eigenes
Gemeindezentrum mit Kirche und Jugendräumen entstand am Südtor. Die Gemeinde, die vor allem durch den Zuzug der Vertriebenen und Flüchtlinge nach dem Krieg entstand, löste sich 1969 von Ahlen und
wurde selbständig.
Rege Aktivität herrscht in der kleinen Gemeinschaft und trotz der räumlich bedingten Schwierigkeiten. – Die evangelischen Christen in Albersloh gehören zur Kirchengemeinde Wolbeck. Sie machen nur
etwa 10 Prozent der Bürger aus, während es in Sendenhorst selbst etwa 17 Prozent sind.
Kath. Pfarre St. Ludgerus
Die St. Ludgerus-Pfarrgemeinde in Albersloh umfaßt mit knapp 3000 Pfarrangehörigen fast 90 Prozent der Bevölkerung des Ortsteils. Die Pfarrgemeinde unterhält das örtliche Belegkrankenhaus mit 31
Betten, die Altentagesstätte durch ihre Frauengemeinschaft, einen Kindergarten mit 120 Plätzen und eine Bücherei mit rund 2000 Bänden zur Ausleihe. Von der Pfarrgemeinde geht im wesentlichen alle
Aktivität der Jugendarbeit aus, daneben bestehen die Männersolidarität und eine aktive Frauengemeinschaft, Kolpingfamilie und KAB. Auch der Sportverein gehört zur Pfarre. Ein Jugendheim wird intensiv
geplant.
1975 - Sendenhorst weiht sein BÜRGERHAUS
NN | 1975
Mit ihrem neuen Bürgerhaus, das jetzt dem Rat als Vertreter der Bürgerschaft übergeben und von den Kirchen gleichzeitig geweiht wird,
hat die Stadt Sendenhorst etwas, das seinesgleichen sucht. Zwar gibt es auch hierzulande städtische oder gemeindliche Säle aber..
Die alte Gaststätte Kaupmann
Bild: Bürgerhaus im Jahr 2012
.... Sendenhorst präsentiert ein ganzes Haus! Und an den Bürgern wird es liegen, Leben in die Räume zu bringen, daraus erst ein Bürgerhaus zu machen. Als Ratsbeauftragter Ewald Rüschenschmidt
am 8. Januar dieses Jahres den ersten Spatenstich tat, glaubte außer Architekt Helmut Hülsey niemand so recht daran, daß der Bau tatsächlich im Dezember fertig sei. Nun - er wurde es noch im
November. Dank dafür gebührt dem Architekten selbst, den Bauhandwerkern des Generalunternehmers Gebr. Wittkemper aus Vellern und all seiner Subunternehmen, ebenso aber auch dem Rat, insbesondere
seinem Bürgerhausausschuß, und - eigentlich an erster Stelle zu nennen - Bürgermeister Heinz Schibill, der permanent täglich zur Baustelle radelte und da druck hintersetzte, wo es notwendig
war.
Seit Franz Kaupmann seinen Saal geschlossen hatte, der vorher an gleicher Stelle Treffpunkt der Sendenhorster Bürger und Vereine gewesen war, fehlte etwas in der Stadt. Und da kam die Hilfe - diesmal
von oben. Bund und Land stellten mit ihrem ersten Konjunkturprogramm 1 134 000 Mark bereit, das sind 60 Prozent der unrentierlichen Kosten von 1 890 000 Mark bei einer veranschlagten Gesamtsumme von
2 130 000 Mark. Eine Million hatte aber die Stadt selbst aufzubringen. Sie wagte es und gewann ein Bürgerhaus. Zweiter „Möglichmacher“ war Architekt Hülsey, der beim Bekanntwerden des
Konjunkturprogramms einen fertigen Plan aus der Schublade ziehen konnte, der seiner Konzeption von der Neugestaltung der Weststraße entsprach, für die er schon die Geschäftshäuser co-op / Meyer und
den neben dem Bürgerhaus gelegenen Stock-Markt entworfen hatte.
Nach seinen Plänen wurde das Haus erstellt, das mehr sein soll, als eine Gastwirtschaft mit Saal. Die Gaststätte im Erdgeschoß wird 50 Sitzplätze enthalten und eine große Theke für die, die lieber
näher am Zapfhahn sitzen. Sie wird geleitet von A. Stoffmehl, dem die Stadt über die Hoga-GmbH die Bewirtschaftung des Hauses verpachtet hat. Im Vertrag ist genau festgelegt, welche Rechte und
Pflichten der Pächter hat. Er wird ein Speiselokal eröffnen und auch eine gewisse Verwaltung für das ganze Haus übernehmen. Der Saal kann sowohl von ihm als auch - getrennt von der Gastwirtschaft -
für öffentliche Veranstaltungen genutzt werden. Dieser Saal umfaßt rund 500 Sitzplätze in Reihen und etwa 320 Plätze an Tischen bei Veranstaltungen mit Verzehr. Zum Saal gehören eine transportable
Bühne besonderer Bauart, ein Foyer als Empfangsraum, Garderoben und eigene Toilettenanlagen.
Ein Teil der beiden Obergeschosse ist als Inset-Haus für die Wohnung des Wirtes belegt. Für die Bürger aber stehen dort Räume zur verschiedenartigsten Nutzung zur Verfügung. Der Rat selbst hat sich
einen Sitzungssaal vorbehalten, in dem zukünftig die Ratssitzungen stattfinden sollen, nachdem der Rathaussaal schon wieder zu klein geworden ist. Ein Raum für die Übungsgruppen des Jugendmusikwerks
und ein weiterer, größerer Musikraum sind im Obergeschoß; dort können auch die Chöre üben. Ferner ist ein allgemeiner Jugendraum eingerichtet worden, der von den verschiedensten Gruppen genutzt
werden kann, sofern sich jemand bereit erklärt, der Stadt gegenüber die Haftung zu übernehmen.
Im Keller sind drei moderne Bundeskegelbahnen installiert worden, damit auch die Kegelklubs auf ihre Kosten kommen, und ein Schießstand, den die Schießgruppe St. Martini in ihre Obhut übernehmen
möchte. Die ersten Veranstaltungen im Bürgerhaus
Zu einem Festakt anläßlich der Eröffnung des Bürgerhauses hat die Stadt Sendenhorst etwa 180 Gäste eingeladen.
Auf der Liste steht an erster Stelle Regierungspräsident Dr. Möcklinghoff, gefolgt von Dezernenten seines Regierungspräsidiums. Es folgen die Spitzen der Kreisverwaltung und Oberkreisdirektor
Winfried Schulte bzw. Kreisdirektor Dr. Thöne, die Geistlichkeit der Stadt, die Schulleiter, Kindergartenleiterinnen, die Ehrenbürger Dr. Lintel-Höping und Brandhove, die Vorseitzenden der
Sendenhorster und Albersloher Vereine und Verbände, Vertreter der Bundeswehr-Partnerschaftskompanie, der Polizei. Nicht fehlen dürfen selbstverständlich die Ratsmitglieder und die sachkundigen Bürger
des Rates, die Mitglieder des Umlegungsausschusses, der Leiter des Jugendmusikwerks, die Stadt- und Sanierungsplaner und –träger, schließlich der Architekt, die beteiligten Firmen und
Handwerker.
So soll das Programm ablaufen:
* Musikvortrag der Flötengruppe der Musikschule Sendenhorst
Rodrigro-Suite von Georg Friedrich Händel für Blockflöten-Trio und Basso continuo – 2. Satz: Menuett, 3. Satz: Bourree.
* Kirchliche Weihe des Hauses durch die Pfarrer Brink und Günther
* Musikvortrag der Flötengruppe der Musikschule Sendenhorst
Rodrigo-Suite von Georg-Friedrich Händel, 4. Satz: Rigaudon, 5. Satz: Gigue
* Begrüßung und Ansprache des Bürgermeisters und Stadtdirektors
* Musikvortrag des Schülerchors der Hauptschule Sendenhorst
* Wir radeln durch das Land Fahrende Musikanten
* Grußworte der Gäste
* Musikvortrag des Kirchenchors „Cäcilia“ Sendenhorst
Viele verachten die edle Musik – Weise von J. K. Bachofen, Satz G. Wolters
Fallalla (Kanon) – Worte J. Rohwer / G. Wolters, Weise: J. Rohwer
* Schlüsselübergabe durch Architekt Hülsey an Bürgermeister Schibill und durch Bürgermeister Schibill an Pächter A. Stoffmehl
* Musikvortrag des Kolpingchors Sendenhorst
Auf, ihr Brüder, laßt uns singen – H. Iphoven
Frei weg – Peter Arens / Jakob Christ
* Besichtigung des Hauses und Imbiß
* Tanz und Unterhaltung
Samstag, 29. November, 20 Uhr
Es singt Gabi Baginsky aus Rheine, bekannt von der ZDF-Hitparade.
Es spielen „The Rainbow’s zum Tanz“
Samstag, 13. Dez., um 20 Uhr
Ein festliches Konzert
Mitwirkende:
Kammersänger Heinz Hoppe, am Flügel begleitet von Ursula König
Kolpingchor Sendenhorst unter Leitung von Alfons Book, Klavierbegleitung Heinz Braunsmann
Kirchenchor „Cäcilia“ unter Leitung von Josef Reiling, Klavierbegleitung Ursula König
Orchester der Landesregierung NRW unter Leitung von Franz Lamprecht.
