Heimatverein Sendenhorst e.V. - *1925
Heimatverein Sendenhorst e.V. - *1925

Geschichtensammlung, Teil 3/4

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Zur Promenadenanlage in Sendenhorst

Nr. 54 | vor 1950? |  NN

 

Wer noch vor wenigen Jahrzehnten die Städte und Dörfer unseres Münsterlandes durchwanderte, wer seinen Weg nahm über Brücken und Straßen, in allen Gauen traf er Reste alter Kultur. Jahrhunderte haben diese Zeugen der alten Kultur ihren Platz behaupten können,  bis sie der modernen Welt als veraltet erschienen und vielfach unter dem Vorwande, den Verkehrsinteressen zu dienen, nach und nach für die neue Kultur das Feld räumen mussten.

 

Sendenhorst. Der moderne Zeitgeist glaubte keine Rücksicht nehmen zu können auf die Erhaltung der historischen und ästhetischen Städte- und Landschaftsbilder und beseitigte die alten Kulturdenkmäler ganz oder wollte keine Opfer bringen und keine Kosten für ihre Erhaltung aufwenden. Unsere Zeit vergaß zu schnell die Gründe, die unsere Vorfahren veranlasst haben, ihrem lieben Heimatlande das Gepräge der guten alten Zeit zu geben. So wurden die Bauwerke unserer Voreltern, anstatt sie pietätvoll geschützt werden sollten, vernachlässigt und dem Zahn der Zeit und der Willkür der Menschen überlassen.

Dieses Schicksal mussten unsere ehemaligen Festungsanlagen so recht empfinden, so daß unser heimischer Dialektdichter Karl Wagenfeld mit Recht noch vor wenigen Jahren schreiben konnte: "Um den Ort zieht sich noch die alte Gräfte. Sie sollte einst beutelustige Fremdlinge abhalten von Markt und Straße, von Hab und Gut. Konnte es jetzt aber nicht mehr. Sie war zu alt. Versumpft im Nichtstun. Was im Ort in Scherben ging, das warfen die Leute hinein. Und die Gräfte schluckte alles: Reste von Flachsbrechen und Spreu vom Wannen, faule Rüben und wurmstichige Äpfel, alte Hunde und junge Katzen. Die Ufer fielen ein und die Gräfte wurde immer schmaler. Eine Bodenleiter schon konnte Brücke darüber sein. Und wer etwas gewandt auf den Beinen und im Kopfe nicht schwindelich war, der lief auf einer Stelle sogar über eine alte Wagendeichsel darüber hin oder hielt sich an einer Fitzbohnenstange fest, die halb im Morast stak. Dann bullerte es verdrießlich aus dem schwarzen Wasser ob dieser Geringschätzung. Im Sommer zog die Gräfte ein grünes Kleid an von feinblättrigen "Aanflott", und glitzernde Libellen schossen über dem Schilf hin, den barfüßige Jungen mit ihren Groschenmessern für die Prozession schnitten. Aber als mit der Zeit der Morast höher stand als das Wasser und im Sommer Moderdust und Mückenschwärme die Luft verdarben, da fuhr man Erde in die Gräfte", aber keinen Mutterboden von der Geist, sondern Mergel und Chausseedreck. Seitdem die Gräfte eingeebnet, wurde der Zustand gar noch schlimmer. Die ehemaligen Festungsanlagen sollten nur noch landwirtschaftlichen Zwecken nutzbar gemacht werden. Im Sommer bot die Gräfte willkommene Spielplätze für die Zwecke der Jugendpflege, sie diente als Tummelplatz für muntere Zicklein und junge Ferkel. Eine Abwechslung erhielt das Bild durch die wohl- oder übelriechenden Dünger- und Misthaufen. Im Winter bot sie passende Abladestätten für Brenn- und Nutzholz, oder zu Runkel- und "Kartoffelkraut". Überall ein gar trostloser Anblick.

Jetzt will man mit einem Male der an der Gräfte zur vollen entfalteten Landwirtschaft den Garaus machen und die Gräfte in einen Park umwandeln, damit andre drin spazieren geht. So war die Begeisterung für die Promenade am Graben anfangs nicht sehr groß. Vom Volksgericht wurde zu Fastnacht 1914 die Bedürfnisfrage verneint und von den Richtern das Urteil darüber gefällt, daß die Promenade nicht nur kostspielig, überflüssig und zwecklos sei, sondern sogar hemmend auf die heimische Volkswohlfahrt wirken würde. Während unter diesen Gesichtspunkten das Projekt einseitig bekämpft wurde, wurde eifrig an der Verwirklichung des Planes gearbeitet. Es wurden nicht die berechtigten Wünsche der Interessenten vergessen, um so nach Möglichkeit aller gerecht zu werden und der Allgemeinheit zu dienen. Der ursprüngliche Plan, der fast den ganzen städtischen Grundbesitzt zur Promenadenanlage vorsah, wurde fallen gelassen. Man begnügte sich vielmehr mit einem etwa 8 Meter breiten Streifen, um den übrigen grösseren Teil den Anwohnern für geringes Entgelt als Eigentum zu überlassen. Diesen ist somit Gelegenheit geboten, den Grund und Boden zweckmässiger als bisher auszunutzen.Wie hat sich nicht der Graben, der nach den vier Himmelsrichtungen getauft ist, in den letzten Jahren aufgeputzt? Kanalisation und neues Pflaster legte die Stadt an. Durch Fleiß und Sparsamkeit und Schönheitssinn der Anwohner entstand ein förmlicher Wettstreit, um dem Heime ein freundliches Gesicht zu geben. Hier am Graben herrscht trotz einiger verfehlter Neuerungen, über die das Auge gern hinwegsieht, noch der alte Kleinstadtzauber. Nirgends langweilt sich das Auge an gerade Häuserfluchten. Überall die kleinen behaglichen Giebelhäuser und blumenbunte Fenster. Überall zeigt sich die auspägende Mischung von Handwerksfleiß und Ackerbau. Hier am Graben haben sich am längsten die breiten "Diälen" mit der "Niendör" gehalten. Da lehnt sich der Hausvater noch gern behaglich mit der Abendpfeife über die untere Tür hinaus, während durch den oberen Flügel die Hausschwalbe zwitschernd ein- und ausfliegt.
An der Hofseite schweift der Blick gern in das Grün der alten Wallgärten, die vielfach in ihrer lauschigen Abgeschlossenheit so recht zu dem reizvollen Bilde passen. aber nimmt man seinen Weg an der Gräfte, und schaut von hier in die Wallgärten, dann ist leider das Bild weniger reizvoll. Von hier schaut das Auge viele unansehnliche Hinterfronten, die zu ihren Schwestern an der Straße etwas stiefmütterlich behandelt sind. Hoffentlich wird man hier allmählich das Versäumte nachholen. Mit geringem Aufwand werden diese Schwächen mit der Zeit bald überwunden werden. Die Hofseiten der Häuser und die Hausgärten werden sich dann vorteilhaft der neuen Promenade anpassen. Die Aufgabe, welche damit für die Anlieger der neuen Promenade entsteht, ist wahrlich keine geringe zu nennen, und ganz besonders den Besitzern der Grundstücke an der inneren Stadtseite möchten wir das Mahnwort zurufen: die Stadt hat ihre Schuldigkeit getan, tut Ihr die Eure! Wir erinnern an die vielen und erfreulichen Bemühungen um die Erhaltung und Wiedererweckung kleinstädtischer, ländlicher Schönheiten, die in Wort und Tat allenthalben weiteste Verbreitung gefunden haben und insbesondere auch in unserer engeren Heimat getätigt werden. Laßt uns gegen die stetig aus dem Südteile unserer Provinz vordringende Industrie mit ihren kalten, öden Landschaftsbildern einen Schutzwall errichten für die gute alte niedersächsische Landschönheit!

Möge ein jeder auf dem hinter seinem Hause gelegenen Garten auch in Zukunft seinen Kohl bauen, wenn er sich daneben nur etwas der schönen poesievollen Kinder der ländlichen Gartenflora, der Stockrosen, Nelken, Pfingstrosen, des Pholor, der Georgine und anderer erinnern wollte. Nur beileibe hier keine geschniegelten und aufgeputzten "Ziergärten" im Stile der großen Stadt! Nur keine "moderne Kunst", sondern die wiederauflebende Liebe unserer Großeltern für die schattige Laube von Jasmin und Jelängerjelieber und für sauber gezogene Hecken und freundliche schlichte Gartentörchen muß die Leiterin bei dem weiteren Ausbau der Promenade sein. Das wäre dann Heimatschutz und -Pflege in der wahrsten und edelsten Bedeutung. Durch die Regulierung des Besitzes der zwischen der neuen Promenade und den Häusern der Stadtseite gelegenen Gartengrundstücke wird ja die alte bestehende Hecke notwendig in Wegfall kommen und muß durch eine neue schmuckere ersetzt werden, und zwar am vorteilhaftesten in der Weise, daß die Neuanlage möglichst mit gleichem Material und in ihrer Gesamtheit von einem Unternehmer ausgeführt würde, damit von vornherein die wünschenswerte Einheitlichkeit erzielt werden kann. Die nach der Promenade zu wohl von jedem Anlieger ersehnten Ausgänge müssten mit einfachen, freundlichen gestrichenen Gartentörchen geschlossen werden, und es bietet sich hier dem einheimischen Tischlergewerbe eine günstige Gelegenheit zur Bestätigung künstlerischen Schaffens. Der kommende Sommer, in dem sich der jetzt angepflanzte Teil des Promenadenweges zum ersten Male im Schmucke seines jungen Grünes zeigen soll, bietet reichlich Zeit, der Frage nach der weiteren Ausgestaltung näher zu treten, und die Stadtverwaltung ist gern bereit, mit geeigneten Vorschlägen und Zeichnungen für Gartentore und Einfriedigungsschmuck die Interessenten zu unterstützen. Dabei möchten wir noch auf einen beinahe völlig in Vergessenheit geratenen Zweig der schönen Gartenkunst hinweisen, der leider bei uns in Deutschland seine Anhänger verloren zu haben scheint, dagegen in England wie auch in Frankreich zu hoher Blüte gekommen ist, das ist das Ausschneiden und Formen allerlei Tiergruppen auf der Hecke und das Überleiten der Hecke über die Törchen zum Eingangsbogen. Mit dem Ausbau des ersten Viertels der Promenade in diesem Frühjahre und mit der nun hoffentlich auch allgemein einsetzenden Verschönerung der anliegenden Gärten ist die Entwicklung Sendenhorsts gewissermaßen auf eine neue Bahn geleitet worden, und Bürgerschaft wie Stadtverwaltung geben sich ein ehrendes Zeugnis mit den mannigfachen Neueinrichtungen und Verbesserungen in der letzten Zeit.

Die wichtigste Frage für die weitere Verschönerung der Stadt dürfte sein, nun, nachdem zunächst eine wirkungsvolle Verbindung zwischen dem Bahnhofe und dem prächtigen Krankenhaus hergestellt ist, für eine würdige Überleitung vom Bahnhofe zur Stadt selbst Sorge zu tragen. Da die jetzige Verbindungsstraße bereits mit Linden bepflanzt ist, so würde es angebracht sein, die Verlängerung der neuen Promenade nach dem jüdischen Friedehofe zu, wo geeignetes Gelände in grösserer Breitenabmessung zur Verfügung steht, nach dem Bahnhofe hin mit kleineren Zieranlagen auszuschmücken. Die Bepflanzung des Promenadenweges selbst müsste zu den Linden in wirkungsvollen Kontrast treten, wozu sich die rotfrüchtige Eberesche mit ihrem zierlichen Blattwerk wohl am besten eignen würde; die Eberesche mit der Pracht ihrer roten Früchte wird als Alleebaum noch gar nicht genügend gewürdigt. Für die beiden Enden jeweils an den Toren kämen dann wieder zwei andere Bäume in Betracht, welche, wie das auch bei dem jetzt angepflanzten Teile mit dem Götterbaum Ailanthus gandulega durchgeführt ist, mit weit ausladenden Kronen eine mächtige Flankierung der Torstraßen bilden werden. In wenigen Jahren werden sich die jungen Bäumchen zu einer prächtigen Allee vereinigen und mit nicht geringem Teile dazu mitwirken, wenn die Stadt, die sie mit ihrem schattenspenden, blütenreichen Ringe umgeben, immer grösser Würdigung und Beliebtheit auch bei weiteren Kreisen genießen wird.

 

     


 

Die Aufteilung der in den Kirchspielen Sendenhorst und Vorhelm gelegenen Nienholter Mark Nr. 55 | NN

 

Neben dem Kulturland gab es früher weite Strecken unbebauter Ländereien, die völlig herrenlosen Marken. Anfänglich hatte jeder Volksgenosse das Recht, sich einen Teil davon nutzbar zu machen. Später nahmen die Bewohner der umliegenden Höfe dieses Recht für sich allein in Anspruch. Sie benutzten fortan die Mark gemeinsam, und ihre Nutzungsrechte wurden durch Gesetz und herkommen genau geregelt.

 

Sendenhorst. Sendenhorst - Vorhelm - In interessanter Weise unterrichtet ein sich im Besitz des Bauern August Lange befindliches Aktenbündel über die im Anfang des vorigen Jahrhunderts erfolgte Teilung der in den Kirchspielen Sendenhorst und Vorhelm gelegenen Nienholter Mark. Der Kopf der Schriftstücke erinnert lebhaft an die damalige Franzosenherrschaft. Er lautet gewöhnlich: Großherzogtum Berg, Departement der Ruh, Arondissement Name, Canton Ahlen, Münicipalität Sendenhorst. Das folgende, vom 15. Januar 1810 datierte Schreiben leitete die Verhandlungen zur Aufteilung ein:

"Wir Napoleon von Gottes Gnaden, Kaiser der Franzosen und König von Italien Unseren gnädigen Gruß zuvor Hochgelehrten, Lieben Getreuen. Da wir beschlossen haben, Euch den Richter Kreuzhage als Justizkommissarius und Euch den Hauptmann Brockmann als Oekonomiekommissarius zur Teilung des Nienholter Kirchspiels Sendenhorst anzuordnen, so werdet Ihr mit der Zufertigung der bisher dieserhalb gepflogenen originalen Verhandlungen hierdurch angewiesen, Euch diesem Geschäft nach den Vorschriften der bestehenden Gesetze gehörig zu unterziehen, und von 2 - 3 Monaten über die Lage des Geschäfte zu berichten. Sind Euch mit Gnaden gewogen. (Unterschriften)".

In einem weiteren Scheiben wurden von der französischen Behörden zu Sachverständigen die Provisoren und späteren Münicipialräte Arnemann und Ottenloh berufen. Um ihren Rat befragt, stellten diese fest, daß die Teilung der Nienholter Mark möglich und nützlich sei, daß der Boden, der aus schweren Ton und Klei bestehe, von so guter Beschaffenheit sei, daß er sich als Ackerland, Weide und Waldland eigne. Sodann wurden die Interessenten von den Kanzeln in Sendenhorst und Vorhelm und durch eine Anzeige im amtlichen Intelligenzblatt aufgefordert, in einer Versammlung am 2. Mai 1810 im Hause der Ww. Geilern ihre Eigentums-Hütungs-Holzungen- und sonstigen Realrechte geltend zu machen. Als Interessenten hatten sich aus dem Kirchspiel Sendenhorst die Bauern Lange, Baggelmann, Keuthage, Joelmann und Ww. Geilern und aus dem Kirchspiel Vorhelm die Bauern Rüntelmann, Scheiper, Bücker, Saerbeck, Lühring, Debbelt und Ww. Liermann eingefunden. Wie aus den Ansprüchen hervorgeht, bestanden die Gerechtsame der Markgenossenschaft vornehmlich in der Weide- und Hudenutzung für Pferde, Kühe, Rinder, Kälber, Schweine und Gänse. Im Gegensatz zu vielen anderen Marken, in denen wegen der Verunreinigung des Grases keine Gänse geduldet wurden, war der Austrief von Gänsen in die Nienholter Gemeinheit gestattet. Dagegen war die Schafhude wie auch anderswo verboten, da die Schafe unter den jungen Waldtrieben großen Schaden anrichteten. Weiter ist zu ersehen, daß jeder Markgenosse einen Walddistrikt hatte, der durchweg mit Eichen, Topfbuchen und Weiden bestanden war. Die Interessenten behielten sich vor, Ihren Distrikt auch künftig bepflanzen zu dürfen.

Bild:
Wappen Vorhlem. Bild ist gemeinfrei.


Da aber die Sendenhorster Genossen den Vorhelmern den Umfang ihrer Weidegerechtigkeit streitig machten, kam er zu keiner Einigung. Mit Ausnahme Joan Dirk Lange, der auf Teilung bestand, baten sämtliche Markgenossen, es bei dem bisherigen Zustande zu belassen. Von Interesse ist, daß der damalige Maire Brüning und die Bauern Arnemann, Ottenloh, Keuthage, Geilern, Debbelt, Lange, Liermann, Scheiper, Hüntelmann, Holtmann und Bücker ihre Namensschrift eigenhändig vollzogen, während die übrigen ein bis drei Kreuzchen machten. Auf Drängen der Großherzoglich Bergischen Regierung wurde eine Einigung dahingehend erzielt, daß die hiesigen Markgenossen ihre Weidegerechtigkeit nur auf Sendenhorster Gebiet und die Vorhelmer ihr Huderecht nur auf Vorhelmer Gebiet ausüben durften. Als Grenzscheide zwischen Sendenhorst und Vorhelm wurde der Nienholtbach festgesetzt. Dem Lange wurde auf seinen Einspruch hin das Pflanzungsrecht auf einer Parzelle im vorhelmer Düsewinkel zugestanden. Endgültig vollzog die französische Behörde am 15. März 1811 die Teilung der Mark. Nachdem die Ausweisung der Wege erfolgt war, wurde jedem Interessenten als Eigentum ein Anteil zugesprochen, der seinem bisherigen Mitbenutzungsrecht entsprach. Die Kosten der Teilung belaufen sich auf insgesamt 100 Reichstaler, 50 Silbergroschen und zwei Pfennig. Davon hatte jeder Sendenhorster Genosse 7 Reichstaler, 51 Silbergroschen und jeder Vorhelmer Interessent 3 Reichstaler und 28 Silbergroschen zu bezahlen. Durch die Übereignung der Mark wandelten sich die bisherigen Weiden bald in fruchtbare Äcker und Wiesen, wodurch auch das Landschaftsbild ein ganz anderes Aussehen erhielt.

 

     


 

Von den Gewässern Nr. 57 | NN

 

Sendenhorst ist arm an Gewässern jeglicher Art. Dieser Mangel kann in einem Brandfalle zu einem Übelstande werden und den Bewohnern unsäglichen Schmerz zufügen. Durch Anlegung tiefer und weiter Brunnen oder durch Anschluß an die Brennereibetriebe hofft man diesen Übelstand zu beseitigen. Jedenfalls ist man sich einig darin, daß etwas geschehen muss. Ehedem war es anders.

 

Sendenhorst. Sendenhorst - Die Gemeinde hatte mehrere Gewässer, den großen, breiten Stadtgaben und eine Anzahl Teiche bezw. Kuhlen, die ständig hinreichend mit klarem Wasser versehen waren, sodaß im Brandfalle genügend Wasser vorhanden war. Wenn aber trotzdem Sendenhorst in früheren Jahrhunderten von vielen großen Bränden heimgesucht worden ist, so wie die große Ausdehnung der Brände auf die mangelhafte Organisation des Feuerlöschwesens und die leicht brennbaren Baustoffe zurückzuführen. Es sei nur daran erinnert, daß vor dem letzten großen Brande im Jahre 1806 die Mehrzahl der Häuser noch mit Stroh gedeckt war.