Durch das Programm führt Johannes Stoffers.
1. TEIL
Orchester:
Ungarischer Tanz Nr. 5 von Johannes Brahms
Kolpingchor:
„Amapolita – mexikanische Weisen von O. Groll
„Habt Dank, ihr Freunde“ – schottische Weise von O. Groll
Kirchenchor „Cäcilia“:
„Es klingt ein Lied“ – irische Weise von O. Groll
„Funiculi – Funicula“ – neapolitanische Weise von Luigi Denza
Orchester:
Zwischenaktmusik Nr. 2 zu „Rosamunde“ von Franz Schubert
Heinz Hoppe:
„Ein Jüngling liebt ein Mädchen“ von Robert Schumann
„Heideröslein“ von Franz Schubert
„Am Brunnen vor dem Tore“ von Franz Schubert
„Der Musensohn“ von Franz Schubert
Orchester:
Ouvertüre D-Dur im italienischen Stil von Franz Schubert
2. TEIL
Orchester:
Ouvertüre zur Oper „Die Zauberflöte“ von Wolfgang Amadeus Mozart.
Orchester, Heinz Hoppe und Chöre:
„Ich bin nur ein armer Wandergesell“ aus der Operette „Der Vetter aus Dingsda“ von Eduard Künneke
„Vater, Mutter, Schwestern, Brüder“ aus der Oper „Undine“ von Albert Lortzing
Ballettmusik Nr. 2 aus der Oper „Rosamunde“ von Franz Schubert
„Als flotter Geist“ aus der Operette „Zigeunerbaron“ von Johann Strauß
Orchester und Chöre:
„Kaiserwalzer“ von Johann Strauß
Schon im Terminbuch belegt:
16. Dezember 1975
Tagung der CDU-Frauenvereinigung Sendenhorst im Bürgerhaus
28. Dezember 1975
Deutsche Bundes-Kegelmeisterschaften im Bürgerhaus Sendenhorst
1975 - Abbruch oder Erhaltung des alten Jönsthövelschen Hauses? Kulturausschuß wünscht öffentliche Behandlung des Themas 16.10.1975 .Die Glocke
Initiative des Vorsitzenden des Heimatvereins, Hans-Günther Fascies, Forderung nach öffentlicher Diskussion, ob das alte Jönsthövelsche Haus – im Winkel Nordstraße/Schulstraße, – erhalten wird oder fallen muß.
Sendenhorst. Einer Initiative des Vorsitzenden des Sendenhorster Heimatvereins, Hans-Günther Fascies, ist es
zu verdanken, daß öffentlich darüber diskutiert werden wird, ob das alte Jönsthövelsche Haus – im Winkel Nordstraße/Schulstraße, neben dem Haus Pöttken, das im Zuge der Sanierung abgerissen werden
soll – erhalten wird oder fallen muß.
Bild:
Ein Blickpunkt für jeden, der den Sendenhorster Stadtkern besucht, ist dieses prächtige alte, in Fachwerk gestaltet Bürgerhaus. Im Sanierungsausschuß soll jetzt auch in der Öffentlichkeit darüber
diskutiert werden, ob das Haus Jönsthövel der Sanierung zum Opfer fallen soll oder erhalten werden kann.
Diese Frage wird viel diskutiert. Fascies war vom Vorsitzenden des Kulturausschusses, Hans Homeyer, in die Sitzung am Dienstag geladen worden, um als sachkundiger Bürger zu verschiedenen Fragen
Stellung nehmen zu können. Er nutzte diese Gelegenheit, dieses vieldiskutierte Problem um den Abbruch oder die Erhaltung des Hauses Jönsthövel in die – amtliche – öffentliche Diskussion zu ziehen.
Ausschußvorsitzender Hans Homeyer erklärte den Kulturausschuß als nicht zuständig, anerkannte aber die Wichtigkeit des Themas. Fascies nannte das Jönsthövelsche Haus ein wertvolles Stück
Alt-Sendenhorst. Einhellig war der Ausschuß der Meinung, die Anfrage in den öffentlichen Teil der nächsten Sitzung des Sanierungsausschusses zu bringen. Allgemeine Meinung: „Das Thema muß auf den
Tisch.“
Nicht sehr weit kam man mit Überlegungen, ob mit einer europäischen Gemeinde eine Partnerschaft geschlossen werden sollte. Bei diesem ersten Vortasten an dieses Thema kam man zu der Auffassung, die
Verwaltung solle bei Gemeinden etwa gleicher Größe, die Partnerschaften unterhalten, Erfahrungen zusammentragen. Auch die einzelnen Ausschußmitglieder sollten sich Gedanken machen und Vorstellungen
entwickeln. Eingeschlossen wurde auch der Vorsitzende des Heimatvereins, Fascies. Bei den Überlegungen standen auch die guten Kontakte im Raum, die Realschuldirektor Gatzen mit einer norwegischen
Gemeinde von 6000 bis 7000 Einwohnern unterhält.
In diesem Haushaltsjahr können keine Mittel mehr bereitgestellt werden für die Förderung und Unterhaltung von Bildstöcken. Eine entsprechende Anregung war von Pfarrer Brink ausgegangen. Eine
Bestandsaufnahme hat ergeben, daß weit mehr Bildstöcke vorhanden sind, als angenommen wurde. Die Kehrseite der Medaille: Viele Bildstöcke lassen in ihrem Zustand sehr zu wünschen übrig. Fascies
nannte vor allem einen Bildstock am Südendamm, der „in erbärmlichem Zustand“ sei. Er stehe an dem Platz, an dem früher in Sendenhorst Femegerichte abgehalten wurden.
Während die Bildstöcke in Sendenhorst sämtlich in Bild und Dia vom Heimatverein erfasst sind, müßte für den Stadtteil Albersloh eine solche Bestandsaufnahme erst gemacht werden. Der Pfarrer von
Albersloh, Dierks, soll angesprochen werden, damit jemand gefunden wird, der eine solche Aufgabe der Stadt vornehmen kann. Unter dem Titel Heimat- und Denkmalpflege sollen im nächsten Haushaltsplan
1500 Mark bereitgestellt werden. Der Kulturausschuß will sich in einer Sitzung die etwa 60 erfaßten Sendenhorster Bildstöcke in Form eines Lichtbildervortrages ansehen. Vorsitzender Hans Homeyer hat
angeregt, sich doch einmal Gedanken über einen Fassadenwettbewerb „Farbige Stadt“ zu machen, wobei Preise für die besten Lösungen ausgesetzt werden könnten. Diese Aktion könnte im Zusammenwirken mit
den Kreditinstituten laufen und mit einer Beratungseinrichtung. Die Verwaltung wurde beauftragt, Unterlagen aus recklinghausen zu besorgen und zu prüfen, wo ein ähnlicher Wettbewerb veranstaltet
wurde. Unter Federführung des Heimatvereins wird auch für 1976 ein Veranstaltungskalender herausgegeben. Alle Vereine wurden angeschrieben. Die Antworten stehen noch aus. Man ist darum bemüht,
Terminüberschneidungen zu vermeiden.
1977 - Festwoche in Sendenhorst 20.4.1977 | WN
27.4. - 1.5.1977 - Große Modenschau - Landjugendfest - Große Star-Parade - Volksfest für alle - Heiner Wienkamp, der Junge aus
Albersloh, eroberte sich die Herzen der Sendenhorster beim Karneval im Nu. Nun wirkt er zum erstenmal bei der Festwoche mit. "Wat dem een sin Uhl.."
Sendenhorst. Zum vierten Mal startet Hermann
Schlautmann, Sendenhorsts inzwischen routiniertester Show-Organisator, seine Festwoche. Er hat es wieder verstanden, weithin
bekannte, durch Funk- und Fernseh-Sendungen bis in die letzte Wohnstube hin „aufgetretene“ Interpreten moderner Schlager ebenso wie zeitgemäßer Folklore in die Stadt zu locken. Er hat damit nicht
nur Sendenhorst in diesen Kreisen zu einem Begriff werden lassen, sondern ebenso
den Sendenhorstern wie ungezählten Festwochen-Besuchern aus einem weiten Umkreis Gelegenheit gegeben, ihre Künstler selbst und live zu erleben. Alt und jung ist in den vergangenen Jahren gern ins
Zelt gekommen, ob es nun auf dem Lambertiplatz stand oder auf Geipings Wiese verdrängt wurde.
Bild rechts:
Diese vier jungen Musiker - alle aus dem engeren Raum um Sendenhorst - gründeten neben ihrem Beruf als "ernsthafte" Musiker die Argus-Show-Band und bringen moderne Hits aus den letzten 15
Jahren.