Die Gewässer dienten früher besonders auch der Fischerei. Sie müssen daher so beschaffen gewesen sein, daß die Fische darin leben konnten. Die Stadt hatte in den meisten Gewässern das Fischereireicht. Dieses alte Recht (wenn es ihr auch nicht viel einbringt) hat sie von früher her jetzt noch an der Angel obgleich dieses Flüsschen ganz in der politisch abgetrennten Gemeinde Kirchspiel Sendenhorst liegt. Bis vor etwa 20 Jahren hatte der Hellenbach noch Fische. Aber seitdem er die Abwässer aus der Stadt durch die Kanalisation aufnimmt und der Wasserstand in seinem oberen Laufe in normalen Jahren erheblich gesunken ist, sind die Fische aus diesem Bach verschwunden.

Vor 150 Jahren wurde die Fischerei in folgenden Gewässern öffentlich verpachtet:
1. In der Lehmkuhle, Diese ist heute noch vorhanden und dient ausschließlich als Bleiche.
2 .In der Greinkuhle. Über einige Jahre wird nur mehr der Name an diesen Teich erinnern, da er gegenwärtig eingeebnet wird. Er diente früher auch als Schwemme für die Pferde und Tränke für das auf der Ostheide weidende Rindvieh. Vor etwa 20 Jahren wurde die Greinkuhle nochmals als Fischteich hergerichtet und diente diesem Zweck bis zum trocknen Sommer des Jahres 1911.
3. In dem Teiche am Ostendamm. In dem Pachtverzeichnisse vom 21. Oktober 1780 wird als Lage des Teiches die Stelle angegeben, "alwoh vormahlen ein Galgen gestanden hat". Der Teich ist nicht mehr. Es kommt eine Örtlichkeit in der Mitte zur Ostheide an der Chaussee nach Vorhelm in Frage. In dortiger Gegend befindet sich auch eine Flur mit dem Namen Galgenkamp. Ein Teil dieses Galgenkamp ist heute im Besitz der Stadt. Nach der Überlieferung soll dort 1338 zum letzten Male einer gehenkt worden sein.
4. In dem Teiche am Südendamm (Landweg nach Ahlen). Hier war die sog. Dammkuhle, die anfangs der 90er Jahre des vorigen Jahrhunderts von der Stadt an den Briefträger Wessel verkauft und von diesem eingeebnet wurde. Von dieser Kuhle wird uns eine Anekdote aus dem Leben des Pfarrers Lorenbeck (1839 -1685) erzählt. Die Bauern aus der Bauerschaft Bracht ließen eine Zeit lang fortwährend Weihwasser vom Pastor holen. Schließliche fiel es dem Pfarrer auf, daß immer dieselben Leute nach Weihwasser begehrten. Als er nach dem Grunde fragte, erhielt er die Aufklärung, daß in der Bauerschaft eine Kälberseuche ausgebrochen sei, und die Bauern die Kälber mit Weihwasser tränkten. Um die vielen Wünsche leichter befriedigen zu können, schlug der Pastor dann den Bauern vor, er wolle die Dammkuhle einsegnen.
5. Im hohen Mehr. Das Mehr liegt nordwestlich von Sendenhorst in der Nähe des früheren Rittergutes Toggenburg, jetzt B. Wißling. Das Mehr ist recht sumpfig. Vor 150 Jahren lag dort eine Ziegelei. Der Ziegelmeister pachtete in der Regel die Fischerei der beiden Mehrbäche, von denen der eine aus der Bauerschaft Elmenhorst, der andere von der Stadt kommt. Sie durchfließen die Bauerschaft Sandfort und vereinigen sich unmittelbar am Bahngleise in der Nähe des Gehöftes Seiling. Im März sieht man auch jetzt noch vielfach Fische im Mehrbache. Diese kommen von der Werse durch den Alster- bewz. Hellenbach dorthin.
6. In der Stadts Börne am Süden-Bollweg. Die Lage dieser Fischerei hat sich noch nicht feststellen lassen. In den Verpachtungsterminen machten auch immer private ihre Rechte geltend, sodaß diese Fischerei wiederholt von der öffentlichen Verpachtung ausgeschlossen wurde.
7. In dem Hellbrüggenbach oder Hellenbach. Diese Fischerei muß wohl nicht die schlechteste gewesen sein. Dann diese behielten die Magistratsherren zur eigenen Benutzung und wurde nicht verpachtet.
8. In der Angel. Aus der Angel versprach man sich einen reichen finanziellen Ertrag, da der Verpachtungstermin in den Nachbargemeinden Enniger, Hoetmar, Everswinkel und Alverskirchen bekannt gegeben wurde. Durch den Arbeiter Ostholt, der immer in der Angel gefischt hatte, war z. Zt. das Recht, das man der Stadt streitig machte, gewahrt worden.
9. In der Stadtgräfte. Die Stadtgräfte wurde in vier Losen zum Fischen Verpachtet. Vom Nord- zum Osttore waren zwei Lose, vom West- zum Nord- und Ost zum Südtore je ein Los. Die Stadtgräfte von Westen nach Süden muß keine Fische gehabt haben, da sie zum Fischen nicht verpachtet wurde.

Die Fischereien gehören der Vergangenheit an. Und heute trägt man sich mit dem Gedanken, die idyllischen Teiche auf der Hardt zu Badegelegenheiten, Kahnpartien und Fischereien herzurichten. Ob sich die Träume alle erfüllen werden? Mit voller Kraft pumpt seit dreiviertel Jahren wieder das Wasserwerk der Stadt Ahlen. Es deckt heute wieder einen großen Teil seines Wasserbedarfs von der Hardt, und Ahlen freut sich, daß es Anfang 1923 den Betrieb nicht verkauft hat. Es freuen sich auch die Sandbetriebe, daß sie immer tiefere Löcher machen können. Aber die Freunde des Wassersportes fürchten, daß die Zeit kommen könnte, wo man das Wasser gerne gebrauchen möchte, und daß es dann nicht mehr da ist.

"Wat den senen sin Uhl, is den annern ein Nachtigall."

 

 

     


 

Ein "Linnentuchmacheramt" im alten Sendenhorst Nr. 60 | B.F.

 

Das alte Sendenhorst im Fürstenbistum Münster war ein städtisches Gemeinwesen. Es liegt nahe, anzunehmen, daß sich sein wirtschaftliches Leben in der gleichen Weise regelte wie in den übrigen Städten, wo Zünfte und Gilden wo Zünfte und Gilden dafür sorgten, daß Handwerk und Gewerbe in Ordnung waren.

 

Sendenhorst. Indes hat es uns bisher an Quellen gefehlt, die Genaueres über Zünfte und Gilden im alten Sendenhorst aussagen. Nun hat sich aber im Staatsarchiv Münster das Privileg gefunden, das uns genauen Aufschluß über das Linnentuchmacheramt im "Wigbold" Sendenhorst gibt. Ob das Linnentuchmacheramt die einzige Zunft gewesen ist, mag dahingestellt bleiben.

Die Bedeutung, die die Leinenweberei im Münsterlande in früheren Zeiten hatte, macht es durchaus verständlich, daßgerade das Leinengewerbe ausübenden Bürger von Sendenhorst sich "zünftig" zusammengeschlossen haben. Das von Friedrich Christian von Plettenberg den Linnentuchmachern verliehene Privileg entstammt dem Jahre 1695, als man auch im Bereiche der mit Wall und Graben umgebenen Stadt Sendenhorst das Bedürfnis empfand, Ordnung in das nach dem 30jährigen Krieg wieder lebhaft entwickelte leinengewerbliche Schaffen zu bringen. Das Privileg des Fürstbischofs Friedrich Christian ist, wie aus dem Wortlaut hervorgeht, auf ausdrückliches Ansuchen sämtlicher Linnentuchmacher des Ortes erteilt worden "zu ihren undt der Ihrigen beßeren nutzen undt auffkommen", und der Landesherr fügt hinzu, daß er mit der Erfüllung ihrer Bitte aus fürstväterlicher Neigung die Wohlfahrt seiner lieben Untertanen fördern wolle.

Das Privileg enthält im ganzen 13 und einen abschließenden Paragraphen. Zunächst ist in § 1 festgelegt, daß Gewebe einer bestimmten Art und Breite nur von den Mitgliedern der Zunft gearbeitet werden dürfen, dazu gehört auch die Gebildeweberei.

In § 2 ist von den Vorstehern des Amtes die Rede, die gut, ehrlich und gut beleumdet sein sollen und besonders über die Einigkeit in der Gilde (Zunft) wachen sollen. Die Zunftgenossen schulden ihnen Gehorsam. Aus dem 3. Paragraphen wird die besondere Aufgabe der Zunft ersichtlich, daß sie über die Qualität der Linnenerzeugnisse zu wachen hat. Zwei Meister aus ihrer Mitte sollen alle 14 Tage bei den Zunftgenossen das auf den "Tauen" (Webstühlen) befindliche Leinen nach Breite kontrollieren, damit gute Kaufmannswaren gemacht werden. Die Paragraphen 4 - 7 regeln den Zuzug zu den Linnentuchmacherleuten. Der Bewerber hat sich durch zwei Mitglieder der Zunft um seine Aufnahme zu bemühen und hat sein Meisterstück zu machen, das dann von dem Zunftvorsteher und den sechs Meistern besichtigt wird. Im § 8 wird um der "guten Gleichheit" willen, festgelegt, daß kein Meister mehr als 3 bis 4 Webstühle betreiben darf. § 9 untersagt die Einstellung von mehr als einem Lehrjungen. Der § 10 regelt im Falle des Todes eines verheirateten Zunftgenossen die Rechtstellung der Witwe, der § 11 die Verpflichtungen eines jeden Amtsbruders zur Teilnahme am letzten Geleit. Im § 12 ist Zeitpunkt und Aufgabe der alljährlich abzuhaltenden "Generalversammlung" festgestellt. Der § 13 verbietet das Abwerben von Gesellen.

Abschließend behält sich der Landesherr eine Abänderung der Satzungen oder eine Widerrufung des Privilegs vor. Wir lassen nun das unbekannt gebliebene Dokument im Wortlaut folgen: "Von Gottes Gnaden Wir Friedrich Christian Byschoff zu Münster, Burggraff zum Stromberg, des Heiligen Römischen Reichs Fürst und Herr zu Borckeloh, thuen kundt undt füegen hiermit zu wißen, für Uns undt Unser Nachkommen am Stifft, Nachdem Wir von denen sämbtlichen Linnen Tuchmacheren in Unseren Wigbolt Sendenhorst wohnhaft in underthänigkeit belangt undt gebetten worden. Wir geruheten Ihnen zu ihren undt der Ihrigen beßeren nutzen undt auffkommen ein ordentliches Amt und Gilde in Gnaden zuertheilen undt zu verstatten undt dan Wir unter anderen auß Fürstvätterlicher Näigung zu Unseren Lieben Underthanen dahin fürnehmlich bedacht seyn, daß Wir deren Wohlfahrth undt bestes Befürderen undt Sie bey gueten gedeyen undt auffnehmen erhalten mögen, daß dahero Wir vorbem (eldter) Supplicanten suchen ggst (gnädigst) statt gethan und Ihnen ein privilegijrtes Ambt oder Gilde in nachfolgenden artticulen bestehendt auß besonderen Gnaden ertheilet und bestättiget haben, ordtnen, setzen, undt wollen diesem nach, daß
Erstlich in Wigbolt Sendenhorst Niemandten breit Linnentuch von Numero nono an undt so weiter, wie auch Bildtwerck, Legetendrill undt der gleichen zu machen zugelassen seyn solle. Er habe sich dann der gestalt zum Linnentuchmacher Ambte qualifiziert, Daß er seyn solle, Er habe sich dann der gestalt zum Linnentuchmacher Ambte qualifiziert, Daß er sey Römisch-Catholischer Religion undt freyen standte, auch alda oder anderwerts, alwo ein Ambtoder Bruderschaft ist, das handtwerck gelernet, seine Lehr zwey jahr beym Ehrlich (en) Meister außgehalten undt davon genugsamben schein seines gue(ten) Lebens undt gerüchts vorgebracht, undt dann nach also außgehaltener Lehr zwey jahr bey einem Meister alß Knecht gearbeit (et) habe, es were dan, daß Er mittels genugsamben Zeugnüs darthun konnte, anderwerths schon alß Meister gestanden und gearbeitet zu haben, welchen falß Er zu jtzerwehnten zween jahrn nicht gehalten, gleichwohl mit dem Ambte billichmässige obdracht zu machen undt solle Er darbey nicht übernommen werden.
2. wollen Zwey auß derselben mittel zum Ambts Vorsteheren erwehlet werden, denen die andere des Ambts Bruderschafft gehorchen und folgen Müén, welche Vorsthere guete, Ehrliche, unberüchtigte Leüthn seyn undt fleißige obsicht haben sollen, daßunter den Brüderen undt gemeinschafft keine Uneinigkeit oder Sotterey entstehen möge. Da aber etwah Zanck zwischen den Meisteren und Knechten der arbeit oder Handwercks halber entstehen würde undt darüber zu klagen hetten, solches denen Vorsteheren obged (achten) zum güstlichen Entscheid fürbracht und geklag werden solle.
3. Die Vorstehere sollen auß ihrem mittelen zwey meisters verordtnen, die alle 14 Tage umgehen undt den breiten Tug groß oder klein, so jedeßmahl auff den Taren befunden wirdt, besichtigen, damit guete Kauffmanßwaaren gemacht werden, undt dah dann einscheinbahr undt strafbahrer mangel daran bey einen oder anderen Linnentuchmacheren befunden würde, selbiger von vorgem (eldten) zwei Meisteren danen zeitlichen Beambten zu Volbeck und Richteran zu Sendenhorst ernennet undt angezeigt werden, damit der Deliquent noch gelegenheit des Eroessus…mit einer gebührlichen Geldtbueß, so zu halbscheidt der hohen Landtobrigkeit, die andere Halbscheidt den Vorsteheren des Ambts zu dero beßeren erhaltung, ohne einige einrede zu erlegen oder sonsten nach befinden betraeffet werden möge.
4. Dah Jemandt das Ambt begehret, derselbe solle zwey Meistere zu Wercksleüthen gesinnen, die Ihm solches auff fürgebrachten schein seiner qualifioation nicht verweigern, sondern zu dreymahlen alß vor 14 Tagen zu 14 Tagen bey den Zweyen des Amtbts Vorsteheren darnach werben sollen.
5. Wann dan auff vorgebrachter qualifioation undt beweiß einer zum Ambte zugelassen würde, derselbe soll zu vordrist sein Meisterstück alß nemblich einen fünfzehnenden, machen, undt das Werck bey einen anderen Meister, vorzu Er verwiesen wirdt, scheren, daßselbe durch Zwey darzu verördtnete Meistere, ob die scherung richtgi befunden, das meisterstück zu machen zugelassen werden.
6. Schalt nun aber das meisterstück fertig, soll selbige in beysein der Vorsteheren neben sechs dazu deputirten Meisteren sambt dem Kamms besehen werden, ob es ohne schädtliche gebrechen breit undt fast genug gewebt, undt wah es tüchtig befunden, derselbe, so ein Meister Sohn ist, undt ahn ein Meisteres Tochter sich verheijrathet, den beseheren das Ihrige alß dem Vorsteheren 14 schilling, sonsten zusamben eines Tages zu eßen undt eine halbe Tonne Bier, ein Pfund Wachs behueff der Lichter, so in der Kirchen oder sonsten für ein Leichnamb zu gebrauchen, undt dann einen Lederen einer ohns dem, welchen ein jeder Einwöhner zu feure noth zu verschaffen schuldig, geben, sonsten aber alß ein Ambte Kindt die Bruderschafft freyhaben undt daran auffgenohmen werden.
7. Zum Siebenden würde aber einer, der nicht ein Meister Sohn ist, die Bruderschafft verlangen, derselbe soll, wan das Meisterstück, wie obstehst, gemacht, für sich fünff undt für seine Fraw fünff Rthl., alß zusamben zehen Rthlr. nebst den zwey Pfund wachses, einen Lederen einer undt 14 schilling denen Vorsteheren zu geben gehalten seyn.
8. Damit dann auch gute gleicheit unter den Brüderen gehalten werden mögen, sollen keinem Meister mehr dan drey Tawe zu Bewercken erlaubt seyn, jedoch das vierte Taw dem Meister selbsten darauff zu arbeithen vorbehaltlich.
9. Zum Neunten soll kein Meister mehr alß einen Lehrjungen haben, der sich von Ihme annehmen undt von denen Vorsteheren einschreiben laßen, da……ein Pfund Wachs behueff der Lichter geben und bey seinem Meister die vorspecificirte zwey Lehrjahren ehrlich außhalten, auch zwey jahr für Knecht bey demselben solle.
11. Zum Eilfften, damit auch die Begräbnüßen der abgestorbenen in der Bruderschaft ehrlich gehalten werden, soll ein jeder Bruder des abgestorbenen Leichnamb zu folgen undt der jüngster Meister bey straff eines Pfundes Wachses zu verboiten verbunden seyn.
12. Zum Zwolfften es sollen undt mögen auch alle jahr auffn Sendenhorstischen Kirchmarck oder Donerstag nach St. Michaelisfest fir Ambts Brüdere, nachdem des morgens früh dem Gottesdienst ordentlich beygewohnet undt vor die abgestorbene Mitbrüder ihr gabett Gott auffzehere den nachmittag nach gefallen veränderen empfangen undt erhoben, richtige undt Clahre rechnung abforderen undt was in vorrath in ein Buch schreiben, den anderen Meisteren vorlesen undt alselehen verrath biß auff den Nothfall getrewlich undt wohl verwahren undt beylegen bey straeff eines Halben Marcks wegen der Absentz.
13. Zum Dreyzehenden soll auch ein Meister den anderen sein dienstvolck gegegen die gebühr nicht abschwäcken noch ahn sich ziehen, auch für neuen jahr undt den Heyl(igen) fest St. Joannis mitsommer keinem Meister erlaubt seyn zu mieden undt zwarn nicht geringer als auff ein gantz jahr, auch nicht mehr zum Weinkauff geben alß drey schilling beym ehisten anmieden alles bey straff nach ermeßigung, welche dan ebenfalß Halb der Hohen Landtobrigkeit und Halb der Bruderschafft heimbfa(llen) sollen. Endtlich undt zum letzten soll Uns undt Unseren Nachkommen freysteber, diese articulen, ordtnung, Concession undt Rolle zu veränderen, derselben ab undt zu zusetzen oder aber gestalten sachen nachgäntzlich zu revareiren undt ab zuthuen. Befehlen dahero Unseres Volbeckischen Beambten auch Richteren zu Sendenhorst Hieeit ggst (gnädigst) ebben (eldten) Linnentuchmacher Ambte geneßen bey obiger Unser Concession undt Ambts Rolle kräfftig zu manuteriren undt zu handthaben. Uhrkundtl(ich) Unsere hierunten gesetzten handtzeichens undt vorgeträckten Hochfürstl(ich) Unsers hierunten gesetzten handtzeichens undt vorgeträckten Hochfürstl(ichen) Secrete Eig(natum) in Unser Statt Münster, den 19. August 1695. gez. Fridrich Christian." den großen, breiten Stadtgaben und eine Anzahl Teiche bezw. Kuhlen, die ständig hinreichend mit klarem Wasser versehen waren, sodaß im Brandfalle genügend Wasser vorhanden war. Wenn aber trotzdem Sendenhorst in früheren Jahrhunderten von vielen großen Bränden heimgesucht worden ist, so wie die große Ausdehnung der Brände auf die mangelhafte Organisation des Feuerlöschwesens und die leicht brennbaren Baustoffe zurückzuführen. Es sei nur daran erinnert, daß vor dem letzten großen Brande im Jahre 1806 die Mehrzahl der Häuser noch mit Stroh gedeckt war.

n Nr. 36/1954 der Heimatblätter der Glocke wurde ein landesherrliches Privileg für das Linnentuchmacheramt in Sendenhorst aus dem Jahre 1695 veröffentlicht, das sich im Staatsarchiv in Münster befindet. Im Folgenden soll auf eine Neuregelung aufmerksam gemacht werden, die im Jahre 1730 vor dem Sendenhorster Richter und Gografen Joan Christian Bisping erfolgte, über die wir gleichfalls aus einem Aktenstück des Staatsarchivs Münster Kunde haben. Unter dem 12. November des genannten Jahres erscheinen in der richterlichen Wohnung vor dem Notar Anton Schöningt in Gegenwart der Zeugen Dreier, Lindemann und Heinrich Hartmann die beiden Gildenmeister Adolf Tonbeyinck sen. und Dieter de Hoerde als Beauftragter des Amtes zu einer eingehenden Beratung und Beschlußfassung und notarieller Bestätigung über Angelegenheiten des Amtes. Der Anlaß waren Beschwerden über die Höhe der Gebühren, die vom Sendenhorster Linnentuchmacheramt erhoben wurden. Sie waren, wie es ausdrücklich heisst, in der Rolle des Amtes festgelegt, hatten sich jedoch als zu hoch erwiesen. Die Sendenhorster waren bereits auf die Regelung in der Ahlen'scher Amtsrolle hingewiesen worden, von der eine Abschrift zugegangen war. Zwischen dem Amt und den Bewerbern um die Zulassung zum Amte hatten sich grössere Schwierigkeiten und Auseinandersetzungen ergeben. Es ist von einer "Konfusion und Irrung" die Rede. Nun sollte dieser unerfreuliche Zustand bereinigt werden. Die Verhandlungen gehen darauf hinaus, die Verhältnisse in Sendenhorst denen der anderen Ämter anzugleichen, den Zugang zu dem Sendenhorster Linnentuchmacheramt zu erleichtern.