Sicher ist es für die direkten Nachbarn nicht immer ein Vergnügen, wenn gleich fünf Tage hintereinander unbestellte und oft auch ungewünschte Musik ertönt. Für
manche, ist mit drei Tagen Schützenfest schon der Jahresbedarf gedeckt. Und das Zelt hat für sie keinen Abstellknopf wie der Fernsehempfänger und das Rundfunkgerät. Für manchen anderen - und die
Besucherzahlen zeigen, daß das viele sind - ist das Zelt zur Sendenhorster Festwoche aber das, was die Halle Münsterland für das ganze Land sein soll. Das sollten die Kritiker bedenken, wenn sie
schon vorher von Phon-Kontrollen und Schall-Emissionen reden. Denn Sendenhorst hat keine Halle, die eine so große Bucherzahl fassen kann, die allein es erlaubt, solche Kräfte zu für jedermann
erschwinglichen Preisen auch nach Sendenhorst zu holen. Vielleicht ist man aber hier schon in ein paar Jahren so weit, daß man das
Zelt im Sport- und Erholungsgelände aufstellen kann, wo es keine Nachbarn mehr hat.
„Wat dem een sin Uhl, is dem annern sin Nachtigall“, sagt der Volksmund und hat - wie meistens - damit recht. Denn auch Beethovens Sinfonien erzeugen oft hohe Phon-Werte, von
Tschaikowsky ganz zu schweigen. Und wenn die Schützen feiern, geht es auch nicht ohne „Sang und Klang“. Deshalb sollte man den Schlager-Fans auch ihre Feste gönnen, wie der „reiferen Jugend“, die an
den Folklore-Abenden gern zum Zelt kommt, sich freuen und die Gelegenheit zum Tanz wahrnimmt, die gerade für die mittlere und ältere Generation so selten geworden ist.
Ein Trost bleibt dem Nachbarn: Am 2. Mai ist alles vorbei. H.E. Veith
Das Programm der vierten Festwoche in Sendenhorst
Mittwoch, 27. April, 20 Uhr
Modenschau
Vorgestellt wird die Frühjahrs- und Sommerkollektion mit der Bademode 1977 vom Sendenhorster Mode-Studio Regina Menke in Zusammenarbeit mit anderen Modehäusern. Durch das Programm
führt Heiner Wienkamp, der beliebte heimische Entertainer und Schlagersänger, den Sendenhorst schon kennt. Für die Musik während der Modenschau und
beim anschließenden Tanz im Festzelt sorgt das von den Festwochen und Schützenfesten bekannte Olaf-Jaan-Sextett mit seinen sechs Solisten, die
alle drei bis vier Instrumente spielen. Stundenlang unterhält das Orchester mit modernen Tänzen ebenso wie mit Evergreens und Oldies und bringt so alt und jung aufs Tanzparkett.
Donnerstag, 28. April, 19 Uhr
Kreislandjugendfest
Ein besonderer Leckerbissen für die Jugend ist dieser Abend mit der „Argus“-Show-Band, einer Gruppe, die so vielseitig wie kaum eine andere ist. Ihre Repertoire reicht zurück bis zu den Anfängen des
Rock’n Roll von Elvis Presley, Bill Haley und den Beatgruppen der 60er Jahre. Was die Beatles, Stones und Kings brachten, haben sie ebenso im Programm wie die neuesten Hits der Bay-City-Rollers,
Bellamy Brothers, Rubettes, Smokies und anderer hochaktueller Bands. Dazu stehen Titel von Solointerpreten wie Cliff Richard, Roger Whitaker und anderen auf dem Programm. Also: Tanzmusik noch und
noch bis in die späte Nacht und für jeden Geschmack.
Freitag, 29. April, 19.30
Uhr
Lustige Musikanten
Im abendfüllenden 3-Stunden-Nonstop-Programm treten bekannte Folklore-Gruppen auf, die zur Zeit in den Fernsehsendungen an vorderer Stelle stehen. Nina und
Mike (Bild rechts) nennt man Deutschlands Stimmungs-Duo Nr. 1. Seit sie 1969 beim ZDF erstmals vor die Fernsehkamera traten, ging es von Erfolg zu Erfolg. Ihre bekanntesten Hits: Fahrende
Musikanten - Schenk mir ein Leben mit dir - El Paradiso - Was wird sein in sieben Jahren - Sweet Amerika - Rund um die Welt geht das Lied der Liebe.
Meisterjodler der Spitzenklasse ist Roland Steinel (Bild links), der 28jährige Heidelberger und mehrfacher Sieger beim Deutschland-Funk. Als Solist bei
den „Schwarzwaldmusikanten“ begann seine Karriere, und seine sanft angerauhte Stimme begeistert mit kristallklaren Jodlern das Publikum.
22 Jahre jung und bildhübsch - 26 und echter „Steirabua“, das sind Marianne
& Michael (Bild links), denen die Musik in die Wiege gelegt wurde und die sich fanden zum gemeinsamen Musizieren. Was sie bringen ist
klar: Jodler aus allen Alpenländern, dazu Schnadahüpferin in naturechtem Sound.
Die große Kapelle an diesem Folklore-Abend bringt German Hofmann (Bild rechts) aus Ochsenfurt am
Main hierher. Die 16 Musikanten aus Franken kennen Sendenhorst von früheren Auftritten in den Festwochen und haben gern wieder zugesagt. Sie kennen ihr Publikum und viele Sendenhorster, und
Festwochenbesucher schätzen diese Kapelle, die Stimmung macht und das Publikum von den Stühlen reißt.
Samstag, 30. April, 19.30 Uhr
Das ist der absolute Höhepunkt der 4. Festwoche in Sendenhorst.Tony Marshall international bekannter Schlagersänger der Spitzenklasse, hat zugesagt! In einer zweistündigen Show mit seinem
eigenen, sechs Mann starken Show-Orchester sorgt der ebenso bekannte wie beliebte Star für Hochstimmung im Zelt. Wer kennt nicht seine Super-Hits wie: Schöne Maid - Komm gib mir deine Hand - Junge,
die Welt ist schön - und viele andere, die nicht nur seinen Ruhm begründeten, sondern ihn auch zum fünffachen Schallplatten-Millionär machten.
Mit von der Partie ist an diesem Abend aber auch Cherry
Laine aus Jamaica, eine Neuentdeckung von den Karibischen Inseln, die nicht nur durch ihre dunkle Hautfarbe, sondern mehr noch durch ihre Stimme besticht. Aus ihrem großen Repertoire
hat sie für Sendenhorst etwas Besonderes ausgesucht. Das Zelt steht kopf, wenn die Original Eschweiler Fanfaren-Trompeter (links) aufziehen.
Diese 30 Mann starke Band hat schon die ganze Welt bereist und überall Lorbeeren gesammelt. Aus einem Fanfarenzug der Eschweiler Karnevalsgesellschaft machte Willy Jouhsen ein Show-Orchester, das
heute zur Weltklasse zählt.
Sonntag, 1. Mai, ab 10.30 Uhr
Frühschoppen mit Tanz beginnt der
Maifeiertag im Festzelt auf dem Lambertiplatz schon um 10.30 Uhr für alle, die fröhlich sind. Im Zelt spielen die „Sharrons“, die beliebte Band aus dem Münsterland mit dem großen Repertoire. Daran
anschließend geht es gleich weiter. Hermann Schlautmann hat dafür gesorgt, daß auch die Frauen zu ihrem Recht kommen. Deshalb gibt es ab 12 Uhr im Zelt ein großes Erbsensuppen -
Essen Gekocht wird von Daddy Hauser, dem Chefkoch der Pfadfinder der Diözese Münster, und seinen Helfern. Dazu bedarf es in Sendenhorst keines Kommentars: Was Daddy kocht, das
schmeckt!
Von 14-18 Uhr kann man mit dem Kutschwagen rund um Sendenhorst fahren und die müden Maiwanderer sehen, die dann zurückkommen. Sicher wird das ein besonderes, für viele
auch ein seltenes Vergnügen sein.
Um 15 Uhr zwischendurch steigt der große Luftballon - Wettbewerb für alle Kinder.
5000 Luftballons warten darauf, gefüllt und gestartet zu werden. Und für den Ballon mit der weitesten Strecke gibt es als ersten Preis ein Tourensportrad.Dann aber sollten die Kinder rasch ins Bett
gebracht werden. Denn schon um 18 Uhr beginnt im Zelt der große
Abschluß - Ball 1977
wieder mit dem bekannten und beliebten Olaf-Jaan-Sextett. DAS OLAF-JAAN-SEXTETT, die in Sendenhorst schon bekannte und beliebte Show-Band, eröffnet
die Festwoche am Mittwoch mit Musik zur Modenschau und anschließend zum Tanz. Die sechs vielseitigen Musiker sind in der Stadt schon seit Jahren durch ihre Auftritte bei den Festwochen und bei den
Schützenfesten bekannt. Für dieses Jahr haben sie sich Neues aus ihrem Repertoire für Sendenhorst reserviert und werden wieder für allerbeste Stimmung und viel Freude im Festzelt sorgen. Sie spielen
bis in den 2. Mai hinein!