Wir lassen die neue Regelung des Jahres 1730 im Wortlaut folgen, weisen aber vorab auf einige Erleichterungen hin, die festgelegt wurden. Offenbar hatten in Sendenhorst die Bewerber um die Mitgliedschaft im Tuchmacheramt schon bei ihrer Anmeldung Gebühren zu zahlen. Es wird nun festgelegt, daß bei der Bewerbung selbst Gebühren nicht mehr gefordert werden dürfen. Die Gebühren für die Prüfung des Meisterstückes werden herabgesetzt, vor allem entfallen die Kosten für die Mahlzeit und das Bier. Die Aufnahmegebühren selbst werden gleichfalls gesenkt, sowohl bei den Meistersöhnen bewz. Meistertöchtern wie auch bei den fremden Bewerbern. Neugeregelt wurden die Gebühren für die Lehrlinge, die nicht nur dem Amte Abgaben schulden, wenn sie in der Rolle eingeschrieben werden, sondern auch dem Meister ein Lehrergeld in Höhe von 5 Thalern zu zahlen haben. Darüber hinaus schulden sie der Frau des Lehrherrn ein Paar Pantoffeln oder dafür einen Geldbetrag in Höhe von 14 Schilling. Ob der Ausdruck "Unter den Pantoffeln stehen" mit diesem alten Zunftbrauch etwas zutun hat, bleibt dahingestellt. Das Dokument lassen wir nun im Wortlaut folgen:
Ich Joan Christoph Bernard Bisping, beyder Rechten Licentiet, auch in und außerhalb Sendenhorst respective verordneter Richter und Gograf, thue kund, zeuge und bekenne vermitz gegenwärtigen offenen versiegelten Scheins, wie daß in dato unten bemelt vor mir Richtern und Gografen im Schein des Gerichts, auch des veräideten Gerichtsschreibers und zu End geschriebenen Gezeugen Gegenwarth kommen und erschienen die ehrsahme Adolph Tonbeynck senior und Dietherich Höerde, zu jetziger Zeit Gildenmeistere hießigen Linnentuchmacher-Amts, fort mit ihnen die samtliche Amts-Meister, furhaupte und einhellig aussagend, wie daß ihre Hochfürstlichen Gnaden zu Münster Friderich Christian Höchstsehligsten Gedschtnüß bey dero Lebzeiten und Regierung denen in diesem Wiegbold wohnenden Linnentuchmachern zu dero beßeren Nutzen und Aufkommen mit ein ordentliches privilegirtes Amt und Gilde begnadiget, und wie sie sich hernägst zu verhalten einige Articula vorgeschrieben und gnädigst ertheilet, für welche hohe Gnade sie Comparenten deroselben zu allen Zeiten unterthänigst verbunden wären. Gleich nun solche gnädigste Concession von denen Meisteren mit aller Veneration angenesnen, sie Comparanten auch die vorgeschriebene Articula steets einzufolgen, keinesweeges denselben zu wieder zu handelen weder denen etwas zum Nachtheil zu statuiren gesinnet, sondern solche Articula steets in ihren Standt verbleiben und ihre völlige Kraft und Wirkung behalten sollen. Nachdemahlen nun wegen Gesinn- und Gewinnung des Amts die Jura und Gebühren in denen der Rollen einverleibten Articula zwarn sich determiniret befinden, gleichwohl daß solche Gebühr zu groß wären vor Hochst-(gedachte) ihre Hochfürstliche Gnaden und anderen als Amtsleiten geklagt worden, dahero dieselbe solches zu remedyren uns nach die Ahlische Amts-Rolle und daß dieselbe einfolgen sollten hinverwiesen, maaßen dann auch wie von solcher Rolle copian autheticam erhalten, gleichwohl bey deßen Verlesung darauß, wie es in ein oder andern Stück verhalten würde, keine gründliche Information haben können, sonderen vielmehr eine Confusion und Irrung unter sie und die anwerbende junge Meistere entstanden, diesem aber hernägst vorzubeigen und den einem für den andern nicht zu beschwehren, sondern in allen eine Gleichheit zu halten, hätten sie Comparenten für höchst nothig erachtet, zusammen zu tretten, über ein oder anderen Punckt, wie es hinfüro damit sollte gehalten werden, reiflich zu deliberiren und darüber zu verordnen, sodann solchen ihren Schluß und Verordtunung zu mehreren Sicherheit gerichtslich instrumentiren und ihnen ein oder mehrere Instrumenta informa probante, um solches beym Amtsbuch verwahrlich hinzulegen, ergab condignun zu communiciren. Hätten dahere über einige Puncta reiflich sich berathschlaget, darüber statuiret und verordtnet, statuirten und verordtneten dann auch hiemit und zwarn
Erstlich soll derjeniger, so das Linentuchmacher-Amt hinfüro gesinnen will, er seye ein Amtsmeisters kind oder nicht, auf vorhin beygebrachte in der Hochfürstl. gnädigsten Amts-Rolle erforderte Qualification zwey Amtsleute zu Werberfleithe zu ersuchen und durch dieselbe dreymahl und zwarn jedesmehl von 14 zu viertzehn Tagen bey die Gildemeistere und Vorstehere darnach werden laßen, derjeniger so das Amt verlanget, soll nicht verbunden seyn, diesen Werbmeister dafür das geringste zu geben, nur wenn er auch freyen willen ihnen spendiret, diese zwey Werbsleuthe sollen auch nichts dafür fordern, wann nun
2. derjenige, so daß Amt werben lasset, zum Meister angenommen und solcher ein Amtsmeisterssohn, auch an eines Amtsmeisteren Tochter verheurathet wär oder sich verheirathen würde, soll derselbe für sich und der Frau dem Amte insamt ein Pfund Wachs geben, sonst aber für Gewinnung des Amts weder für sich weder für eine solche Frau nichts zu entrichten verbunden seyn. Sollte aber
3. ein solcher Meisters Sohn eine Person heurathen oder würklich zur Ehe haben, so keines Amtsmeisteres Tochter wäre, so soll der Mann nur ein halb Pfund Wachs dem Amte auszukehren verpfleichtet seyn. Wäre aber
4. ein solcher werbender Meister und deßen Frau keine Amtsmeisters Sohn oder Tochter, soll ein jeder frühaupts dem Amte ein Pfund Wachs geben. Damit nun
5. ein Fremder, sowohl Mann als Frau, welche keine Amtsmeisteres Kinder seyn, sich bei Gewinnung des Amts über das erforderte Gewinn nicht beschwehren mögen, sondern darein bey diesen schlechten Zeiten erleichtert seyn, hätten sie beschlossen und statuiret, daß ein fremder Meister, so das Amt hinfüro gewinnen würde, für sich vier Reichsthaler zum Gewinn geben sollte, wäre auch verheurathet oder würde eine Persohn, so keines Amtsmeisteres Tochter ist, heurathen, soll er für eine solche Frau gleichfals vier Reichsthaler dem Amte zum Gewinn praestiren, würde aber ein solcher fremder Meister eine Meisterstochter heurathen oder zur Ehe haben, praestiret aber dafür dem Amte kein Gewinn, sondern für sich allein die obberührte vier Reichsthaler zum Gewinn erlegen. Wann nun
6. einer das Amt gewunnen und der neue Meister zur Befertigung des Meisterstückes hinverwiesen und das Werk geschoren, demnägst durch zwey dazu verordnete Meistere, ob die Scheerung richtig, besichtiget worden, soll er einen jeden Meister, fürhaupts drey Schilling sechs Deut sofort für ihre Mühe und Arbeit erlegen, gleichfals soll derselbe, wann er zu arbeiten anfängt, für abermalige Besichtigung und ob alles ohne schädliche Gebrechen seye, abermahl einen jeden Besichtigen fürhapts geben drey Schill. 6 Pf., da
7. das Meisterstück verfertiget, und das Werk neben den Kamm, und ob alles ohne schädliche Gebrechen seye, nach Einhalt der Rollen von denen Gildenmeisters und sechs andere dazu deputirten Amtsmeisteren besichtiget ist, soll vom neuen Meister eine jeden Gildemeister fürhaupts siebenzehn Schillinge sechs Pfennige und einen jeden von denen zur Besichtigung deputirten sechs Meisteren drey schillinge 6 dt. praestiret werden. Die Mahlzeit und Tonne Biers soll cesairen, ferners soll
8. das Gewinn und Wachs sogleich, wenn das Meisterstück fertig, bey der Besichtigung bezahlt und bis solches gehoben, den neuen Meister andere Arbeit anzufangen nicht zugelassen, sondern hiermit verbotten seyn. Belengent
9. die Lehrjungens, wann ein solcher eingeschrieben wird, soll er denen Gildenmeistern insamt sieben Schillinge, dem Amte aber ein Pfund Wachs geben, es seye der Junge eines Meisters, oder eines andern Bürgers Sohn.
10. Der Lehrjunge soll dem Meister, welcher ihm zur Lehr angenommen für Lehrgeld fünf Reichstahler und deßen Frau ein Paar Pantoffelen oder viertzehn Schillinge dafür entrichten. Das Lehrgeld soll der Lehrjunge, sobald er angenommen ist und zum Werke geschritten, sofort zur Halbscheid ad zwo Reichsthaler 14 Schill. wie auch der Frauen das Paar Pantoffeln oder die 14 Schillinge dafür auskehren, die andere Halbscheid aber soll der Lehrjunge gelegentlich nach Ablauf jedesmals eines viertel Jahrs bezahlen, als nun auch
11. sie Comparenten verspüret, daß ein oder ander Meister einen Lehrjungen für geringes Lehrgeldt in die Lehr angenommen, solches aber denen anderen Meistern zum Nachtheil gareichte, thaten sie einhellig bewilligen und statuiren, daß ein solcher Meister dem Amte zwo Reichsthaler zur Strafe jedesmahl geben solle. Damit nun
12. ein neuer Meister sich mit der Ohnwißenheit nicht entschuldigen könne, solle desselben gegenwärtige Statute zuforderst, um sich darnach zu verhalten, vorgelesen werden.

Sie Comparenten hingegen gelobten fürhaupts veraitz zu meies Richteren Händen gethaener Stipulation diese Satzungen in allen getreulich einzugelgen, und denenselben keinesweeges zu wiederleben. Actum Sendenhorst, in meines Richtern Wohnbehausung in Anwesenheit David Lindemann und Henrich Haartmann als hiezu sonderlich adhibirte Gezeugen.

Im jahr nach unsers Einzigen Erlösers und Sehligmachers Jesu Christi Heilwehrtesten Gebuhrt, tausendsiebenhundert dreitzig, den 24 ten Mohnathe Novembris L.S.J. Ad mandatum Speciale Domini judois et gegravii Sendenhorstensis Anton Schunigt Notarius Caes. et immatriculatus und Gerichtsschreiber mpp.

 

     


 

Über die Verpachtung der Fischereien Nr. 61a | NN

 

Der Fisch im Wasser und das Wild in Feld und Busch waren von jeher der Zankapfel zwischen seinen Verfolgern. Daher nahm sie das Gesetzt dieser Streitobjekte an und regelte das Recht zur Ausübung der Jagd und Fischerei. So bestanden auch hier über die Fischereirechte viele Unklarheiten.

 

Sendenhorst. Man konnte sich insbesondere nicht erklären, warum die Stadt Sendenhorst die Fischerei in der außerhalb ihres Bezirks, in der politisch getrennten Gemeinde Kirchspiel Sendenhorst fließenden Angel verpachtete. Eigenartig mutete es an, daß die Stadt die Pachtgroschen vereinnahmte, während die Anlieger die Reinigung vorzunehmen hatten und sich das Betreten der Grundstücke durch die Fischer gefallen lassen sollten. Es wäre zu wünschen, wenn diese unerquicklichen Zustände aus der Welt geschafft werden könnten. Die Wege, wie dieses geschehen könnte, sollen nachher erörtert werden. Zuvor soll die geschichtliche Entwicklung klargelegt werden.

Am 21. Oktober 1780 schritten die städtischen Behörden zur Verpachtung ihrer Fischereien. Es wurden verpachtet, die Lehm- und Greinkuhle, die Teiche am Osten- und Südendamm, das Meer, die Stadts Börne, der Helmbach, soweit er im Stadtbezirk liegt, die breiten Gräften um die Stadt und die Angel. Die Fischerei im Meer und in der Angel lagen im Kirchspiel. Über frühere Verpachtungen sind Unterlagen nicht vorhanden. Auch wird nicht mitgeteilt, warum damals schon der Magistrat dieses Recht für sich in Anspruch nahm, während beide Gemeinden getrennte Vermögensverwaltungen hatten. Die Fischerei im Meer wurde nur bis 1845 verpachtet. Von der Verpachtung der Angel versprach man sich damals großen Erfolg, da angeordnet wurde, daß die Verpachtung auch in den Nachbargemeinden Enniger, Hoetmar, Everswinkel und Alverskirchen vorgenommen werden sollten. Nach 12 Jahren, 1792 schritt man zur neuen Verpachtung von denselben Gewässern. Hierbei wird dieses Mal ausdrücklich erwähnt, daß die Fischerei der Angel unverheuert blieb. Ebenso blieb sie bei den nächsten Verpachtungsterminen unverpachtet, obgleich sie in den Verzeichnissen als städtische Fischerei weiter aufgeführt ist. Im Jahre 1810 ist zum ersten Male die Rede von einer Verpachtung der Fischerei in den Blanken, anfangend von Lütke-Kogge bis zur Waterfouhr, in der Gegend von Zeller Niesmann. Es handelt sich hier hauptsächlich um Landwehrgraben. Die Pacht floss in die Gemeindekasse vom Kspl. Sendenhorst.

Auch bei den späteren Verpachtungen wird der Landwehrgraben immer als einzige öffentliche Fischerei vom Kirchspiel Sendenhorst bezeichnet. Von der Stadt wurde 1810 sogar die Galle, eine Wasserpfütze an der Straße nach Drensteinfurt unverpachtet. 1819 wurde die Galle nicht mehr verpachtet und grösstenteils eingeebnet. 1843 schreitet die Stadt an einer anderen Stelle im Kirchspiel zur Verpachtung der Fischerei. Es war die frühere Sandgrube bei Nientiedt. Am 13. Juni 1945 wird die Verpachtung der Fischereien in zwei getrennt abgehaltenen Terminen von der Stadt und vom Kirchspiel vorgenommen. Bei den Fischereien der Stadt wird wieder die Angel aufgeführt und jetzt auch wieder verpachtet, während bei der Fischerei des Kirchspiels nur der Landwehrgraben erwähnt wird. Diese Verpachtung gibt ein klares Bild über die Rechte der beiden Körperschaften. Der Zuschlag für die Fischerei der Angel wurde dem Landwirt Greiwe in der Bauerschaft Rinkhöfen erteilt. Die Pacht betrug 6 Rthl 28 Sgr. Als Grund für die Pachtung gibt Greiwe in einem Schreiben an die Stadtverordneten an, daß er verhindern wollte, daß die Fischer seine und meiner Nachbarn Feldern und Wiesen verdürben.

In diese Pachtperiode fällt die Trennung der Verwaltung zwischen der Stadt und der Landgemeinde. Die Gemeinde Kspl. Sendenhorst bildete mit den Gemeinden Enniger und Vorhelm das Amt Vorhelm. Die Verwaltung blieb in den Händen des Ehrenamtmanns Brüning in Enniger. Die Bürger der Stadt Se ndenhorst wahrten ihre Selbständigkeit und die alten Städterechte und nahmen die neue Stadtordnung an. Eine vermögensrechtliche Auseinandersetzung hat später nur mit dem Rathause stattgefunden. Ansprüche der Landgemeinde auf das Fischereirecht an d er Angel sind damals und auch später niemals erhoben worden. Die Stadt blieb wie bis vordem Verpächterin der Fischerei und vereinnahmte die Pacht. Dieser Zustand ist bis heute erhalten geblieben. Das Fischereirecht der Angel ist also 145 Jahre nachweisbar. Der Nachweis ist nur erforderlich bis zum 1. Mai 1884. Ob und inwieweit die Grundeigentümer das Recht zum Fischen haben, ist eine Sache für sich. Sie haben das Betreten der Grundstücke von den zum Fischen Berechtigten zu dulden. Jedoch dürfen Hofräume, Gartenanlagen, Forstkulturen, bestellte Äcker und eingefriedigte Grundstücke nicht betreten werden. Als eingefriedigte Grundstücke gelten nicht eingezäunte Viehweiden. Etwaiger Schaden der absichtlich herbeigeführt wird, muss ersetzt werden. Für die Grundeigentümer an der Angel, die etwa 7 km das Kirchspiel Sendenhorst durchfliesst, ist es nicht angenehm auf den eigenen Grundstücken neben den vielen wilden Badegästen auch noch die Fischer dulden zu müssen. Wenn Wert auf eine Änderung dieses Zustandes gelegt wird, gibt es zwei Wege. Die Kirchspielgemeinde findet sich mit der Stadt ab, dass letztere ihr altes Recht abgibt. Ist dieses nicht zu erreiche n, dann können sich die Uferbesitzer zusammenschließen und selbst die Fischerei anpachten, wie es vor 80 Jahren der genannte Greiwe getan hat. Mehr Sorge als die Fische macht den Anliegern das Wasser der Angel selbst. Friedlich schlängelt sich das Flüsschen von der Bauerschaft Hoest durch das Gemeindegebiet von Ennigerloh, Neubeckum und Enniger, klemmt sich bei dem von Galenschen Forsthause Neuengraben am Waldeszaun durch das "Schütt" einer alten Wassermühle. Hart an der Landstraße von Ahlen nach Warendorf nimmt es die Gewässer des Halbaches auf, die soeben den romantischen Adelssitz derer von Droste Vischering begrüsst haben. Nicht weit von dem alten Gutshofe Brüning mit seinem mannigfaltigen Laub- und Nadelhölzern, wo die Wellen über aufgetürmte Findlinge klettern und herunter plätschern, betritt sie dort, wo uralte Landwehren die Grenzscheide bilden das Kirchspiel Sendenhorst. Das Flussbett ist hier tief und eng, zu eng um die Wassermassen in ihren Schranken zu halten, wenn der Segen des Himmels gar zu reichlich wird. Die wilden Wogen wälzen sich dann über den Flussdamm und der Segen wird zum Verderben für Wiesen und Felder.