1977 - Parkplätze sind nicht knapp - Für Bürgerhaus sind 58 Stellplätze gefordert und auch vorhanden 7.12.1977 | WN
Sendenhorst. Wenn im Sendenhorster Bürgerhaus eine Großveranstaltung beginnen soll, ist die Innenstadt „zu“. Parkplätze für die
Anreisenden gibt es nur „weit vom Schuß“, doch in zumutbarer Entfernung, wie vom Bauamt der Stadtverwaltung gestern auf Anfrage zu erfahren war. Die Bewohner des Kühls haben das Nachsehen bei
Großveranstaltungen.
Bild:
Der Kühl endete früher vor Röterings Scheune, links ging es in den Drostenhof.
58 Stellplätze sind für das Bürgerhaus gefordert, sie seien tatsächlich auch vorhanden, und zwar unter anderem auf Grundstücken, auf denen im Rahmen der Sanierung alte Gebäude abgerissen wurden.
Entschärft werden soll die Situation in den nächsten Jahren, wenn Schritt für Schritt zusätzliche Parkflächen realisiert werden.
Klagen kommen insbesondere auch von Bewohnern der Straße „Kühl“. Wenn im Bürgerhaus eine Großveranstaltung läuft, zu der Teilnehmer mit Autos angereist sind, müssen sie in den sauren Apfel beißen und
zusehen, wo sie in einiger Entfernung zu ihrer Wohnung noch einen Parkplatz finden.
Zur Zeit sind Stellplätze für das Bürgerhaus in einem Umkreis von 100 Metern ausgewiesen. Sie werden aber von den Bürgerhaus-Besuchern nicht angenommen, wie dies auch der Verwaltung bekannt ist. So
sind beispielsweise Flächen auf dem alten Schulplatz oder auf dem Grundstück vorhanden, auf dem die katholische Kirchengemeinde in Kürze mit einem Neubauprojekt beginnen wird. Dies alles seien aber
nur Provisorien. Die Planung für die Zukunft sieht vor, daß im Frühjahr des nächsten Jahres mit der Gestaltung der Außenanlagen am Bürgerhaus und mit der Schaffung von acht Einstellplätzen begonnen
werden soll.
In der Planung ist auch der Ausbau des Kühls. Doch erst nach Ablauf eines Jahres sind jetzt bei der Verwaltung die Vermessungsergebnisse eingetroffen.
Auf dieser Basis kann der Straßenbauentwurf für den Bereich von der Südstraße bis zum Schleiten erstellt werden. In nichtöffentlicher Sitzung wurde jetzt auch vom Planungsausschuß der Auftrag für die
Planung zum Ausbau des Einmündungsbereiches der verlängerten Kühlstraße in den Schleiten vergeben (hinter Graute). Dort entstehen dann weitere Parkplätze für das Bürgerhaus, ebenso auf lange Sicht am
Schlabberpohl hinter dem Haus Meier, so daß dann die geforderten 58 Einstellplätze geschaffen wären.
Sie sollen aber eine Doppelfunktion haben und nicht ausschließlich dem Bürgerhaus vorbehalten bleiben, sondern beispielsweise noch als abgelöste Parkflächen für den Coop-Markt bzw. für die darüber
befindlichen Wohnungen gelten.
Die Parkplätze für den Stock-Markt bzw. für die Bewohner dieses Hauses sind vom Bauherren zu erstellen im Gegensatz zu denen des Coop-Hauses, die abgelöst werden sollen. Für die Stadt Sendenhorst,
und dies wurde ausdrücklich versichert, gelte es für die nächste Zukunft, den Ausbau zusätzlicher Parkplätze zu forcieren, um die augenblicklichen Provisorien aufzuheben.
1977 - Seit 30 Jahren Karneval der Sportler - Erinnerungen an das erste Narrenfest in der Nachkriegszeit
1977 |
WN
Sendenhorst. Die Annalen der Sportgemeinschaft Sendenhorst sind überaus reich gefüllt von sportlichen Erfolgen, wahrhaft großen Festen
und freundschaftlichen Begegnungen, sie geben auch Aufschluß über Mißerfolge und deuten an, daß nicht alles Gold ist, was glänzt.
„Immer wieder auf und nieder“ heißt das Motto 1977 des SG Karnevalsfestes und damit hat der verantwortliche
Spielmannszug den Nagel auf den Kopf getroffen. Zwei Tatsachen aber spiegeln diesen Sinnspruch nicht wider: Die konstant steigende Mitgliederzahl sowie die närrische Session. Und über die
SG-Narritäten sei hier berichtet.
Drei Jahrzehnte haben Narren und Närrinnen der Sportfamilie es geschafft mit einer Ausnahme – saalbedingt – das Schiff der Freude und des Frohsinns zu steuern. Grund genug, das muntere Treiben der
vergangenen 30 Jahre unter die Lupe zu nehmen. Dank der „Männer der ersten närrischen Stunde“ ist ein Blick hinter die Kulissen möglich. Alle Sitzungen der Sessionen von 1947 bis heute sind
protokollarisch festgehalten. Jahre war das buntschillernde Dokument heimischen Brauchtums verschollen. Ein glücklicher Zufall brachte es Anfang 1977 wieder ans Tageslicht und bereichert heute das
heimatliche Schriftenarchiv.
Die SG Sendenhorst, vormals Turnverein, hatte sich gerade konstituiert, als junge, voll Lebenslust sprühende Männer ein Narrenzepter aufnahmen. Wer kennt sie nicht, die Narren, die den Grundstock
Karnevalistischen Treibens in der SG legten: Den unvergessenen Harry Heiringhoff (+ 1976), Bernhard Niesmann, quirlig, lustig; Paul Kottenstein, voller Witz und flotter Zunge; Ferdi Tronberend,
schreibkundig und nüchtern; Bernhard Hinkämper, musiktoll und spaßig; Karl Tigger, beweglich und organisationsfreundlich; Valentin Dünnewald, schnell und zielstrebig; Alfred Kruse, zurückhaltend,
bescheiden – mutig; Heinz Winzer, Organisationstalent, ideenreich; Hans Drees, herzhaft und frei; Jupp Mannefeld, begeisterungsfähig und anpassend; schließlich Jupp Schmitz, klein aber oho! Schier
unglaublich ist heute, was sie auf die Beine stellten in einer Zeit größter Not. Nichts war für diese Männer unmöglich, der Erfindergeist kannte keine Grenzen, inbegriffen die Herstellung geistigen
Wassers und das Heranzaubern von Schweinefilets. Nicht umsonst führte der Narrenkreis in seiner sonstigen Freizeitbeschäftigung den Namen „Orga“ der SG und diesem Namen wurde darüber hinaus und
gerade in der Karnevalszeit alle Ehre gemacht. (Orga = organisieren).
Noch heute werden die Regularien beachtet, die die Narren vor 30 Jahren eingeführt haben. Der ausgesuchte Kreis – möglichst Sportler, die zusammenpassen und Frohsinn vermitteln können – treffen sich
am 11.11. jeden Jahres und erhalten vom Elferrat der ablaufenden Session Prinzenmütze, Zepter und Protokollbuch. Eine später anberaumte Sitzung vollzieht sich nach alten Gepflogenheiten. Der älteste
Narr stellt den weisen Antrag und bittet um Vorschläge zur Wahl des Marschalls der Session und Sitzungsleiters. Immer und sehr schnell ist man sich einig, denn trockene Kehlen sind ungeduldig und
erwarten Flüssigkeit. Sodann folgen die Wahlen zum Zeremonienmeister, Protokollführer und Mundschenk, dessen Aufgabe recht strapaziös ist. Die Berufungen werden als Ehren angesehen; der Dank ist
jeweils eine Runde alkoholischer Getränke. Sechs Narren bleiben vorerst ungeschoren und in der Hinterhand für andere Aufgaben, Ehrungen und Runden.
Der Marschall führt die Sitzungen und ist uneingeschränkter Herrscher. Höllisch aufpassen muß auch er, trotz der vielen Vorbereitungsarbeiten, daß die Gläser gefüllt bleiben, um einem Verweis nicht
zu unterliegen, eine Runde nicht angehängt zu bekommen. Bei allem Ernst, der nun einmal in der Planung und Abwicklung von Festen liegt, kommt die Fröhlichkeit nie zu kurz, und die Protokolle weisen
auch aus, daß wenige Sitzungen vor 24 Uhr endeten. Schließlich werden noch die Adjutanten des Prinzen und Hofmarschalls gewählt.
1978 - Bagger rückte wieder an: Jetzt Gasthaus Suermann
10.11.1978 |
WN
So beurteilte es der Landeskonservator: "Schlichter, zweigeschossiger Fachwerktraufenbau mit durchgehenden Eckständern. Sieben
Fensterachsen. Mittelachse durch Doppelstützen betont. Satteldach mit Pfannen gedeckt. Wichtige Blickfangfunktion von der Neustraße aus. Gesamturteil: Zustand recht gut."
Bild:
Gaststätte Suermann kurz vor dem Abbruch - Heute kaum noch nachvollziehbar, links Gaststätte Suermann, rechts die Apotheke = heutiger Standort!
Das alles wurde gestern / 10.11.1978 / dem Erdboden gleichgemacht. Bagger und Abbruchramme rückten an und
zerstörten das Alte Gasthaus Suermann in wenigen Stunden. Fachgerecht legten die Bruchfachwerker das alte Fachwerkhaus in Schutt und Asche. Damit setzt man in Sendenhorst die Abbruch-Politik rund um
den Kirchplatz fort. Nach dem kleinen Haus an der Ecke Neustraße waren es die Häuser Pöttken und Jönsthövel, die entgegen den Empfehlungen des Landeskonservators abgerissen wurden. Nun steht auch das
Gasthaus Suermann nicht mehr.
Rund um die Kirche wird neu gebaut. Sicherlich entstehen hier in der Architektur ordentlich angepaßte Häuser. Verloren indessen geht die historische Substanz, an der Sendenhorst ohnehin nicht reich
ist.
Eine ganze Reihe von Schaulustigen hatte sich gestern nachmittag am Alten Gasthaus Suermann eingefunden, um sich das Abbruchspektakel anzusehen. Eine Menge Erinnerungen gingen noch einmal durch die
Köpfe manches Sendenborster Bürgers, denn im Alten Gasthaus Suermann war so manches Dönneken an der Theke erzählt worden und manche Aktion wurde dort geboren.
Alte Osterbräuche in Sendenhorst
Heimatkalender 1978 | A. Mefus
In Sendenhorst haben sich zwei Osterbräuche, wenn auch in abgewandelter Form, bis in die heutige Zeit erhalten: die Karfreitagsprozession und das Ostersingen. "Üm de Wälle goahn" Im April 1721
hatte der Sendenborster Magistrat die Karfreitagstracht gestiftet.
Es war eine Zeit, da das religiöse Gefühl stark zu öffentlichem Ausdruck drängte, aber auch andererseits die Leidensgeschichte des Herrn die Menschen ergriff. Die zahlreichen Gründungen von Bruderschaften, die der Todesangst Jesu sich betrachtend widmeten, sind bezeichnend dafür. Die Kreuztracht war eine der damaligen Barockzeit entsprechende szenisch auf Effekt gestaltete Karfreitagsprozession. Ein Dutzend dunkel gekleidete junge Männer stellten wie beim Passionsspiel das jüdische Volk und die römischen Soldaten dar. Sie trugen Marterwerkzeuge und andere Leidenssymbole des Heilands. Der eine hatte ein Rohr in der Hand, der andere trug eine kleine Leiter, ein Dritter eine Lanze usw. . Sie verspotteten und verhöhnten einen in der Karfreitagsprozession barfuß schreitenden unbekannten Mann, der durch eine sichere Maske vor dem Erkennen geschützt blieb. Während der Prozession trug er ein großes Holzkreuz, das ausgehöhlt war und dessen Gewicht durch das Einfüllen von Steinen erheblich erhöht werden konnte.
Schon Jahre zuvor liefen bei dem jeweiligen Pfarrer die Meldungen für das bußfertige Amt des unbekannten
Kreuzträgers ein. Dieser Kreuzträger führte im Volksmund den Namen "Krüs-Leiwe-Häer". Bei den jüdischen Personen wurde auch stets Samson (Simson) dargestellt, der im Alten Testament als
israelitischer Richter von großer Körperkraft geschildert wird, die Philister besiegte, doch von Delila seiner Kraft beraubt und von den Philistern geblendet wurde, um dann sterbend Rache zu
nehmen.
Die Art und Weise aber, Juden und andere Personen darzustellen, muß im Laufe der Zeit ausgeartet sein. So hat Pfarrer Hermann Andreas Kuipers, der von 1759 bis 1779 Pastor zu Sendenhorst war, im März
1769 aufgezeichnet: "Es wurde verboten, da in der Karfreitagsprozession Ausgelassenheiten vorkamen, daß jüdische Personen dargestellt wurden, Samson und andere."
Die Kreuztracht hingegen bestand bis zum Jahre 1889. Es hatten alljährlich junge Burschen während der Prozession den unbekannten Büßer so stark gehänselt, daß der amtierende Pfarrei Bernhard
Lorenbeck (1837 -1865) kurzerhand die Kreuztragung aufhob. Die Karfreitagsprozession findet aber noch alle Jahre statt. Sie führt von der Pfarrkirche St. Martin aus durch die Straßen der Stadt. Vier
alte, an Hausecken befestigte Holzbildnisse zeigen Ausschnitte aus der Leidensgeschichte und kennzeichnen die vier Gebetsstationen der mehr als 250 Jahre alten Prozession.
Eine andere Volkssille zur Osterzeit ist die Feier der Auferstehungsnacht. Sie dürfte wesentlich älter sein als die 1721 gestiftete Karfreitagstracht. Über die Festungswälle von Sendenhorst zogen
bereits im Mittelalter junge Männer und verkündeten der Bürgerschaft durch das Singen uralter Lieder die Osterbotschaft.
Sendenhorst ist 1323 durch Graf Engelbert von der Mark niedergebrannt und vernichtet worden. Nach dem W1ederaufbau ist die seit 1315 mit Stadtrechten versehene Gemeinde mit Wall und Graben befestigt
worden. Durch vier Stadttorhäuser bestand Verbindung mit der Außenwelt. Die Festungswerke wurden um 1772 planiert.
Heute erinnern noch der Promenadenring, verschiedene Straßenbenennungen und ein Reststück des Walles an der Ostenpromenade mit der Begräbnisstätte jüdischer Mitbürger an die früheren Befestigungen.
Dadurch ist aber erklärlich , daß nunmehr die beiden Gruppen von jungen Männern beim Ostersingen, dem sogenannten "Üm de Wälle goahn", singend um Mitternacht durch den heutigen Promenadenring
ziehen.
Text und Melodie der allen Osterlieder haben unverändert Jahrhunderte überstanden. Generationen von Sendenhorstern habe das Liedergut von Vältern übernommen und an nachfolgende Generationen
weitergegeben.
Unter Wechselgesang zieht die Prozession in althergebrachter Ordnung ohne Geistlichkeit dreimal durch die Promenaden, dann durch die Straßen der Stadt und mehrere Male um die Kirche, um mit einem
gemeinsamen Morgengebet das Ostersingen zu beenden. Dieser schöne heimatliche Brauch ist Jahrhunderte allen Anfeindungen und Verboten zum Trotz beibehalten worden und wird weiterleben.
Gebet und Liedertexte | Üm de Wälle gaohn Nach alter Tradition | 3. Auflage | 1981 | B.F.
Gebet & Liedtexte für das seit Jahrhunderten bestehende Ostersingen in Sendenhorst …
… : Das Sendenhorster Ostersingen.
Ehrwürdiges Brauchtum aus Vorväter Zeit begleitet heute noch die alljährliche Erinnerung an die großen Geschehnisse der Heilsgeschichte zur Österzeit: um Christi Leiden, Sterben und Auferstehung.
Manches freilich hat die Zeit einschlafen lassen, so daß uns nur noch urkundliche Nachrichten darüber erhalten sind. So ist es mit der Karfreitagsprozession hier, die einstmals feierlich begangen
wurde, ähnlich wie sie im Emslande, in Wiedenbrück noch fortlebt. Was sich aus dem Reichtum der Vergangenheit bis in unsere Tage lebendig erhalten hat, ist die AltSendenhorster Osterfeier. Wo seit
einigen Jahren an der Chorfeite der Kirche das Zeichen der Erinnerung an die Toten des großen Krieges sich erhebt, versammeln sich von altersher um die mitternächtliche Stunde vor Unbruch des
Ostertages Bürger der Stadt. Sobald die Turmuhr zwölf geschlagen hat, erklingt der Freudengesang: Christus ist auferstanden" und in zwei Gruppen durchziehen die Sänger die Stadt, ihr die
Osterbotschaft zu bringen. Dreimal umziehen fie die Wälle der heutigen Promenade, dann gehen fie im Stadtinnern über Südgraben, Südstraße, Weststraße, Horst-Wesselstraße, Nordstraße, Ostgraben, Adolf
Hitlerstraße, und lassen frommes Liedgut aus vergangenen Zeiten lebendig werden in einem Preislied auf die Bottesmutter: freu dich, du himmels Fönigin". Es folgt dann ein dreimaliger Umgang um den
Kirchplatz, wobei angestimmt wird ,,Jesus lebt, ist auferstanden" und bei dem dreimaligen Umgang um die Kirche singen sie ,,Christus ist auferstanden." Mit einem uralten Morgengebet vor der
Kriegerehrung und drei Vater unser für die da fahren zu Wasser und zu Land", für die verstorbenen Mitbrüder und drei Vater unser für die im Weltkriege Gefallenen nimmt die eindrucksvolle feier ihren
Abschluß. Die schlafende Stadt aber nimmt die Botschaft auf, der alten Sitte froh, die durch Jahrhunderte in treuer Weise gepflegt wird.
Inhalt:
Das Sendenhorster Ostersingen.
Christus ist auferstanden.
Jesus lebt, ist auferstanden.
Freu dich, du himmelskönigin.
Morgengebet
Christus ist auferstanden.
1. Christus ist auferstanden Von seiner Marter allen. Drum weil er auferstanden ist So loben wir den Herrn Jesu Christ. Alleluja!
2. Wär er nicht auferstanden So wäre die Welt vergangen; Des woll'n wir alle frohe sein Christus will unser Tröster sein! Alleluja!