Wenn seit einiger Zeit erwogen wird, die Angel zu zähmen und an den ihr angewiesenen Weg zu bannen, so ist dieser Plan nicht mehr neu. Im vorigen Jahrhundert wohnte mehrere Jahrzehnte auf dem erwähnten Gutshofe Brüning der politische Vertreter der Gemeinden des Amtes Vorhelm. Fast eine halbe Stunde weit bespülten die Fluten das Erbe seiner Väter. Im Jahre 1829 war ihm bei einer Flut das Getreide von den Äckern geschwommen. In großen Haufen fand es sich nachher vor den Wallhecken wieder. Das noch ungemähte Sommerkorn war bis über den Kopf versoffen. Wenn einer die Not so an sich selbst spürt, dann ist es erklärlich, wenn er seinen Entschluß dahin geltend macht, das Übel zu beseitigen. Der Amtmann Brüning wollte nun das Flussbett im Jahre 1834 verbreitern lassen. Es sollte oben 20 - 22 und unten 12 - 14 Fuss breit werden, damit es die Fluten lassen konnte. Er erhoffte Hilfe von oben. Dort zeigte man aber kein Verständnis für das winzige Flüsschen und den Schaden der Anlieger. Man drehte den Spiess um und berief sich auf den Vorteil, den die Erbreiterung den Anliegern bringe. Infolgedessen hätten diese auch die ganzen Kosten der Regulierung selbst zu tragen. Nun wurde versucht, die 30 Grundanlieger für den Plan zu gewinnen und unter einen Hut zu bringen. Da diese aber die Pappeln, die an beiden Ufern angepflanzt waren, nicht beseitigen, den Grund und Boden nicht bergen und die Kosten nicht zahlen konnten und wollten, fiel der Plan des Amtmanns Brüning ins Wasser. Ob es jetzt gelingen wird, die Fäden dort wieder anzuknüpfen, wo sie damals zerrissen wurden?

 

     


 

Zur älteren Geschichte der münsterländischen Familie zur Bonsen, Zurbonsen Nr. 92 | NN

 

Sendenhorst: im Herzen des Münsterlandes gelagert und zwar in der nordwestlichen Ecke des Kreises Beckum, ist diese stille Kleinstadt, an der heutzutage die westfälische Landeseisenbahn Münster-Lippstadt vorüberzieht, die schicksalsreiche Heimat der sogenannten alten Familie. Im Dunkel der germanischen Zeit verliert sich des Städteleins Geschichte. Sint oder Sind, der Weg, und Horst, der Wald, haben ihm seinen Namen gegeben, auf dem Wege durch den dunklen Forst stieß einst der Wandersmann in der menschenarmen Gegend auf die weltferne altsächsische Siedlung. Unentwegt auf freier Hufe. Grundentsprossen, grundverwachsen, Wurzelfest wie seine Eichen Saß der edle Stamm der Sachsen. (Weber, Dreizehnlinden)

 

In der Nähe der Siedlung, unter den Wipfeln desselben Horstes, wo man vor Zeiten die Licht und Frühlingsgöttin Frigga oder Frekka geopfert hatte - sie lebt als die weisse "Juffer Eli" noch heute in der Ortssage fort - erhob sich schon im neunten Jahrhundert, in den Tagen der Karolinger, das Kloster Freckenhorst. In der ältesten Heberolle dieser begüterten Frauenabtei, die noch dem folgenden Jahrhundert angehört, erscheint nun zuerst der Name Sendinhurst; die Werdener Heberolle, aus der Zeit um 900, schreibt dagegen Seondonhurst. 1175 wird die Siedlung villa, d.h. Dorf, genannt, 1230 eine Pfarre daselbst erwähnt, die jedoch wahrscheinlich schon etliche Menschenalter vorher bestand.
Etwa hundert Jahre später tritt bereits die genannte Familie urkundlich zum erstemal, wie wir noch sehen werden, uns entgegen. Bontze, Bonce oder Bonse, - den Wechsel zwischen z (Tz) und s könnt auch das Niederländische - ist ihr ältester und häufigster Name.
Bis in den Beginn des 19. Jahrhunderts stehen bekanntlich die deutschen Familiennamen nicht unveränderlich fest, willkürlich wechselt vielmehr ihre Form. Eine und dieselbe Person einer Familie wird in den alten Kirchenbüchern und Registern bald so, bald so bezeichnet, so daß die Familienforschung dadurch nicht selten stark erschwert wird.


So kommen neben Bonze und Bonse in Sendenhorst erstmalig vor: Bonszen 1538, Bonsen 1664, Bontzen 1678, Torbonsen 1664, tor Bontzen 1681, Zurbonsen 1695, während im 18. Jahrhundert in Warendorf die Form zu Bonsen, die besonders in der Beschriftung des Familienwappens von 1734 (Kleeblatt) sowie in einer Plakette von 1739 hervortritt, durchaus überwiegt.
Da in der Familie zu Sendenhorst, soviel wir erkennen, immer wieder das Bürgermeisteramt erscheint, so muß der Name in den städtischen Akten und Urkunden viel vertreten gewesen sein; leier haben aber die großen Stadtbrände von 1749 und 1806 die Archivalien von Sendenhorst zumeist vernichtet.
Die harten niederdeutschen Namensformen Bontze usw. sind im Schriftgebrauch allmählich von selbst erloschen.

Bei dem immer noch lebenskräftigen Stamme der Familie in Sendenhorst überwog früh die Namensform Bonse. Doch treten dort in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts urkundlich auch noch Formen wie ter Bontzen, Zurbonsen auf, 1743 verzeichnet das Kirchenbuch in Sendenhorst statt Bonse den Namen tor Bonsen, 1760 Zurbonsen, und zum letzten Male verwendet den letzteren eine Sendenhorster Ratsurkunde von 1788.
Zwei Äste gingen im Laufe des 18. Jahrhunderts von dem alten Stamm aus, die beide sich vielfältig weiter verzweigt haben: der Warendorfer Ast, der sehr bald endgültig die Namensform zur Bonzen oder Zurbonsen annahm - während sich nur einmal 1771, noch die niederdeutsche Form Terbonsen finden - und der Drensteinfurter Ast, der von Anfang an den Namen Bonse festgehalten hat. Von beiden wird am Schlusse wieder die Rede sein.
Gegen Ende des 18. Jahrhunderts scheint das Bewusstsein ursprünglicher Zusammengehörigkeit der Einzellinien dann ziemlich erloschen zu sein.


Welchen sprachlichen Ursprung hat nun der Name der Familie? Zugrunde liegt ihm unzweifelhaft das mittelniederdeutsche Wort B o s e - Bündel, Haufen.
Denn das am Fuße der Baumberge, im alten Stevergau gelegene Dorf Bösensell, das wie Sendenhorst zu dem fürstbischhöflichen Amte Wolbeck gehörte, hieß ursprünglich Besensel (Bonzenzel), wird daneben aber im Mittelalter urkundlich oft auch Bonsensel (Bonzelzel) genannt. Ob die Familie Bonse, zur Bonsen von alters mit dieser Siedlung irgendwie in Beziehung gestanden? Der Name Bonsensel oder Bonsens wenigstens bedeutet Haus der Bose oder Bonse. Er kommt schon im Heberegister von Werden vor, wo er den heutigen Dorfschulzenhof bezeichnet, ist also bereits über 100 Jahre alt.
Noch am Ende des 17. Jahrhunderts erscheint ferner in einem Münsterländischen Ratsprotokoll ein Boese auch als Boeße (sprich Boße, mit Dehnungs - e), und 1783 schreibt eine Frau Katharine Zurbonzen in Warendorf sich selbst Zurboesen. Sprachliche Analogien für bose - bonse kommen auch sonst vor.
Die Bedeutung von bose - Bündel, Haufen führt ersichtlich auf den Ackerbau zurück, was auch das Kleeblatt des Familienwappens beweist, fast alle bürgerlichen Geschlechter sind, wie die neuere Familienforschung ergibt, überhaupt bürgerlichen Ursprungs. Bemerkenswert ist noch die Tatsache, daß auch die westfälischen Adelsfamilien Böselager (Bosenlage) Bosevoort, deren Namen den gleichen sprachlichen Ursprung wie Bonse haben, als landwirtschaftliche Symbole zwei Schaufeln bezw. Gabeln im Wappen führen.

Es war in den Tagen des deutschen Königs Ludwig des Bayern, 1323, als Graf Engelbert II, von der Mark in seiner Fehde mit dem münsterischen Bischof Ludwig von Hessen (1310 - 1357) die Villa (- Dorf) Sendenhorst, die damals noch keine Befestigung aufwies, in Asche legte. Im November desselben Jahres kam dann der Friede zustande, und der wieder aufgebaute Ort wurde nun mit Wall und Graben bewehrt. Höchstwahrscheinlich hat der Bischof bei dieser Gelegenheit an Sendenhorst Stadt- oder Wigboldrechte verliehen und ein Burghaus, wie es in der Folge vorkommt, innerhalb des oppidum errichtet.
In jene fernentlegene Zeit fällt nun die erste urkundliche Erwähnung der Familie. "In vigilia beate nativitatis Marie virginis gloriose", 7. September 1327 bekundete Konrad Scoke, Richter zu Sendenhorst, den Verkauf einer Rente daselbst, unter den vier Zeugen des Aktes erscheint hierbei auch der Consul Johannes dictus (zubenannt) Bonce.
Die Schreibweise Bonce ist die lateinische Form für das niederdeutsche (plattdeutsch) Bonze oder Bontze; das c steht wie üblich, für das im Lateinischen nicht existierende z oder tz, das in der Aussprache im Warendorfer Volksmund noch heutzutage scharf konsentiert wird.


Johann war also einer der ersten Bürgermeister (consul) des mit Stadt- und Wigboldrechten beliehenen Ortes, deren alljährlich zwei Paar Vertreter gewählt wurden, und seine Stellung beweist, daß die Familie Bonse, zur Bonsen bereits damals zu den altansässigen und ratsfähigen Geschlechtern der Gemeinde gehörte. Nur Freie waren zu Bürgermeistern wählbar.
Und so sassen diese schon damals frei auf freier Scholle - ganz im Gegensatze zu dem, wie bekannt, ursprünglich unfreien Ministerialen, aus denen ja der heutige niedere Adel zum weitaus grössten Teile hervorgegangen ist.
Jedenfalls muss sie auch schon in dem Jahrhundert zuvor, dem Dreizehnten, in Sendenhorst existiert haben, und da in jener Zeit die deutschen Familiennamen überhaupt erst sich zu bilden begannen, so darf man sagen, daß die Familie zu den urkundlich nachweisbaren ältesten städtischen Geschlechtern aus dem Mittelalter überhaupt zu rechnen ist.

So wurde denn die sechshundertjährige Wiederkehr des Tages jenes ersten urkundlichen Auftretens von der Familie zu einer festlichen Jubiläumstagung in Münster. September 1927, gestaltet, zu der die Mitglieder von nah und fern sich eingefunden hatten. Der Oberpräsident der Provinz Westfalen sowie der Regierungspräsident in Münster beglückwünschten die Festversammlung in freundlichen Schreiben.
Ein Menschenalter nach jenem ersten Datum taucht der Familienname, diesmal in der Form Bonse, abermals auf. In einer Urkunde des Sendenhorster Rates vom Tage nach Pauli Bekehrung, 13. Januar 1359, wird ein Johann Bonse unter den Schöffen (soabini), den Ratsmitgliedern, als Zeuge aufgeführt. Ob es noch der Obengenannte oder etwa sein Sohn war? Der Vorname Johann tritt, wie wir sehen werden, in der Familie sehr häufig hervor. Der hier erwähnte Namensträger selbst hatte glücklich die furchtbare Pestzeit des "Schwarzen Todes" überlebt, der im Juni 1350 als Menschenrüger auch in Westfalen erschienen war.
Als Mittelpunkt einer Freigrafschaft Sendenhorst erhob sich damals vor der Stadt, an der Landstraße nahe bei dem Hofe zur Geist, ein oft genannter Freistuhl. Die Freigrafschaft stand in den Jahren 1354 - 1367 unter dem Stuhlherrn Rolf Bolcke von Lipperode. Als Freigraf am Sendenhorster Stuhl aber spielt damals ein Berndt Boze oder "geheyten Drene", d. h. ein geschworener Vrigrewe upper (auf dem) Drene", d. h. im Dreingau, von dem noch das unweit Sendenhorst gelegene Dreinsteinfurt seinen Namen führt. Nach dem, was oben über die Familienbeziehungen Bose und Bonse gesagt werden, muss dieser Berndt, der Freigraf, jener Stammfamilie angehört haben. Im Jahre 1366 beruft ihn der Edle Dietrich von Volmestein auch auf den Freistuhl beim nahen Hamm: "by dem Hospitale buten der Huren tho dem Hamme". Im selben Jahre hegt Berndt das Freigericht an dem unweit Sendenhorst gelegenen Stuhl vom Owstrich bei Ahlen: "by dem Schemmen (Brücke) an der Landwere." Er war es auch, der 1367 am Dienstag nach Ostern, "dar ik sat in eynen gehogeden Gerichte vor Sendenhorst", den käuflichen Übergang der Sendenhorster Freigrafschaft von Rolf Bolcke an den münsterischen Fürstbischof Florenz von Wevelinghoven (1364 - 1379) beurkundet hat.
Nun schweigen die Nachrichten für lange Zeit - Gegen Ende des Mittelalters, 1498, zählte Sendenhorst, das in der großen münsterischen Stiftsfehde 1450 vorübergehend in der Gewalt der Freigrafen Johann von Hoya war, 507 schätzungspflichtige Einwohner, es war die neuntgrösste unter den 40 Gemeinden des Amtes Wolbeck, gehörte aber nicht zu den landtagsfähigen Orten. Aus jener Zeit 1498, ist noch ein Abdruck des mittelalterlichen Ratssiegels (St. Martin zu Pferde, seinen Mantel teilend) im städtischen Archive von Soest erhalten.
Lt. Register des Überwasserklosters zu Münster von 1491 hatte damals ein Bonse das sog. "Rüschhaus" Domus Rusche) in Sendenhorst inne, dessen Besitzer vordem Albert van Zumeren gewesen war. Wenn wir das bekannte Rüschhaus bei Münster, das Dichterheim von Annette von Droste, zum Vergleich heranziehen dürfen, so wäre auch das Bonsesche Rüschhaus eine von binsenbewachsenen Wassergraben (Rusch - Binse) umgebene Wohnstätte gewesen.
In den Wiedertäuferwirren hatte die Umgebung des Städtchens von den zügellos schweifenden meissnischen Söldnern des Belagerungsheeres, das vor Münster lag, viel zu leiden; auf dem Tungmannshofe kam es 1535 zwischen sächsischen Meuterern und ihren Verfolgern aus dem Heere des Fürstbischofes Franz von Waldeck (1532 - 52) zu einem Scharmützel. Kurz nach jenen Wirren, 1538, werden Erben von Heinrich Bonssen genannt; sie entrichten von ihrem Hause (an der Südporten) zu Ostern eine jährliche Leistung von vier Solidi (= 5,50 Goldmark) an das Kapitel von St. Ludgeri zu Münster.

Die unruhige Zeit überlebte Johann Bontzen. In einer Schenkungsurkunde vom "Avend Martini", 10. November 1563, erscheint er mit Johann Sandtwich als "tor tidt vorwesere und verwarer des gemeinen leprosenhuses (Spital für Aussätzige), vor Sendenhorst belegen". In dieser Eigenschaft gehörte er zum Ratskollegium. Zusammen mit Johann Smydt, der übrigens ein rabiater, gewalttätiger Charakter war - bei einem Wortwechsel ging er auf einen Bürger mit dem Beil los - wird dann 1350 Johann Bonse, vielleicht der vorige oder sein Sohn, als Bürgermeister genannt. In einer Vorladung vom 25. Januar kündigt Jans Rode, Freigraf am Freistuhl von Sendenhorst, durch den Richter und Gografen Christopfer Schotteler daselbst "in bewussten Sachen dero landtfürstlicher Oberheit Stift Münster contra die Herren Bürgermeister und Raeth zu Sendenhorst wegen des entlauffenen Gefangenen" auf "Saterdach ns Marien Lichtmessen" 6. Februar) ihm einen Termin an. Über die Sache selbst ist nichts weiter bekannt. Am 12. Mai desselben Jahres bezeugen die beiden Bürgermeister, samt dem Rate "in stole des raetz gewendlicher wyse sittent", in einer originellen plattdeutschen Urkunde, die vom 40. Psalm des "Koninklicken proheten Davidt" ausgehet, eine Sendenhorster Armenstiftung.

Um jene Zeit entrichtete, nach dem Register des Klosters Liesborn von 1589, ein Bonse zu Michaelstermin die erhebliche Summe von acht Goldgulden (= 55,30 Goldmark) an jenes Kloster. Aus dem folgenden Jahren erfahren wir dann, daß das obengenannte "Rüschhaus" noch immer, also bereits über ein Jahrhundert, in Bonseschen Händen war
Kein deutsches Land hat unter den Schrecken des 1618 entbrannten großen Krieges gleich zu Anfang schwerer gelitten als das Fürstbistum Münster. In kurzer Zeit erlagen hier den zügellosen Scharen des kaum dreiundzwanzigjährigen" tollen Christian", Herzog von Braunschweig und Administratore von Halberstadt, die meisten kleinen Städte. Im April 1622 schweiften sie schon bis in die Gegend von Sendenhorst. In einem flehentlichen Schreiben vom 16. desselben Monats wandte sich der Rat "an den fürstlichen Richter zu und außerhalb Sendenhorst", Adolf von der Mark. "Die Bürgerei", heisst es darin, "hat nun schon lange die eine Hälfte zu Nacht Wache gehalten, ist matt und nicht imstande, auf die Dauer Widerstand zu leisten." Unter dem 30. April bat man weiter dringend um eine Besatzung von 100 Mann Stiftstruppen. Aber vergebens.
Am Mittwoch, den 4. Mai, erschien Herzog Christian selbst von Lippstadt der Herr vor den Willen und erzwang durch die Drohung, die Stadt "in Feuer schießen zu lassen", die Öffnung der Tore. Sendenhorst, wo Christian sein Hauptquartier nahm, wurde jetzt "bis aufs äußerste ausgemergelt", es war aber - gleichwohl des Brennens - der Braunschweiger hatte einen besonderen "Brandmeister bei sich" - und des Ausplünderers nach nicht versichert. "Von der Stadt aus sandte der schlimme Freibeuter gleich am folgenden Tage Streifscharen gegen Werne an der Lippe und bis vor die Rote von Münster. Wein und Lebensmittel kamen von Ahlen her ins Hauptquartier. Am 9. Mai verließ Christian den gebrandschatzten Ort und damit einstweilen auch das Stiftsgebiet.
Noch im selben Monat erhielt Sendenhorst die Einlagerung von 50 Stiftssoldaten und im Januar 1623 von einer Reiterkompagnie des liegistischen Obristwachtmeisters Grafen Anholt.