5. Es gingen drei heil'ge frauen Sie wollten das Grab beschauen, Sie suchten den Herrn Jesu Christ, Der von dem Tod erstanden ist. Alleluja!
6. Wer wälzt uns von des Grabes Tür, Der große Stein, er liegt dafür. Doch als sie alle kamen da, Der Stein schon weggewälzet war.
Jesus lebt, ist auferstanden.
1. Jesus lebt, ist auferstanden; Christenseelen, jauchzet doch! Tod und Satan sind in Banden, fort ist unser Sündenjoch. Unser Leben lebet wieder; Singt dem Helden Jubellieder. Alleluja singet ihm.
2. Und was soll uns auch betrüben, Hölle, Tod und sein Gericht? Christen, die den Heiland lieben, Schaden hundert Höllen nicht. Jesus hat sie ja bezwungen, Und den Himmel uns errungen. Alleluja tönet
nun.
3. Liebt ihn willig, ungezwungen. Hört, was sein Apostel spricht: Er ist durch den Sieg verschlungen, Er, der Tod, o fürchtet nicht; Seht, der Tod ist überwunden, Und der Satan angebunden. Alleluja
freut euch nun.
4. Er, den ihr von Herzen liebet, freut euch seiner, und bedenkt - Ist nicht mehr, wie jüngst, betrübet, Ist ins Freudenmeer versenkt. Seine Ängste, seine Leiden, Sind nun Herrlichkeit und Freuden.
Alleluja, Jesus lebt!
5. Jesus lebet! freut euch, Brüder! O, frohlock't, seid nicht betrübt! Er geht jetzt zum Vater wieder, Um da seht wie er uns liebt Um uns dort auf ew'ge Zeiten Platz und Wohnort zu bereiten.
Alleluja, danket ihm.
6. Ja er hat uns, seine Lieben, Er, der ewig gütig ist, Seinen Händen eingeschrieben, Daß er unser nicht vergißt; Um uns ewig zu belohnen, Soll'n wir ewig bei ihm wohnen. Alleluja, er ist gut.
7. Ich, spricht er, o meine Brüder! Geh' ein kleines nun von hier; Dann komm' ich von dorten wieder, führ' euch in mein Reich zu mir. freuet euch nach kurzem Leiden führ' ich euch in ew'ge freuden.
Alleluja, seid nun froh.
8. Und mir folgt, das Böse scheut, Wenn ihr auf mein Beispiel sehet, froh den Weg zur Tugend gehet, Meiner Lehre folgsam seid; Seid ihr mir so stets ergeben, Ja, dann soll't ihr ewig leben. Alleluja,
Gott ist gut.
9. O, so woll'n wir heilig leben, Nur erhöre unser fleh'n; Unverdrossen uns bestreben, Daß wir deine Wege geh'n, Ohn' an's Irdische zu kleben, Wollen wir dir einzig leben. Alleluja, ſteh' uns
bei.
Freu dich, du Himmelskönigin. freu dich, du Himmels-Königin, freu dich, Maria, freu dich, das Leid ist alle hin Alleluja! Bitt Gott für uns, Maria! 2. für Leid jetzt freud, für sau'r jetzt freu dich,
Maria, füß Jetzt freud vom Haupt bis auf die Alleluja! Bitt Gott für uns, Maria! 5. Dein Sohn im Garten freu dich, Maria, Sein Blut ist Balsam köstlich Gut, All. Bitt Gott 2c. schwitzte Join (Blut,
ndo 4. Die Streich und Schläg an deinem freu dich, Maria, (Sohn, Wie lauter Stern jetzt glänzen schon, All. Bitt Gott 2c. 10 5. Verwundt sein Leib und gar verfreu dich, Maria, (schändt, Leucht jetzt
gleichwie das firma All. Bitt Gott 2c. (ment, 6. Die Dorn, das Rohr, das Purpurfreu dich, Maria, (kleid, Jetzt Perl, jetzt Gold, jetzt Herrlich All. Bitt Gott 2c. (keit, 7. Der Trank, der Essig und
die Gall freu dich, Maria Ist honigsüß jetzt allzumal All. Bitt Gott 2c. 8. Das Kreuz, das Speer, das Henkerfreu dich, Maria (zeug Jetzt Krönlein, Palm und Ehren All. Bitt Gott 2c. (Zweig 9. Darum
freu dich, o königin freu dich, Maria freu dich, das Seid ist alles hin. All. Bitt Gott 2c. pupils bid 577 Morgengebet. TOTAL Bester Vater im Himmel, ich danke dir herzlich im Namen und als ein
Jünger Jesu Christi, dass du mir die vergangene Nacht Ruhe und Erquickung geschenkt, mich vor allem Unglücke bewahret, und bis auf diesen Augenblick gesund erhalten hast. Mein Dasein, erhalt meinen
Atem u. Leben habe ich deiner Güte zu danken; deiner Güte, daß ich dich, wenn ich mich niederlege und wenn ich aufstehe, um Jesu Christi willen Vater, meinen Vater nennen darf. Wie glücklich bin ich,
daß ich als ein Christ erwache, dass ich dich durch Jesum Christum erkenne, daß ich weisz, warum ich auf der Welt lebe, dasz ich dir an Vollkommenheit und Kraft des Geistes, meinem Heiland Jesu
Christo aber an Tugend ähnlich, und dereinst seiner Seligkeit und Herrlichkeit teilhaftig werden soll.
Laß mich, bester Vater! da mein Herz in deiner Hand ist, diesen großzen Zweck meines Lebens heut keinen Augenblick aus den Augen setzen; laß mich in allem, was ich denke, rede und tue, nur auf Jesum
Christum sehen, alles in seinem Namen und als sein Jünger denken reden und tun. Gib, daß ich gegen alle Menschen liebreich, mit allen Elenden mitleidig sei, und gegen die Armen nach meinem Vermögen,
was dir bekannt ist, es sei klein oder groß, wohltätig; gegen die, welche mir Gutes tun, dankbar, und gegen die, welche mir Böses tun, gelaſsen und sanftmütig ſei. Gib, daß ich die Pflichten meines
Berufs treulich erfülle, und immer daran gedenke, daß ich nicht den Menschen, sondern dir und in deinem Dienste arbeite. Gib mir durch deinen Geiſt Mut und Stärke, alle bösen Lüste, die in mir
aufsteigen möchten, zu unterdrücken, und mich insonderheit vor meinen Lieblingssünden sorgfältig zu hüten, und derselben Meister zu werden. Lasz mich in allem auf deine Vorsehung vertrauen, die
Flüchtigkeit meines ungewissen Lebens wohl erwägen, und diesen Tag heiti er beschließzen, als ich ihn angefangen habe. Segne mich und die Meinigen, und alle Menschen, insonderheit aber deine Kirche,
und alle treuen Jünger Jesu Christi, durch Jesum Christum, Amen.
Laffet uns beten für die da fahren zu Wasser und zu Lande: 3 Vater unser 2. 3 Gegrüßet 2c. Laffet uns beten Mitbrüder unserer für alle verstorbenen Gemeinde: 3 Dater unser 2c. Laffet uns beten 5
Gegrüßet 2c. für die im Völkerringen auf dem Felde der Ehre gefallenen Söhne unserer Daterstadt: 3 Vater unser 2. 3 Gegrüßet 2c. Herr gib ihnen die ewige Ruhe! Und das ewige Licht leuchte ihnen! Laß
sie ruhen in Frieden! Amen.
Führungsschichten in Sendenhorst über die Jahrhunderte
Heimatkalender 1978 | H. Petzmeyer
von der Stadtgründung ca. 1310 bis in 20.Jahrhundert
Um 1315 erhob Bischof Ludwig von Hessen sein bisheriges Kirchdorf Sendenhorst zu
einer Stadt. Mehr als 25 ha, für Städte dieser Entstehungszeit ungewöhnlich großflächig. wurden umwallt und mit Planken und Graben versehen. Nach genauer Berechnung 25,7 ha. Wie ein Vergleich von
Wortgeldabgaben an Überwasser zeigt, wurde das Stadtgebiet im Osten zwischen 1390 und 1468 um ein Drittel, d. h. um die Fluren Höckerskamp und Alte Stadt. verkleinert. Damit dürfte die in Sendenhorst
oft diskutierte Frage nach der Bedeutung des Flurnamens Alte Stadt beantwortet sein.
Im südlichen Teil der neuen Stadt residierte in einem festen Haus der bischöfliche Gograf. Grund und Boden der neuen Ansiedlung stellte der bischöfliche Pastoratshof nach Weichbildrecht, d. h. nach
dem Prinzip der freien Erbzinsleihe. Daneben waren weitere Grundherren, insbesondere das Damenstift Oberwasser, an der Bereitstellung von Grundstücken beteiligt.
Die junge Stadt hatte gute Startvoraussetzungen. Die Pfarrei war mit 18 Mark Jahreseinnahmen ausgestattet und gehörte damit zu den reichsten des Bistums, was sowohl auf hohes Alter als auch auf eine
wohlhabende, zahlenstarke Bevölkerung schließen läßt. Der Ort war Sitz eines Go- und Freigerichtes, und in den sieben Bauerschaften gab es zu dieser Zeit noch mehrere freie Höfe, deren Inhaber
angesehen, nicht unbemittelt und vor allem nicht an die Scholle gebunden waren.
Da an den Stadtgründungen des 14. Jahrhunderts keine Fernhandelskaufleute mehr beteiligt waren, stellt sich die Frage nach der organisatorischen Kraft, die den Bau der Befestigungen, die Aufteilung
der Grundstücke, die Planung von Straßen und Plätzen leitete. Zweifellos waren die örtlichen Pfarrer. die Plebane, maßgeblich am Aufbau der Stadt beteiligt. In den Urkunden des ersten
Gründungsjahrzehnts zeugen sie oder ihre Kapläne an erster Stelle. In einer Urkunde des Jahres 1373 stehen Ratsherren und Kirchenprovisoren gleichberechtigt nebeneinander. Und endlich bewies die
junge Stadt durch die Obernahme des Kirchenpatrons St. Martin in das Stadtsiegel ihre enge Verbindung mit der Pfarrei.
Die mittelalterliche Stadt hatte, genau wie die heutige ihr Selbstverwaltungsorgan, das Schöffen- oder auch Ratskollegium. An der Spitze standen häufig zwei Bürgermeister. Schließlich verfügte sie
über einen vom Landesherrn unabhängigen Richter. Welche Familien waren in der kleinen Stadt Sendenhorst ratsfähig? Welchen Schichten gehörten die Personen an, die das Geschehen in der Stadt und ihre
Entwicklung bestimmten? Diese Frage stellt sich für die einzelnen Entwicklungsabschnitte immer wieder neu und soll im Folgenden abrißartig beantwortet werden.
Bild: Älteses erhaltenes Stadtsiegel von
1359 - Bisher galt ein Siegel von 1498 als das älteste.
1300-1500: Freie Bauern und Ministeriale
Man darf annehmen, daß bereits vor der Erhebung zur Stadt rund um die Kirche eine dichte Bebauung bestand; Häuser von Tagelöhnern, Handwerkern, Kleinkaufleuten. Die Umwallung einer verhältnismäßig
großen Fläche machte die Ansiedlung weiterer Familien notwendig. Da die Freizügigkeit der hörigen Bauern sehr eingeschränkt war, konnte die Besiedlung nur durch Bürger anderer Städte, durch
Abkömmlinge von Freibauern oder durch Ministeriale, d. h. ritterliche Dienstmannen, erfolgen. Vor allem das freibäuerliche und ministeriale Element bestimmten im ersten Gründungsjahrhundert die
Entwicklung der Stadt. Bis 1370 gab es in und um Sendenhorst mindestens 12 Höfe, die von freien Bauern bewirtschaftet wurden. Eine Urkunde des Freigrafen Johann von Rynchoven (vom späteren Hof
Greive) führt 1318 elf Freie aus dem Raum Sendenhorst auf.
1367 kauft Bischof Florenz von Wevelinghoven von den Edelherren von Büren fünf Freistühle bei Sendenhorst auf. "Er bereicherte seine Kirche und befreite seine Untertanen", schreibt hierzu der
Chronist. Tatsächlich befreite er die Freibauern Levekemann, ton Sodene (Suermann), Greve (Greive) sowie den Bewirtschafter der Bertenhove auf der Hardt (später Hartmann) und der Beatrishove zu
Mellinghoven (wohl Watermann) von ihren Höfen, die er zur Beschaffung des Kaufpreises der Freistühle an münstersehe Geistliche verkaufte. Die persönliche Freiheit war zwar vom Verkauf ausgenommen,
aber die Familien mußten sich um eine neue Existenz bemühen.
Die Ton Sodene - Suermann finden wir in der Folgezeit als Ministeriale im Besitz eines kleinen Kottens nordöstlich der Stadt. Angehörige der Familie Levekemann finden sich wiederholt in städtischen
Urkunden. Ihr Wohnsitz in der Stadt ist unzweifelhaft. Von weiteren 1318 aufgeführten freien Familien begegnet Johan Hoykeman 1391 als Bürgermeister.
Bei Verkäufen der ersten Hälfte des 11 . Jahrhunderts tritt der heimische Adel in stattlicher Zeugenreihe auf. Bis zu 20 Knappen oder Ritter bestätigen Eigentumsgeschäfte vor dem Sendenborster
Gericht. Der größte Teil dieser Personen war in oder bei Sendenhorst begütert und wohnte in der Stadt. Zu nennen sind vor allem die Familien von Quernheim, Rietberg, von der Wisch, von dem Berge, von
der Hegge, Buck usw. Ungefähr ein Viertel der Sendenborster Vollhöfe befand sich in freiem Eigentum dieser Geschlechter, die z. T. durch Wappengleichheit gemeinsamen Ursprung verraten.
Aber nur wenige Jahrzehnte lang scheint Sendenhorst auf den Landadel größere Anziehungskraft ausgeübt zu haben. Sehr bald setzte die Abwanderung in die Bischofsstadt Münster und der Ausverkauf von
Gütern an münstersehe Bürger ein. Den Sendenhorster Richter Ludolf von der Wisch vom gleichnamigen Lehngut in der Bauerschaft Bracht finden wir 1330 als Richter zu Münster.
Die Sadelhöfe Schulze Bernd und Schulze Heinrich sowie zwei kleinere Höfe in der Bauerschaft Brook werden zwischen 1326 und 1346 an münstersche Bürger verkauft. Weitere Verkäufe gingen an die Klöster
Freckenhorst und Vinnenberg. Die allgemeine Strukturkrise des 15. Jahrhunderts verschonte auch den in Sendenhorst ansässigen Adel nicht. Die Familie von Rietberg - besonders eng mit der
Stadtentwicklung verbunden - starb 1426 aus. Die Familie von dem Berge war zwar weiterhin in Sendenhorst begütert, wohnte aber auf Haus Neuengraben (Enniger). 1498 lebten nur noch die Witwe von der
Heghe und die erst um 1450 zugezogenen Kuntschaps gt. Möllenbeck in der Stadt.
Bild: Um 1912 wurde das alle
Sendenhorster Rathaus erbaut.
1500-1800: Freie Pächter und Handwerker
Bis zum Jahre 1500 war die Verfügungsgewalt über die Höfe und Ländereien im Raume Sendenhorst fast ausschließlich in nichteinheimische I-lände gegangen, vor allem an münstersehe Bürger, aber auch an
die wenigen Adelsfamilien, die der Ausleseprozeß des ausgehenden Mittelalters übrig gelassen hatte. Seit 1482 hatte sich das Fraterhaus zu Münster maßgeblich in diesen Prozess eingeschaltet, indem es
zielbewusst Höfe und Ländereien nördlich und nordöstlich der Stadt aufkaufte und in der Stadt selbst einen Häuserkomplex im Winkel Nordstraße / Kirchstraße an sich brachte.
Mehr als 250 Jahre lang waren die Fraterherren ein gewichtiger Wirtschaftsfaktor. Sie erwarben im 15. und 16. Jahrhundert mindestens fünf Höfe, dazu zahlreiche Hausstellen, Kämpe und Gärten. Die in
der heimatgeschichtlichen Literatur wiederholt vorgebrachte Behauptung, Sendenhorst habe ein Kloster gehabt, hat hier ihren Ursprung. Die gezielten Grundstücksverkäufe nördlich des Kirchplatzes
lassen vermuten, daß die Fraterherren eine Niederlassung planten. Realisiert wurde der Plan nie.
Der Sendenhorster Bevölkerung, insbesondere der jetzt ratsfähigen Schicht, blieb neben dem Handwerk nur die Möglichkeit der Anpachtung kirchlicher oder adeliger Güter und Ländereien. Die Pachtzeit
betrug gewöhnlich 12 oder 24 Jahre. Der Pachtzins war tragbar, und im Gegensatz zu den hofhörigen Gütern entfielen die Besitzwechselabgaben (Sterbefall, Weinkauf). Diese Zeitpächter erbauten
sich - ein Erfordernis des landwirtschaftlichen Betriebs - größere, stattlichere Gebäude. Sie bekleideten die Ämter des Bürgermeisters oder Kirchenprovisors und waren häufig untereinander verwandt
oder verschwägert. Insgesamt gesehen bildeten sie eine nicht sehr stabile, für Fremde durchaus offene Schicht, die die Masse der Bevölkerung nicht bedeutend überragte.
Von den zahlreichen Pächterfamilien (Berufsbezeichnung im 18. Jahrhundert: Wirtschafter) seien hier nur aufgeführt: Torwesten (seit 1471), Angelkotte gt. Kaisendorf (seit 1590), Wettendorf (17 .
Jahrhundert), Suermann (ab 1630), Fye (seit ca. 1650) und vor allem Bonse, deren erster Vertreter bereits 1327 als Ratsherr auftritt und die lange Zeit den Liesborner Hof Rüschey in Pacht
hatten.