In beiden Jahren 1622 und 1623 herrschten Misswachs und Hungersnot. 1636 erschien wieder die Pest. Im Oktober des folgenden Jahres wurde Sendenhorst von den Hessen geplündert, aber der kaiserliche Oberst von der Steggen jagte ihnen im Dreingau die Beute wieder ab. 1638, am Donnerstag vor Martini, brannten gegen 80 Häuser zwischen Ost- und Nordtor nieder. Die Not in Sendenhorst war am Schlusse des schrecklichen Krieges so stark, daß, wie eine Ratsurkunde klagt "unser stedelsin zur höchsten Armut gebracht worden ist", während des früher "jahrligs ein ziblige einzukommen gehabt hatte.
Da klangen endlich, endlich - im Oktober 1648 - die Friedensglocken zu Münster in Westfalen. Zwei Jahre darauf, im Dezember 1650, brannten abermals 50 Wohnstätten samt dem Rathause nieder "also das wenig Häuser übergeblieben". Das alte Bonsesche Rüschhaus aber blieb verschont. Um den dringendsten Bedürfnissen abzuhelfen, nahm der Rat von Bürgern und Fremden Darlehen auf im Betrage von 2546 Talern. Aber sechs lange, schwere Jahre währte der Wiederaufbau der trümmerhaften Stadt; so mehr war die Kraft der Bürger gebrochen.
Die ganze schreckensvolle Zeit erlebte ein Johann B o e s e , der auch Bonse oder Thorbonsen genannt wird. Er war verheiratet mit Anna, geb. Kupferschmidt, am 21. April 1655, als die Stadt schon wieder "etwan bevestiget" worden, erlebte Johann einen grösseren Festtag in Sendenhorst; der Landesherr, Fürstbischof Christoph Bernhard von Galen (1650 - 1678), der starke Erneuerer des Stiftes Münster, hielt seinen Einzug. Neun Jahre später, an einem Julitage 1664, verunglückte übrigens durch Sturz vom Hausboden die siebenjährige Anna Bonsen, sie starb vier Stunden nachher.
Johann selbst schied in noch rüstigem Alter zwischen 1655 und 1674 aus dem Leben, und am 30. Januar des letzteren Jahres nahm der Tod auch seine Frau Anna von der Erde hinweg.
Es wird zuweilen in der Presse berichtet, denn an diesem oder jenen Ort in ein und derselben Familie ein öffentliches Amt, z.B. das Lehreramt, mehreren Geschlechtsfolgen hindurch, vom Ahn zum Enkel herab, sich erhalten habe - dass aber fast ein Vierteljahrtausend hindurch das Postmeisteramt ununterbrochen in der Familie verblieben ist, steht zweifelsohne einzig da. Eben das aber ist der Fall bei der Stammfamilie in Sendenhorst, und zwar knüpft es sich an die Errichtung des Thurn und Taxisschen Postamtes daselbst um das Jahr 1690.
Zum ersten Male im Jahre 1534, aus Anlaß der Wiedertäuferunruhen, treten im Hochstift Münster "Postreiter" auf, welche Briefe der fürstbischöflichen Regierung von der Residenz Wolbeck zum Reichstage in Worms zu befördern hatten. Aber erst bei der Eröffnung des Westfälischen Friedenskongresses 1643 wurde ein ständiges "Kaiserliches Reichs-Postamt" durch das schon 1516 mit dem Postregal belehnte Haus Thurn und Taxis in Münster eingerichtet. Das Postamt, nicht zu verwechseln mit dem späteren fürstbischöflichem Posthause am "Drubbel" (jetzt Matthäserbräu), lag am Prinzipalmarkt, an der Stelle des heutigen städtischen "Handelshofes", Ecke der Syndikatgasse.
Das Postamt unterhielt ursprünglich vier Reitposten: nach Wesel, Köln, Paderborn und Osnabrück. Gegen Ende des 17. Jahrhunderts kam dann noch eine fünfte Linie hinzu, die über Wolbeck - Sendenhorst - Ahlen - Hessen - Hamm nach Unna ließ, um hier den Anschluss an die große Reichspostlinie von Hamburg nach dem Rhein zu erreichen. Die Einrichtung dieser Linie und des neuen Postamtes ("Posthalterey) in Sendenhorst muss nun, wie es auch von Eugen Müller, dem bekannten Münsterer Lokalforscher, geschieht, um das Jahr 1690 angesetzt werden, und zwar haben wir Heinrich Bonse als den ersten Postverwalter daselbst zu betrachten.

Heinrich ist urkundlich auch der erste Träger der hochdeutschen Namensform Zurbonsen (auch Bonsen, Bontze, Bontzen, Torbonsen, tor Bontzen genannt). Vermutlich ein Sohn des vorgenannten Johann, war er geboren um 1640 und seit Oktober 1673 verheiratet mit Elisabeth Arnemann aus Sendenhorst (geb. 1653). In den altangesessenen Familien von Stadt und Gemeinde, wie Kupferschmidt, Wieser, Arnemann u.a. tritt Heinrich in dem Jahrzehnt 1675 bis 1685 siebenmal als Tauf- und Trauzeuge auf. 1691 bewohnte das frühere Rüschhaus schon Christian Quante, und Heinrich selbst war an der Südporten sesshaft. Im folgenden Jahre finden wir ihn als Bürgermeister.
Das Sendenhorster Postamt unterstand dem Reichs-Postamte in Münster, dessen Leitung damals in den Händen einen Postmeisters Busenbaum (Vater oder Sohn) lag. Dieser, wahrscheinlich aus Nottuln gebürtig und ein Verwandter des berühmten Moraltheologen gleichen Namens, scheint die Berufung Bonsens veranlasst zu haben, und in seine Hände hatte der neue Thurn- und Taxisache "Posthalter" auch den Diensteid abzulegen. Vierteljährlich musste dieser Abrechnung nach Münster erstatten. Wie das Bürgermeisteramt, so war übrigens auch das Postmeisteramt im Grunde eine Ehrenstelle. In Orten von gleicher Grösse wie Sendenhorst, z.B. Nottuln oder Gronau, betrug die jährliche Dienstentschädigung der "Postwärter" bei der fürstbischöflichen Landespost um 1720 durchschnittlich nur 24 Rtlr., und viel mehr wird auch Thurn und Taxis in Sendenhorst nicht gezahlt haben.

Natürlich haben wir uns die Postdienstgeschäfte in der kleinen Stadt nicht gerade als besonders umfangreich zu denken. Die Wagenposten im Hochstift waren zunächst der fürstbischöflichen Post selber vorenthalten. Aber die Briefposten, wenn sie auch zweimal wöchentlich verkehrten, stellten doch die erste regelmässige Verbindung mit der Außenwelt dar, und ein Ereignis für jung und alt wird es gewesen sein, als das Thurn und Taxische Wappenschild an dem Bonseschen Hause zu erstenmal erschien. "Schwarz auf blauem Grunde ausgeführt", so schildert es Eugen Müller, und "das Doppelhaupt auf schimmernden Goldgrunde bettend, hielt er (der doppelköpfige Adler),
in der gelben rechten Klaue stolz das Zepter, in der linken den von einem Kreuz überragten Reichsapfel, während sich über dem Beherrscher der Lüfte die Thurn- und Taxische Fürstenkrone mit ihren drei Goldbügeln erhob, die den braunen Fürstenhut mit der links und rechts heraufflatternden goldumsäumten Schleife einschloss."
Und dann der große Augenblick, wo der "hochfürstliche" Postkurier in seinem gelben, mit blanken Wappenknöpfen gezierten Kanarienvogelfrack, einen Hut mit Tressen und Federbusch auf dem Kopfe, unter dem Geschmetter seines Posthorn zum ersten Male vor das Bonsesche Haus an der Südporten ritt. Das Rösslein dampfte denn die Landstraßen im Hochstift, wenn man überhaupt von Straßen sprechen konnte, waren dazumal über die Massen schlecht. Doch seht nur, mit welch gewichtiger Miene Herr Henricus Bonse das geheimnisvolle Felleinen von dem Postreiter in Empfang nimmt. Da muss die ganze holzschuhklappernde Jugend von Sendenhorst staunend rundum auf den Beinen gewesen sein.

Die Anschriften der für das "stedelein" eingelaufenen Briefe wurden, während Roß und Reitersmann gebührend verschnauften, von dem "Posthalter" auf einem "Zeddel" fein säuberlich verzeichnet und dieser am Fenster der Poststube, allwo auch ein Porto am Tabellum zu sehen war, ausgehängt. Da konnte ihn jedermänniglich, so der Lust hatte, von draußen studieren, und für wen ein "Brieff" zum Abholen bei Herrn Henricus bereit läge - einen Briefträger gab es nicht - das drang als grösste Neuigkeit alsbald durch alle Gassen und Häuser. Ei, ei, da war ja wahrhaftig auch ein Brieflein aus Münster für die "ehrsame, wohllöbliche" Jungfer Gesine Appelkamp dabei, und das hatte gewiss was zu bedeuten: "Häw Ji't all haort, Naoberske? - O du gute alte Zeit?
Die weiteren Nachrichten über die Thurn- und Taxische Post sind - um das vorweg zu bemerken - sehr spärlich. So sind einmal die Namen der Vorsteher bekannt, die im 18. Jahrhundert bis 1780, das Reichs-Postamt Münster verwaltet haben. Über die Sendenhorster Post enthält das fürstliche Archiv in Regensburg nur noch eine Urkunde. In den Akten des preußischen Oberpostamtes in Münster vom Jahre 1831 ist aber (nach einer Mitteilung der Oberpostdirektion) bezeugt, daß sich damals die Post "schon über hundert Jahre" in dem Hause, d. h. der Familie Bonse gehalten habe. Es muss daher der jedesmalige Älteste, der das Haus übernahm, auch der Inhaber des Amtes gewesen sein.
Zwei Menschenalter nach Errichtung des Amtes 1773, als ein Enkel Heinrichs wieder Bürgermeister der damals entfestigten Stadt war, erhielt dieser, Gerhard, die Beim Antritt eines neuen Generalpostmeisters übliche Bestätigung desselben in seinem Dienst. Die noch erhaltene Urkunde des Fürsten Karl Anselm stammt vom 31. Juli, d.d. Regensburg, und belehnt Gerhard mit der "weiteren Bedienung deren Posthalterey zu Sendenhorst."
"…….. Und geben Ihn" so heisst es in der Urkunde," anbey nebens vorkommene Macht, Gewalt und Befehl, in Unserren Nahmen das Posthorn zu führen….., die Briefe zu colligieren und zu distribuieren, das Porto davor gehörig einzunehmen und Unserem Postamt zu Münster von drey zu dreyen Monathen zu berechnen, und daß Er sich sowohl bey Tage als Nachts mit Überlieferung und Bestellung deren Briefen und Paqueten, dann mit Fortführung deren ordinaien (gewöhnliche Posteinläufe) und Estafetten (reitende Eilboten) auch in Beförderung deren couriers und Passagiers wohl und fleißig verhalten, und insgemein alle Ordnungen, Befehle und Placarden (öffentliche Anschläge), welche von Uns oder Unserem Ihm vorgelegten Postamt zu Münster allbereits gegeben worden seynd oder inskünftig annoch zu desto mehrerer Nachricht und besserer Vorsehung schon gemeldeten Posthalterey zu Sendenhorst gegeben werden möchten, observieren, vollziehen und dasjenige, was dem mehr anhängig, gebührend allmahlen verrichten solle."

So führte der Neubestellte (der 1777 auch wieder Bürgermeister war) das Thurn- und Taxische Posthorn weiter bis zum Übergange des Postwesens im Münsterlande an Preußen, 1. Mai 1803. Unterm 1. Juli desselben Jahres wurde er dann preußischer "Postwärter". Aber Ende März 1804 war er schon tot.
Im Postamte folgten nun nacheinander - auch ein einzig dastehender Fall - Gerhards vier Söhne Theodor, Engelbert, Nikolaus und Gerhard, (bis Ende 1857) sodann nach erlangter Großjährigkeit - bis dahin durch einen Oheim vertreten - seit Ende Juli 1867 jenes Gerhard Sohn Theodor Franz Gerhard, der Ende 1910 in den Ruhestand trat; er starb am 11. Dezember 1921 zu Sendenhorst im Alter von fast 77 Jahren. Aber auch dann war der Zusammenhang mit der alten Postfamilie noch nicht zerrissen, es folgte vielmehr auf Theodor ein Stiefsohn seiner Schwester Klara aus deren Ehe mit dem Sendenhorster Arzte Dr. Anton Borgmann, Emil Borgmann, unter dem freilich, des wachsenden Betriebes halber, die Verlegung der Post in ein eigenes grösseres Haus erfolgte.

So hatte denn die alte Sendenhorster Familie rund 220 Jahre lang (ca. 1690 - 1910) "vom Ahn zum Enkel hinab", der Thurn- und Taxisschen, Preußischen, Französischen, wieder der Preußischen, dann der Norddeutschen Post und schließlich der deutschen Reichspost treue Dienste geleistet. Sie ist in Wahrheit "die älteste Postbeamtenfamilie in Westfalen", ja vielleicht im Reiche, und als die eingangs erwähnte Festtagung Bonse - zur Bonsen (zurbensen) das Sechshundertjährige Jubiläum der Familie in Münster 1927 beging, fand auch jene Posttradition eine überraschende Beachtung!" das Thurn und Taxissche Hofmarschallamt in Regensburg sandte durch Telegramm eine freundliche Begrüssung von seiten der Fürsten, das Reichspostministerium gratulierte schriftlich in herzlicher Weise, und auch die Münsterer Oberpostdirektion fand sehr anerkennende Worte für die Dienste so vieler Geschlechterfolgen.
Die Pietät der Behörden gegen den heimatlichen Sinn einer Familientradition, erst recht in der Gegenwart, ist kulturpolitisch eine erfreuliche und dankenswerte Erscheinung.

Mit der Wende des 17. Jahrhunderts, die wir in Vorstehenden teilweise bereits weit überschritten haben, endet die ältere Geschichte der Familie. Während sie in Sendenhorst weiter blüht, tritt sie nun auch in Münster sowie in Warendorf auf. Dort erscheint sie in verwandtschaftlicher Verbindung mit der bekannten Familie Storp, und hier begründet ein Bruder des mehrgenannten Heinrich Bonse, Zurbonsen, namens Theodor, 1697 eine Zweiglinie, die den Namen Bonsen annimmt. Ihr gehörten der "geschworene Ratsschreiber" und Notar Franz Ludolf an, der in der Zeit des Siebenjährigen Krieges in den städtischen Akten von Warendorf vielfach hervortritt, sowie der Lizentiat der Rechte Franz Mauritz. Bis 1811 ist diese Familie Bonsen urkundlich zu verfolgen; sie erlosch mit dem Warendorfer Vikarius Josef B.
Im September 1703 wird in Warendorf "zur Bürgerschaft angenommen Caspar thorbontzen, von sendenhorst bürtig", wahrscheinlich Theodors jüngster Bruder.

Er begründet die noch blühende Warendorfer Linie zur Bonsen oder Zurbonsen, der auch der Schreiber dieser Skizze angehört, und die in Warendorf selbst im Mannesstamme noch durch den Rechtsanwalt und Notar Alois Z. vertreten ist.
1783, genau 80 Jahre nach der Warendorfer, entstand dann, durch Bernhard Theodor aus Sendenhorst, die Drensteinfurter Linie mit dem Familiennamen Bonse. Sie hat sich in den 150 Jahren ihres Bestehens außerordentlich ausgebreitet und mit zahlreichen bekannten Familien besonders das westliche Deutschland verschwägert. Daß in den letzten Generationen auffällig oft das höhere Forstfach vertreten ist, mag nebenbei bemerkt sein.
Sieben Mitglieder der Gesamtfamilie sind im Weltkriege fürs Vaterland gestorben.
Man konnte sich insbesondere nicht erklären, warum die Stadt Sendenhorst die Fischerei in der außerhalb ihres Bezirks, in der politisch getrennten Gemeinde Kirchspiel Sendenhorst fließenden Angel verpachtete. Eigenartig mutete es an, daß die Stadt die Pachtgroschen vereinnahmte, während die Anlieger die Reinigung vorzunehmen hatten und sich das Betreten der Grundstücke durch die Fischer gefallen lassen sollten. Es wäre zu wünschen, wenn diese unerquicklichen Zustände aus der Welt geschafft werden könnten. Die Wege, wie dieses geschehen könnte, sollen nachher erörtert werden. Zuvor soll die geschichtliche Entwicklung klargelegt werden.

Am 21. Oktober 1780 schritten die städtischen Behörden zur Verpachtung ihrer Fischereien. Es wurden verpachtet, die Lehm- und Greinkuhle, die Teiche am Osten- und Südendamm, das Meer, die Stadts Börne, der Helmbach, soweit er im Stadtbezirk liegt, die breiten Gräften um die Stadt und die Angel. Die Fischerei im Meer und in der Angel lagen im Kirchspiel. Über frühere Verpachtungen sind Unterlagen nicht vorhanden. Auch wird nicht mitgeteilt, warum damals schon der Magistrat dieses Recht für sich in Anspruch nahm, während beide Gemeinden getrennte Vermögensverwaltungen hatten. Die Fischerei im Meer wurde nur bis 1845 verpachtet. Von der Verpachtung der Angel versprach man sich damals großen Erfolg, da angeordnet wurde, daß die Verpachtung auch in den Nachbargemeinden Enniger, Hoetmar, Everswinkel und Alverskirchen vorgenommen werden sollten. Nach 12 Jahren, 1792 schritt man zur neuen Verpachtung von denselben Gewässern. Hierbei wird dieses Mal ausdrücklich erwähnt, daß die Fischerei der Angel unverheuert blieb. Ebenso blieb sie bei den nächsten Verpachtungsterminen unverpachtet, obgleich sie in den Verzeichnissen als städtische Fischerei weiter aufgeführt ist. Im Jahre 1810 ist zum ersten Male die Rede von einer Verpachtung der Fischerei in den Blanken, anfangend von Lütke-Kogge bis zur Waterfouhr, in der Gegend von Zeller Niesmann. Es handelt sich hier hauptsächlich um Landwehrgraben. Die Pacht floss in die Gemeindekasse vom Kspl. Sendenhorst.