Im 16./17. Jahrhundert wurden die ratsfähigen Familien zeitweilig durch Zuzug aus Münster erweitert. Die Wiedertäuferunruhen sowie mehrere Epidemien in Münster trieben die Roddes, Wulfferts, Bispings
und Ockes - um nur die wichtigsten zu nennen - auf ihre ländlichen Besitzungen vor Sendenhorst, die sie zeitweilig selbst bewirtschafteten. Urkunden dieser Zeit zeigen, daß sie auch am städtischen
Leben aktiv teilnahmen. Doch die Zuwanderung aus Münster blieb Episode. Im 18. Jahrhundert wohnte weder der Besitzer des Hauses Sendenhorst, Graf von Merveldt, noch der jeweilige Gograf und Richter
am Orte. Die steuerfreien Güter des Adels, der Kirche und der münsterschen Erbmänner waren ausnahmslos verpachtet. Die Sendenhorster waren wieder unter sich.
19. Jahrhundert: Beamte, Bauern, Brenner
Die napoleonische Gesetzgebung zu Anfang des vorigen Jahrhunderts brachte nicht nur den hofhörigen Bauern die persönliche Freiheit, sie gab auch den Zeitpächtern adeliger und kirchlicher Güter die
Möglichkeit diese zu Eigentum zu erwerben. Damit kehrte die volle Verfügungsgewalt über die Ländereien rund um die Stadt endlich wieder an ihre Bürger zurück. Die Branntweinbrennerei - schon seit
Mitte des 18. Jahrhunderts betrieben - wurde ein Haupterwerbszweig der führenden Sendenhorster Familien. Gleichzeitig ging die Verwaltung und Leitung der Stadt an ausgebildete Fachkräfte.
hauptberufliche Bürgermeister über, die zusammen mit den Brennerfamilien die Schwerpunkte der städtischen Entwicklung festlegten; einer Entwicklung, die sich nicht am industriellen Wachstum
orientierte.
Solange die Juden in Sendenhorst wohnten, blieben sie dem Handel treu. Neben dem aus Werl zugezogenen Sattler
Mastbaum war, soweit nachprüfbar, nur noch der Schönfärber Abraham Rose aus Bild: Stammhaus der Alsbergs an der Oststraße
Oestinghausen als Handwerker tätig. Beide verließen die Stadt nach wenigen Jahren wieder.
Die Berufsbezeichnung der amtlichen Register ist gewöhnlich Handelsmann. Hatte das Geschäft einen größeren Umfang, wurde der Titel Kaufmann gebraucht. Feinere Unterscheidungen kennt das erste
westfälische Adreßbuch aus dem Jahre 1834. Levi Alsberg führte eine Frucht- und Ellenwarenhandlung. Witwe Alsberg hatte einen Vieh-, Ellen- und Spezereiwarenhandel, ebenso wie die Brüder David und
Isaak Löwenstein und Pintus Rothschild. Elias Stern betrieb einen Kurzwarenhandel. Joseph Rothschild endlich, der seine Geschäftsniederlassung 1829 mit Hilfe der Regierung hatte durchsetzen müssen,
betrieb gar einen Frucht-, Vieh-, Ellen- und Spezereiwarenhandlung und war außerdem als „Lotterie-Unter-Collecteur“ tätig.
Besagtem Adreßbuch ist übrigens zu entnehmen, daß im gesamten Regierungsbezirk Münster 2692 Juden (etwa 0,7 Prozent der Bevölkerung) lebten. In Sendenhorst stellten die 58 jüdischen Bürger etwa vier
Prozent der 1470 städtischen Einwohner. Über Umfang und Art der geschäftlichen Tätigkeit sind wir leider nicht unterrichtet. Neben den Sendenhorstern aus Stadt und Kirchspiel zählten sicherlich auch
die Bewohner der weiteren Umgebung zu den Kunden der jüdischen Handelsleute.
Besonders tüchtig und geschäftlich erfolgreich war die Familie Alsberg. Dem Stammvater der Alsbergs, Ansel Salomon, war zehn Jahre nach dem Siebenjährigen Krieg, 1773, das Schutzgeleit des
münsterschen Bischofs ausgestellt worden. Nach königlichem Gesetz nahm seine Familie 1821 den Namen Alsberg an. Salomon Alsberg, der Sohn des ersten Sendenhorster Alsberg, betrieb bemerkenswerte
gesamtdeutsche Geschäftsverbindungen. Bereits 1842, bevor die Eisenbahn das Reisen erträglich machte, ließ er sich einen Paß zum Besuch der Leipziger Messe ausstellen. 1851 kaufte er auf der Messe in
Braunschweig ein. 1844 begab er sich, mit einem Reisepaß der Bürgermeisterei Sendenhorst versehen, in den Raum Mönchengladbach, um Geschäfte zu tätigen.
Die jüdische Gemeinde wählte Salomon Alsberg seit 1847 immer wieder in den Vorstand des Synagogenbezirks. Um 1890 verzogen Salomon und Wilhelm Alsberg, wie viele jüdische Mitbürger, aus der Stadt
Sendenhorst. Die weitere Geschichte der Alsbergs liegt weitgehend im Dunkeln. Zwei Tatsachen sind vor allem im Bewußtsein der älteren Leute überliefert: Vor dem Ersten Weltkrieg praktizierten in
Berlin die berühmten Rechtsanwälte Alsberg I und II. In Hamm gab es das Kaufhaus Alsberg an der Ecke Bahnhofstraße/Luisenstraße. Das sehr beliebte Geschäft wurde 1933 „arisiert“ und unter dem Namen
Fahning weitergeführt. Heute befindet sich an derselben Stelle der Kaufhof.
Der Bildband „Hamm, so wie es war“ widmet dem Haus Alsberg folgende Sätze: „Viel Atmosphäre hatte das Textilkaufhaus Alsberg, heute Kaufhof. Seinen hohen Lichthof säumten drei Verkaufsetagen, die die
Damenwelt auch ohne gezielte Kaufabsichten gern durchstreifte. Wer bestimmtes suchte, den wies eine Empfangsdame in die passende Abteilung.“
Die Bevölkerung hat der Familie Alsberg ein freundliches Angedenken bewahrt. Vermutlich aus der Zeit 1830/40 ist ein Spottgedicht in Bruchstücken mündlich überliefert, das eine Anzahl von
Sendenhorster Familien mit ihren Eigenarten und Unarten auflistet. Das Gedicht beginnt, wie es sich gehört , mit dem Bürgermeister: „Borgermeister is de fine Mann“ und leitet dann zu dem jüdischen
Viehhändler Humberg über: „Humberg schitt de Buern an.“ Über Alsberg heißt es: „Alsberg mit de vielen Blagen“, durchaus treffend, denn schon nach der ersten Registrierung der Juden 1808 leben im Haus
Alsberg die Kinder Levi, Freigen, Mädel, Rachel, Aron, Judel, Hertz und Esther.
Mit elf Familien hatte die jüdische Gemeinde 1848 ihren größten Umfang erreicht. In den folgenden Jahrzehnten wohnten regelmäßig neun jüdische Familien in der Stadt. An den Repräsentantenwahlen zur
Synagogengemeinde beteiligten sich 1882 wie immer die Vorstände von neun Familien, nämlich Levi und Louis Leffmann, Jakob und Jüdel Löwenstein, Aron, Levi und Isaak Stern sowie Salomon und Wilhelm
Alsberg.
In der Zeit zwischen 1882 und 1889 müssen Ereignisse eingetreten sein, die den Juden den Aufenthalt in Sendenhorst verleideten. Die Volksüberlieferung macht den angeblichen Mord an einem christlichen
Mädchen in Enniger für die Ausschreitungen gegenüber den Juden verantwortlich. Die Juden hätten daraufhin unseren Raum verlassen. Die Akten wissen von diesem Vorfall nichts. Bürgermeister Panning
stellt 1889 lediglich fest: „…daß die hiesige Synagogengemeinde in letzter Zeit sehr zusammengeschmolzen ist. In hiesiger Stadt befinden sich drei jüdische Familien, in den Untergemeinden Hoetmar und
Enniger je eine.“ An anderer Stelle bemerkt er: „Die Familie Spiegel zu Enniger wird nach Aussage des Isaak Leffmann von dort verziehen. Der Kaufmann Isaak Stern und Levi Stern sind alte, stets
kranke Personen.“
Am längsten blieb offensichtlich die Familie Löwenstein mit Sendenhorst verbunden. 1912 verkauften die Löwensteins ihr Haus auf der Weststraße, das sie seit 1787 nachweislich bewohnt hatten, an den
Nachbarn Roetering.
Der 1872 geborenen Tochter des Kaufmanns Salomon Alsberg, Adele, und der 1873 geborenen Johanna Löwenstein bescheinigte 1938/39 der Standesbeamte im Sendenhorster Rathaus in Übereinstimmung mit den
Nürnberger Gesetzen: „Die Nebenbezeichnete hat zusätzlich den Vornamen Sara angenommen.“ Ob die durch diese entwürdigende Maßnahme diskriminierten alten Damen zu diesem Zeitpunkt noch in Sendenhorst
wohnten, konnte nicht sicher in Erfahrung gebracht werden. Eine „Reichskristallnacht“ und eine Deportation von Juden soll es in Sendenhorst nicht gegeben haben.
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