Auch bei den späteren Verpachtungen wird der Landwehrgraben immer als einzige öffentliche Fischerei vom Kirchspiel Sendenhorst bezeichnet. Von der Stadt wurde 1810 sogar die Galle, eine Wasserpfütze an der Straße nach Drensteinfurt unverpachtet. 1819 wurde die Galle nicht mehr verpachtet und grösstenteils eingeebnet. 1843 schreitet die Stadt an einer anderen Stelle im Kirchspiel zur Verpachtung der Fischerei. Es war die frühere Sandgrube bei Nientiedt. Am 13. Juni 1945 wird die Verpachtung der Fischereien in zwei getrennt abgehaltenen Terminen von der Stadt und vom Kirchspiel vorgenommen. Bei den Fischereien der Stadt wird wieder die Angel aufgeführt und jetzt auch wieder verpachtet, während bei der Fischerei des Kirchspiels nur der Landwehrgraben erwähnt wird. Diese Verpachtung gibt ein klares Bild über die Rechte der beiden Körperschaften. Der Zuschlag für die Fischerei der Angel wurde dem Landwirt Greiwe in der Bauerschaft Rinkhöfen erteilt. Die Pacht betrug 6 Rthl 28 Sgr. Als Grund für die Pachtung gibt Greiwe in einem Schreiben an die Stadtverordneten an, daß er verhindern wollte, daß die Fischer seine und meiner Nachbarn Feldern und Wiesen verdürben.


In diese Pachtperiode fällt die Trennung der Verwaltung zwischen der Stadt und der Landgemeinde. Die Gemeinde Kspl. Sendenhorst bildete mit den Gemeinden Enniger und Vorhelm das Amt Vorhelm. Die Verwaltung blieb in den Händen des Ehrenamtmanns Brüning in Enniger. Die Bürger der Stadt Se ndenhorst wahrten ihre Selbständigkeit und die alten Städterechte und nahmen die neue Stadtordnung an. Eine vermögensrechtliche Auseinandersetzung hat später nur mit dem Rathause stattgefunden. Ansprüche der Landgemeinde auf das Fischereirecht an d er Angel sind damals und auch später niemals erhoben worden.
Die Stadt blieb wie bis vordem Verpächterin der Fischerei und vereinnahmte die Pacht. Dieser Zustand ist bis heute erhalten geblieben. Das Fischereirecht der Angel ist also 145 Jahre nachweisbar. Der Nachweis ist nur erforderlich bis zum 1. Mai 1884. Ob und inwieweit die Grundeigentümer das Recht zum Fischen haben, ist eine Sache für sich. Sie haben das Betreten der Grundstücke von den zum Fischen Berechtigten zu dulden. Jedoch dürfen Hofräume, Gartenanlagen, Forstkulturen, bestellte Äcker und eingefriedigte Grundstücke nicht betreten werden. Als eingefriedigte Grundstücke gelten nicht eingezäunte Viehweiden. Etwaiger Schaden der absichtlich herbeigeführt wird, muss ersetzt werden.
Für die Grundeigentümer an der Angel, die etwa 7 km das Kirchspiel Sendenhorst durchfliesst, ist es nicht angenehm auf den eigenen Grundstücken neben den vielen wilden Badegästen auch noch die Fischer dulden zu müssen. Wenn Wert auf eine Änderung dieses Zustandes gelegt wird, gibt es zwei Wege. Die Kirchspielgemeinde findet sich mit der Stadt ab, dass letztere ihr altes Recht abgibt. Ist dieses nicht zu erreiche n, dann können sich die Uferbesitzer zusammenschließen und selbst die Fischerei anpachten, wie es vor 80 Jahren der genannte Greiwe getan hat.
Mehr Sorge als die Fische macht den Anliegern das Wasser der Angel selbst. Friedlich schlängelt sich das Flüsschen von der Bauerschaft Hoest durch das Gemeindegebiet von Ennigerloh, Neubeckum und Enniger, klemmt sich bei dem von Galenschen Forsthause Neuengraben am Waldeszaun durch das "Schütt" einer alten Wassermühle. Hart an der Landstraße von Ahlen nach Warendorf nimmt es die Gewässer des Halbaches auf, die soeben den romantischen Adelssitz derer von Droste Vischering begrüsst haben. Nicht weit von dem alten Gutshofe Brüning mit seinem mannigfaltigen Laub- und Nadelhölzern, wo die Wellen über aufgetürmte Findlinge klettern und herunter plätschern, betritt sie dort, wo uralte Landwehren die Grenzscheide bilden das Kirchspiel Sendenhorst. Das Flussbett ist hier tief und eng, zu eng um die Wassermassen in ihren Schranken zu halten, wenn der Segen des Himmels gar zu reichlich wird. Die wilden Wogen wälzen sich dann über den Flussdamm und der Segen wird zum Verderben für Wiesen und Felder.
Wenn seit einiger Zeit erwogen wird, die Angel zu zähmen und an den ihr angewiesenen Weg zu bannen, so ist dieser Plan nicht mehr neu. Im vorigen Jahrhundert wohnte mehrere Jahrzehnte auf dem erwähnten Gutshofe Brüning der politische Vertreter der Gemeinden des Amtes Vorhelm. Fast eine halbe Stunde weit bespülten die Fluten das Erbe seiner Väter. Im Jahre 1829 war ihm bei einer Flut das Getreide von den Äckern geschwommen. In großen Haufen fand es sich nachher vor den Wallhecken wieder. Das noch ungemähte Sommerkorn war bis über den Kopf versoffen. Wenn einer die Not so an sich selbst spürt, dann ist es erklärlich, wenn er seinen Entschluß dahin geltend macht, das Übel zu beseitigen. Der Amtmann Brüning wollte nun das Flussbett im Jahre 1834 verbreitern lassen. Es sollte oben 20 - 22 und unten 12 - 14 Fuss breit werden, damit es die Fluten lassen konnte. Er erhoffte Hilfe von oben. Dort zeigte man aber kein Verständnis für das winzige Flüsschen und den Schaden der Anlieger. Man drehte den Spiess um und berief sich auf den Vorteil, den die Erbreiterung den Anliegern bringe. Infolgedessen hätten diese auch die ganzen Kosten der Regulierung selbst zu tragen. Nun wurde versucht, die 30 Grundanlieger für den Plan zu gewinnen und unter einen Hut zu bringen. Da diese aber die Pappeln, die an beiden Ufern angepflanzt waren, nicht beseitigen, den Grund und Boden nicht bergen und die Kosten nicht zahlen konnten und wollten, fiel der Plan des Amtmanns Brüning ins Wasser. Ob es jetzt gelingen wird, die Fäden dort wieder anzuknüpfen, wo sie damals zerrissen wurden?

 

     


 

Sieben Menschenalter im Postdienst - Zur Geschichte einer altmünsterländischen Familie von Friedr. zur Bonsen Nr. 93 | NN

 

Sendenhorst: Vor nicht langer Zeit lief eine Notiz durch die Presse, das irgendwo in Westfalen - der Name des Ortes ist dem Verfasser entfallen - seit hundert Jahren das Lehreramt an der Ortsschule in ein und derselben Familie sich erhalten habe. Noch weniger bekannt als ein solcher Fall dürfte es sein, daß in den Familien von Borris in Herford und Freueberg in Olpe die Verwaltung des Landratsamtes ihres Heimatkreises gleichsam traditionell geworden. Die Anerkennung dieser Tradition auf Seite der maßgebenden Stelle verdient alles Lob, ist auch sozial durchaus klug, denn die Amtsehre verknüpft und verwurzelt sich mit der Familienehre, und mit dem Eintritt ins Amt tritt der neue Träger auch in das ererbte Vertrauen der Bevölkerung.

 

Ganz einzig in ihrer Art ist nun sicherlich die Tatsache, daß es eine münsterländische Familie gibt, in der sieben Menschenalter (220 Jahre) nahezu ein Viertel Jahrtausend, hindurch die Verwaltung des Postamtes ihres alten Heimatortes sich fortgeerbt hat, bis in unsere Zeit, in der so vieles stürzte, das ehrwürdige Familienamt erlosch. Das ist worauf der Verfasser schon vor Jahren (in der Zeitschrift für vaterländische Geschichte und Altertumskunde Westfalen, Band 54, 1896) verwiesen hat, die Familie Bonse in Sendenhorst, Kreis Beckum; ihre Postvergangenheit möge hier, soweit es möglich, zu einer zusammenhängenden Darstellung gelangen.

Die Bonsesche Familie ist übrigens zugleich eines der ältesten bürgerlichen Geschlechter, wenn nicht das älteste, das auf münsterländischem Boden uns entgegentritt; wird sie doch bereits im Jahre 1327, also in der Zeit, da die bürgerlichen Namen überhaupt erst in der Bildung begriffen erscheinen, urkundlich genannt. Daß der Verfasser einem Zweige dieser alten Familie angehört, darf hierbei zu erwähnen vielleicht gestattet sein. Da hielt die Post ihren Einzug in Münster und das Münsterland. Nachdem die erste, temporäre Posteinrichtung im Fürstbistum - 1534 zog ein Postkurier von der bischöflichen Residenz Wolbeck mit Briefen gen Worms - sich schnell genug verwischt hatte, ist in der angsterfüllten Folgezeit nur selten und zusammenhanglos von einer Postsachenbeförderung im Münsterschen die Rede; vollends der Dreißigjährige Krieg fegte alle Anfänge hinweg. In den letzten Jahrzehnten des Jahrhunderts ist nun die Kaiserliche (Thurn- und Taxische) Post mit Sicherheit im Lande nachzuweisen, ohne daß wir freilich über Postgang usw. näheres wissen. Das war unter dem Reichspostmeister Eugen Alexander von Thurn und Taxis, der 1686 den deutschen Reichsfürstentitel erhielt.

Jetzt tritt auch der erste Thurn- und Taxische Postmeister in Sendenhorst, Heinrich Bonse auf. Geboren um 1640, hatte er sich 1673 mit Elisabeth Arnemann aus Sendenhorst verheiratet und wohnte 1691 bereits an der "Südporten" der Stadt, wonach das heutige Bonsesche Haus liegt; in folgenden Jahre war er Bürgermeister. Über den Zeitpunkt seines Eintritts in Thurn und Taxische Dienste, wie überhaupt über die Sendenhorster Post enthält das fürstliche Archiv in Regensburg leider keine Nachrichten mehr. Der ausgezeichnete Forscher und Kenner der heimatlichen Postgeschichte, Eugen Müller setzt den Beginn des Postamtes in der Familie Heinrich um das Jahr 1690 an ("Münsterland", 1920, Heft 3). Dem kommt eine Mitteilung des letzten Amtsinhabers an den Verfasser entgegen, daß seinem Vater durch einen Postinspektor in Münster eine Bonsesche Bestattungsurkunde entliehen, aber nicht zurückerstattet worden sei, die dem Ende des 17. Jahrhunderts angehört habe. Und in den bis zum Jahre 1803 zurückreichenden Akten über die Postanstalt in Sendenhorst, die bei der Münsterschen Oberpostdirektion beruhen, besagt ein Bericht des Preußischen Oberpostamtes in Münster vom 14. Dezember 1831, die Post zu Sendenhorst habe sich damals bereits "über hundert Jahre" in dem Bonseschen Hause befunden (ggfl. Mitteilung der Oberpostdirektion Münster, 1891).

Zunächst und für lange Zeit scheint es sich nur um eine regelmässige Botenpost (Otdineripost) für Briefe nach dem etwa vier Wegstunden entfernten Münster gehandelt zu haben, wo ein Thurn und Taxisches Postamt bestand; ein durchgehender Postkurs hat soviel wir wissen, Sendenhorst selbst auch im 18. Jahrhundert nicht berührt. Heinrich Bonse, der erste "Posthalter" (Postverwalter) starb noch im rüstigen Alter um Neujahr 1700. Sein ältester Sohn Berndt, der im Elternhaus blieb, folgte ihm im Amt; im Jahre 1731 schied dieser aus dem Leben. Postmeister wurde dessen Ältester, Heinrich, geb. 1702, gest. in dem Jahre, da er auch Bürgermeister war, 1758. Nun folgte Gerhard Heinrich Eustachius im Alter von 26 Jahren. Es war die Zeit des Siebenjährigen Krieges; die Franzosen, welche 1759, und die Truppen des Erbprinzen von Braunschweig, welche im folgenden Jahre in Sendenhorst erschienen, werden dem kleinen Postamte das Leben sauer genug gemacht haben.

Nach dem Tode des Fürsten Alexander Ferdinand von Thurn und Taxis (1739 1 177 3) belehnte nun dessen Sohn Earl Amselm (gest. 1805), der beim Antritt des Generalpostmeisteramtes seine Beamten wie üblich neu bestellte, unterm 31. Juli 1775 mit der "weiteren Bedienung deren Posthalterey" in Sendenhorst den Gerhard Heinrich Eustachius, der in der neuen Bestellung, "anbeynebens volkommene Macht, Gewalt und Befehl, in Unserem Nahmen das Posthorn zu führen ….. " die Briefe zu kolligieren und zu distribuiren, das Porto davor gehörig einzunehmen und Unserem Postamt in Münster von drey zu dreyen Monathen zu berechnen, und daß Er sich sowohl bey Tage als Nachts mit Überlieferung und Bestellung deren Briefen und Paqueten, dann mit Fortführung deren Odinarien (gewöhnliche Botenposten) und Estafetten, auch in Beförderung deren couriers und Passagiers wohl und fleißig verhalten, und insgemein alle Ordnungen, Befehle und Placarden (Plakate, öffentliche Postaushänge), welche von Uns und Unserem Ihm vorgelegten Postamt zu Münster allbereits gegeben worden seynd oder inskünftige annoch zu desto mehrerer Nachricht und besserer Versehung schon gemeldeter Posthalterey zu Sendenhorst gegeben werden möchten, observieren, vollziehen und alles dasjenige, was dem mehr anhängig, gebührend allemahlen verrichten solle." Die Originalurkunde befindet sich noch im Besitze der Sendenhorster Familie. Wir ersehen daraus, daß bereits Postwagen zur Beförderung von Reisenden und Paketen eingestellt waren. Gerhard Heinrich Eustachius führte nun als "Posthalter" das Thurn und Taxische Posthorn fast genau dreißig Jahre: bis zum Übergange des Postwesens in dem säkunisierten Stifte Münster an Preußen. Diener erfolgte "Posthalter oder Postwärter" in preußische Dienste.

Schon im folgenden Jahre sehen wir übrigens zweimal wöchentlich eine "reitende Post zwischen Münster und Hamm verkehren, die über Sendenhorst zog. Nach dem Münsterschen Kalender für 1804 ging die Post von Münster ab Mittwochs und Freitags 10 ½ Uhr vormittags und kehrte Sonntags und Donnerstag dahin zurück. Ende März 1804 war Bonse tot, und sein Sohn Theodor übernahm die Post. Da kam 1806, mit dem Sturze des preußischen Regimes, die Zeit der großherzoglich bergischen, dann 1810 der französischen Herrschaft, und zweimal wechselte das Schild am Sendenhorster Posthaus, bis die Freiheitskriege endgültig den preußischen Adler zurückführten. Auf Theodor Bonse folgten in der Verwaltung der "Postexpedition" nacheinander - auch ein seltener Fall - drei Brüder Engelbert, Nikolaus und Gerhard. Als der letztere anfangs der sechziger Jahre des vorigen Jahrhunderts starb, war sein Sohn Theodor Franz Gerhard noch minderjährig, und in Pietät gegen die Tradition der Familie ließ jetzt die Postbehörde den Oheim und Vormund des jungen Bonse, Everke die Sendenhorster Postanstalt verwalten, bis jener nach erlangter Ausbildung Ende 1867 das Amt selbständig zu übernehmen vermochte.

Noch einmal wechselte wieder das Schild über der Haustür im eben genannten Jahre wurde die Post Norddeutsche Bundespost und vier Jahre später Reichspost. In der links vom Eingange gelegenen Amtsstube aber, in die schon so mancher seinen Fuß gesetzt, waltete unter allem Wandel der Dinge der Geist schlichter, treuer Pflichterfüllung weiter, bis mit dem Übertritt Theodor Bonses, dem seine Mitbürger mit allerlei Ehrenämtern bedacht, in den wohlverdienten Ruhestand, Enden 1910, das Amt in dem Haus "An der Südporten" erlosch. Die Zeiten waren andere geworden und andere die Menschen; von den vier Söhnen zeigte keiner Neigung zu der Väter Beruf. Doch blieb die Post mit der Familie wenigstens unmittelbar verknüpft, indem ein Stiefsohn der Schwester des Verstorbenen, namens Borgmann, die Verwaltung übernahm.

So, wir sind "zu Ende", und nun mögen die familiengeschichtlichen Notizen, die uns die Kunde von den alten Postmeistern zu Sendenhorst vermittelt, zurückkehren in das Gefach, darinnen sie so lange geruht. Doch siehe! Vor unserem Geiste öffnet sich noch einmal das Stüblein des ersten fürstlich Thurn- und Taxischen Posthalters Heinrich Bonse an der "Südporten" der guten kleinen Stadt. Mit Amtsmiene mustert er das Häuflein Briefe, so der Ordinaribote eben von Münster herüberbrachte, und bedächtig setzt er ihre Anschriften zum Aushang auf einen säuberlichen "Zeddel":

"Seynd heute brieffe kommen Zum ersten for die Erbare Sittib des Jandirk Wieler, Beckeramts, an der Kerken thoe Sendenhorst. Zum zweyten for die ehr, auvh tugendsambe Juffer Elsabein Fraye, so uff dem Schlabberpoel wohnhaft in dem Stedel Sendenhorst. Item for……."
Doch beeil dich, Heinrich Bonse! Merkst du nicht, daß da draußen vor dem Fenster die Leute auf den Aushang warten?
Und siehe! das Bild ist verschwunden, und ein anderes drängt sich vor unseren Geist. Es ist ein Dezembertag anno 1921, und ein eiskalter Wind heult durch die Gassen. Aus dem Haus an der Südporten aber geleitet man den alten, ehrenfesten Postezpedienten, des Ahnen letzten Nachfolger im uralten Amt, unter den klagenden Tönen der Kirchenglocken hinaus - zur Ruhestatt meiner Väter..

 

     


 

Die Beziehungen des Buchhändlers Joseph Spithöver aus Sendenhorst zum Priesterkollegium am Campo Santo in Rom Nr. 94 |Wilhem Kleinhans

 

Die Heimatstadt kennt ihren großen Sohn, der ihr ein Krankenhaus gebaut hat. Sie bewahrt ihm ein dankbares Andenken als dem großen Wohltäter der Kinder, der kranken und armen Landsleute. Von seinem Leben weiß sie, daß er hier geboren, als Waisenknabe in die Welt hinauszog, das Bündel geschnürt, über die Alpen kletterte, frohen Mutes mit Gottvertrauen im Herzen und einer Mark in der Tasche in die Ewige Stadt einzog, daß er dort mit Glücksgütern gesegnet und ein sehr wohlhabender Mann wurde. Bild: Priesterkollegium am Campo Santo in Rom

 

Sendenhorst. Das Glück ist Joseph Spithöver nicht in den Schoß gefallen. Er hat eine harte Schule durchmachen müssen. Aber als ein Mann mit guter Begabung, festen Zielen und Grundsätzen, Weitblick, Tatkraft und kindlich frommen Gemüt hat er sich in der Ewigen Stadt durchgerungen und ist zu Reichtum und hohem Ansehen gelangt. …."Erst gehörst du deinem Gotte, Ihm zunächst der Heimaterde."
Diese Worte, Friedrich Wilhelm Webers kennzeichnen das Charakterbild von Josef Spithöver.

Die Freunde und Landsleute in Rom und auch die zeitigen Historiker haben manches über Spithöver erzählt und geschrieben. Besonders haben die beiden Rektoren am Campo Santo, die Prälaten Anton de Waal und Emmrich David, das Andenken Spithövers in dankbarer Liebe vor der Vergessenheit bewahrt. Spithöver hing mit allen Fasern seines Herzens an seiner Heimat. Sein großes Ansehen und seinen Einfluß hat er in erster Linie dazu benutzt, das katholische Deutschtum in Rom wieder zur Geltung zu bringen. Die bestehenden deutschen Anstalten und Einrichtungen, insbesondere der Campo Santo, boten ihm Gelegenheit, den Heimatgedanken zu verwirklichen. Der Campo Santo, von Karl dem Großen gegründet, diente mit der dem Erlöser geweihten Kirche und Friedhof als Ausbildungsstätte von Priestern aus dem Reiche Karls und ist entstanden aus dem Bedürfnis, den deutschen Stämmen in der Nähe des grössten römischen Heiligtums eine Heimatstätte zu geben, die den nach Rom gepilgerten Volksgenossen auch priesterliche Hilfe anbieten konnte, die Rompilger aus den Ländern Karls zu beherbergen, sie zu den römischen Heiligtümern zu führen und, wenn sie stürben, zu begraben. Der stiftungsgemässe Zweck war also, dem deutschen Katholizismus in Rom zu dienen und so eine Brücke zwischen der Heimat und der Ewigen Stadt zu bilden. Im Laufe der Zeit kam die mit vielen Privilegien ausgestattete Schule (die schola Francorum) unter die Botmässigkeit von St. Peter. Durch diese Abhängigkeit ging der nationale Charakter der Kirche allmählich verloren. Nur das Begräbnisrecht auf dem Friedhof der Erlöserkirche hielt sich am längsten. Nach der Rückkehr der Päpste aus der "Babylonischen Gefangenschaft" (1377) erwachte bei den wieder zahlreicher werdenden deutschen Pilgern das Bedürfnis nach einer Heimstätte.

Im Jahre 1449 kam ein Johannes Golderer aus Nürnberg, der Beichtvater an St. Peter war, als Rektor an die inzwischen neuerrichtete, der Schmerzensmutter geweihte Kirche am Campo Santo und gründete mit den deutschen Landsleuten die noch heute bestehende Bruderschaft des Campo Santo. Bei den gewählten Vorstehern der Bruderschaft lag die Leitung der Pilgerfürsorge, die Aufsicht über den Gottesdienst und die gottesdienstlichen Geräte. Das religiöse Leben nahm wieder zu, und im Jahre 1501 wurde die Kirche neu gebaut, die heute noch vorhanden ist. An ihr wurden vier Kapläne, die in den verschiedenen deutschen Dialekten sprachkundig sein mussten, angestellt. Die Bruderschaft hatte sogar das Recht, ohne jegliche Mitwirkung einer geistlichen Behörde die Geistlichen nach Belieben zu ernennen und zu entlassen. Dieses Recht wird noch wiederholt in den Statuten vom Jahre 1846. Zu Anfang des 19. Jahrhunderts geriet die Bruderschaft, die bereits seit 1579 Rang und Titel einer Erzbruderschaft hatte, in die Hände der Italiener. Durch eine Gegenbewegung der damals erstarkenden deutschen Kolonie wurden die bisherigen Vorsteher der Bruderschaft durch Deutsche ersetzt. Die deutsche Seelsorge wurde 1830 dem Minoriten Clemens Brayer übertragen und das Deutschtum wieder zur Geltung gebracht. In dem österreichischen Botschafter Grafen Lützow gewann die nationale Stiftung einen starken Beistand, der es vermochte, die Bruderschaft im Jahre 1846 durch ein neues Statut zu reformieren. Die Leitung wurde in die Hände eines Rates gelegt, der den nationalen Charakter ganz entschieden zu wahren vermochte. Der Verdienst für die Neubelebung gebührt diesem Rate. Er setzte sich zusammen aus den angesehenen deutschen Katholiken in Rom. Unter den Anwesenden in der Sitzung des Rates treten zum ersten Male der Buchhändler Joseph Spithöver aus Sendenhorst und sein Freund und Landsmann, der Bildhauer Wilhelm Achtermann aus Münster, auf. Nach der Reform wurde erster Vorsitzender der Bruderschaft und des Rates, Camerlengo, der Maler Friedrich Overbeck. Als dieser aus Gesundheitsrücksichten sein Amt niederlegte, löste ihn der bayrische Gesandtschaftssekretär von Mehlen ab. Doch war, wie Prälat Dr. David schreibt, die aktivste und einflußreichste Persönlichkeit im neuen Rat von vornherein der Buchhändler Joseph Spithöver, der dann auch bereits 1850 von Mehlen im Amte folgte und es bis 1863 bekleidete. Ihn schon könnte man mit Recht als den ersten Gründer des Priesterkollegiums am Campo Santo bezeichnen.

Über den Lebensgang dieses hervorragenden Mannes sei hier folgendes eingeschaltet: Bernhard Joseph Spithöver wurde in Sendenhorst am 11. Oktober 1813 als Sohn des Holzhändlers Theodor Hermann Spithöver und der Katharina Hagedorn geboren als das jüngste von sechs Kindern. Die Eltern wohnten an der Weststraße, wo jetzt unter Nr. 196 das Roeteringschen Stallgebäude steht. Schon im Alter von vier Monaten, am 13. Februar 1814, verlor er seinen Vater an der Schwindsucht. Der sehr geweckte Junge kam in den Schuljahren zu dem Gerichtsaktuar und Bürgermeister Joseph Langen in Pflege. Hier musste er allerhand Arbeiten verrichten. Unter der Treppe war für gewöhnlich seine Arbeitsstätte zum Schuhputzen. Doch erwarb sich der artige, fleissige und begabte Junge bald die Gunst seines Herrn, so daß er ihn zu den Bürodiensten heranziehen konnte. Aus der Schule entlassen, wurde Joseph Spithöver vollends auf der Bürgermeisterei beschäftigt. Da jedoch sein Pflegevater inzwischen nach Ahlen verzogen war, ihm der Bürodienst weniger zusagte, weil er keine Lebensstellung bot, erlernte Spithöver das Buchbinderhandwerk und zog in die Welt hinaus. So kam er mit 28 Jahren im Jahre 1841 nach Rom. Hier traf er Landsleute, die sich seiner annahmen. Dank der Förderung, die er durch Pater Theiner fand, konnte er sich bald selbständig machen. Aus seiner Buchbinderei wurde seit 1845 die erste und noch heute bestehende deutsche Buchhandlung in Rom. Dadurch, daß die später von ihm billig erworbenen Orti Salustiani des Fürsten Barbarini durch die Stadterweiterung nach 1870 in einem auch von ihm nicht geahnten Maße an Wert stiegen gelangte er zu großem Reichtum, während er in der Periode seines Lebens, die hier in Betracht kommt, in bescheiden-bürgerlichen Verhältnissen lebte. Als einfacher Handwerker von armer Herkunft besass er keine höhere Bildung, verstand es aber, die mit seinem Berufe gebotenen Bildungsmöglichkeiten auszunutzen. Noack schreibt in seiner Geschichte des Deutschtums in Rom, daß man Spithöver als eifrigen Bibliophilen schätzte und seine Kenntnisse von der Geschichte des Campo Santo in Handschriften niedergelegt habe, die er später dem Campo Santo schenkte. Das Bild, das sich aus den Akten seiner Amtsführung im Campo Santo erheben lasse, zeige einen kernigen Westfalen von tiefer Frömmigkeit, eisernem Willen und weitem Blicke, der seinen Standpunkt nach oben und unten geschickt, aber auch unter einer gewissen Hartnäckigkeit zu vertreten pflegte. Sein Laden sei bald ein Sammelpunkt der deutschen Priesterschaft und Nazarener geworden. Spithöver starb im Jahre 1892 und wurde auf dem Campo Santo beigesetzt, wo ein einfaches Holzkreuz und eine schlichte Tafel an der Wand des Oratoriums an ihn erinnert. In Rom lebt sein Andenken auch fort in einer von den Schweizer Kreuzschwestern verwalteten Stiftung für notleidende Deutsche. Das erste Auftreten Spithövers in der Bruderschaft fällt in das Jahr 1848. Als es sich darum handelte, für einen ausgeschiedenen Kaplan aus dem Bistum Brixen einen Nachfolger zu suchen und das zuerst angegangene Bistum Brixen abgelehnt hatte, machte er sich erbötig, sich persönlich an den Bischof von Münster zu wenden, während der Vorsitzende von Mehlen mit dem gleichen Anliegen an den Erzbischof von München schreiben wollte. Spithöver erreichte, daß der Bischof von Münster für den Campo Santo den bisherigen Kaplan Aloys Rolfs zur Verfügung stellte, der, wie der Bischof in seiner Antwort hervorhob, an der Propaganda studiert hatte und die italienische Sprache beherrschte. Durch seine ruhige und umsichtige Amtsführung trug Rolfs nicht wenig zu einer glücklichen Weiterentwicklung im Campo Santo bei. Dann wurden im Wohngebäude neue Wohnräume geschaffen. Das Einkommen aus den Stiftungen war aber so groß, daß es für zwei Priester reichte. Diese Umstände benutzte Spithöver zu einem Antrage, den er im Rat stellte: "daß für die zweite täglich in der Kirche zu St. Maria della Pieta in Campo Santo zu zelebrierende Messe ein weiterer deutscher Priester angestellt werde. Diese Stelle solle gleichsam als ein Stipendium für junge talentvolle Priester angesehen werden, die die Absicht hätte, sich hier in irgend einer Wissenschaft auszubilden und alle zwei bis drei Jahre gewechselt werden müsse."

Mit dem Antrage Spithövers nahm ein Wunsch feste Formen an, der schon lange in der Kolonie bestand. Wenn damals die deutschen Katholiken Roms auf die Kolonien anderer Nationen blickten, mussten sie sich zurückgestellt fühlen. So hatten die Franzosen in ihrer Kirche St. Luigi die Francesi einen zahlreichen Klerus ihrer Zunge. Ähnlich verhielt es sich mit den englischen und belgischen Nationalanstalten. Dagegen bedeutete die reichbegüterte Anima für die deutsche Nation recht wenig. Ihre Leitung war völlig abhängig von der österreichischen Anstalt betrachteten. Nun erreichte Spithöver, daß die zweite Stelle dem Bischof von Münster für einen weiteren Priester seiner Diözese angeboten wurde. Dieser erklärte sich wieder bereit und entsandte den Kaplan Heinrich Bangen nach dort. Da aber noch Raum zur Verfügung war, wurde eine weitere Studienkaplanei geschaffen. Es war wiederum ein Münsterer, der diese Stelle erhielt. Im Jahre 1852 kam der schon mit der theologischen Doktorwürde geschmückte Josef Fiese zum Campo Santo. Dr. Giese wurde der besondere Vertraute Spithövers. In seiner Eigenschaft als Generalvikar von Münster hat er 1889 das Sendenhorster Krankenhaus eingeweiht. Es wird wohl einer der schönsten Tage in dem Leben dieser beiden Freunde gewesen sein, als die beiden sich wiedersahen und umjubelt von der ganzen Bevölkerung, in feierlicher Weise zur Einweihung eingeholt wurden. (Dr. Giese starb 1897 und liegt auf dem Zentralfriedhof in Münster begraben, woselbst auch der vorhin erwähnte A. Rolfs begraben wurde, der im gleichen Jahre wie Spithöver, 1892, als Domkapitular und Jubilarpriester starb.)

Durch die Erfolge ermutigt, unternahm Spithöver weitere Schritte zur Förderung der kirchlich nationalen Bestrebungen. Ein von Spithöver verfasstes Protokoll berichtet darüber: "Zum Schlusse wurde die Frage in Anregung gebracht, ob es nicht zeitgemäss und nützlich sei, bezüglich jener außer unserer Erzbruderschaft noch in Rom befindlichen deutschen Stiftungen, namentlich jener der deutschen Bäckerzunft und des Hospitiums und der Kirche zu St. Maria dell' Anima, uns näher zu besprechen und dafür zu sorgen, daß genannte Anstalten dem Geiste der Stifter gemäss verwaltet werden. Mit allgemeiner Stimme wurde beschlossen, auf die Frage näher einzugehen." Wenn auch diese Bestrebungen nicht sofort zum Ziele führten, so haben sie doch erreicht, daß sich Kaiser Franz Joseph zu einer durchgreifenden Reform entschloß, aus der die Anerkennung des allgemein deutschen Stiftungscharakters und die Einrichtung eines Priesterkollegs hervorging.

Es ist also die um die Mitte des 19. Jahrhunderts in der Bruderschaft von Campo Santo organisierte, von Spithöver geleitete, in der Mehrheit aus Laien bestehende deutsche Gemeinde in Rom gewesen, die zuerst selbst ein Studienheim für deutsche Priester am Campo Santo ins Leben rief, zugleich aber auch die Einrichtung eines zweiten an der Anima erfolgreich anstrebte und damit für die weitere Entwicklung des katholischen Deutschtums in Rom eine neue, tragfähige Grundlage schuf. Bei den Bemühungen für ein Studienheim an der Anima vergaß der Rat vom Campo Santo nicht, seine eigene junge Gründung weiter zu fördern. Auf Spithövers Antrag und unter seiner persönlichen Leitung beschaffte man durch inneren Umbau Platz für zwei weitere Priester. Als besondere Eigentümlichkeit dieses Anfanges des Priesterkollegiums am Campo Santo ist es anzusehen, daß die Hälfte der 18 Priester, die von 1848 bis 1862 im Campo Santo wohnten, dem Bistum Münster angehörten. Es ist diese Erscheinung zurückzuführen auf das Übergewicht des Dreigestirns Spithöver, Rolfs und Bangen, so daß der Campo Santo zeitweise den Eindruck eines römischen Institutes des Bistums Münster machte. So kam es auch, daß der damalige Bischof von Münster, Johann Georg Müller, als er 1862 nach Rom kam, hier Wohnung nahm, Rolfs und Bangen wurden nebenher vielfach zur Mitarbeit an römischen Behörden herangezogen und wiederholt in vertraulicher Mission nach Deutschland gesandt. Von Wichtigkeit ist die Entsendung Bangens, wie aus einem im Archiv des Campo Santo befindlichen Briefs Spithövers hervorgeht, zur Regierung in Hannover, um über die Wiedereinrichtung des Bistums Osnabrück zu verhandeln. Die Mitwirkung und der Einfluß Spithövers ist sicher dabei von Erfolg gewesen. (Das Bistum Osnabrück wurde nach 1000jährigem Bestehen 1803 säkularisiert. Um so grösser war die Freude, als nach langen Verhandlungen, an denen Windthorst hervorragend beteiligt war, das Bistum Osnabrück am 3. August 1857 wieder errichtet wurde.) Der vom Papste Pius IX. ernannte Bischof hatte im späteren Leben wieder seine Beziehungen zum Campo Santo und Spithöver. Es war der im gleichen Jahre wie Spithöver zu Münster geborene Domdechant und Generalvikar Paulus Melchers, der auf den Bischofsstuhl des hl. Wiho erhoben wurde.

Im Jahre 1866 wurde Paulus Melchers Erzbischof von Köln. Infolge der Kulturkampfgesetze kam er am 3. März 1874 ins Gefängnis und im Dezember 1875 in die Verbannung nach Maastricht. In der Verbannung erhielt er die Nachricht von seiner Erhebung zum Purzur. Zur Entgegennahme der Kardinalswürde fuhr er nach Rom, wo ihn die deutsche Kolonie bat, den deutschen Stiftungen in Rom seine Huld und Gewogenheit zuzuwenden. Der Kardinal hatte unsäglich gelitten und fühlte sich auch in der Ewigen Stadt nicht wohl. Zu seiner Pflege und anderen Hilfeleistungen gab ihm Spithöver einen Diener. Es war der Landsmann Theodor Schlüter aus Sendenhorst, der dem hohen Kirchenfürsten bis zu seinem am 14. Dezember 1895 erfolgten Tode treu zur Seite stand. Als Andenken an die freundschaftlichen landsmännischen Beziehungen zwischen dem Kardinal und Spithöver hat Schlüter dem Krankenhause zu Sendenhorst ein Geschenk des Kardinals, sein Ölporträt, gestiftet. Während des römischen Aufenthaltes ernannte der Papst den Kardinal aus dem Münsterlande zum Kardinalprotektor des Campo Santo. Neben Spithövers Bibliophilie waren auch seine und des Priesterkollegiums besondere Beziehungen zu Münster im Spiele, da bereits unter seiner Leitungsperiode der Campo Santo vorübergehend zum Besitzer einer wertvollen Bibliothek wurde. Es handelt sich um die jetzt dem bischöflichen Stuhl von Münster gehörige, neuerdings aber in der Universitätsbibliothek aufgestellte berühmte Musikbibliothek des Abbate Santini. Sie enthält u.a. musikalische Handschriften von nicht weniger als 600 Komponisten aus der Zeit des 16., 17. und 18. Jahrhunderts, unter denen Palestrina (der grösste italienische Kirchenkomponist) mit mehr als 60 und Orlando di Lasso (nächst Palestrina der grösste Tonsetzer des 16. Jahrhunderts) mit 20 Werken vertreten ist.

Der Priester Bernhard Quante aus Münster, der sich zur Vervollkommnung seiner kirchenmusikalischen Bildung in Rom befand, zunächst in der Anima wohnte, aber im Mai 1855 in den Campo Santo übersiedelte, stand in freundschaftlichem Verkehr mit dem gelehrten Musikforscher. (Quante wurde später Domvikar und Domchordirektor und starb 1874). In richtigem Verständnis für den hohen Wert seiner Bibliothek suchte Quante den Santini dafür zu gewinnen, seine Bibliothek nach Deutschland zu verkaufen. Der Gelehrte ging auf das Angebot seines Freundes ein unter der Bedingung, daß die Bibliothek bis zu seinem Tode in Rom und ihm selbst zugänglich sein sollte. Weiter verlangte er eine Lebensrente von jährlich 465 Scudi (etwa 2000 Mark). Da Quante selbst nicht in der Lage war, die Bedingungen zu erfüllen und er nicht wusste, ob die Heimatdiözese ihm Hilfe gewährte, wandte er sich an Spithöver. Sofort war dieser für den Plan. Er ermutigte Quante, den Vertrag mit Santini abzuschließen, berief den Rat vom Campo Santo zu einer Sitzung zusammen und setzte durch, daß ein Raum für die Bibliothek zur Verfügung gestellt und auch die erste Jahresrente bezahlt wurde. Für die weiteren Jahresrenten bürgte Spithöver selbst. Quante und Spithöver verhandelten dann mit dem Bischof von Münster mit dem Ergebnis, daß die kostbare Bibliothek von diesem übernommen wurde. Santini starb im Jahre 1862. Der Bischof Müller und der Domkapitular Bangen weilten damals gerade in Rom. Die Bibliothek wurde nun von Bangen nach Münster überführt. Er überreichte aber der Bruderschaft einen Brief des Bischofs, in dem dieser in den verbindlichsten Ausdrücken der Ehrwürdigen Kongregation von Campo Santo insbesondere ihrem Vorsitzenden Spithöver den innigsten Dank aussprach, für die Bemühungen und Gefälligkeiten, durch die diese hochwichtige Sammlung für kirchliche Zwecke dem deutschen Vaterlande besorgt wurde. Der schnellen Aufwärtsbewegung des Priesterkollegiums am Campo Santo folgten bald schwere Jahre der Arisie. Nach der verdienstvollen Tätigkeit Rolfs wechselten die Rektoren schnell und konnten sich nicht einleben. Die unsichere politische Lage in Rom ließ den Priestern einen längeren Aufenthalt kaum ratsam erscheinen. In der Hauptsache aber lag der Grund des Rückganges am Geldmangel. Spithöver, der bis dahin die Seele des Rates und seiner Bemühungen für das Priesterhaus gewesen war, wurde mit seiner Hilfe zurückhaltend. Er fand für seine Pläne nicht immer im Rate das nötige Verständnis. Da er außerdem in seinem Handeln recht selbständig zu Werke ging und fast ein absolutes Regiment führte, erhob sich eine Opposition gegen ihn. Im Jahre 1863 lehnte er eine Wiederwahl zum Vorsitzenden ab und schied aus der Leitung aus. Die Heimatliebe aber war stark genug, um sein Herz für die deutsche Stiftung zu erhalten. Wenn er sich auch von dem öffentlichen Wirken zurückzog, so ließ er doch das Werk nicht untergehen; er hörte vielmehr bis zu seinem Lebensende nicht auf, der altehrwürdigen Stiftung Beweise unverminderter Anhänglichkeit zu geben. Als 1872 Anton de Waal aus dem Bistum Münster zum Rektor am Campo Santo ernannt wurde, war Spithöver sein treuer Berater und Helfer. Das von ihm angestrebte Priesterkollegium wurde unter de Walls Rektorat zur vollendeten Tat. Er erreichte es, daß Papst Pius IX. durch Breve vom 30. November 1876 das Priesterkollegium ins Leben rief. Das Heimatbistum Münster, außerdem das Erzbistum Köln und das Bistum Paderborn stifteten Fonds für die Kaplaneien und ihre Einrichtungen. Auch die Einrichtung einer Bibliothek wurde 1877 wesentlich gefördert. Als ersten, der ihr Bücher schenkte, nennt de Waal Joseph Spithöver.

Es ist bezeichnend für den Charakter Spithövers, daß er die Werke der Nächstenliebe aus freiem Antriebe leistete und nicht, wie es sonst bei den meisten Menschen der Fall ist, erst durch Überredung dazu gewonnen werden musste. Neben der umfangreichen Bibliothek mit sehr wertvollen kirchengeschichtlichen und archäologischen Werken wurde dem Campo Santo eine sehr beachtenswerte archäologische Sammlung zugeführt. An der Spitze der Geschenkgeber zu dieser Sammlung steht nach de Waals Aufzeichnungen wiederum Spithöver.

So wurde nach dem Sinne Spithövers der Campo Santo, ohne seine bisherigen Aufgaben außer acht zu lassen, als eine vom Papste anerkannte Ausbildungsstätte für junge Priester in formgerechte Bahnen geleitet. So konnte ferner das Priesterkollegium eine wissenschaftliche Tätigkeit entfalten, die tiefe Spuren in den weiten Feldern der Forschung hinterlassen hat. Unter den 215 Mitgliedern des Priesterkollegiums seit der Gründung im Jahre 1877 befinden sich 42 Hochschullehrer, die noch leben. Zu den alten Konviktoren zählt man mit Stolz den Fürstbischof von Wien, Kardinal Piffl, den lateinischen Patriarchen von Alexandrien, Graf von Huyn, und fünf andere Bischöfe. Zu diesen gesellen sich ausgezeichnete Theodologen, Historiker, Philosophen und Sozialpolitiker, die vorübergehend oder länger im Campo Santo Wohnung nahmen, sich am wissenschaftlichen Leben beteiligten und der Wohltaten von Spithöver und seinen Getreuen teilhaftig wurden. Es seien hier genannt der Pater Ehrle, der jetzige Kardinal, Freiherr von Pastor, der vor kurzem gestorbene Geschichtsschreiber der Päpste, Prälat Mausbach, Prinz Johann Georg von Sachsen, Krebs, Linneborn, Kreutzwald, Hitze, Pieper, Schwartz, Stapper, Naber, Schmidtlin, Witte, Aengenvoort, Mohler und Bierbaum. Das Bestehen des Gottesackers am Priesterkolleg war wiederholt in Gefahr. Die Regierung wollte diesen Friedhof innerhalb der Stadt nicht länger dulden. Bisher hatte sie immer noch das Recht der Deutschen geachtet. Aber im Jahre 1875 schreckten sie nicht länger davor zurück, dieses Recht mit Füßen zu treten, und gestatteten nicht mehr die Beerdigungen. Durch die Bemühungen de Waals und den Einfluss eines Spithövers gelang es aber, das Verbot wieder rückgängig zu machen. Als das Verbot noch bestand, trug sich Spithöver mit dem Gedanken, sich in seiner Heimat Sendenhorst begraben zu lassen. Hier wollte er eine Grabeskapelle bauen, und Schwestern sollten über seiner Gruft für sein Seelenheil beten. Nach der Freigabe änderte er seinen Plan.

Das Priesterkollegium am Campo Santo erfreute sich allezeit des besonderen Wohlwollens der Päpste. Sie gaben ihm eigens einen Kardinal als Protektor. Neben den Kardinälen Fürst Schwarzenberg und Hohenlohe sei besonders auch der bereits erwähnte Kardinal Paulus Melchers als Protektor genannt. Nach seinem Tode wurde 1896 der Kardinal Serafino Vannutelli Protektor, dem im Jahre 1915 sein Bruder, der Kardinal Vincenzo Vannutelli folgte. Unter seinem Schutze wurde der Campo Santo sicher durch die Fährnisse des Weltkrieges in die Friedenszeit hinüber geleitet. Doch hatte der Krieg dem Campo Santo schwere Wunden geschlagen. Vereinsamt blieb der Rektor Anton de Waal zurück, hoffend auf eine Wiederbelebung nach dem Kriege. Mit dieser Hoffnung ist er mitten im Weltkriege gestorben. Am 23. Februar 1917 beschloss er sein an Opfern, Arbeiten und Erfolgen so reiches Leben. Dorthin, wo sein treuester Freund und Landsmann Joseph Spithöver von 25 Jahren seine letzte Ruhestätte gefunden hatte, gab ihm eine auserlesene Schar römischer Persönlichkeiten das letzte Geleit. Unter ihr befand sich auch der damalige Präfekt der Vaticana und jetzige Papst Achille Ratti.

Vor drei Jahren feierte das Priesterkollegium sein 50jähriges Bestehen. Bei dieser Feier wurde in Dankbarkeit all derer gedacht, die dem Campo hatten Hilfe angedeihen lassen. Bei dem Festakt in der Osterwoche 1927 beehrte der Protektor, Kardinal Vannutelli, die erlesene Versammlung mit einer Ansprache. Rom und das ganze katholische Deutschland, deren sämtliche Bischöfe und Äbte Glückwunschschreiben gesandt hatten, horchten auf die Worte, die der Führer des Kardinalkollegiums, der 91 jährige Kardinal in ausdrucksvoller Form über Spithöver sprach. Beim Beginn seiner Rede führte er aus: "Bereits während meiner ersten theologischen Studien lernte ich die verehrungswürdige Gestalt Spithövers kennen und bewundern. Und später, bevor ich mich von Rom entfernte, um 1863 in den päpstlichen diplomatischen Dienst einzutreten, konnte ich dem Werk meinen Beifall geben, das jener ausgezeichnete deutsch Katholik, ein Muster an Ehrenhaftigkeit und Glaubenstreue, in der Erzbruderschaft der schmerzhaften Gottesmutter für seine Landsleute und unterstützt durch einige von ihnen ausübte. Dies war für mich nicht schwierig, da ich damals als Professor der Theologie im benachbarten Seminar meinen Wohnsitz beim deutschen Campo Santo hatte." Jetzt, wo der Papst nach fast 60 Jahren aus seiner Gefangenschaft heraustreten darf, stimmen die Glöcklein vom Campo Santo mit in den Jubel der ganzen Christenheit ein. Sie dankt Gott für sein gütiges Walten. Die deutschen Katholiken hegen in der Brust die frohe Hoffnung, daß dem Priesterkollegium am Campo Santo eine glückliche Zukunft beschieden sein möge, daß das katholische Deutschtum in der Ewigen Stadt erstarke, und die Bemühungen und Opfer eines Joseph Spithöver nicht umsonst gebracht sind. Es möge sich an ihm das Wort erfüllen: "Wer den Besten seiner Zeit genug getan, der hat gelebt für alle Zeiten!"

http://de.wikipedia.org/wiki/Campo_Santo_Teutonico
"Seynd heute brieffe kommen Zum ersten for die Erbare Sittib des Jandirk Wieler, Beckeramts, an der Kerken thoe Sendenhorst. Zum zweyten for die ehr, auvh tugendsambe Juffer Elsabein Fraye, so uff dem Schlabberpoel wohnhaft in dem Stedel Sendenhorst. Item for……."
Doch beeil dich, Heinrich Bonse! Merkst du nicht, daß da draußen vor dem Fenster die Leute auf den Aushang warten?
Und siehe! das Bild ist verschwunden, und ein anderes drängt sich vor unseren Geist. Es ist ein Dezembertag anno 1921, und ein eiskalter Wind heult durch die Gassen. Aus dem Haus an der Südporten aber geleitet man den alten, ehrenfesten Postezpedienten, des Ahnen letzten Nachfolger im uralten Amt, unter den klagenden Tönen der Kirchenglocken hinaus - zur Ruhestatt meiner Väter..

 

     

 

     

 

Herr Henrikus - Der erste Postmeister aus Thurn und Taxischer Zeit in Sendenhorst

Nr. 95 | NN

 

Zum ersten mal Anno 1534, als die Kriegsvölker der Fürsten um die wiedertäuferische Stadt Münster lagen, treten im münsterischen Hochstift "Postreuter" auf, die mit Briefen der fürstbischöflichen Regierung von der Residenz Wolbeck zum Reichstag nach Worms ritten. Sie zogen ihres Weges durch das kurkölnische Herzogtum Westfalen (Sauerland) und ihre Hörnerlänge grüßte den hochragenden Bergkegel der uralt berühmten Eresburg, des heutigen Obermarsberg, ob der Diemel.er noch vor wenigen Jahrzehnten die Städte und Dörfer unseres Münsterlandes durchwanderte, wer seinen Weg nahm über Brücken und Straßen, in allen Gauen traf er Reste alter Kultur. Jahrhunderte haben diese Zeugen der alten Kultur ihren Platz behaupten können,  bis sie der modernen Welt als veraltet erschienen und vielfach unter dem Vorwande, den Verkehrsinteressen zu dienen, nach und nach für die neue Kultur das Feld räumen mussten.

 

Aber erst ein Jahrhundert später, bei Eröffnung des westfälischen Friedenskongresses 1643, wurde in Münster ein ständig kaiserliches "Reichspostamt" durch das bekanntlich 1516 mit dem Postregal belehnte Haus Thurn und Taxis errichtet; in erster Linie freilich für den Briefverkehr der zahlreichen fremden "Ambassaden (Gesandtschaften), doch ward weiterhin auch dem "verherlichen Publike" die Benutzung freigegeben. Fürstbischof Christoph Bernh. von Galen schuf dann im Jahre 1665, nach der Wiederkehr besserer Zeitverhältnisse, auch eine Landespost, der er das Privilegium der Personen und Paketbeförderung im Hochstift übertrug. Das Reichspostamt Münster, zu dessen Leitung der Graf Lamoral Taxis einen Kaspar Arninck berief, lag - nebenbei gesagt - bis 1785 an dem schicksalsreichen "Prinzipalmarkt" der Stadt, an dem auch das altberühmte Rathaus mit der einzigartigen Fassade von Anno 1335 emporragt.

Das Postamt unterhielt ursprünglich vier Reitposten nach Wesel, Köln, Paderborn und Osnabrück. Die Linien waren Reitposten sie wurden von beruflichen Postreutern versehen, und einer von ihnen, dessen steinern Bild man neuerdings in der münsterschen Reichspostdirektion als Ehrenmal für die Kriegsgefallenen der Post aufgestellt hat, trägt 1648 das bekannte "Lied und Horngeschmetter des münsterischen Postillions" in die deutschen Lande:

Freu dich, spring auf du Christenheit,
Ich bring dir gute Märe
Von Ossenbrück, wie dieser Zeit
Viel Gutes beschlossen wäre,
Daß ich als ein Postillion
Verkünden dar den Frieden schon
Von Münster aus Westfalen………

Gegen Ende des siebzehnten Jahrhunderts kam dann noch eine fünfte Linie hinzu, die über Wolbeck-Sendenhorst-Ahlen-Heeßen-Hamm nach Unna lief, um hier den Anschluß an die große Reichspostlinie von Hamburg nach dem Rhein zu erreichen.

Die Einrichtung dieser neuen Postlinie muß, wie auch Eugen Müller, der münsterische Lokalhistoriker, annimmt, um das Jahr 1690 angesetzt werden, und nun tritt der Herr Henrikus Bonse (auch tor Bontzen genannt, als erster Thurn und Taxischer Postvorsteher in seine Heimatstadt Sendenhorst uns entgegen. Im Volksmunde wurden die Postvorsteher meistens, wie noch heute, Postmeister genannt, da sie in der Regel auch den Postfuhrbetrieb zu halten hatten. In Sendenhorst freilich erst im 18. Jahrhundert so wurde amtlich die Bezeichnung "Posthalter" üblich; in manchen kleinen Orten hießen sie "Postwärter". Inmitten der Roten Erde, im Herzen des Münsterlandes gelegen, steht jene stille, aber schicksalsreiche Kleinstadt, deren Geschichte sich im Dunkel der altgermanischen Zeit verliert, heutzutage die Westfälische Landesbahn Münster-Lippstadt friedlich durch ihr Weichbild ziehen.

Herr Henrikus sagten, wie es heißt, die Leute, und der stets freundliche, gefällige Mann, der seinen Ackerbesitz verständig bewirtschaftete, scheint sich eines großen Ansehens erfreut zu haben. Und darum der geborene Postmeister! Das Postamt von Sendenhorst unterstand dem Reichspostamt in Münster, dessen Leitung nach Arnincks Tod nacheinander in den Händen von Busenbaum Vater und Sohn, vermutlich Verwandten des bekannten Moraltheologen gleichen Namens aus Nottuln in Westfalen, bis etwa 1700 gelegen hat. Der ältere Busenbaum scheint die Berufung Bonses veranlaßt zu haben, und in dessen Hände hatte der neue Postvorsteher auch den Diensteid zu leisten, allvierteljährlich sah man den Herrn Henrikus seitdem gen Münster ziehen, um seine Abrechnung beim Kaiserlichen Reichspostamt auf dem Prinzipalmarkt zu erstatten.
Wie das Bürgermeisteramt - Anno 1692 finden wir den Herrn Hinrikus zum ersten Male auch als einen der alljährlich gewählten beiden Bürgermeister -, so war übrigens auch das Postmeisteramt im Grunde eine Ehrenstelle. In Orten von gleicher Größe wie Sendenhorst, z. B. Nottuln oder Gronau, betrug die jährliche Dienstentschädigung der "Postwärter" bei der fürstbischöflichen Landespost durchschnittlich nur 24 Reichstaler, und viel mehr wird auch Thurn und Taxis in Sendenhorst nicht gezahlt haben.

Natürlich haben wir uns den Umfang der Postdienstgeschäfte nicht gerade als sonderlich groß vorzustellen; beileibe nicht! Das "Städelein" lag weltabgeschieden und verträumt in dem rein bäuerlichen, heidereichen Gebiet des alten Bruktererlandes.
" - wo die Menschen Holzschuh tragen und von schwarzem Brot sich nähren &hellig;"
Für die Einwohner aber war das Briefschreiben, wenn's mal dazu kam, eine arg schwierige und umständliche Angelegenheit. Da wird, vermuten wir, des gefälligen Postmeisters Gänsekiel oft genug haben helfen müssen.
Und nun erst der Zustand der Post-dh. Landwegs; das sich Gott erbarm'! Als der Nuntius Fabio Chigi, der spätere Papst Alexander VII (1655 - 67) zum westfälischen Friedenskongreß nach Münster reiste, schrie der kleine Italiener Zeter und Mordio über die schier entsetzliche Grundlosigkeit dieser Wege. Und dazu der Regen, der unendliche Regen …….. Brr! "Vaterland der Regenstürme" (natria imbrorum) nennt es das unwirtliche rauhe Land.

Auch der Abbe 'Ogier von der französischen Gesandtschaft, der in gleicher Winterwoche wie Chigi durch das Münsterland gen Münster zog, schrieb in sein Tagebuch: schlechtere Wege, als wir diese drei Tage und besonders in Westfalen hatten, kann man sich nicht denken. - Die Hälfte der Zeit mußten wir durch Hohlwege ziehen, in denen unsere Pferde mehr schwammen als gingen. Die Wagen wurden umgeworfen und die Insassen von oben bis unten durchnäßt."
Ausspann unterwegs gab es kaum, bezeugt ist als solcher aus der Zeit des Dreißigjährigen Krieges nur ein einziger; der sogen. Wittlerbaum, ein alter, heute noch bestehender Krug an der Landwehrscharte Amelsbüren-Rinkerode, in dem auch jener Nuntius, der schwarzäugige Monsignore aus dem Lande Italien, seine letzte Rast vor Münster gehalten hat. Dort bei Amelsbüren, vermutlich im Wittlerbaum war es auch gewesen, wo Jan van Werth und der hessische Melander, die beiden gefürchteten Reitergeneräle, einige Zeit zuvor jene Zusammenkunft hielten, die Stegemann in seinem historischen Roman "Jakobäa" so anschaulich geschildert hat.

Allwöchentlich zweimal aber sah dieser Wittlerbaum auch den "Postreuter", wie er mit seinem Rößlein in Wind und Wetter des gewohnten Weges gen Sendenhorst hier vorüberzog. Und ein Felleisen (Fanzen) aus Leder, für seine Briefe, ein Hafersack (französ. havresack!) d.h. ein Tornister mit Futtervorrat für den "Postgaul" in der Manteltasche ein deftiger Pumpernickel mit einem gehörigen Riemen Speck oder Schinken, wie weiland die alten Kreuzfahrer ihn schleppten, war alles, was er bei sich hatte, und es genügte ihm. Aber wir können es dem müden Manne nicht verdenken, wenn er nach drei-oder vierstündigem Ritt über die halsbrecherischen Wege mal sehnsüchtig Ausschau hält, ob nicht der Kirchturm von Sendenhorst sichtbar wird….Da- endlich!
Bald nun ist also der große Augenblick gekommen, wo der "hochfürstliche" Postkurier in seinem gelben, mit blanken Wappenknöpfen besetzten Kanarienvogelfrack, einen Hut mit Fressen und Federbusch auf dem Kopf, unter dem Geschmetter seines Posthorns vor dem Bonseschen Hause halt macht! Wie aber das Rößlein dampft! Und seht nur, mit welcher Amtsmiene Herrn Henrikus das wohlversiegelte Felleisen von dem Postreuter in Empfang nimmt! Da muß natürlich die ganze holzschuhklappernde Jugend des "stedeleins" staunend rundum mit dabei sein. Mancher Junge, manch Mädelchen drückt sich gewiß an der Fensterscheibe des Postkontors, das mehr oder minder saubere Näschen platt, um möglichst genau zu sehen, was Geheimnisvolles sich drinnen begibt! In gemessener Haltung mustert inzwischen der Postmeister das Häuflein Briefe, so der "Ordinaribote".

 

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